TE OGH 2001/7/11 7Ob159/01k

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Veröffentlicht am 11.07.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Paula R*****, vertreten durch Dr. Dieter Beimrohr, Rechtsanwalt in Lienz, gegen die beklagte Partei Josef R*****, vertreten durch Dr. Jakob Oberhofer ua, Rechtsanwälte in Lienz, wegen Unterhalt (Revisionsinteresse S 36.000,--), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 7. März 2001, GZ 4 R 54/01x-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Lienz vom 27. November 2000, GZ 1 C 55/00x-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile wurde 1995 rechtskräftig geschieden. Aus Anlass der Scheidung schlossen sie einen gerichtlichen Vergleich, mit dem sich der am 20. 11. 1939 geborene Beklagte verpflichtete, der am 15. 2. 1944 geborenen Klägerin - ausgehend von einem Reineinkommen seinerseits von (damals) S 210.000,-- jährlich sowie einem Pensionseinkommen der Klägerin von (damals) S 5.000,-- - ab 1. 7. 1995 einen monatlichen Unterhalt von S 5.000,-- zu bezahlen. Diesen Unterhalt bezahlte er bis 31. 12. 1999; seither reduzierte er ihn auf monatlich S 1.700,--. Beim Vergleichsabschluss 1995 waren eine bereits damals bezogene Unfallrente, nicht aber die Wohnkosten für das damals noch in seinem Alleineigentum stehende Haus inkludiert bzw berücksichtigt worden.

Am 1. 1. 2000 trat der Beklagte in den Ruhestand und bezieht seither eine monatliche Pension (inklusive Sonderzahlungen) von S 18.200,--; die monatliche Invaliditätspension (inklusive Sonderzahlungen) beträgt S 3.500,--; des weiteren bezieht der Beklagte monatliche Mieteinnahmen von S 2.000,--, von welchen er die Betriebskosten, die Versicherung und die Instandhaltung des Hauses, in dem er wohnt, weiterhin bezahlen muss. Anlässlich der Übergabe des Hauses (samt Tischlereibetrieb) an seinen Sohn Harald ebenfalls im Jänner 2000 wurde dem Beklagten das unentgeltliche sowie betriebs-, strom- und heizungskostenfreie Wohnrecht in einem im ersten Stock gelegenen Zimmer samt Mitbenützung von Küche, Stube und sanitären Anlagen, das Recht des freien Zutrittes zu allen sonstigen Räumlichkeiten und Anlagen der gesamten Liegenschaft sowie im Krankheitsfall auch der Anspruch auf häusliche Wartung und Pflege eingeräumt. Zu diesem Zweck erhält der Beklagte von seinem im gleichen Haushalt lebenden Sohn Harald monatlich zwischen S 3.500,-- und S 4.000,--, womit dieser sich selbst sowie die beiden Söhne Harald und Armin zu versorgen hat.

Die Klägerin war vom 1. 10. 1997 bis 30. 6. 2000 bei einem Facharzt als Haushilftshilfe fünf Stunden 5 x pro Woche beschäftigt, welches Dienstverhältnis auf Grund einer geänderten Familiensituation des Arbeitgebers aufgelöst wurde, weshalb die Klägerin seit 22. 7. 2000 nur mehr Arbeitslosenentgelt in Höhe von S 176,60 täglich bezieht. Vom 1. 7. bis 21. 7. 2000 ruhte das Arbeitslosengeld wegen Urlaubsabfertigung und Urlaubsentschädigung. Ab Juli 2001 kann sie einen Pensionsantrag stellen, wobei die künftige Pension knapp unter S 3.000,-- liegen wird. Bis dahin ist sie als arbeitssuchend gemeldet, war und ist jedoch auf Grund ihrer mangelnden Fachkenntnisse im Gastgewerbe und der begrenzten Arbeitszeit nicht vermittelbar. Die Klägerin war bereits 1994 arbeitsunfähig, sodass ihr eine ganztägige Beschäftigung schon seither nicht zumutbar gewesen wäre.

Mit der am 13. 10. 2000 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines über den mit Vergleich zugesprochenen Unterhalt hinausgehenden Betrages von weiteren S 2.000,-- monatlich ab 1. 8. 2000. Als anspruchsbegründend wurden die bereits wiedergegebenen geänderten Verhältnisse beider Parteien geltend gemacht.

Der Beklagte bestritt das erhöhte Klagebegehren damit, dass die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit als Haushälterin "vorsätzlich" aufgegeben habe; seine Invaliditätspension bilde keinen Teil der Bemessungsgrundlage; gleiches habe für das Wohnrecht zu gelten.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung eines über den verglichenen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 5.000,-- hinausgehenden Betrages von weiteren S 1.947,-- monatlich ab 1. 8. 2000 und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren von S 53,-- (unangefochten und damit rechtskräftig) ab. Das Erstgericht ging dabei von einer Unterhaltsbemessungsgrundlage beim Beklagten in Höhe von S 25.400,-- aus (hierin enthalten Pensionseinkommen des Beklagten aus Alterspension einschließlich Sonderzahlungen, Invaliditätspension und Mietzinseinnahmen; weiters monatlich S 2.500,-- für das neu hinzugekommene Wohnrecht, weil durch diese freiwillige Drittleistung seine Bedürfnisse verringert würden); zuzüglich des Arbeitslosenbezuges der Klägerin von monatlich S 5.355,80 errechnete es das Familieneinkommen mit S 30.755,80; hievon 40 % abzüglich Eigeneinkommen ermittelte es einen Betrag von (gerundet) S 6.947,--, woraus sich ein über den Vergleich hinausgehender Restbetrag laut Zuspruch von S 1.947,-- ergab.

Dieses Urteil bekämpfte der Beklagte nur im Ausmaß von S 947,--, sodass ein Zuspruch von S 1.000,-- monatlich in Rechtskraft erwuchs.

Das Berufungsgericht gab seiner Berufung nicht Folge und sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass sich der Beklagte das vertraglich vereinbarte unentgeltliche Wohnungsrecht, weil es seine Wohnungskosten und seinen Wohnaufwand tatsächlich erheblich vermindere, bei der Unterhaltsfestsetzung in dem vom Erstgericht zugrundegelegten Ausmaß von monatlich S 2.500,-- anrechnen lassen müsse.

Über Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO änderte das Berufungsgericht diesen Ausspruch dahin ab, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt wurde, weil zum Argument des Beklagten, dass das vereinbarte vertragliche Wohnungsrecht nach Übergabe der Liegenschaft als "stille Reserve" der Liegenschaft anzusehen sei und für die Unterhaltsbemessung daher gänzlich außer Ansatz bleiben müsse, oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.Über Antrag nach Paragraph 508, Absatz eins, ZPO änderte das Berufungsgericht diesen Ausspruch dahin ab, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt wurde, weil zum Argument des Beklagten, dass das vereinbarte vertragliche Wohnungsrecht nach Übergabe der Liegenschaft als "stille Reserve" der Liegenschaft anzusehen sei und für die Unterhaltsbemessung daher gänzlich außer Ansatz bleiben müsse, oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

In der auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revision begehrt der Beklagte, dass er ab 1. 8. 2000 lediglich zu einem monatlich Unterhalt von (weiteren) S 947,-- verpflichtet und das darüber hinausgehende Mehrbegehren von S 1.053,-- monatlich abgewiesen werde; hilfsweise werden auch Aufhebungsanträge gestellt.

Die klagende Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher (nur) beantragt wird, dem Rechtsmittel ihres Gegners den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Berufungsgericht für erheblich erachtete und in seinem Zulässigkeitsänderungsbeschluss formulierte Rechtsfrage stellt sich jedoch nicht, weil der Beklagte in den Ausführungen seines Rechtsmittels hiezu nicht vom festgestellten, sondern einem hievon abweichenden Sachverhalt ausgeht und damit das Rechtsmittel (Zulassungsbeschwerde samt Rechtsrüge) nicht zur gesetzmäßigen Darstellung bringt. An beiden diesbezüglichen Stellen des Rechtsmittels geht er nämlich (fälschlicherweise) davon aus, dass sein "Wohnungsrecht" als "stille Reserve" bereits Bestandteil der Vergleichsgrundlage im Jahre 1995 und damit in der damaligen 40 %-Vergleichsbasis enthalten gewesen sei. Damit übergeht er jedoch die gegenteilige unbekämpfte Feststellung des Erstgerichtes, dass beim seinerzeitigen Vergleichsabschluss am 8. 6. 1995 im Betrag des damals angenommenen wirtschaftlichen Reineinkommens des Beklagten von S 210.000,-- lediglich die Unfallrente, nicht aber die Wohnkosten berücksichtigt und inkludiert worden waren (S 8 und 9 des Ersturteils = AS 63 f). Soweit darüber hinaus die Vorinstanzen - ausgehend von dieser Umstandsänderung - die geldwerte Leistung für dieses neue Dienstbarkeitsrecht (in Anwendung des § 273 ZPO) mit monatlich S 2.500,-- veranschlagten, kann auch dies keine erhebliche Rechtsfrage begründen, weil eine derartige Bemessung stets von der Kasuistik des Einzelfalles geprägt ist und demgemäß auch hier keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung für sich in Anspruch nehmen kann (RIS-Justiz RS0040494). Damit braucht aber auch auf den - im Übrigen in der Revision gar nicht relevierten - Umstand eingegangen zu werden, ob die vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 226/99p (EFSlg 90.367, 90.368; RIS-Justiz RS0112474) ausgesprochenen Grundsätze im Zusammenhang mit den Auswirkungen eines dem Unterhaltsberechtigten zustehenden unentgeltlichen Wohnrechtes samt Auswirkung der daraus resultierenden Ersparnisse auf der Bedarfsseite - wie offensichtlich vom Berufungsgericht geschehen (S 6 des Urteils = AS 104) - gleichsam spiegelbildlich auch auf ein derartiges Wohnrecht auf seiten des Unterhaltsverpflichteten übertragen werden können.Die vom Berufungsgericht für erheblich erachtete und in seinem Zulässigkeitsänderungsbeschluss formulierte Rechtsfrage stellt sich jedoch nicht, weil der Beklagte in den Ausführungen seines Rechtsmittels hiezu nicht vom festgestellten, sondern einem hievon abweichenden Sachverhalt ausgeht und damit das Rechtsmittel (Zulassungsbeschwerde samt Rechtsrüge) nicht zur gesetzmäßigen Darstellung bringt. An beiden diesbezüglichen Stellen des Rechtsmittels geht er nämlich (fälschlicherweise) davon aus, dass sein "Wohnungsrecht" als "stille Reserve" bereits Bestandteil der Vergleichsgrundlage im Jahre 1995 und damit in der damaligen 40 %-Vergleichsbasis enthalten gewesen sei. Damit übergeht er jedoch die gegenteilige unbekämpfte Feststellung des Erstgerichtes, dass beim seinerzeitigen Vergleichsabschluss am 8. 6. 1995 im Betrag des damals angenommenen wirtschaftlichen Reineinkommens des Beklagten von S 210.000,-- lediglich die Unfallrente, nicht aber die Wohnkosten berücksichtigt und inkludiert worden waren (S 8 und 9 des Ersturteils = AS 63 f). Soweit darüber hinaus die Vorinstanzen - ausgehend von dieser Umstandsänderung - die geldwerte Leistung für dieses neue Dienstbarkeitsrecht (in Anwendung des Paragraph 273, ZPO) mit monatlich S 2.500,-- veranschlagten, kann auch dies keine erhebliche Rechtsfrage begründen, weil eine derartige Bemessung stets von der Kasuistik des Einzelfalles geprägt ist und demgemäß auch hier keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung für sich in Anspruch nehmen kann (RIS-Justiz RS0040494). Damit braucht aber auch auf den - im Übrigen in der Revision gar nicht relevierten - Umstand eingegangen zu werden, ob die vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 226/99p (EFSlg 90.367, 90.368; RIS-Justiz RS0112474) ausgesprochenen Grundsätze im Zusammenhang mit den Auswirkungen eines dem Unterhaltsberechtigten zustehenden unentgeltlichen Wohnrechtes samt Auswirkung der daraus resultierenden Ersparnisse auf der Bedarfsseite - wie offensichtlich vom Berufungsgericht geschehen (S 6 des Urteils = AS 104) - gleichsam spiegelbildlich auch auf ein derartiges Wohnrecht auf seiten des Unterhaltsverpflichteten übertragen werden können.

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Dass der - von der beklagten Partei ohnedies bloß "aus rein advokatorischer Vorsicht" - geltend gemachte (weitere) Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht vorliegt, bedarf gemäß § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO ebenfalls keiner weiteren Begründung. An den die Zulassung der Revision dennoch aussprechenden Abänderungsausspruch des Berufungsgerichtes ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO; 7 Ob 58/01g).Gemäß Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (Paragraph 502, Absatz eins, ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Dass der - von der beklagten Partei ohnedies bloß "aus rein advokatorischer Vorsicht" - geltend gemachte (weitere) Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht vorliegt, bedarf gemäß Paragraph 510, Absatz 3, dritter Satz ZPO ebenfalls keiner weiteren Begründung. An den die Zulassung der Revision dennoch aussprechenden Abänderungsausspruch des Berufungsgerichtes ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO; 7 Ob 58/01g).

Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen und daher die Kosten ihrer nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Revisionsbeantwortung selbst zu tragen (RIS-Justiz RS0035979, 0035962). In der bloßen Erwähnung (im Schlussantrag der Revisionsbeantwortung), der Oberste Gerichtshof möge die Revision der beklagten Partei "zurück- bzw abweisen", ist kein Hinweis auf den wahren Zurückweisungsgrund zu erblicken, befasst sich doch die Revisionsbeantwortung sonst ausschließlich materiell mit dem Revisionsvorbringen (1 Ob 117/00p; 1 Ob 130/00z).

Anmerkung

E62475 07A01591

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0070OB00159.01K.0711.000

Dokumentnummer

JJT_20010711_OGH0002_0070OB00159_01K0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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