TE OGH 2001/7/31 7Ob104/01x

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Veröffentlicht am 31.07.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hans Pfersmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Hauptstadt der Slowakischen Republik Bratislava, SK-812.101 Bratislava, Primaciale nam.c. 3, und 2. Stadtteil Bratislava Altstadt, SK-81.101 Bratislava, Vajanskeho nabr.c. 3, beide vertreten durch Lattenmayer, Luks & Enzinger, Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 18 Cg 148/97x des Handelsgerichtes Wien (Streitwert S 123,500.000,--) über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 22. Jänner 2001, GZ 4 R 214/00w-12, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 1. August 2000, GZ 18 Cg 26/00p-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 212.850,-- (darin enthalten S 35.475,-- an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin und die I***** AG in ***** (in der Folge I*****) einerseits und die Beklagten andererseits schlossen am 22. 5. 1992 einen Kooperationsvertrag. Für Streitigkeiten aus diesem Vertrag wurde eine Schiedsgerichtsklausel aufgenommen. Die I***** wurde von Prof. Dipl.-Ing. Dr. Kurt K***** sowohl bei den Verhandlungen als auch beim Vertragsabschluss vertreten.

Die Klägerin leitete gegen die Beklagten ein Schiedsverfahren ein. Vor Einlassung in die Hauptsache wandten die auch hier Beklagten die Unzuständigkeit des Schiedsgerichtes ein. Die Beklagten wurden im Schiedsverfahren zur Bezahlung von S 123,500.000,-- samt Zinsen und Kosten an die Klägerin verurteilt. Aufgrund der Klage der Beklagten im Verfahren 18 Cg 148/97x des Handlesgerichtes Wien wurde der Schiedsspruch rechtskräftig (7 Ob 368/98p) aufgehoben. Die Schiedsvereinbarung wurde als unwirksam erkannt, weil Prof. Dipl.-Ing. Dr. K***** zur Unterfertigung der Schiedsvereinbarung nicht ausreichend bevollmächtigt gewesen war.

Die Klägerin stützt nun ihre Wiederaufnahmsklage - soweit dies für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist - auf § 530 Abs 1 Z 7 ZPO. Sie habe nach Abschluss des Verfahrens 18 Cg 148/97x des Handelsgerichtes Wien in Erfahrung gebracht, dass die I***** Prof. Dipl.-Ing. Dr. K***** schon vor dem am 22. 5. 1992 erfolgten Vertragsabschluss eine wirksame Vollmacht zum Abschluss der Schiedsvertrages erteilt habe. Kopien derartiger Spezialvollmachten vom 20. 3. 1990 und 2. 9. 1991 habe sie nunmehr aufgefunden. Im Verfahren vor dem Handelsgericht Wien sei bloß eine Genehmigungserklärung und eine Spezialvollmacht vom 22. 6. 1992 vorgelegt worden. Erst der Oberste Gerichtshof habe zur Frage der nachträglichen Genehmigung Stellung genommen, diese Frage aber, entgegen der Ansicht der Klägerin, die sich auf ein Gutachten des Ordinarius für Rechtswissenschaft Dr. Peter B***** gestützt habe, für den vorliegenden Fall verneint. Nach Zustellen des Erkenntnisses 7 Ob 368/98p an Prof. Dipl.-Ing. Dr. K***** in Kopie am 1. 3. 2000 habe dieser am 9. 3. 2000 unter Hinweis auf die vorhin genannten Vollmachten mitgeteilt, dass das Urteil auf unrichtigen Annahmen basiere. Die aufgefundenen Beweismittel seien neu zu Tage getreten und seien objektiv geeignet, im wiederaufzunehmenden Verfahren eine für die Klägerin günstigere Entscheidung herbeizuführen.Die Klägerin stützt nun ihre Wiederaufnahmsklage - soweit dies für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist - auf Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer 7, ZPO. Sie habe nach Abschluss des Verfahrens 18 Cg 148/97x des Handelsgerichtes Wien in Erfahrung gebracht, dass die I***** Prof. Dipl.-Ing. Dr. K***** schon vor dem am 22. 5. 1992 erfolgten Vertragsabschluss eine wirksame Vollmacht zum Abschluss der Schiedsvertrages erteilt habe. Kopien derartiger Spezialvollmachten vom 20. 3. 1990 und 2. 9. 1991 habe sie nunmehr aufgefunden. Im Verfahren vor dem Handelsgericht Wien sei bloß eine Genehmigungserklärung und eine Spezialvollmacht vom 22. 6. 1992 vorgelegt worden. Erst der Oberste Gerichtshof habe zur Frage der nachträglichen Genehmigung Stellung genommen, diese Frage aber, entgegen der Ansicht der Klägerin, die sich auf ein Gutachten des Ordinarius für Rechtswissenschaft Dr. Peter B***** gestützt habe, für den vorliegenden Fall verneint. Nach Zustellen des Erkenntnisses 7 Ob 368/98p an Prof. Dipl.-Ing. Dr. K***** in Kopie am 1. 3. 2000 habe dieser am 9. 3. 2000 unter Hinweis auf die vorhin genannten Vollmachten mitgeteilt, dass das Urteil auf unrichtigen Annahmen basiere. Die aufgefundenen Beweismittel seien neu zu Tage getreten und seien objektiv geeignet, im wiederaufzunehmenden Verfahren eine für die Klägerin günstigere Entscheidung herbeizuführen.

Die Beklagte beantragt die Klagsabweisung mit der Begründung, dass sie schon im Vorverfahren eingewandt habe, dass Prof. Dipl.-Ing. Dr. K***** über keine ausreichende Vollmacht verfügt habe. Die Beklagte habe es aber unterlassen, Prof. Dipl.-Ing. Dr. K***** schon damals auf das Vorhandensein weiterer Vollmachten anzusprechen. Der Klägerin sei eine gröbliche Missachtung ihrer prozessualen Diligenzpflicht vorzuwerfen.

Das Erstgericht wies - soweit es für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist - das Klagebegehren ab. Es kam zu dem Ergebnis, dass der Klägerin ein Verstoß gegen die prozessuale Diligenzpflicht vorzuwerfen sei, weil sie ihr zumutbare Erhebungen nicht gepflogen habe, um ihren Prozessstandpunkt darzutun. Die Klägerin habe es schlichtweg unterlassen, auch nur irgendeine der beteiligten Personen nach den näheren Umständen der Vollmachserteilung zu befragen, ein Vorgehen, das keinerlei nennenswerten Aufwand verursacht hätte und im Sinne prozessualer Sorgfalt ohne Zweifel geboten gewesen wäre.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung nicht Folge. Es führte aus, dass allfällige im Vorverfahren unterlaufene Mangelhaftigkeiten des Verfahrens im Wiederaufnahmsverfahren nicht geltend gemacht werden können. Die Klägerin habe vielmehr den Sachverhalt nicht in jede Richtung hin geprüft und kein vollständiges Vorbringen erstattet. Sie habe nicht vorgebracht, dass die Vollmachten ausdrücklich auch zum Abschluss einer Schiedsklausel ermächtigen. Schon aus prozessualer Vorsicht wären ihr selbst unter dem Blickwinkel ex ante Klarstellungen zum Umfang und Inhalt der Vollmacht zumutbar und von ihr zu erwarten gewesen. Es könne nicht gesagt werden, dass die Klägerin ohne ihr Verschulden außer Stande gewesen sei, neue Tatsachen und Beweismittel schon im Vorverfahren geltend zu machen. Bei ordnungsgemäßer Aufmerksamkeit hätte die Klägerin damit rechnen müssen, dass die "Genehmigungserklärung und Spezialvollmacht" nicht die notwendige Deckung der Schiedsklausel vor dem Obersten Gerichtshof finde.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Streitgegenstand S 260.000,-- übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Verletzung der Diligenzpflicht wohl allgemeine Grundsätze durch die Rechtsprechung bestünden, der vorliegende Fall sich jedoch darin nicht exakt einordnen lasse.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit einem Aufhebungsantrag.

Die Beklagten beantragen, die Revision der Klägerin zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen den - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes (§ 508a Abs. 1 ZPO) - unzulässig.Die Revision ist entgegen den - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes (Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO) - unzulässig.

Die Rechtssicherheit erfordert eine Beschränkung der Anfechtungsmöglichkeit von Endurteilen durch das außerordentliche Rechtsmittel der Wiederaufnahmsklage auf scharf abgegrenzte Fälle (RIS-Justiz RS0044623, vor allem [T3]). Ein Verstoß gegen die prozessuale Diligenzpflicht liegt vor, wenn eine Partei nicht die ihr zumutbaren Erhebungen pflegt, um die zur Dartuung ihres Prozessstandpunktes erforderlichen Zeugen und Beweismittel auszuforschen (RIS-Justiz RS0044619, RS0109743). Ein Verschulden des Wiederaufnahmsklägers liegt nur dann nicht vor, wenn er trotz sorgsamer Prozessvorbereitung von der neuen Tatsache oder dem Beweismittel erst nach Schluss der Verhandlung des Vorprozesses Kenntnis erlangt (RIS-Justiz RS0044533). Die Wiederaufnahmsklage hat aber nicht den Zweck, von den Parteien in der Prozessführung begangene Fehler zu beheben (RIS-Justiz RS0044354).

Die Beurteilung der Frage, ob der Wiederaufnahmskläger die ihm zumutbare Sorgfalt angewendet hat, ist eine Frage des Einzelfalls. Einer Entscheidung darüber kommt grundsätzlich keine über den vorliegenden Rechtsfall hinausgehende Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0111578, RS0044533 [T9]).

Im Übrigen liegt die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die Klägerin habe gegen ihre prozessuale Diligenzpflicht verstoßen, weil sie sich auf ein Rechtsgutachten verlassen hat, ohne den zugrundeliegenden Sachverhalt vollständig zu erforschen und Beweismittel vorzulegen, wodurch sich die begutachtete Rechtsfrage gar nicht gestellt hätte, innerhalb des durch die oben dargelegten Grundsätze gezogenen Ermessensspielraumes. Da keine im Sinne des § 502 ZPO erhebliche Rechtsfrage zur Entscheidung vorliegt, erweist sich die Revision als unzulässig.Im Übrigen liegt die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die Klägerin habe gegen ihre prozessuale Diligenzpflicht verstoßen, weil sie sich auf ein Rechtsgutachten verlassen hat, ohne den zugrundeliegenden Sachverhalt vollständig zu erforschen und Beweismittel vorzulegen, wodurch sich die begutachtete Rechtsfrage gar nicht gestellt hätte, innerhalb des durch die oben dargelegten Grundsätze gezogenen Ermessensspielraumes. Da keine im Sinne des Paragraph 502, ZPO erhebliche Rechtsfrage zur Entscheidung vorliegt, erweist sich die Revision als unzulässig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagten wiesen auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hin.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 50,, 41 ZPO. Die Beklagten wiesen auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hin.

Anmerkung

E62409 07A01041

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0070OB00104.01X.0731.000

Dokumentnummer

JJT_20010731_OGH0002_0070OB00104_01X0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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