Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Fellinger, Dr. Hoch und Dr. Neumayr als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Natascha W*****, Hausfrau, ***** vertreten durch Dr. Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Antragsgegner Werner St*****, Unternehmer, ***** vertreten durch Dr. Peter Bartl und Dr. Anton Cuber, Rechtsanwälte in Graz, wegen Heiratsgut, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 8. Februar 2001, GZ 2 R 43/01k-47, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 2. November 2000, GZ 21 Nc 36/98a-41, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin als eheliche Tochter des Antragsgegners beantragte den Zuspruch eines angemessenen Heiratsgutes in der Höhe von S 2,000.000.
Der Antragsgegner bestritt die Höhe des begehrten Heiratsgutes, weil sie mit seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht in Einklang zu bringen sei.
Folgender Sachverhalt steht fest: Die Antragstellerin hat am 21. 3. 1998 die Ehe geschlossen. Der Antragsgegner betreibt am *****platz ***** einen Kaffeehausbetrieb und eine Zimmer- und Wohnungsvermietung. Weiters betreibt er in P*****, eine Jausenstation. Er ist grundbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft mit dem Wohn- und Geschäftshaus in Graz, *****platz *****, die er zu 46/100 durch Einantwortungsurkunde und Übergabsvertrag und zu 54/100 durch Kaufvertrag vom 4. 5. 1993 erworben hat. Diese Liegenschaft hatte zum Bewertungsstichtag 21. 3. 1998 einen aus dem arithmetischen Mittel von Sachwert und Ertragswert errechneten Verkehrswert von S 21,456.000 abzüglich eines für ein Wohnrecht veranschlagten Betrages von S 144.400, sohin von S 21,312.000. Der Ertragswert allein beträgt zu diesem Stichtag bei einer Restnutzungsdauer von 40 Jahren S 28,568.700. Dabei war die gegenständliche Liegenschaft mit monatlichen Pfandrechten von S 7.000 und S 13.000, weiteren Pfandrechten in der Höhe von S 9,000.000 und S 713.294,92 sowie Höchstbetragshypotheken von insgesamt S 12,596.000 belastet. Der Kaufpreis für die zuletzt erworbenen Anteile betrug S 9,000.000, wobei das Pfandrecht in der Höhe von S 9,000.000 als Sicherstellung für die Kaufpreisforderung, die in 180 Monatsraten a 50.000 S beginnend ab 1. 5. 1993 zu begleichen ist, einverleibt wurde. Im Jahr 1993 wurde von einem Gesamtwert der Liegenschaft von ca S 16,666.700 ausgegangen. Der Antragsgegner tätigte von 1993 bis 1997 Investitionen in einer Gesamthöhe von S 14,133.704,72 in den Gewerbebetrieb "K*****" und in die Zimmervermietung, wobei in diesem Betrag der Kaufpreis von S 9,000.000 enthalten ist. Finanziert wurden diese Investitionen durch Abstattungskredite in der Höhe von insgesamt S 11,690.000 und aus dem Cashflow der Jahre 1993 bis 1996 in der Höhe von insgesamt S 2,.443,704,72. Nach einem Gutachten aus dem Jahr 1989 betrug der Verkehrswert der Liegenschaft S 10,698.930, der Ertragswert S 10,589.740. Diese unterschiedlichen Werte resultieren im Wesentlichen aus den ca 10 Jahre auseinanderliegenden Bewertungsstichtagen und den zwischenzeitig erfolgten Dachgeschossausbau und der geänderten Ertragssituation. In den Jahren 1995 bis 1997 hatte der Antragsteller ein Durchschnittsnettoeinkommen von S 516.120,81 jährlich. Er hat eine Sorgepflicht.
Ausgehend von diesen Feststellungen und der Rechtsprechung, dass grundsätzlich 25 bis 30 % des Jahresnettoeinkommens als Heiratsgut zu leisten sind, hat das Erstgericht den Heiratsgutanspruch der Antragstellerin mit S 150.000 sA bemessen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin teilweise Folge und bestimmte unter Einbeziehung des mangels Anfechtung rechtskräftigen Teiles und des bestätigten Teiles der erstgerichtlichen Entscheidung ein Heiratsgut in der Höhe von S 500.000. Das darüber hinausgehende Begehren wies es ab.
Das Rekursgericht legte seiner Entscheidung den Ertragswert der Liegenschaft aus dem Gutachten des Sachverständigen M***** mit jährlich gerundet S 1,745.240 zugrunde. Da dem Gutachten des weiteren Sachverständigen Dr. K***** lediglich Buchhaltungsdaten für 1997 zur Verfügung gestanden seien, sei davon auszugehen, dass der für die Beschränkung seiner Leistungsfähigkeit auch für 1998 beweispflichtige Antragsgegner keine anderen Daten zur Verfügung stellen habe können. Ausgehend davon, dass das Vermögen des Antragsgegners durchwegs Betriebsvermögen sei, sei der Ermittlung der Heiratsgutbemessungsgrundlage der Ertragswert zugrunde zu legen. Aufgrund des Jahresreinertrages von S 1,750.000 ergebe sich ein Ausstattungsanspruch der Antragstellerin von rund 500.000 S.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners, der zulässig ist, weil die Entscheidung des Rekursgerichtes auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles nicht erkennen lässt, inwieweit die von der Judikatur entwickelten Grundsätze, dass Investitionen, die Nettoeinkünfte aus Betriebsvermögen vermindern, berücksichtigt wurden (7 Ob 630/87).
Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.
Das Rekursgericht zog als Heiratsgutbemessungsgrundlage den im Sachverständigengutachten (AS 198 f) aus dem Rohertrag (Hauptmietzins) abzüglich der erfahrungsgemäßen durchschnittlichen Instandhaltung und dem Mietzinsausfallrisiko gebildeten Reinertrag von S 1,745.243 der Liegenschaft *****platz ***** heran, obwohl dieser Wert im Sachverständigengutachten nur eine Berechnungskomponente für den Verkehrs- und (nach der Rechtsprechung für Betriebsvermögen heranzuziehenden) Ertragswert bildete. Das Erstgericht legte hingegen das Durchschnittsnettoeinkommen seiner Bemessung zugrunde.
Die Ermittlung des Ertragswertes gehört zwar dem Tatsachenbereich an, jedoch lässt das Rekursgericht eine nachvollziehbare Begründung vermissen, inwieweit es bei Heranziehung dieser Teilkomponente des Ertragswertes der Liegenschaft *****platz ***** auch die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsgegners berücksichtigt hat. Da der kapitalisierte Ertrag (= Ertragswert [SZ 53/167]) den Nutzen repräsentiert, den eine Sache bringt, ist dabei wohl auch auf die auf die Sache getätigten Investitionen und die hiefür aufzuwendenden Rückzahlungen Bedacht zu nehmen. Nach der Rechtsprechung sind dabei aber auch die Schulden des Heiratsgutspflichtigen angemessen zu berücksichtigen (EFSlg 72.141; 84.424; 7 Ob 630/87). Insofern ist daher auch das vom Erstgericht festgestellte auf dem Sachverständigengutachten K***** beruhende Durchschnittsnettoeinkommen, das die wirtschaftlichen Gesamtverhältnisse, sohin auch den Buschenschankbetrieb und den Gewerbebetrieb und nicht nur den Verkehrs- bzw Ertragswert der Liegenschaft *****platz ***** berücksichtigt, in die Betrachtung einzubeziehen, was sich der Begründung des Rekursgerichtes jedoch nicht entnehmen lässt. Weiters ist nicht erkennbar, welchen Einfluss der offenbar vom Antragsgegner nicht entsprochenen Beweispflicht für die Beschränkung seiner Leistungsfähigkeit für 1998 im Hinblick auf das Gesamtnettoeinkommen bzw die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsgegners zukommt.
Insgesamt fehlt daher eine überprüfbare Begründung für die Höhe der den gesamten wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragsgegners gerecht werdende Heiratsgutbemessungsgrundlage.
Anmerkung
E62238 10A01101European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:0100OB00110.01A.0612.000Dokumentnummer
JJT_20010612_OGH0002_0100OB00110_01A0000_000