TE Vwgh Erkenntnis 2007/1/30 2005/21/0357

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Veröffentlicht am 30.01.2007
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §37;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde der K in G, geboren 1954, vertreten durch Dr. Klaus Kocher und Mag. Wilfried Bucher, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Sackstraße 36, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 24. August 2005, Zl. Fr 848/1-2004, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 16. November 2004 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine aus Bosnien-Herzegowina stammende Fremde, deren Staatsbürgerschaft bisher nicht geklärt werden konnte, gemäß den §§ 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 sowie 39 des (bis zum 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Begründend führte die Erstbehörde aus, die Beschwerdeführerin sei am 19. Februar 2003 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe am Tag darauf einen Asylantrag gestellt. Dieser sei in erster Instanz "negativ entschieden" worden, das Berufungsverfahren sei anhängig.

Die Beschwerdeführerin habe in Graz zwischen Februar und April 2004 im Zusammenwirken mit ihrem am 3. Februar 1987 geborenen (also minderjährigen) Sohn A. gewerbsmäßig verschiedene Diebstähle (vor allem von Toiletteartikeln und Kleidung) mit einem Gesamtwert von mehr als EUR 2.000,-- begangen und sei daher mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 6. Mai 2004 wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4 und 130, erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten (davon neun Monate bedingt nachgesehen) verurteilt worden.

Dies rechtfertige die Annahme, dass der weitere Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden könnte. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei somit zum Schutz des wirtschaftlichen Wohles der Republik Österreich und zur Verhinderung strafbarer Handlungen, also zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten. Diese öffentlichen Interessen wögen umso schwerer, als sich die Beschwerdeführerin erst seit kurzer Zeit im Bundesgebiet aufhalte, keiner legalen Beschäftigung nachgehe, weder kranken- noch sozialversichert sei und auch in Österreich über keine (relevanten) familiären Bindungen verfüge. Über ihren Sohn A. sei "nämlich" ebenfalls ein Aufenthaltsverbot verhängt worden. Das Aufenthaltsverbot sei auf unbestimmte Zeit auszusprechen gewesen, weil auf Grund des Verhaltens der Beschwerdeführerin derzeit nicht vorhergesehen werden könne, wann der für seine Erlassung maßgebliche Grund (Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) weggefallen sein werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und verwies in der Begründung auf die Ausführungen im Erstbescheid. Die mehrfache Qualifikation der Tat und die Tatbegehung in Gemeinschaft eines Mittäters werde "als sehr erschwerend angesehen", weshalb die Übung von Ermessen zu Gunsten der Beschwerdeführerin nicht in Betracht komme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z. 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z. 2).

Im § 36 Abs. 2 FrG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. April 2005, Zl. 2005/21/0044).

Die Beschwerdeführerin tritt den behördlichen Feststellungen betreffend ihre strafgerichtliche Verurteilung und die ihr zu Grunde liegenden Tathandlungen nicht entgegen, weshalb keine Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde bestehen, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1, zweiter Fall FrG erfüllt sei.

Wegen der Schwere des trotz anhängigen Asylverfahrens begangenen - entgegen den Ausführungen in der Beschwerde nicht allzu lang zurückliegenden - Verbrechens bestehen auch keine Zweifel am Vorliegen der im § 36 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme, dass ihr weiterer Aufenthalt im Inland dem öffentlichen Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen und dem Schutz der Rechte und Freiheiten anderer zuwiderlaufen würde. Hieran ändert auch die teilbedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe nichts, zumal die Fremdenbehörde die genannte Prognosebeurteilung eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts vorzunehmen hat (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2006, Zl. 2005/21/0105, mwN).

Die Beschwerdeführerin bringt zur Gewichtung ihres Privat- und Familienlebens nach § 37 FrG vor, sie habe in ihrer Heimat keine Angehörigen mehr. Ihr einziger Angehöriger, nämlich ihr Sohn A., lebe gemeinsam mit ihr in Österreich. Sie spreche schon beinahe fließend Deutsch und habe dadurch ihren Willen zur Integration im Bundesgebiet dokumentiert.

Bei dieser Argumentation übersieht die Beschwerdeführerin allerdings, dass auch über ihren Sohn A. rechtskräftig (wie sich aus der Begründung des hg. Erkenntnisses vom heutigen Tag, Zl. 2005/21/0344, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ergibt) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde, sodass auch er das österreichische Bundesgebiet zu verlassen haben wird. Zum einen ist somit das Führen eines gemeinsamen Familienlebens mit A. in Österreich rechtlich nicht zulässig, zum anderen sind für den Fall der rechtskräftigen Abweisung ihres Asylantrages keine Umstände ersichtlich, die einem gemeinsamen Familienleben der Beschwerdeführerin mit ihrem - mittlerweile volljährigen - Sohn A. (insbesondere) im Heimatstaat entgegenstünden. Das Aufenthaltsverbot ist somit trotz eines gewissen Maßes an bislang erreichter Integration zulässig.

Im Übrigen bemängelt die Beschwerdeführerin das Fehlen ausreichender Feststellungen und einer Begründung des von der belangten Behörde gehandhabten Ermessens. Dabei zeigt sie allerdings nicht konkret auf, welche Feststellungen insoweit zu treffen gewesen wären, sodass die Relevanz eines (allfälligen) Verfahrensmangels nicht dargelegt wird.

Angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung (zumal gewerbsmäßig begangener) Straftaten gegen fremdes Vermögen und der somit gebotenen Erlassung des Aufenthaltsverbotes konnte auch die Interessenabwägung im Grunde des § 37 Abs. 2 FrG nicht zu Gunsten der Beschwerdeführerin ausgehen, zumal als integrationsbegründender Umstand von nennenswertem Gewicht lediglich der inländische Aufenthalt von rund zweieinhalb Jahren bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides herangezogen werden kann.

Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen gestellten Begehrens auf die §§ 47 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 30. Jänner 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005210357.X00

Im RIS seit

26.02.2007

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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