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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des HG in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josef-Kai 5, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom 6. April 2006, Zl. PRB/PEV- 458494/05-A03, betreffend Versagung der Ruhestandsversetzung nach § 14 BDG 1979, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahre 1958 geborene Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist gemäß § 17 Abs. 1a des Poststrukturgesetzes (PTSG) der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen, wo er zuletzt als Gesamtzusteller verwendet wurde. Abgesehen von einem Arbeitsversuch am 19. September 2005 ist er seit 19. Jänner 2004 wegen Krankheit vom Dienst abwesend.
Mit Eingabe vom 12. Februar 2004 beantragte der Beschwerdeführer aufgrund seines "angegriffenen Gesundheitszustandes" seine Versetzung in den Ruhestand nach § 14 BDG 1979. Hierauf ersuchte das "Regionalzentrum Wien" der Österreichischen Post AG die Pensionsversicherungsanstalt (in der Folge kurz: PVA) unter Anschluss einer Arbeitsplatzbeschreibung samt "Anforderungsprofil" betreffend einen Arbeitsplatz "0802 Gesamtzustelldienst (P8/-)" um Erstellung eines Gutachtens über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers. Aus diesem Anforderungsprofil geht u.a. hervor, dass an dem Arbeitsplatz die "körperliche Beanspruchung" "schwer" sei, die Arbeitshaltung "Sitzen, Stehen" "fallweise" und "Gehen" "überwiegend" gegeben sei, die "Hebe- und Tragleistung" "überwiegend" "leicht" und "fallweise" "mittelschwer und schwer" sei. Auch eine Stellenbeschreibung, welche die näheren Aufgaben dieses Arbeitsplatzes enthält, wurde übermittelt.
Die PVA veranlasste die Untersuchung des Beschwerdeführers durch Dr. U, Facharzt für Orthopädie, und Dr. I, Facharzt für Innere Medizin, deren Untersuchungsergebnisse in der Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der PVA, Dr. C, zusammengefasst dargestellt wurden.
Dr. I gelangte am 14. Mai 2004 zu folgender Diagnose:
"a) Hauptursache der Minderung der Erwerbstätigkeit:
Arterieller Bluthochdruck, medikamentös eingestellt, ohne Hinweis auf relevante Sekundärkomplikationen bei mäßiggradiger Adipositas und kräftigem Körperbau.
b) weitere Leiden:
Anamnestisch Zustand nach Herzmuskelentzündung vor ca. 20 Jahre, ohne Folgeerscheinungen. Neigung zu Sodbrennen bei bekanntem Zwerchfellbruch."
Zudem stellte Dr. I in Aussicht, dass eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht möglich sei, die auch nicht durch eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation eine kalkülsändernde Besserung bringe.
Abschließend erstellte er sein Leistungskalkül (Anm.: die unter Anführungszeichen gesetzten Wörter stellen die im Leistungskalkül als zutreffend erachteten Eigenschaften dar):
Hinsichtlich der Arbeitshaltung sei "vollschichtig" das "Sitzen, Stehen, Gehen" ständig möglich. Eine "leichte, mittlere" "körperliche Belastbarkeit" sei "ständig" zumutbar, eine "schwere" "fallweise". Der Beschwerdeführer könne eine Tätigkeit in "geschlossenen Räumen, im Freien, unter starker Lärmeinwirkung, höhenexponiert und allgemein exponiert (z.B. offenlaufende Maschine)" "ständig" ausüben. Das "berufsbedingte Lenken eines KFZ" sei ihm ebenfalls "ständig" möglich. Es sei eine "leichte" (Anheben: max. 10 kg; Tragen: max. 5 kg) und "mittelschwere" (Anheben: max. 25 kg, Tragen: 15 kg) "Hebe- und Trageleistung" "überwiegend" zumutbar, "fallweise" auch eine "schwere" (Anheben:
über 25 kg; Tragen: über 15 kg). "Zwangshaltungen" seien "überkopf, vorgebeugt, gebückt, kniend, hockend" "überwiegend" möglich. Eine "Exposition" des Beschwerdeführers von "Kälte, Nässe, Hitze, Staub" sei "überwiegend" zulässig. "Rechts" und "links" seien "überwiegend" "Feinarbeiten, Grobarbeiten" und eine "Fingerfertigkeit" möglich, "rechts" ist die "Gebrauchhand" "überwiegend", "links" nur "fallweise" einsetzbar. Zumutbar sei ein "bildschirmunterstützter Arbeitsplatz, reine Bildschirmarbeit, Nachtarbeit, Schichtarbeit, Kundenkontakt". Die "psychische Belastbarkeit" sei "überdurchschnittlich", er verfüge über "geistiges Leistungsvermögen", das "schwierig" zu kategorisieren sei. "Besonderer Zeitdruck" hinsichtlich seines "Arbeitstempos" sei zumutbar.
Dr. U diagnostizierte am 18. Mai 2004, dass die Hauptursache der Minderung der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers erstens eine beginnende Arthrose beider Hüftgelenke und beider Kniegelenke nach der Meniskusoperation rechts sowie ein fixierter Rundrücken sei. Zweitens bestehe ein arterieller Bluthochdruck, der Beschwerdeführer sei medikamentös eingestellt. Es gebe keinen Hinweis auf relevante Sekundärkomplikationen bei mäßiggradigem Übergewicht. Wie auch Dr. I erstellte Dr. U die Prognose, dass eine Besserung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers nicht möglich sei, auch nicht durch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation. Dr. U erstellte abschließend folgendes Leistungskalkül:
Hinsichtlich der "Arbeitshaltung" sei "vollschichtig" "sitzen" "ständig", "stehen" und "gehen" jedoch nur "überwiegend" möglich. Eine "leichte, mittlere" "körperliche Belastbarkeit" sei "ständig" zumutbar, eine "schwere" "fallweise". Der Beschwerdeführer könne eine Tätigkeit in "geschlossenen Räumen, im Freien, unter starker Lärmeinwirkung, allgemein exponiert (z.B. offenlaufende Maschine)" "ständig" ausüben. Das "berufsbedingte Lenken eines KFZ" sei ihm ebenfalls "ständig" möglich. Arbeiten seien "höhenexponiert" nur "fallweise" möglich. Es sei eine "leichte, mittelschwere" "Hebe- und Trageleistung" "überwiegend" zumutbar, "fallweise" auch eine "schwere". "Zwangshaltungen" seien "überkopf, vorgebeugt, gebückt" "überwiegend" möglich, "kniende, hockende" nur "fallweise". Eine "Exposition" des Beschwerdeführers von "Kälte, Nässe, Hitze, Staub" sei "überwiegend" zulässig. "Rechts" und "links" seien "Feinarbeiten, Grobarbeiten" und eine "Fingerfertigkeit" "überwiegend" möglich, "rechts" sei die "Gebrauchshand" "überwiegend" einsetzbar. (Anmerkung: Hinsichtlich der linken Gebrauchshand findet sich im Leistungskalkül keine Aussage.) Zumutbar sei ein "bildschirmunterstützter Arbeitsplatz, reine Bildschirmarbeit, Nachtarbeit, Schichtarbeit, Kundenkontakt". Der Beschwerdeführer sei "überdurchschnittlich" "psychisch" belastbar. Sein "geistiges Leistungsvermögen" wird als "schwierig" und "sehr schwierig" angegeben. "Durchschnittlicher Zeitdruck" hinsichtlich seines "Arbeitstempos" sei zumutbar. Die Möglichkeit einer Besserung des Gesundheitszustandes wurde ebenso verneint wie eine Anpassung und Gewöhnung an den bleibenden Leidenszustand in einem solchen Ausmaß, dass sich das Restleistungskalkül verbessert.
In der die vorstehenden Untersuchungsbefunde zusammenfassenden Stellungnahme kam Dr. C zum selben Leistungskalkül wie Dr. U.
Aus den Verwaltungsakten ist ersichtlich, dass die Dienstbehörde daraufhin bei den zuständigen Regionalleitungen anfragte, ob ein entsprechender gleichwertiger Verweisungsarbeitsplatz für den Beschwerdeführer vorhanden sei. Die Antworten waren abschlägig.
Mit Bescheid vom 5. September 2005 wies das Personalamt Wien der Österreichischen Post AG den Antrag auf Ruhestandsversetzung gemäß § 14 Abs. 3 BDG 1979 ab. Begründend wurde ausgeführt, dass sich nach der Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der Pensionsversicherungsanstalt vom 16. Juni 2004 aufgrund der fachärztlichen Gesamtgutachten und aller vorhandener Unterlagen im Zusammenhang mit den Angaben im Anforderungsprofil ergebe, dass der Beschwerdeführer nicht mehr in der Lage sei, die Anforderungen seines bisherigen Arbeitsplatzes zu erfüllen, da ihm körperlich schwere Tätigkeiten lediglich fallweise möglich seien.
Da nach der Auffassung des Bundesministeriums für Finanzen diese Abweichung vom Anforderungsprofil nicht ausreiche, um eine dauernde Dienstunfähigkeit plausibel zu machen, habe die Dienstbehörde dem Beschwerdeführer das Ermittlungsergebnis zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zur Stellungnahme unter Anschluss weiterer aussagekräftiger Befunde und Gutachten geboten.
In seiner Stellungnahme vom 28. Juni 2005 habe der Beschwerdeführer erklärt, dass er weiterhin nicht in der Lage sei, seinen Dienst als Zusteller ordnungsgemäß zu versehen. Befunde, welche seine Dienstunfähigkeit beweisen würden, habe er weder angekündigt noch vorgelegt. Auch aufgrund der Urgenz der Dienstbehörde vom 8. Juli 2005, in dem der Beschwerdeführer aufgefordert worden sei, bis spätestens 1. August 2005 aktuelle Gutachten bzw. Befunde vorzulegen, seien keine weiteren Unterlagen nachgereicht worden. Abschließend kam die Dienstbehörde zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer nach dem vorliegenden Beweisergebnis nicht dauernd dienstunfähig sei, weshalb die gesetzlichen Vorraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung nicht gegeben seien.
Mit Erledigung der Dienstbehörde erster Instanz vom 12. September 2005 wurde dem Beschwerdeführer aufgefordert, sich am 19. September 2005 um 6.00 Uhr bei der Distribution Wien zum Dienstantritt einzufinden.
In seiner Berufung vom 22. September 2004 führte der Beschwerdeführer aus, aufgrund der fachärztlichen Gutachten und aller vorhandenen Unterlagen im Zusammenhang mit den Angaben im Anforderungsprofil ergebe sich nach der Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der PVA, dass er nicht mehr in der Lage wäre, die Anforderungen seines bisherigen Arbeitsplatzes zu erfüllen. Aufgrund der Aufforderung zum Dienstantritt habe der Beschwerdeführer am 19. September 2005 versucht seinen Dienst als Zusteller ordnungsgemäß zu versehen. Am 20. September 2005 sei ihm dies nicht mehr möglich gewesen, da die schweren körperlichen Tätigkeiten, die im Zustelldienst überwiegend aufträten, aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht machbar seien, weshalb er seinen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand aufrecht erhalte.
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ist zu erschließen, dass die belangte Behörde - vergeblich - versuchte, die Zustimmung der Bundesministers für Finanzen zur Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers nach § 14 Abs. 8 BDG 1979 zu erlangen.
Mit Bescheid vom 6. April 2006 wies belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte sie aus, dass nach den ärztlichen Gutachten der PVA und der zusammenfassenden Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der PVA vom 16. Juni 2004 eine beginnende Arthrose beider Hüftgelenke und beider Kniegelenke bei Zustand nach der Meniskusoperation rechts und ein fixierter Rundrücken als Hauptursachen für die Minderung der Dienstfähigkeit angegeben worden seien. Als weiteres Leiden werde ein medikamentös eingestellter arterieller Bluthochdruck ohne Hinweis auf relevante Sekundärkomplikationen bei mäßiggradigem Übergewicht festgehalten. Gemäß dem aufgrund aller vorliegenden Befunde und der Untersuchung des Beschwerdeführers erstellten Gesamtleistungskalküls könne er aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung noch vollschichtig ständig körperlich leichte und mittelschwere sowie fallweise schwere Tätigkeiten ohne wesentliche Einschränkungen hinsichtlich der Arbeitshaltung mit überwiegend leichten und mittelschweren, fallweise auch schweren Hebe- und Trageleistungen ausüben. Hinsichtlich des Arbeitstempos sei dem Beschwerdeführer durchschnittlicher Zeitdruck möglich. Vom geistigen Leistungsvermögen seien schwierige bis sehr schwierige Tätigkeiten mit überdurchschnittlicher psychischer Belastung ausübbar. Weiters seien Tätigkeiten überkopf, gebückt und vorgebeugt überwiegend zumutbar.
Gemäß dem Anforderungsprofil des vom Beschwerdeführer zuletzt innegehabten Arbeitsplatzes "Gesamtzustelldienst - Code 0802", sei diese Tätigkeit mit schwerer körperlicher Beanspruchung, überwiegend im Gehen, fallweise im Stehen und Sitzen, mit überwiegend leichter bis fallweise mittelschwerer und schwerer Hebe- und Trageleistung sowie häufigem Bücken und Strecken verbunden und erfordere ein verantwortungsvolles geistiges Leistungsvermögen mit durchschnittlicher Auffassungsgabe und sehr guter Konzentrationsfähigkeit unter durchschnittlichem Zeitdruck. Aufgrund der gesundheitlichen Verfassung des Beschwerdeführers und des festgestellten Gesamtrestleistungskalküls müssten ihm sämtliche Anforderungen des Anforderungsprofils möglich sein, weshalb der Beschwerdeführer seine dienstlichen Aufgaben im Gesamtzustelldienst weiterhin erfüllen könne. Nach diesem Gesamtrestleistungskalkül lägen weder in physischer noch in psychischer Hinsicht maßgebliche Einschränkungen vor, aus denen eine Dienstunfähigkeit abzuleiten sei oder gewesen sei. Daher sei es auch nicht möglich, die gemäß § 14 Absatz 8 BDG 1979 erforderliche Zustimmung des Bundesministers für Finanzen zu einer Ruhestandsversetzung gemäß § 14 Absatz 1 BDG 1979 zu erwirken. Das Ergebnis der Ermittlung sei ihm im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Absatz 3 AVG mit Schreiben vom 21. März 2006 zur Kenntnis gebracht worden. Von der Möglichkeit, zu dem Sachverhalt Stellung zu nehmen, habe er insofern Gebrauch gemacht, als er mit Schreiben vom 27. März 2006 seine Berufungsausführungen weiterhin aufrecht erhalten habe. Diese Stellungnahme beinhalte keine neuen Aussagen und sei daher nicht geeignet, seiner Berufung zum Erfolg zu verhelfen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt werde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Ruhestandsversetzung nach § 14 BDG 1979 verletzt.
§ 14 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 - BDG 1979, sein Abs. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 820/1995, die Abs. 4 und 8 in der Fassung des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002, BGBl. I Nr. 119, lautet auszugsweise:
"§ 14. (1) Der Beamte ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.
...
(3) Der Beamte ist dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.
(4) Soweit die Beurteilung eines Rechtsbegriffes im Abs. 1 oder 3 von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen oder berufskundlichen Fachwissens fallen, ist vom Bundespensionsamt - ausgenommen für die gemäß § 17 Abs. 1a des Poststrukturgesetzes (PTSG), BGBl. Nr. 201/1996, den dort angeführten Unternehmen zugewiesenen Beamten - Befund und Gutachten einzuholen. Für die gemäß § 17 Abs. 1a PTSG zugewiesenen Beamten ist dafür die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten (ab 1. Jänner 2003: Pensionsversicherungsanstalt) zuständig.
...
(8) Abweichend von § 17a Abs. 7 PTSG bedarf die Versetzung in den Ruhestand nach Abs. 1 von gemäß § 17 Abs. 1a PTSG zugewiesenen Beamten der Zustimmung des Bundesministers für Finanzen."
Im Bericht des Verfassungsausschusses zur Regierungsvorlage eines Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002, 1260 BlgNR 21. GP 2 f, heißt es zu § 14 Abs. 4 und 8 BDG 1979:
"Zu Z 1 (Art. 1 Z 6a und 6b, § 14 Abs. 4 und 8 BDG 1979):
Der Post und Telekom Austria AG (nunmehr: den in § 17 Abs. 1a PTSG angeführten Unternehmen) zugewiesene Beamte waren bisher von den standardisierten Begutachtungen beim Bundespensionsamt in Verfahren betreffend Ruhestandsversetzung wegen dauernder Dienstunfähigkeit nach § 14 BDG 1979 ausgenommen. Diese Ausnahme soll nunmehr entfallen; für die Begutachtung soll jedoch nicht das Bundespensionsamt, sondern die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten (ab 1. Jänner 2003: Pensionsversicherungsanstalt) zuständig sein. Ein Eingriff in die freie Beweiswürdigung ist mit dieser verpflichtenden Begutachtung bei der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten - wie bisher - nicht verbunden.
Darüber hinaus soll für solche Ruhestandsversetzungen die Zustimmung des Bundesministers für Finanzen erforderlich gemacht werden. Die geplante Mitwirkung des Bundesministers für Finanzen wird sich darauf zu beschränken haben, zu prüfen, ob bei geplanten Ruhestandsversetzungen die materiellrechtlichen Vorgaben (insbesondere § 14 Abs. 3 BDG 1979) und die verfahrensrechtlichen Vorgaben im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eingehalten worden sind; andere - beispielsweise budgetäre - Gründe werden dagegen keine Rolle spielen können."
§ 14 Abs. 1 BDG 1979 setzt die dauernde Dienstunfähigkeit voraus. Für das Vorliegen der Dienstunfähigkeit verlangt § 14 Abs. 3 BDG 1979 nun das kumulative Vorliegen zweier Voraussetzungen, nämlich die Unfähigkeit der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben des Beamten an seinem aktuellen Arbeitsplatz infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung und die Unmöglichkeit der Zuweisung eines den Kriterien der zitierten Gesetzesbestimmung entsprechenden mindestens gleichwertigen Arbeitsplatzes. Beide Voraussetzungen für das Vorliegen der Dienstunfähigkeit müssen kumulativ und auf Dauer, also für einen nicht absehbaren Zeitraum, vorliegen, damit von einer "dauernden Dienstunfähigkeit" im Verständnis des § 14 Abs. 1 BDG 1979 ausgegangen werden kann.
Daraus folgt, dass die Frage der Dienstfähigkeit des Beamten zunächst in Ansehung seines aktuellen Arbeitsplatzes zu prüfen ist. Darunter ist jener Arbeitsplatz zu verstehen, welcher ihm zuletzt dienstrechtlich wirksam zugewiesen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2006, Zl. 2005/12/0202, mwN).
Die Frage, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt oder nicht, ist eine Rechtsfrage, die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten trifft und die Auswirkungen bestimmt, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben. Dabei ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung des Kriteriums "dauernd" zu ermöglichen, auch eine Prognose zu stellen. Die Dienstbehörde hat anhand der dem Gutachten zu Grunde gelegten Tatsachen dessen Schlüssigkeit zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (vgl. wiederum das zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2006 mwN).
Die Versagung einer gesetzlich notwendigen Zustimmung zu einem Begehren des Beamten - wie hier die nach § 14 Abs. 8 BDG 1979 notwendige Zustimmung zur Versetzung in den Ruhestand - allein macht einen Versagungsbescheid noch nicht rechtmäßig und enthebt die Behörde nicht von der Verpflichtung, den maßgeblichen Sachverhalt vollständig zu erheben und ihre Entscheidung entsprechend zu begründen. Die Verweigerung der Zustimmung als ein der stattgebenden Entscheidung entgegenstehendes Tatbestandsmerkmal unterliegt nämlich der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof und es ist der Bescheid dann rechtswidrig, wenn die Gründe, aus denen die Zustimmung verweigert wurde, rechtsirrig sind. Insbesondere hat die zustimmungsberechtigte Stelle auch die Bindungswirkung eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes zu beachten. Auf Basis dieser Auslegung des § 14 Abs. 8 BDG 1979 bestehen keine Sachlichkeitsbedenken gegen diese Bestimmung (vgl. wiederum das zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2006, mwN).
Die Beschwerde sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides primär darin, die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen über das Anforderungsprofil am Arbeitsplatz des Beschwerdeführers einerseits und über seine gesundheitliche Verfassung und das festgestellte Gesamtkalkül andererseits reichten aus, um die Schlussfolgerung, er könne den Anforderungen seines Arbeitsplatzes entsprechen, als falsch erkennen zu lassen.
Schon damit ist die Beschwerde im Recht.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides könne der Beschwerdeführer auf Grund seiner gesundheitlichen Verfassung noch vollschichtig ständig körperlich leichte und mittelschwere sowie fallweise schwere Tätigkeiten ohne wesentliche Einschränkung hinsichtlich der Arbeitshaltung mit überwiegend leichten und mittelschweren, fallweise auch schweren Hebe- und Trageleistungen ausüben.
Auch die belangte Behörde geht offensichtlich nicht davon aus, dass die Einschränkung des Leistungskalküls nicht von Dauer sei.
Zu dem derart - unbestritten - festgestellten Restleistungskalkül steht jedoch schon das ebenso unstrittige Anforderungsprofil des zuletzt innegehabten Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers ("Gesamtzustelldienst - Code 0802") im Widerspruch, wonach die dortige Tätigkeit mit schwerer körperlicher Beanspruchung, überwiegend im Gehen, fallweise im Stehen und Sitzen, mit überwiegend leichter bis fallweise mittelschwerer und schwerer Hebe- und Trageleistung sowie häufigem Bücken und Strecken verbunden sei, weil die derart umschriebene Tätigkeit, nämlich gerade die offenbar nicht nur fallweise schwere körperliche Beanspruchung, das Restleistungskalkül des Beschwerdeführers, das eben u.a. nur mehr fallweise schwere Tätigkeiten erlaube, offenkundig überschreitet.
Die belangte Behörde belastete den angefochtenen Bescheid daher schon insofern mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, als sie die Anforderungen am zuletzt innegehabten Arbeitsplatz des Beschwerdeführers als durch das "Gesamtrestleistungskalkül" abgedeckt erachtete, weshalb der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Für das fortzusetzende Verfahren ist festzuhalten, dass etwaige Auffassungsunterschiede zwischen der belangten Behörde einerseits und dem nach § 14 Abs. 8 BDG 1979 mitwirkungsbefugten Bundesminister für Finanzen andererseits über den genauen Inhalt der Aufgaben an dem zuletzt vom Beschwerdeführer innegehabten Arbeitsplatz eines Gesamtzustellers - die im Beschwerdefall offenbar für eine Versagung der Zustimmung nach § 14 Abs. 8 BDG 1979 ausschlaggebend waren - gegebenenfalls durch Beiziehung eines berufskundlichen Sachverständigen auszuräumen sind.
Soweit die Beschwerde abschließend "gleichheitsrechtliche" Bedenken gegen die im § 14 Abs. 8 BDG 1979 geregelte Mitwirkungsbefugnis des Bundesministers für Finanzen artikuliert, sei diesbezüglich vorweg auf die eingangs wiedergegebenen Ausführungen des zitierten hg. Erkenntnisses vom 30. Mai 2006 zu verweisen, wonach - im Ergebnis - gegen § 14 Abs. 8 BDG 1979 keine Sachlichkeitsbedenken bestehen. Dass der Gesetzgeber in dieser Bestimmung für die gemäß § 17 Abs. 1a PTSG zugewiesenen Beamten - abweichend von anderen Bereichen - das Erfordernis der Zustimmung des Bundesministers für Finanzen zur Versetzung in den Ruhestand vorsieht, findet seine Rechtfertigung in der durch die Verfassungsbestimmung des § 17a Abs. 2 PTSG begründeten besonderen Stellung der belangten Behörde als oberste Dienst- und Pensionsbehörde, die damit nicht unter der Leitung eines obersten Organs des Bundes (Art. 20 Abs. 1 B-VG) steht. Der Vorstandsvorsitzende unterliegt in seiner Eigenschaft als Behördenleiter auch nicht der vom Nationalrat geltend zu machenden rechtlichen Verantwortung eines obersten Organs der Verwaltung (vgl. dazu Art. 142 B-VG). Die der Rechtskontrolle dienende Zustimmungskompetenz des Bundesministers für Finanzen (vgl. dazu den oben zitierten Bericht des Verfassungsausschusses) soll diese fehlende rechtliche Verantwortlichkeit des Vorstandsvorsitzenden in seiner Eigenschaft als Behördenleiter ausgleichen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 31. Jänner 2007
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Ermessen besondere Rechtsgebiete Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes Fachgebiet ZustimmungserfordernisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006120079.X00Im RIS seit
02.03.2007