TE OGH 2001/8/13 10Nd511/01

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Veröffentlicht am 13.08.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Roman K*****, geboren am 16. Februar 1987, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die mit Beschluss des Bezirksgerichtes Mödling vom 18. Juni 2001, 2 P 2493/95v-79, gemäß § 111 Abs 1 JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Linz-Land wird nicht genehmigt.Die mit Beschluss des Bezirksgerichtes Mödling vom 18. Juni 2001, 2 P 2493/95v-79, gemäß Paragraph 111, Absatz eins, JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Linz-Land wird nicht genehmigt.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern des Minderjährigen ist geschieden; die Obsorge für den Minderjährigen sowie dessen Schwester, der am 22. 9. 1985 geborenen Nadja, kam nach dem Scheidungsfolgenvergleich dem Vater zu. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Mödling vom 4. 1. 2001, 2 P 2493/95v-74, wurde die Obsorge für die Schwester des Minderjährigen dem Vater entzogen und der damals in Bad Vöslau wohnhaften Mutter übertragen. Der Minderjährige verblieb vorerst bei seinem im Sprengel des Bezirksgerichtes Mödling wohnhaften Vater.

Im Rahmen des Amtstages beim Bezirksgericht Linz-Land gab die Mutter am 5. 6. 2000 an, dass sie seit etwa zwei Monaten im Sprengel dieses Gerichtes wohne und sie den minderjährigen Roman am 31. 5. 2001 zu sich genommen habe, weil es zu Unstimmigkeiten zwischen dem Minderjährigen und dem Vater sowie dessen nunmehriger Gattin gekommen sei. Der Minderjährige gab an, er habe Angst, dass es ihm so wie seiner Schwester ergehen werde; er wolle daher nicht mehr zu seinem Vater zurückkehren, sondern bei seiner Mutter bleiben. Die Mutter erklärte sich bereit, die Obsorge für ihren Sohn zu übernehmen und es wurde ein entsprechender Antrag auf Übertragung der Obsorge an die Mutter gestellt.

Das bisher zuständige Bezirksgericht Mödling übertrug, ohne über den beantragten Obsorgewechsel zu entscheiden, die Zuständigkeit zur Besorgung dieser Pflegschaftssache unter Hinweis auf den nunmehrigen Wohnort des Minderjährigen an das Bezirksgericht Linz-Land.

Das Bezirksgericht Linz-Land lehnte mit seinem Beschluss vom 16. 7. 2001 die Übernahme der Zuständigkeit ab, weil der Mutter die Obsorge über den Minderjährigen bisher nicht - auch nicht vorläufig - übertragen worden sei und eine Übertragung der Zuständigkeit nicht zweckmäßig sei, solange der Aufenthaltsort des Minderjährigen nicht dauerhaft sei.

Daraufhin legte das Bezirksgericht Mödling die Pflegschaftsakten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über die Übertragung der Zuständigkeit vom Bezirksgericht Mödling an das Bezirksgericht Linz-Land gemäß § 111 Abs 1 und 2 JN vor.Daraufhin legte das Bezirksgericht Mödling die Pflegschaftsakten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über die Übertragung der Zuständigkeit vom Bezirksgericht Mödling an das Bezirksgericht Linz-Land gemäß Paragraph 111, Absatz eins und 2 JN vor.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen scheint, insbesondere, wenn dadurch die wirksame Handhabung des dem Pflegebefohlenen zugedachten Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Diese Voraussetzungen liegen in der Regel vor, wenn die Pflegschaftssache dem Gericht übertragen wird, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung des Kindes liegt. Ist über den Antrag eines Elternteiles, ihm allein die Obsorge über das Kind zuzuweisen, noch nicht entschieden, dann ist die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht in aller Regel nicht zweckmäßig, weil vor Entscheidung über den Obsorgeantrag noch nicht feststeht, ob das Kind im Sprengel des Gerichtes bleiben wird, an das die Zuständigkeit übertragen werden soll. Offene Anträge hindern im Allgemeinen die Zuständigkeit der Übertragung nicht; es hängt allerdings von den Umständen des einzelnen Falles ab, ob die Entscheidung über einen solchen Antrag durch das bisherige Gericht zweckmäßiger ist (Mayr in Rechberger, ZPO2 Rz 2 und 4 zu § 111 JN mwN; RIS-Justiz RS0047027 ua). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn dem übertragenden Gericht eine besondere Sachkenntnis zukommt (RIS-Justiz RS0047032).Gemäß Paragraph 111, Absatz eins, JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen scheint, insbesondere, wenn dadurch die wirksame Handhabung des dem Pflegebefohlenen zugedachten Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Diese Voraussetzungen liegen in der Regel vor, wenn die Pflegschaftssache dem Gericht übertragen wird, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung des Kindes liegt. Ist über den Antrag eines Elternteiles, ihm allein die Obsorge über das Kind zuzuweisen, noch nicht entschieden, dann ist die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht in aller Regel nicht zweckmäßig, weil vor Entscheidung über den Obsorgeantrag noch nicht feststeht, ob das Kind im Sprengel des Gerichtes bleiben wird, an das die Zuständigkeit übertragen werden soll. Offene Anträge hindern im Allgemeinen die Zuständigkeit der Übertragung nicht; es hängt allerdings von den Umständen des einzelnen Falles ab, ob die Entscheidung über einen solchen Antrag durch das bisherige Gericht zweckmäßiger ist (Mayr in Rechberger, ZPO2 Rz 2 und 4 zu Paragraph 111, JN mwN; RIS-Justiz RS0047027 ua). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn dem übertragenden Gericht eine besondere Sachkenntnis zukommt (RIS-Justiz RS0047032).

Im vorliegenden Fall kommt dem Umstand, dass das Bezirksgericht Mödling im Zuge des Verfahrens über die Übertragung der Obsorge betreffend die Schwester des Minderjährigen durch die unmittelbare Einvernahme der maßgeblichen Personen bereits einen Eindruck über die auch im vorliegenden Pflegschaftsverfahren maßgebende Situation beim Vater gewonnen hat. Nach ständiger Judikatur ist nämlich im Falle der Übertragung der Obsorge insbesondere zu prüfen, inwieweit durch die Aufrechterhaltung der bisherigen Obsorgeregelung das Kindeswohl konkret gefährdet ist (vgl RIS-Justiz RS0047916, zuletzt 7 Ob 174/00i). Dazu wurden aber vor allem Umstände aus dem Lebensbereich des derzeit noch obsorgeberechtigten Vaters geltend gemacht. Da somit derzeit noch eine Entscheidung über einen Antrag aussteht, der stärkere Beziehungen zum bisher mit der Sache befassten Gericht hat, besteht derzeit noch kein Anlass zur Übertragung dieser Pflegschaftssache an das Bezirkgericht, in dessen Sprengel sich der Minderjährige nunmehr aufhält. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der kurzzeitige Aufenthalt des Minderjährigen im Sprengel des Bezirksgerichtes Linz-Land bereits dahingehend beurteilt werden kann, dass er seinen Lebensschwerpunkt in den Sprengel dieses Gerichtes verlegt hat, weil jedenfalls Zweckmäßigkeitserwägungen dafür sprechen, dass die Pflegschaftssache vorerst noch vom übertragenden Gericht weitergeführt wird (vgl 8 Nd 504/01, 7 Nd 504/99 ua).Im vorliegenden Fall kommt dem Umstand, dass das Bezirksgericht Mödling im Zuge des Verfahrens über die Übertragung der Obsorge betreffend die Schwester des Minderjährigen durch die unmittelbare Einvernahme der maßgeblichen Personen bereits einen Eindruck über die auch im vorliegenden Pflegschaftsverfahren maßgebende Situation beim Vater gewonnen hat. Nach ständiger Judikatur ist nämlich im Falle der Übertragung der Obsorge insbesondere zu prüfen, inwieweit durch die Aufrechterhaltung der bisherigen Obsorgeregelung das Kindeswohl konkret gefährdet ist vergleiche RIS-Justiz RS0047916, zuletzt 7 Ob 174/00i). Dazu wurden aber vor allem Umstände aus dem Lebensbereich des derzeit noch obsorgeberechtigten Vaters geltend gemacht. Da somit derzeit noch eine Entscheidung über einen Antrag aussteht, der stärkere Beziehungen zum bisher mit der Sache befassten Gericht hat, besteht derzeit noch kein Anlass zur Übertragung dieser Pflegschaftssache an das Bezirkgericht, in dessen Sprengel sich der Minderjährige nunmehr aufhält. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der kurzzeitige Aufenthalt des Minderjährigen im Sprengel des Bezirksgerichtes Linz-Land bereits dahingehend beurteilt werden kann, dass er seinen Lebensschwerpunkt in den Sprengel dieses Gerichtes verlegt hat, weil jedenfalls Zweckmäßigkeitserwägungen dafür sprechen, dass die Pflegschaftssache vorerst noch vom übertragenden Gericht weitergeführt wird vergleiche 8 Nd 504/01, 7 Nd 504/99 ua).

Die Übertragung der Pflegschaftssache an das Bezirkgericht Linz-Land war daher nicht zu genehmigen.

Anmerkung

E62820 10J05111

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0100ND00511.01.0813.000

Dokumentnummer

JJT_20010813_OGH0002_0100ND00511_0100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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