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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 2005;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. Karl Haas, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Dr. Karl-Renner-Promenade 10, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 9. März 2006, Zl. 144.135/2-III/4/05, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 9. März 2006 wies die belangte Behörde den am 3. September 2004 gestellten Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der Russischen Föderation, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 21 Abs. 1 und §§ 72 und 74 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) ab.
Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 26. September 2000 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Er habe in der Folge einen Asylantrag gestellt; dieses Verfahren sei "mit 10.03.2004" (gemeint:
10.08.2004; vgl. AS 275) endgültig negativ abgeschlossen worden. Während des Asylverfahrens habe der Beschwerdeführer über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt, könne aber nicht als niedergelassen angesehen werden. Der am 3. September 2004 gestellte Antrag auf Niederlassungsbewilligung sei daher als Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu werten.
Aufgrund der mit 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen Gesetzesänderung sei dieser Antrag nunmehr nach den Bestimmungen des NAG zu beurteilen. Gemäß § 21 Abs. 1 NAG seien Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen und es sei die Entscheidung im Ausland abzuwarten. Der Beschwerdeführer habe den Antrag aber im Inland gestellt und sich vor, während und nach der Antragstellung in Österreich aufgehalten, was die Antragsabweisung nach sich ziehe.
In den weiteren Ausführungen befasste sich die belangte Behörde unter dem Gesichtspunkt des § 74 NAG, wonach die Behörde von Amts wegen die Inlandsantragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zulassen könne, wenn die Voraussetzungen des § 72 NAG - insbesondere bei Vorliegen von humanitären Gründen in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen - erfüllt seien, mit dem diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer habe in diesem Zusammenhang geltend gemacht, er übe in Österreich eine selbständige Erwerbstätigkeit als Reifenhändler (Gesellschafter und Geschäftführer einer GmbH) aus und könne sein Geschäft keinesfalls vernachlässigen, zumal es für seinen Unterhalt unerlässlich sei. Es sei ihm jedenfalls unzumutbar, von seinem Heimatland aus eine Niederlassungsbewilligung zu beantragen, weil er dort einer Bedrohung im Sinne des § 57 Fremdengesetz 1997 - FrG (§ 50 Fremdenpolizeigesetz - FPG) ausgesetzt sei.
Dem hielt die belangte Behörde das rechtskräftig negativ abgeschlossene Asylverfahren entgegen, in dem eine solche Verfolgungsgefahr bereits umfassend geprüft und als nicht ausreichend beurteilt worden sei. Aus diesem Grund sei eine weitere Überprüfung im gegenständlichen Verfahren nicht erforderlich. Aufgrund des nur vorläufigen bzw. vorübergehenden Charakters könne aus dem langjährigen Aufenthalt im Status eines Asylwerbers "weder eine bereits erfolgte Niederlassung noch eine tatsächliche Integration" und damit auch kein humanitärer Grund abgeleitet werden. Auch aufgrund der vom Beschwerdeführer ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeit könnten von der belangten Behörde keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe erkannt werden. Der Aktenlage sei somit kein ausreichender humanitärer Aspekt im Sinne des § 72 Abs. 1 NAG zu entnehmen. Eine Inlandsantragstellung gemäß § 74 NAG werde daher nicht zugelassen. Die nicht dem Gesetz entsprechende Antragstellung führe somit zur Abweisung des Antrages.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage erwogen:
Vorweg ist der belangte Behörde beizupflichten, dass sie den gegenständlichen Antrag, der von der Erstbehörde mit Bescheid vom 4. Juli 2005 abgewiesen worden war, nach den Bestimmungen des am 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen NAG beurteilte, weil nach dessen § 81 Abs. 1 Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei In-Kraft-Treten anhängig waren, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen sind.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde. Er wendet sich auch nicht gegen die behördliche Annahme, dass es sich beim gegenständlichen Antrag um einen Erstantrag im Sinn des § 21 Abs. 1 NAG handelt und dass er diesen Antrag - entgegen dieser Bestimmung - vom Inland aus gestellt und die Entscheidung darüber nicht im Ausland abgewartet hat. Der Beschwerdeführer vertritt aber unter Berufung auf seinen langjährigen Aufenthalt in Österreich als Asylwerber, seine berufliche Etablierung und soziale Integration den Standpunkt, er sei aufgrund seiner Niederlassung in Österreich zur Antragstellung im Inland berechtigt.
Damit spricht die Beschwerde § 21 Abs. 2 Z 2 NAG an, wonach Fremde, die bisher rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen waren, abweichend von Abs. 1 zur Antragstellung im Inland berechtigt sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 22. Juni 2006, Zl. 2006/21/0108, mit ausführlicher Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, aber bereits klargestellt, dass sich ein nur nach asylrechtlichen Vorschriften vorläufig aufenthaltsberechtigt gewesener ehemaliger Asylwerber auf die Ausnahmebestimmung des § 21 Abs. 2 Z 2 NAG nicht berufen könne (vgl. in diesem Sinne auch das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2006, Zl. 2006/18/0248).
Unter Wiederholung des im Asylverfahren erstatteten Vorbringens zu einer angeblichen Bedrohung in seinem Heimatland (durch eine Mafiaorganisation im Zusammenhang mit seiner geschäftlichen Tätigkeit) macht der Beschwerdeführer weiters geltend, im Hinblick auf diese Gefährdung im Sinne des § 50 FPG und die sich daraus ergebende Unmöglichkeit der Rückkehr in die Russische Föderation lägen besonders berücksichtigungswürdige Gründe im Sinne des § 72 Abs. 1 NAG vor, die ihn gemäß § 74 NAG zur Inlandsantragstellung berechtigten. Die belangte Behörde hätte sich diesbezüglich nicht nur auf das abgeschlossene Asylverfahren berufen dürfen, sondern sie wäre verpflichtet gewesen, "aus eigenem Antrieb persönliche Nachforschungen bezüglich des Vorbringens" des Beschwerdeführers anzustellen.
Entgegen diesem Beschwerdestandpunkt ist aber - mangels Behauptung eines gegenüber dem Asylverfahren insoweit geänderten Sachverhaltes - weder die kritisierte Vorgangsweise der belangten Behörde noch das darauf gegründete Ergebnis zu beanstanden. Auch dazu kann auf die Entscheidungsgründe des bereits zitierten Erkenntnisses vom 22. Juni 2006, Zl. 2006/21/0108, verwiesen werden.
Im Übrigen entspricht es mittlerweile ständiger, im Anschluss an das Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2006/18/0153, ergangener Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass § 74 NAG dem Fremden kein durchsetzbares (und vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend zu machendes) Recht auf Inlandsantragstellung einräumt. Dieses Erkenntnis, auf dessen Entscheidungsgründe ebenfalls gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, befasst sich im Übrigen auch mit der Frage des Rechtsschutzes betreffend eine - in der Beschwerde besonders angesprochene - Gefahr im Sinne des § 50 FPG.
Da die belangte Behörde eine Inlandsantragstellung nicht zugelassen hat, erweist sich die Antragsabweisung als unbedenklich. Eine Abwägung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einer Niederlassung im Bundesgebiet mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen war dabei - entgegen dem Standpunkt in der Beschwerde - nicht erforderlich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2006, Zl. 2006/18/0295)
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 30. Jänner 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006210156.X00Im RIS seit
02.03.2007