TE OGH 2001/7/10 10ObS187/01z

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Veröffentlicht am 10.07.2001
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hoch sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Erwin Blazek (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Bernhard Rupp (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Walter L*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Aigner, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Josefstädter Straße 80, 1081 Wien, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. März 2001, GZ 11 Rs 40/01h-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Arbeits- und Sozialgericht vom 11. Oktober 2000, GZ 24 Cgs 28/00i-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache, wonach die beklagte Unfallversicherung nur für den durch den Dienstunfall bewirkten Anteil der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers einzustehen hat, der hier unter dem rentenbegründenden Ausmaß von 20 vH liegt, ist zutreffend, weshalb auf die Richtigkeit dieser Ausführungen verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache, wonach die beklagte Unfallversicherung nur für den durch den Dienstunfall bewirkten Anteil der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers einzustehen hat, der hier unter dem rentenbegründenden Ausmaß von 20 vH liegt, ist zutreffend, weshalb auf die Richtigkeit dieser Ausführungen verwiesen werden kann (Paragraph 510, Absatz 3, zweiter Satz ZPO).

Den Revisionsausführungen ist Folgendes zu erwidern:

Der Revisionswerber übersieht, dass zwischen der sogenannten natürlichen und der juristischen Kausalität als Tat- bzw Rechtsfrage unterschieden werden muss (1 Ob 102/00g). Ursächlich im Sinn der natürlichen Kausalität ist für ein bestimmtes Ereignis jede Bedingung, d.h. jeder Umstand, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Geschehensablauf ein anderer gewesen wäre. Ob dieser natürliche Kausalzusammenhang gegeben ist, ist eine Tatfrage. Nur wenn der natürliche Kausalzusammenhang durch die Tatsacheninstanzen bejaht wurde, kann die Frage des juristischen Kausalzusammenhanges als auch durch den Obersten Gerichtshof überprüfbare Rechtsfrage aktuell werden, wenn das anzuwendende Gesetz selbst ausdrückliche Kausalitätsregeln enthält oder solche voraussetzt (RIS-Justiz RS0022582; zuletzt: 10 ObS 215/00s mwN).

Die Beantwortung der Frage, ob bestehende Beschwerden in medizinischer Sicht Folgen eines Unfalls sind, also die Feststellung der sogenannten natürlichen Kausalität, und der weiteren Frage, inwieweit die Erwerbsfähigkeit des Versicherten aus medizinischer Sicht gemindert ist, gehört nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates zum Tatsachenbereich und ist damit der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (SSV-NF 8/86; 10 ObS 34/98t mwN; 10 ObS 109/00b; zuletzt: 10 ObS 215/00s). Dabei ist von folgenden, vom Berufungsgericht übernommenen - unbekämpften - Feststellungen des Erstgerichtes auszugehen:

Der Kläger, der sich zum Unfallszeitpunkt als Fahrlehrer in einem Reisebus befand, erlitt beim gegenständlichen Dienstunfall vom 24. 6. 1998 eine Zerrung der Halswirbelsäule, eine Prellung der Brust- und der Lendenwirbelsäule sowie eine Hüftprellung links, nicht jedoch den am 27. 7. 1998 festgestellten kleinen rechts medio-lateralen Bandscheibenvorfall C6/7. Der Kläger hat auch keine Zerrung oder Quetschung des nervus ischiadicus links erlitten.

Nicht unfallsbedingt leidet der Kläger an einer Aufbrauchserkrankung und Gefügestörung der Halswirbelsäule mit kleinem Bandscheibenvorfall C6/7 rechts, an einer Aufbrauchungserkrankung und Gefügestörung der Lendenwirbelsäule und an einem Zustand nach Morbus Scheuermann der Lendenwirbelsäule. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers aufgrund der Beschwerden und Funktionsstörungen von Seiten der unfallbetroffenen Körperregionen, insbesondere aufgrund der Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule mit zeitweise auftretenden Reizzuständen von Schmerzen sowie Gefühlsstörungen in den Händen, betrug vom 20. 12. 1998 bis 19. 3. 1999 30 vH wobei 10 vH allein auf die beim Verkehrsunfall vom 24. 6. 1998 erlittenen Verletzungen, 20 vH auf die degenerativen Erkrankungen zurückzuführen sind.

Es ist allerdings nicht gleich wahrscheinlich, dass irgendein alltäglich vorkommendes Ereignis oder die degenerativen Vorschäden allein innerhalb eines Jahres ab Unfall dieselben Beschwerden ausgelöst hätten. Im Hinblick auf die degenerativen Vorschäden und eine anzunehmende konversionsneurotische Unfallverarbeitung hat ein Trauma, das normalerweise dem Grade I nach Erdmann entsprechen würde, zu erheblichen Auswirkungen in Bezug auf die Halswirbelsäule geführt. Wenn das Trauma eine gesunde Halswirbelsäule einer jungen Person betroffen hätte, wären die Prellung innerhalb von Wochen bis zu drei Monaten ausgeheilt gewesen. Seit 20. 3. 1999 beträgt die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit 10 vH. Durch entsprechende physikotherapeutische und ärztliche Betreuung ist eine weitere Verminderung der Beschwerden des Klägers zu erwarten. Die Beschwerden des Klägers im linken Bein sind nicht Folge des Unfalls vom 24. 6. 1998 (Hervorhebungen durch den erkennenden Senat).Es ist allerdings nicht gleich wahrscheinlich, dass irgendein alltäglich vorkommendes Ereignis oder die degenerativen Vorschäden allein innerhalb eines Jahres ab Unfall dieselben Beschwerden ausgelöst hätten. Im Hinblick auf die degenerativen Vorschäden und eine anzunehmende konversionsneurotische Unfallverarbeitung hat ein Trauma, das normalerweise dem Grade römisch eins nach Erdmann entsprechen würde, zu erheblichen Auswirkungen in Bezug auf die Halswirbelsäule geführt. Wenn das Trauma eine gesunde Halswirbelsäule einer jungen Person betroffen hätte, wären die Prellung innerhalb von Wochen bis zu drei Monaten ausgeheilt gewesen. Seit 20. 3. 1999 beträgt die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit 10 vH. Durch entsprechende physikotherapeutische und ärztliche Betreuung ist eine weitere Verminderung der Beschwerden des Klägers zu erwarten. Die Beschwerden des Klägers im linken Bein sind nicht Folge des Unfalls vom 24. 6. 1998 (Hervorhebungen durch den erkennenden Senat).

Wird - wie im vorliegenden Fall - ein bestehendes Leiden durch beruflich bedingte Schädigungen vorübergehend verschlimmert, so ist von der gesetzlichen Unfallversicherung nicht die Gesamteinwirkung auf die Erwerbsfähigkeit, sondern nur die durch die Verschlimmerung verursachte Steigerung des Grades der Erwerbsunfähigkeit, also der Verschlimmerunganteil am Gesamtzustand zu entschädigen. Es wird dazu das Gesamtleiden rechtlich in den beruflich bedingten und den davon unabhängigen, auf die Anlage bzw Vorschädigung zurückzuführenden Teil zerlegt. Der verschlimmerungsbedingte Anteil wird abgegrenzt - unter Berücksichtigung des Vorschadens - allein entschädigt, da nur dieser der schädigenden Einwirkung zuzurechnen ist (SSV-NF 8/66 mwN; RIS-Justiz RS0084351).

Die im Rahmen der Sachverhaltsfeststellungen vom Erstgericht wiedergebene Einschätzung der durch den Unfall bedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund des Gutachtens des medizinischen Sachverständigen mit 10 vH (AS 88/89) ist ein zum Tatsachenbereich gehöriger Akt der irrevisiblen Beweiswürdigung und damit - wie bereits ausgeführt - der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (10 ObS 215/00s mwN). Dieser Umstand führt aber auch zu dem Ergebnis, dass die Rechtsausführungen des Revisionswerbers zur Frage des juristischen Kausalzusammenhanges (Theorie der wesentlichen Bedingung, Beweislast für den Kausalzusammenhang, Unteilbarkeit des Schadens in der gesetzlichen Unfallversicherung) schon deshalb keinen Erfolg haben können, weil sie nicht vom festgestellten Sachverhalt, sondern von einer - feststellungsfremden - Bejahung der natürlichen Kausalität für sämtliche beim Kläger bestehende körperlichen Beschwerden ausgehen.

Entgegen der in der Revision vertretenen Meinung ist aber auch aus der Feststellung, wonach es nicht gleich wahrscheinlich ist, dass irgendein alltäglich vorkommendes Ereignis oder die degenerativen Vorschäden allein innerhalb eines Jahres ab dem Unfall dieselben Beschwerden ausgelöst hätten (vgl SSV-NF 11/41 bzw RIS-Justiz RS0084266 und RS0083987 zum insoweit erbrachten Anscheinsbeweis, dass der Dienstunfall des Klägers eine wesentliche Ursache für die Verschlimmerung der bestehenden Vorschäden darstellte), für den Standpunkt des Revisionswerbers nicht zu gewinnen. Wie bereits die Revisionsbeantwortung zutreffend aufzeigt kommt es nämlich nicht darauf an, ob der bestehende Vorschaden früher oder später dieselben Beschwerden ausgelöst hätte (SSV-NF 8/66), sondern auf den festgestellten - abgrenzbaren - verschlimmerungsbedingten Anteil an der Minderung der Erwerbsfähigkeit, der von der Beklagten allein zu entschädigen wäre, hier jedoch 10 vH nicht übersteigt.Entgegen der in der Revision vertretenen Meinung ist aber auch aus der Feststellung, wonach es nicht gleich wahrscheinlich ist, dass irgendein alltäglich vorkommendes Ereignis oder die degenerativen Vorschäden allein innerhalb eines Jahres ab dem Unfall dieselben Beschwerden ausgelöst hätten vergleiche SSV-NF 11/41 bzw RIS-Justiz RS0084266 und RS0083987 zum insoweit erbrachten Anscheinsbeweis, dass der Dienstunfall des Klägers eine wesentliche Ursache für die Verschlimmerung der bestehenden Vorschäden darstellte), für den Standpunkt des Revisionswerbers nicht zu gewinnen. Wie bereits die Revisionsbeantwortung zutreffend aufzeigt kommt es nämlich nicht darauf an, ob der bestehende Vorschaden früher oder später dieselben Beschwerden ausgelöst hätte (SSV-NF 8/66), sondern auf den festgestellten - abgrenzbaren - verschlimmerungsbedingten Anteil an der Minderung der Erwerbsfähigkeit, der von der Beklagten allein zu entschädigen wäre, hier jedoch 10 vH nicht übersteigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates bildet die medizinische Minderung der Erwerbsfähigkeit im Allgemeinen auch die Grundlage für die rechtliche Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (SSV-NF 1/64 uva). Ein Abweichen von dieser medizinischen Minderung der Erwerbsfähigkeit käme nur bei Vorliegen eines Härtefalls in Frage (vgl dazu 10 ObS 215/00s mwN), wofür sich hier jedoch keinerlei Anhaltspunkte ergeben.Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates bildet die medizinische Minderung der Erwerbsfähigkeit im Allgemeinen auch die Grundlage für die rechtliche Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (SSV-NF 1/64 uva). Ein Abweichen von dieser medizinischen Minderung der Erwerbsfähigkeit käme nur bei Vorliegen eines Härtefalls in Frage vergleiche dazu 10 ObS 215/00s mwN), wofür sich hier jedoch keinerlei Anhaltspunkte ergeben.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.

Anmerkung

E62273 10C01871

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:010OBS00187.01Z.0710.000

Dokumentnummer

JJT_20010710_OGH0002_010OBS00187_01Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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