TE Vwgh Beschluss 2007/1/31 2006/08/0301

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Veröffentlicht am 31.01.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2006/08/0302

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, in der Beschwerdesache der Pensionsversicherungsanstalt in Wien, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm, Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Singerstraße 12/9, gegen den Bescheid der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 12. Juni 2006, Zl. BMSG-220685/0002- 111A/3/2006, betreffend eine Streitigkeit zwischen Versicherungsträgern gemäß § 416 ASVG (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, vertreten durch Bachmann & Bachmann, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Opernring 8), den Beschluss gefasst:

Spruch

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

Die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte in dieser Rechtsache wird auf das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2005, Zl. 2003/08/0186, verwiesen, mit dem der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 1. August 2003 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben hat.

Mit (Ersatz-)Bescheid vom 12. Juni 2006 hat die belangte Behörde entschieden, dass die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt (in der Folge kurz: Pensionsversicherungsanstalt) zur Tragung der Kosten für ein näher bezeichnetes Heilmittel, das eine Versicherte während ihres Aufenthaltes vom 6. Februar bis zum 6. März 2001 in einem Rehabilitationszentrum der Pensionsversicherungsanstalt erhalten habe, verpflichtet sei.

Nach der Aktenlage wurde dieser Bescheid dem Vertreter der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt am 28. Juni 2006 zugestellt.

Die Pensionsversicherungsanstalt beantragt mit dem am 31. Oktober 2006 beim Verwaltungsgerichtshof übereichten Schriftsatz die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den (Ersatz-)Bescheid der belangten Behörde vom 12. Juni 2006, erhebt gleichzeitig Beschwerde gegen diesen Bescheid, und begründet den Wiedereinsetzungsantrag - soweit für die vorliegende Entscheidung von Bedeutung - wie folgt:

Der Bescheid der belangten Behörde vom 12. Juni 2006 sei am 29. Juni 2006 von einem Boten der Pensionsversicherungsanstalt übernommen worden. Der Bote sei seit Jahren als Kraftfahrer der Pensionsversicherungsanstalt eingesetzt; es gehöre zu seinen täglichen Obliegenheiten, die an die Pensionsversicherungsanstalt gerichteten behördlichen Schriftstücke in den Poststellen von Behörden, unter anderem der belangten Behörde, entgegen zu nehmen und in der Generaldirektion der Pensionsversicherungsanstalt abzuliefern. Der gegenständliche Bescheid vom 12. Juni 2006 sei jedoch nicht der Generaldirektion übergeben worden. Vom Vorhandensein dieses Ersatzbescheides habe die Pensionsversicherungsanstalt erstmals am 18. September 2006 Kenntnis erlangt, nachdem die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt die im genannten Bescheid ausgesprochene Zahlungsverpflichtung schriftlich eingemahnt habe. Bei den daraufhin umgehend eingeleiteten Nachforschungen sei die belangte Behörde um Aufklärung ersucht worden, ob der Ersatzbescheid auch der Pensionsversicherungsanstalt zugegangen sei. Diese habe am 18. Oktober 2006 den Zustellnachweis, worin die Übernahme durch den Mitarbeiter der Pensionsversicherungsanstalt am 29. Juni 2006 bestätigt worden sei, der Pensionsversicherungsanstalt gefaxt. Von dem besagten Boten seien am 29. Juni 2006 zahlreiche Schriftstücke der Generaldirektion überbracht und dort ordnungsgemäß in das elektronische Postbuch eingetragen worden, der Bescheid vom 12. Juni 2006 habe sich jedoch nicht darunter befunden. Dem Boten selbst sei weder das konkrete Schriftstück noch dessen Verbleib erinnerlich. Von der erfolgten Zustellung des Ersatzbescheides am 29. Juni 2006 habe die Geschäftsführung der Pensionsversicherungsanstalt erst am 18. Oktober 2006 Kenntnis erlangt.

Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat in ihrer Gegenschrift ein von ihr an die Pensionsversicherungsanstalt gerichtetes Schreiben vom 31. August 2006 vorgelegt, in dem unter Nennung des Datums und der Geschäftszahl des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde Folgendes ausgeführt wird:

"Mit dem im Betreff angeführten Bescheid wurde die Pensionsversicherungsanstalt zur Tragung der für Frau G. ...

aufgelaufenen Kosten ... gegenüber der Sozialversicherungsanstalt

der gewerblichen Wirtschaft verpflichtet.

     Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft

(SVA) ersucht daher um Überweisung der von ihr ... aufgewendeten

Kosten ... (... siehe Ersatzbescheid Seite 8) ..."

Mit Telefax vom 18. Oktober 2006 übermittelte die belangte Behörde der Pensionsversicherungsanstalt die Kopie eines Rückscheines über die am 29. Juni 2006 erfolgte Übernahme des Bescheides der belangten Behörde vom 12. Juni 2006.

Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - unter Außerachtlassung des in § 46 Abs. 2 VwGG geregelten Sonderfalles - binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses beim Verwaltungsgerichtshof zu stellen.

Besteht das Hindernis in einem Irrtum, so beginnt die Wiedereinsetzungsfrist mit Wegfall dieses Irrtums oder der Umstände, unter denen er nicht in einer der Wiedereinsetzung entgegenstehenden Weise vorwerfbar ist, zu laufen (vgl. den Beschluss vom 22. Oktober 2002, Zl. 2002/01/0286, mwN).

Der Wiedereinsetzungsantrag hat unter anderem ein Vorbringen über seine Rechtzeitigkeit zu enthalten (vgl. den Beschluss vom 24. Mai 2005, Zl. 2004/11/0233).

Bei der von der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt in ihrer Gegenschrift vorgelegten Kopie des Schreibens vom 31. August 2006 handelt es sich offenkundig um jenes, das der Pensionsversicherungsanstalt - ihrem Vorbringen zufolge - am 18. September 2006 zugestellt wurde. In diesem Schreiben wird unter anderem das Datum des Bescheides der belangten Behörde (12. Juni 2006) sowie der wesentliche Inhalt des Bescheides wiedergegeben.

Auf Grund des Inhaltes dieses Schreibens musste die Pensionsversicherungsanstalt davon ausgehen, dass mittlerweile in dieser Rechtssache ein Bescheid vom 12. Juni 2006 erlassen worden ist, von dem sie noch keine Kenntnis erlangt hatte.

Unter diesen Umständen wäre die Pensionsversicherungsanstalt aber verhalten gewesen, umgehend Akteneinsicht bei der belangten Behörde zur Abklärung der Frage zu nehmen, ob die Zustellung schon erfolgt sei. Dass dies nicht möglich gewesen sei, behauptet die Pensionsversicherungsanstalt nicht. Insbesondere im Lichte des Vorbringens, dass Boten in der Pensionsversicherungsanstalt täglich unter anderem bei der belangten Behörde Poststücke beheben, kann ein Hindernis in diese Richtung nicht gesehen werden.

Entgegen dieser unmittelbaren Handlungspflicht zur Abklärung der von der Pensionsversicherungsanstalt schon vermuteten Zustellung des Bescheides durfte sie nicht so lange zuwarten, bis die belangte Behörde die Kopie des Rückscheins übermittelte. Letzteres lag nämlich im Belieben der belangten Behörde, die insbesondere auch den Zeitpunkt einer solchen Gefälligkeit selbst bestimmte, während es an der Pensionsversicherungsanstalt gelegen wäre, die Frage der Zustellung ohne Verzögerung zu klären.

Die Pensionsversicherungsanstalt hat in ihrem Wiedereinsetzungsantrag aber nicht dargelegt, aus welchen Gründen es nach Erhalt des Schreibens am 18. September 2006 trotz der behaupteten "umgehend eingeleiteten Nachforschungen" ohne ihr Verschulden mehr als vier Wochen bis zur Kenntnisnahme von der Zustellung des Bescheides gedauert hat. Es wird kein Hindernis behauptet, das eine frühere Kenntnisnahme von der Tatsache der Zustellung nicht möglich gemacht hätte.

Die Pensionsversicherungsanstalt ist daher ihrer Verpflichtung zur Darlegung der die Rechtzeitigkeit des Antrages begründenden Umstände nicht nachgekommen. Damit fehlt es aber im Wiedereinsetzungsantrag an ausreichendem Vorbringen, um den Beginn des Laufes der Wiedereinsetzungsfrist mit dem 18. Oktober 2006 annehmen zu können; der Wiedereinsetzungsantrag war somit vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als verspätet zurückzuweisen. Auf die Tauglichkeit des geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes braucht bei diesem Ergebnis ebenso wenig eingegangen werden wie auf den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Der Spruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 31. Jänner 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006080301.X00

Im RIS seit

14.05.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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