TE Vfgh Beschluss 2002/9/24 G317/01 ua

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Veröffentlicht am 24.09.2002
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Index

65 Pensionsrecht für Bundesbedienstete
65/02 Besonderes Pensionsrecht

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
ASVG §108
BundesbahnG 1992 §21 idF StrukturanpassungsG 1996, ArtIII EisenbahnrechtsanpassungsG 1997 und Art13 PensionsreformG 2001h
PensionsreformG 2001 Art12 (Bundesbahn-PensionsG)
VfGG §62 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung von Individualanträgen teils aktiver, teils im Ruhestand befindlicher Bediensteter der Österreichischen Bundesbahnen auf Aufhebung zahlreicher Bestimmungen betreffend die Pensionsreform im Bereich der Bundesbahnen (betr Ruhestandsversetzung, Anpassungsregelungen, Todesfallsbeitrag, Ruhensbestimmungen und Teilpension, Pensionsbeitrag, Pensionssicherungsbeitrag) in Hinblick auf teils rückwirkende Kürzung des Ruhegenusses; teils keine aktuelle rechtliche Betroffenheit, teils zumutbarer Umweg; bedingte Anträge nicht zulässig

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Antragsteller ist - nach seinen eigenen Angaben - Bediensteter der Österreichischen Bundesbahnen im Ruhestand. Mit seinem auf Art140 Abs1 B-VG gestützten Antrag begehrt er, der Verfassungsgerichtshof möge

"1. §14a Abs1 und 5, §38 Abs1, §39, §40 Abs1, §41 Abs1, §52 Abs2 sowie §62 Abs5 Bundesbahnpensionsgesetz allesamt in der Fassung des Art64 des Budgetbegleitgesetzes 2000 BGBl. I Nr. 142/2000 bzw. des Art12 Pensionsreformgesetz 2001, BGBl. I Nr. 86/2001;

2. §21 Abs3, 4 und 4b Bundesbahngesetz 1992 idF des Art13 des Pensionsreformgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 86/2001;

3. §21 Abs3 und 4 Bundesbahngesetz 1992 in der Fassung des ArtIII Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz 1997, BGBl. I Nr. 15/1998 und

4. §21 Abs3 Bundesbahngesetz 1992 in der Fassung des Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. 201/1996,

[als verfassungswidrig] ersatzlos aufheben."

2. Zur Begründung seines Antrages bringt der Antragsteller u. a. vor:

"Der Beschwerdeführer, welcher am 27.10.1926 geboren ist, trat nach Absolvierung seines Studiums der Rechtswissenschaften am 15.04.1954 in den Dienststand der Republik Österreich, Eisenbahnverwaltung, und versah bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand am 31.12.1991 seinen Dienst bei den Österreichischen Bundesbahnen.

Das zwischen dem Beschwerdeführer und der Republik Österreich bzw. in weiterer Folge nach der erfolgten Ausgliederung, den Österreichischen Bundesbahnen zustande gekommene Rechtsverhältnis hat ein privatrechtliches Dienstverhältnis zur Republik Österreich begründet.

Hieran hat sich bis zum Eintritt des Beschwerdeführers in den dauernden Ruhestand nichts geändert, da dieser nach den Bestimmungen der Dienstvorschrift 'Bundesbahnpensionsordnung 1966' in der damals geltenden Fassung erfolgte, welche nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes weder eine Verordnung, noch ein Gesetz, sondern eine ausschließlich nach Privatrecht zu beurteilende Vertragsschablone (lex contractus) darstellt (vergl. VfSlg. 12.330). Die Regelung der Pensionsansprüche jeglicher Art des Beschwerdeführers und seiner Angehörigen unterliegt daher unzweifelhaft der Privatautonomie. Im Rahmen dieser durch Vertragsmechanismen zu gestaltenden Pflichten und Ansprüche des Beschwerdeführers war bis zum Inkrafttreten der beschwerdegegenständlichen Bestimmungen mit 01.01.2001 der Anspruch des Beschwerdeführers bzw. seiner Angehörigen auf Todesfallbeitrag, Bestattungskostenbeitrag und Pflegekostenbeitrag normiert. Hiebei wurde selbstverständlich kein Unterschied gemacht, ob ein Beamter im Zeitpunkt seines Ablebens noch aktiv tätig oder bereits im Ruhestand war, da es keinerlei sachliche Rechtfertigung für eine derartige Differenzierung gibt.

Dem trugen die Bestimmungen des Abschnitt 5. der Pensionsordnung 1966 sowohl hinsichtlich des in §38 geregelten Anspruches auf Todesfallbeitrag als auch des im §40 Abs1 geregelten Anspruches auf Bestattungskostenbeitrag und des im §41 Abs1 geregelten Pflegekostenbeitrages voll Rechnung.

In §39 Abs1 Pensionsordnung 1966 wird die Höhe des Todesfallbeitrages mit dem 3-fachen des Monatsbezuges für den Fall des Todes eines Beamten des Ruhestandes mit dem 3-fachen seines monatlichen Ruhebezuges, auf den er am Sterbetag Anspruch hatte, festgelegt.

Mit den beschwerdegegenständlichen Bestimmungen wurde in das zwischen den Österreichischen Bundesbahnen und dem Beschwerdeführer bestehende Privatrechtsverhältnis in unsachlicher und unverhältnismäßiger Weise eingegriffen und für den Beschwerdeführer als Beamter im Ruhestand bzw. seine Angehörigen jeglicher Anspruch auf Todesfallbeitrag, Bestattungskostenbeitrag und Pflegekostenbeitrag beseitigt. Darüber hinaus wurde auch die grundsätzliche Höhe des Todesfallbeitrages unter vollständiger Missachtung der Privatautonomie und somit der geschützten Eigentumssphäre des Beschwerdeführers drastisch reduziert. Anstelle des 3-fachen des zum Todeszeitpunkt aktuellen Monatsruhegenussbezuges beträgt der Todesfallbeitrag gern. §39 des Bundesbahnpensionsgesetzes in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2000 nur mehr 150 % des jeweiligen Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse 5 eines Beamten der Allgemeinen Verwaltung nach §118 Abs5 des Gehaltsgesetzes 1956, Bundesgesetzblatt Nr. 54.

In Bezug auf den Beschwerdeführer bedeutet dies eine Reduktion des Todesfallbeitrages um weit mehr als 50 %, geht man davon aus, dass die gänzliche Streichung dieser Leistung jedenfalls rechtswidrig ist.

Mit den angefochtenen Bestimmungen des Art64 des Budgetbegleitgesetzes 2001 bzw. Art12 u.13 des Pensionsreformgesetzes und den übrigen angefochtenen Regelungen greift der Staat rechtswidrig und unverhältnismäßig in einen bestehenden privatrechtlichen Vertrag, nämlich in den Pensionsvertrag des Beschwerdeführers entsprechend den Regelungen der Bundesbahnpensionsordnung 1966 ein und verletzt damit die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie, welche auch das Recht zum Abschluss von (Pensions-) Verträgen im Rahmen der Privatautonomie der Vertragspartner vorsieht (vergleiche etwa Verfassungssammlung 12.227 u. a.).

...

Die bekämpften Bestimmungen, welche durch das Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. 1142/2000 bzw das Pensionsreformgesetz 2001, BGBl I 86/2001 und die zuvor in Kraft getretenen in das Pensionsrecht der Bundesbahner eingreifenden angeführten Budgetgesetze rechtswirksam wurden, greifen durch ihren verfassungswidrigen Inhalt unmittelbar und aktuell in die subjektiven Rechte des Beschwerdeführers (Anspruchsstreichung, Zahlungspflichten) ein.

Da Ansprüche des Beschwerdeführers bzw. seiner Hinterbliebenen zur Gänze beseitigt werden, ist der Eingriff in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers nicht bloß potentiell sondern aktuell, da sich seine Rechtsposition unmittelbar erheblich verändert. Für den Beschwerdeführer besteht auch keine andere zumutbare Möglichkeit, um eine Ausnahme von der unmittelbar kraft Gesetzes eingetretenen Auswirkung der Anspruchsbeseitigung anzusuchen."

3.1. §14a Abs1 und 5 BB-PG idF des PensionsreformG 2001 lautet:

"§14a. (1) Das Ausmaß des Witwen- und Witwerversorgungsgenusses ergibt sich aus einem Hundertsatz des Ruhegenusses, der dem Beamten gebührte oder im Falle seines Todes im Dienststand gebührt hätte, wenn er an seinem Todestag in den Ruhestand versetzt worden wäre. Ein gänzliches oder teilweises Ruhen des Ruhegenusses ist dabei außer Acht zu lassen.

(5) Lässt sich eine Bemessungsgrundlage für einen Anspruch oder eine Anwartschaft im Sinne des §14 Abs2 oder für einen außerordentlichen Versorgungsgenuss nicht ermitteln, so gelten 120% der gebührenden Leistung als Berechnungsgrundlage."

3.2. §38 Abs1 BB-PG idF des PensionsreformG 2001 lautet:

"§38. (1) Stirbt ein Beamter des Dienststandes, so haben nacheinander Anspruch auf Todesfallbeitrag:

a) der überlebende Ehegatte, der am Sterbetag des Beamten mit diesem in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat, es sei denn, dass die Gatten nur wegen der Erziehung der Kinder, aus Gesundheitsrücksichten, aus wirtschaftlichen oder ähnlichen nicht in ihren persönlichen Beziehungen gelegenen Gründen abgesondert gelebt haben,

b) das Kind, das am Sterbetag des Beamten dessen Haushalt angehört hat. Ist kein anspruchsberechtigtes Kind vorhanden, so ist das Enkelkind anspruchsberechtigt, das am Sterbetag des Beamten dessen Haushalt angehört hat,

c) das Kind, das die Kosten der Bestattung ganz oder teilweise bestritten hat. Ist kein anspruchsberechtigtes Kind vorhanden, so ist das Enkelkind anspruchsberechtigt, das die Kosten der Bestattung ganz oder teilweise bestritten hat.

Der Tod im Monat des Wirksamwerdens der Ruhestandsversetzung ist dem Tod im Dienststand gleichzuhalten."

3.3. §39 BB-PG idF des PensionsreformG 2001 lautet:

"§39. Der Todesfallbeitrag beträgt 150% des jeweiligen Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V eines Beamten der Allgemeinen Verwaltung nach §118 Abs5 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54."

3.4. §40 Abs1 BB-PG idF des PensionsreformG 2001 lautet:

"§40. (1) Besteht kein Anspruch auf Todesfallbeitrag, so gebührt der Person, die die Kosten der Bestattung des verstorbenen Beamten des Dienststandes ganz oder teilweise aus eigenen Mitteln getragen hat, auf ihren Antrag ein Ersatz dieser Kosten."

3.5. §41 Abs1 BB-PG idF des PensionsreformG 2001 lautet:

"§41. (1) Ist ein Anspruch auf Todesfallbeitrag nicht gegeben und erreicht ein allfällig gebührender Bestattungskostenbeitrag nicht die Höhe des Todesfallbeitrages, so kann aus berücksichtigungswürdigen Gründen der Person, die den verstorbenen Beamten des Dienststandes vor seinem Tod unentgeltlich gepflegt oder die Kosten der Pflege ganz oder teilweise aus eigenen Mitteln getragen hat, auf Antrag ein Pflegekostenbeitrag gewährt werden."

3.6. §52 Abs2 BB-PG idF des PensionsreformG 2001 lautet:

"(2) Dieses Bundesgesetz ist auf ab 1. Oktober 2000 neu anfallende Ruhe- oder Versorgungsgenüsse anzuwenden. Auf Personen, die am 30. September 2000 Anspruch auf Pensionsversorgung gegen die Österreichischen Bundesbahnen haben, sind die am 30. September geltenden Regelungen über die Pensionsversorgung der Beamten der Österreichischen Bundesbahnen, ihrer Angehörigen und Hinterbliebenen abweichend von §1 Abs1 Z2 und 3 weiterhin anzuwenden. Abweichend davon gelten die §§37 bis 41 dieses Bundesgesetzes sowie §21 Abs3c und 4 des Bundesbahngesetzes 1992, BGBl. Nr. 825, auch für diese Personen."

3.7. §62 Abs5 BB-PG idF des PensionsreformG 2001 lautet:

"(5) Ansprüche auf Todesfall- oder Bestattungskostenbeitrag für Todesfälle, die nach dem 31. Dezember 2000 eingetreten sind, können nur bestehen, wenn der Tod im Dienststand eingetreten ist. Ein Pflegekostenbeitrag kann für Todesfälle, die nach dem 31. Dezember 2000 eingetreten sind, nur im Fall des Todes im Dienststand gewährt werden. Auf Todesfälle, die vor dem 1. Jänner 2001 eingetreten sind, sind die §§38 bis 41 und die auf sie verweisenden Bestimmungen in der am 31. Dezember 2000 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden."

3.8. §21 Abs3, 4 und 4b BundesbahnG 1992 idF des Art13 Z1 des PensionsreformG 2001 lautet:

"(3) Die Österreichischen Bundesbahnen haben an den Bund monatlich einen Beitrag zur Deckung des Pensionsaufwandes zu leisten. Dieser Beitrag beträgt 26% des Aufwandes an Aktivbezügen für Bundesbahnbeamte und erhöht sich ab 1. Jänner 2003 jährlich um 0,13 Prozentpunkte bis zu einem Betrag in Höhe von 30% des Aufwandes an Aktivbezügen für Bundesbahnbeamte.

(4) Der Versorgungsgenussempfänger hat von den monatlich wiederkehrenden Geldleistungen, die ihm nach dem Bb-PG gebühren oder gewährt werden, einen Pensionssicherungsbeitrag von 0,8% zu leisten.

(4b) Die Pensionsbeiträge verbleiben beim Unternehmen Österreichische Bundesbahnen, die Pensionssicherungsbeiträge sind an den Bund abzuführen. Rechtmäßig entrichtete Pensionsbeiträge und Pensionssicherungsbeiträge sind nicht zurückzuzahlen."

3.9. §21 Abs3 und 4 BundesbahnG idF des EisenbahnrechtsanpassungsG 1997 lautet:

"§21 (3) Die Österreichischen Bundesbahnen haben an den Bund monatlich einen Beitrag zur Deckung des Pensionsaufwandes zu leisten. Dieser Beitrag beträgt 26% des Aufwandes an Aktivbezügen für Bundesbahnbeamte und erhöht sich ab 1. Jänner 2003 jährlich um 0,13 Prozentpunkte des Aufwandes an Aktivbezügen für Bundesbahnbeamte bis zu einem Beitrag in Höhe von 30% des Aufwandes für Aktivbezüge für Bundesbahnbeamte. Er ist von den Österreichischen Bundesbahnen an den Bund zu leisten. Zusätzlich sind 3% bzw. 4% ab 1. Juli 1999 als Pensionssicherungsbeitrag von den aktiven Bundesbahnbeamten und den Ruhegenußempfängern zu leisten. Die Pensionsbeiträge der aktiven Bundesbahnbeamten verbleiben beim Unternehmen.

(4) Der Pensionssicherungsbeitrag für Aktive beträgt mindestens 3%, ab 1. Juli 1999 4% zusätzlich zu dem Pensionssicherungsbeitrag von 10,25% nach dem ASVG. Der Pensionssicherungsbeitrag für Ruhegenußempfänger beträgt mindestens 3%, ab 1. Jänner 2000 3,25%, ab 1. Jänner 2001 3,5%, ab 1. Jänner 2002 3,75% und ab 1. Jänner 2003 4%."

3.10. §21 Abs3 BundesbahnG idF des StrukturanpassungsG 1996 lautet:

"§21 (3) Die Österreichischen Bundesbahnen haben an den Bund monatlich einen Beitrag zur Deckung des Pensionsaufwandes zu leisten. Dieser Beitrag beträgt 26 % des Aufwandes an Aktivbezügen für Bundesbahnbeamte; zusätzlich 3 % ab 1. Juli 1996 bzw. 4 % ab 1. Juli 1999 sind von den Österreichischen Bundesbahnen von den Aktivbezügen und von den Ruhebezügen als weiterer Pensionsbeitrag für diese aktiven Bediensteten bzw. Pensionssicherungsbeitrag für die Ruhegenußempfänger durch Beiträge der aktiven Bediensteten und Ruhegenußempfänger zu leisten."

4. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie für die Zurückweisung, in eventu die Abweisung des Antrages eintritt.

II. 1. Der Antrag ist nicht zulässig.

1.1. Nach Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Voraussetzung der Antragslegitimation ist sohin einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffs zu Verfügung steht (zB VfSlg. 11.726/1988).

Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (s. VfSlg. 13.869/1994).

1.2. Überträgt man diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Antrag, so ergibt sich dazu, mit Bezug auf die einzelnen Bestimmungen, die den Gegenstand des Antrages bilden, Folgendes:

1.2.1. Zur Anfechtung des §14a Abs1 und 5, der §§38 Abs1, 39, 40 Abs1, 41 Abs1 und des §62 Abs5 BB-PG:

Der Antragsteller ist nicht Normadressat dieser ausschließlich für Hinterbliebene von Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen geltenden Bestimmungen.

1.2.2. Zur Anfechtung des §52 Abs2 BB-PG:

Was den ersten Satz dieser Bestimmung betrifft, so gilt sie für den Antragsteller nicht.

Der zweite Satz gilt für ihn nur insoweit als er die "Pensionsversorgung der Beamten der Österreichischen Bundesbahnen" betrifft; der Antragsteller hat jedoch nicht dargetan, inwiefern diese - die weitere Anwendung der einschlägigen, bisher geltenden Regelungen normierenden - Vorschrift in seine Rechtssphäre nachteilig eingreift.

Bezüglich des dritten Satzes des §52 Abs2 BB-PG ist der Antragsteller - ausgehend von seinem Vorbringen - nur insoweit Normadressat als auf §37 BB-PG und §21 Abs3c BundesbahnG 1992 verwiesen wird. Der Verfassungsgerichtshof ist jedoch der Ansicht, dass dem Antragsteller durch das Begehren eines Feststellungsurteiles ein anderer zumutbarer Weg der Rechtsverfolgung zur Verfügung steht (vgl. dazu und zum Folgenden allgemein VfGH 3.10.2001 G72/01, V11-13/01 und im Besonderen VfSlg. 15.688/1999 sowie VfGH 13.12.1999 B1063/96).

Dazu wird zunächst ganz allgemein auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes verwiesen, wonach das dem einzelnen Normunterworfenen mit Art140 Abs1 B-VG eingeräumte Rechtsinstrument dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen - gleichsam lückenschließend - nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hierfür nicht zur Verfügung steht, weil man anderenfalls zur einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes gelangte, die mit dem Charakter eines sog. Individualantrages als eines subsidiären Rechtsbehelfes nicht in Einklang stünde (vgl. zB VfSlg. 11.479/1987 uva.). Auf den vorliegenden Fall bezogen kann weiters auch von ins Gewicht fallenden Nachteilen, insbesondere einer besonderen Härte für den Antragsteller (s. dazu VfSlg. 10.200/1984, 10.293/1984, 12.096/1989; vgl. etwa auch VfSlg. 13.686/1994) nicht gesprochen werden, wenn er auf den erörterten Weg verwiesen wird (hingegen sind etwa die den Erkenntnissen VfSlg. 12.227/1989, 13.738/1994 und 14.591/1996 zu Grunde liegenden Fälle mit dem vorliegenden nicht vergleichbar).

1.2.3. Zur Anfechtung des §21 Abs3, 4 und 4b BundesbahnG 1992 idF des PensionsreformG 2001:

§21 Abs4 BundesbahnG idF des PensionsreformG 2001 gilt für Versorgungsgenussempfänger, der Antragsteller ist - als Ruhegenussempfänger - somit nicht Normadressat dieser Bestimmung; Normadressat der Abs3 und 4b des §21 des BundesbahnG idF des PensionsreformG 2001 ist allein das Unternehmen Österreichische Bundesbahnen.

1.2.4. Zur Anfechtung des §21 Abs3 und 4 des BundesbahnG 1992 idF des EisenbahnrechtsanpassungsG 1997 sowie des §21 Abs3 BundesbahnG 1992 idF des StrukturanpassungsG 1996:

§21 Abs3 und 4 BundesbahnG 1992, idF des EisenbahnrechtsanpassungsG 1997, wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 2000 durch das PensionsreformG 2001 und §21 Abs3 BundesbahnG 1992, idF des StrukturanpassungsG 1996, wurde mit Wirkung vom 1. Jänner 1998 durch ArtIII Z3 und 4 des EisenbahnrechtsanpassungsG 1997, aufgehoben. Soweit der Antragsteller also die Verfassungswidrigkeit dieser außer Kraft getretenen Bestimmungen behauptet, bekämpft er Bestimmungen in einer nicht mehr in Geltung stehenden Fassung. Wenngleich es nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass auch bereits außer Kraft getretene Gesetzesvorschriften die Rechtssphäre des Antragstellers aktuell berühren, muss für die Betroffenheit im Antrag eine Begründung gegeben werden (s. dazu VfGH 26.6.2001 G99-103/01). Dies ist hier nicht geschehen.

2. Der Antrag war daher insgesamt als unzulässig zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Bundesbahnbedienstete, Dienstrecht, Ruhestandsversetzung, VfGH / Antrag, VfGH / Individualantrag, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, Bedingung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:G317.2001

Dokumentnummer

JFT_09979076_01G00317_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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