Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Lisa N*****, geboren am ***** infolge Revisionsrekurses des Vaters Harald N*****, vertreten durch Dr. Peter Wiesauer und Mag. Johannes Mühllechner, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. März 2001, GZ 43 R 111/01v-65, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 31. Jänner 2001, GZ 24 P 26/00m-62, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Das Begehren auf Ersatz der Revisionsrekurskosten wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der bei einem Bestattungsunternehmen beschäftigte Vater erzielte im Jahre 2000 ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von S 23.024. Er ist nur für die Minderjährige, für die er zuletzt an Unterhalt monatlich S 2.600 zahlte, sorgepflichtig.
Das durch einen besonderen Sachwalter vertretene Kind beantragte am 10. 10. 2000 die Erhöhung des vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhalts auf S 3.800, weil dies seinen gestiegenen Bedürfnissen und dem Leistungsvermögen des Vaters entspreche.
Der Vater wendete ein, bei dem von ihm behaupteten Nettoverdienst von monatlich S 18.000 bis S 20.000 gebühre kein erhöhter Unterhalt, weil ein rechtskräftiger Zahlungsplan zustande gekommen sei, nach dem der Vater sieben Jahre lang an seine Gläubiger S 5.000 monatlich (14-mal jährlich) zahlen müsse. Damit verblieben ihm bestenfalls monatlich S 13.000 bis S 15.000, sodass er "am Existenzminimum" lebe.
Das Erstgericht erhöhte die vom Vater zu erbringende monatliche Unterhaltsleistung ab 1. 11. 2000 auf S 3.700 und wies das Mehrbegehren von monatlich S 100 (unangefochten) ab. Die Schulden des Vaters und der im Schuldenregulierungsverfahren erstellte Zahlungsplan könnten bei der Unterhaltsbemessung nicht berücksichtigt werden.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Unterhaltsansprüche könnten für die Zeit nach Konkurseröffnung auch während des Konkursverfahrens anhängig gemacht und fortgesetzt werden. Das unterhaltsberechtigte Kind begehre die Erhöhung seines Unterhalts lediglich für die Zeit nach Aufhebung des gegen den Vater eingeleiteten Konkurses. Die Unterhaltsbemessungsgrundlage erfahre durch die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens keine Änderung. Die Rechtswirkungen des Zahlungsplans entsprächen denen des Zwangsausgleichs; dessen Erfüllung könne nicht auf Kosten eines Unterhaltsberechtigten geschehen. Der Unterhaltsbemessung sei sohin das aus unselbständiger Erwerbstätigkeit des Vaters erzielte Einkommen zu Grunde zu legen. Die Erhöhung entspräche den vom § 140 ABGB geforderten Kriterien.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung erfährt die Unterhaltsbemessungsgrundlage durch die Konkurseröffnung keine Änderung. Bei weiterem Bezug von Einkünften aus unselbständiger Arbeit - wie hier - wird die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nicht eingeschränkt. Im Allgemeinen ist also für die Zeit nach Konkurseröffnung von einer unveränderten Bemessungsgrundlage auszugehen; eine konkrete Minderung der Leistungsfähigkeit wäre vom Gemeinschuldner zu behaupten und zu beweisen. Es kommt nicht darauf an, was dem Gemeinschuldner vom Masseverwalter überlassen wurde; konkursrechtliche Maßnahmen gemäß § 5 Abs 1 und 2 KO haben auf die Festsetzung der Unterhaltsverpflichtung keinen Einfluss. Auf die Einbringlichkeit des Unterhalts kommt es bei der Unterhaltsbemessung nicht an (ZIK 2001, 30; ÖA 1999, 294; ÖA 1999, 54; ZIK 1999, 32; EvBl 1991/64).
Der Konkurseröffnung ist die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens gleichzuhalten (ÖA 1999, 294). Die Unterhaltsbemessungsgrundlage ist daher nach den gleichen Kriterien zu ermitteln wie bei der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Unterhaltspflichtigen. Somit ist für die Zeit nach Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens im Allgemeinen von einer unveränderten Bemessungsgrundlage auszugehen und es kommt auf die Einbringlichkeit des festgesetzten Unterhalts ebensowenig an wie darauf, welcher Betrag dem Unterhaltspflichtigen zur Deckung seiner Bedürfnisse auf Grund eines bestimmten Zahlungsplans verbleibt. Allein der Umstand, dass ein rechtskräftiger Zahlungsplan vorliegt, der den Vater zur planmäßigen Rückzahlung seiner Schulden verpflichtet, rechtfertigt die Berücksichtigung dieser Schulden bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht. Die gegenteilige Auffassung liefe dem ehernen Grundsatz des Unterhaltsrechts zuwider, dass die Schulden des Unterhaltspflichtigen die Bemessungsgrundlage nicht zu vermindern geeignet sind. Die Beweislast dafür, dass Schulden ausnahmsweise als Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen seien, trifft immer den Unterhaltspflichtigen (EvBl 1998/175 uva); diesen Beweis hat der Vater gar nicht angetreten. Allein die Tatsache, dass jemand Schulden nach einem bestimmten Plan ("Zahlungsplan") zurückzuzahlen hat, rechtfertigt es keineswegs, diese Schulden bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage als Abzugspost zu werten.
Das Begehren auf Ersatz der Kosten des Revisionsrekurses ist zurückzuweisen, weil im Außerstreitverfahren - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - kein Kostenersatz gebührt (EFSlg 70.181 uva).
Textnummer
E62459European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:0010OB00139.01Z.0626.000Im RIS seit
26.07.2001Zuletzt aktualisiert am
23.02.2011