TE Vwgh Beschluss 2007/1/30 2006/05/0245

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Veröffentlicht am 30.01.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/11 Vereinsrecht Versammlungsrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §1;
AVG §63 Abs1;
AVG §68 Abs4 Z1;
AVG §68;
VerG 2002 §30;
VerG 2002 §9 Abs2;
VwGG §46 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, in der Beschwerdesache des Mag. Albrecht Zauner in Linz, vertreten durch Zauner & Mühlböck, Rechtsanwälte KEG in 4010 Linz, Graben 21, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vom 6. April 2006, Zl. St 76/05, den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Wiedereinsetzungsantrag wird gemäß § 46 Abs. 2 VwGG stattgegeben.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24. September 2004 wurde der Verein "T" gemäß § 29 Abs. 2 Vereinsgesetz 2002 rechtskräftig aufgelöst.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13. Oktober 2004 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 30 Vereinsgesetz 2002 zum Abwickler bestellt.

Über Antrag des Beschwerdeführers (hier: Antragsteller) als Abwickler wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 28. September 2004 über das Vermögen des genannten Vereins der Konkurs eröffnet.

Auf Grund eines Antrages des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. Februar 2005 gemäß § 30 Abs. 3 Vereinsgesetz 2002 festgestellt, dass der Anspruch des Abwicklers auf Ersatz der notwendigen Barauslagen und auf angemessene Vergütung für die bis zur Konkurseröffnung des Vereins am 28. Dezember 2004 erbrachten Leistungen als Abwickler EUR 40.042,51 beträgt.

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vom 6. April 2006 wurde dieser Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. Februar 2005 gemäß § 68 Abs. 4 AVG als nichtig erklärt, weil er erst nach Konkurseröffnung und damit von einer unzuständigen Behörde erlassen worden sei. Der Bescheid der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vom 6. April 2006 enthielt die Rechtsmittelbelehrung, dass dagegen "innerhalb 2 Wochen nach Zustellung bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich Berufung" eingebracht werden könne.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 2006 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vom 6. April 2006 vom Bundesminister für Inneres als unzulässig zurückgewiesen, weil gemäß § 9 Abs. 2 Vereinsgesetz 2000 über Berufungen gegen Bescheide nach diesem Bundesgesetz die Sicherheitsdirektion in letzter Instanz entscheide. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 12. Oktober 2006 zugestellt.

Mit dem am 24. Oktober 2006 zur Post gegebenen und am 25. Oktober 2006 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz begehrt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 Abs. 2 VwGG wegen Versäumung der Beschwerdefrist und erhebt gleichzeitig Beschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vom 6. April 2006 gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG.

Die Sicherheitsdirektion Oberösterreich erstattete aufforderungsgemäß eine Äußerung. Der Beschwerdeführer replizierte.

Der Wiedereinsetzungsantrag ist rechtzeitig (§ 46 Abs. 3 VwGG) und auch begründet.

Gemäß § 46 Abs. 2 VwGG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist auch dann zu bewilligen, wenn die Beschwerdefrist versäumt wurde, weil der anzufechtende Bescheid fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Frage, ob das Rechtsmittel fälschlich eingeräumt wurde, ob also mit dem anzufechtenden Bescheid der Rechtszug bereits ausgeschöpft war, ohne Bindung an die im zurückweisenden Bescheid ausgesprochene Rechtsmeinung zu prüfen (vgl. hiezu die hg. Beschlüsse vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0071, und vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0040, mwN).

Die Sicherheitsdirektion Oberösterreich hat mit ihrem Bescheid vom 6. Februar 2006 den auf § 30 Vereinsgesetz 2002 gestützten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. Februar 2005 als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gemäß § 68 Abs. 4 AVG als nichtig erklärt, weil die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ihrer Rechtsauffassung nach zur Entscheidung unzuständig war.

Gemäß § 68 Abs. 4 Z. 1 AVG können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid von einer unzuständigen Behörde oder von einer nicht richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurde.

Gemäß § 9 Abs. 1 Vereinsgesetz 2002 ist Vereinsbehörde im Sinne dieses Bundesgesetzes in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion diese. Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen entscheidet über Berufungen gegen Bescheide nach diesem Bundesgesetz die Sicherheitsdirektion in letzter Instanz.

Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ist in jedem Fall die Berufungsbehörde, darüber hinaus auch jene sonstige Behörde, die bei Ausschluss eines ordentlichen Rechtsmittels durch Ausübung des Weisungs- oder Aufsichtsrechts den Inhalt der unterbliebenen Entscheidung hätte bestimmen können (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 26. Juni 2002, Zl. 2002/21/0024). Die Sicherheitsdirektion Oberösterreich war daher als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zur Entscheidung der Nichtigerklärung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. Februar 2005 gemäß § 68 Abs. 4 AVG zuständig.

Die Anfechtbarkeit eines nach § 68 AVG ergangenen Bescheides im Instanzenzug der Verwaltung, richtet sich, da das AVG darüber keine Regelung enthält, gemäß § 63 Abs. 1 AVG nach den Verwaltungsvorschriften. Dies sind die Vorschriften, auf denen der abgeänderte oder behobene Bescheid materiell-rechtlich gründet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ihr eine Zuständigkeit als Instanz wie im Beschwerdefall zukommt (vgl. hiezu Mannlicher/Quell,

Das Verwaltungsverfahren, erster Halbband, 8. Auflage, Anm. 13 zu § 68 AVG, Seite 380, und die bei Walter/Thienel, I2, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, im Entscheidungsapparat zu § 68 AVG, Z. 16. Instanzenzug gegen Aufhebung, Abänderung oder Nichtigerklärung wiedergegebene Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts; anders der vereinzelt gebliebene zum Fremdengesetz ergangene hg. Beschluss vom 18. Dezember 2000, Zl. 2000/18/0052).

Für den Instanzenzug bezüglich des nach § 68 Abs. 4 Z. 1 AVG von der Sicherheitsdirektion Oberösterreich erlassenen Bescheides vom 6. April 2006 gelten sohin die gleichen Vorschriften wie bezüglich des auf § 30 Vereinsgesetz 2002 gestützten Bescheides, somit § 9 Abs. 2 Vereinsgesetz 2002. Gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vom 6. April 2006 war daher eine weitere Berufung nicht zulässig, weshalb sich die in diesem Bescheid enthaltene Rechtsmittelbelehrung als unrichtig erweist (vgl. hiezu auch den hg. Beschluss vom 19. September 1994, Zl. 94/18/0040, mit weiteren Nachweisen).

Da im vorliegenden Fall die Beschwerdefrist versäumt wurde, weil der anzufechtende Bescheid fälschlich ein Rechtsmittel einräumte und die Partei das Rechtsmittel ergriff, war dem Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 46 Abs. 2 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat Folge zu geben.

Wien, am 30. Jänner 2007

Schlagworte

Instanzenzug Zuständigkeit Besondere Rechtsgebiete Verfahrensrechtliche Bescheide DiversesOrganisationsrecht Instanzenzug VwRallg5/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006050245.X00

Im RIS seit

28.03.2007

Zuletzt aktualisiert am

23.04.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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