Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 23. August 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Emsenhuber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Uche Cosmas I***** und eine weitere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster und dritter Fall und Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten I***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft betreffend die Angeklagte Evelyn M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 10. Mai 2001, GZ 7 Vr 180/01-71, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die (angemeldete) Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten Uche Cosmas I***** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch andere Entscheidungen enthält, wurden die Angeklagten Uche Cosmas I***** und (dessen Verlobte) Evelyn Ngozi M***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster und zweiter Fall - I***** überdies nach Abs 4 Z 3 - SMG schuldig erkannt.
Danach haben sie am 24. Februar 2001 im bewussten und gewolltem Zusammenwirken gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG), nämlich 240 Gramm +/- 6,4 Gramm Cokain HCI, 58 Gramm +/- 6,2 Gramm Heroinbase, 11 Gramm +/- 1,8 Gramm Monoacetylmorphinbase und 1,3 Gramm +/- 0,18 Gramm Morphinbase, im Schnellzug EN 225 (Donauwalzer) von Köln/BRD über Passau aus Deutschland aus - und nach Österreich eingeführt, wobei sie in Kenntnis waren, dass die Grenzmenge, und zwar I***** um mehr als das 25fache und M***** weit überschritten war.
Gegen diesen Schuldspruch meldete der Angeklagte I***** zunächst "Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe" an (ON 75), führte dann eine auf Z 1a, 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde aus, der jedoch keine Berechtigung zukommt.
Rechtliche Beurteilung
Dem Vorbringen unter dem zuerst genannten Nichtigkeitsgrund (Z 1a), wonach der Angeklagte in der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht am 10. Mai 2001 nicht durch einen (von ihm bevollmächtigten) Verteidiger vertreten gewesen sei, weil er den für ihn einschreitenden Rechtsanwalt Dr. Bereis weder schriftlich noch mündlich mit seiner Vertretung in der Hauptverhandlung beauftragt habe, ist durch die vom Obersten Gerichtshof gemäß § 285f StPO angeordnete tatsächlichen Aufklärung im Zusammenhalt mit dem (vollen Beweis machenden) Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls, dessen Berichtigung nicht beantragt wurde, der Boden entzogen:
Nach dem Bericht des Vorsitzenden vom 13. Juli 2001 (ON 3 des Os-Aktes) gab Rechtsanwalt Dr. Michael Bereis, der dem Gericht bereits am 10. April 2001 die schriftliche Vollmachtserteilung durch Evelyn Ngozi M***** mitgeteilt hatte (ON 66), zu Beginn der Hauptverhandlung bekannt, dass er vom Erstangeklagten (I*****) das Mandat erhalten habe und daher nunmehr in der Hauptverhandlung auch I***** vertrete, womit dieser einverstanden war. Dass sich der Beschwerdeführer mit dieser Vertretung nicht einverstanden erklärt hätte, wie die Stellungnahme der Verteidigerin zum Bericht des Vorsitzenden behauptet, kann dem über den Gang der Hauptverhandlung aufgenommenen Protokoll nicht entnommen werden. In Übereinstimmung damit sind in diesem Protokoll, dem zwar nur ein Vermerk über die erwähnte schriftliche, nicht aber über die hier gegenständliche mündliche Bevollmächtigung zu entnehmen ist (S 327 unten), das vom Angeklagten unwidersprochen gebliebene tatsächliche Einschreiten des Rechtsanwalts Dr. Bereis auch für den Beschwerdeführer und dessen ausdrückliche Bezugnahme auf das Vorbringen seines Verteidigers unmissverständlich beurkundet (S 329, 333 ff, 342).
Somit kann von einer mangelnden Vertretung durch einen Verteidiger während der Hauptverhandlung keine Rede sein (vgl hiezu Mayerhofer StPO4 § 44 E 6).Somit kann von einer mangelnden Vertretung durch einen Verteidiger während der Hauptverhandlung keine Rede sein vergleiche hiezu Mayerhofer StPO4 § 44 E 6).
Mit im Wesentlichen gleichlautenden Einwänden der Mängel- und Tatsachenrüge (Z 5 und 5a) werden weder formale Begründungsfehler noch auf Aktengrundlage erhebliche Bedenken gegen die Konstatierungen zur übergroßen Menge sowie zur gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Begehung des Suchtgiftsverbrechens (US 4 f) geweckt.
Unter Berücksichtigung der Einlassungen des Rechtsmittelwerbers vor der Sicherheitsbehörde (S 31 bis 35), welche durch Verlesung der Anzeige zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurden (S 342), im Zusammenhalt mit dem von ihm im Anschluss an den Vortrag der (urteilskonformen) Anklageschrift (ON 53) uneingeschränkt abgelegten Geständnis (S 330 ff) betreffend die ihm bei Übernahme des speziell präparierten Rucksacks vom Übergeber in Köln ("Toni") erteilten genauen Information über dessen Inhalt, der schlechten finanziellen Lage zufolge geringen Arbeitseinkommens, des zum Teil erhaltenen, teils in Aussicht gestellten relativ hohen Kurierlohns, der professionellen Vorgangsweise, weiters der Verschiedenheit von Auftraggeber in Italien ("Paul"), Mittelsmann in Köln ("Toni") und unbekanntem Abnehmer des Suchtgifts nach geplanter Ankunft in Wien sowie des Umstandes, dass er eigens seine Verlobte samt deren Kleinkind von Rom nach Köln nachkommen ließ, wodurch eine harmlose Familienreise nach Wien vorgetäuscht werden sollte, hat das Erstgericht - der Beschwerde zuwider - alle für die Verwirklichung des aktuellen Suchtgiftverbrechens geforderten spezifischen Vorsatzkomponenten in freier Beweiswürdigung zureichend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), in Übereinstimmung mit den Grundsätzen logischen Denkens und tragfähig begründet (US 6 f). In Wahrheit bekämpfen daher beide Rügen lediglich unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.
Soweit sie zwar die Suchtgifteinfuhr von Deutschland nach Österreich "nur in einer Tathandlung" ausdrücklich zugesteht, hingegen die Ausfuhr von Deutschland nach Österreich bestreitet, mangelt es ihr an der Legitimation zur Anfechtung bloß einer der beiden (gleichwertigen) Begehungsformen des insoweit als alternatives Mischdelikt angelegten § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall SMG (Foregger/Litzka/Matzka SMG § 27 Anm. VI.2. und Kodek/Fabrizy SMG § 27 Anm. 3. sowie § 28 Anm. 2.3.) ohne Einwand gegen die andere (vgl Mayerhofer aaO § 292 E 21).Soweit sie zwar die Suchtgifteinfuhr von Deutschland nach Österreich "nur in einer Tathandlung" ausdrücklich zugesteht, hingegen die Ausfuhr von Deutschland nach Österreich bestreitet, mangelt es ihr an der Legitimation zur Anfechtung bloß einer der beiden (gleichwertigen) Begehungsformen des insoweit als alternatives Mischdelikt angelegten § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall SMG (Foregger/Litzka/Matzka SMG § 27 Anm. VI.2. und Kodek/Fabrizy SMG § 27 Anm. 3. sowie § 28 Anm. 2.3.) ohne Einwand gegen die andere vergleiche Mayerhofer aaO § 292 E 21).
Indem sie darüber hinaus die - wie dargelegt - formal fehlerfreien Feststellungen zur inneren Tatseite in Bezug auf die übergroße Suchtgiftmenge, die Bandenmäßigkeit und die gewerbsmäßige Tendenz in Abrede stellt, orientiert sie sich nicht am Urteilssachverhalt. Die prozessordnungsgemäße Ausführung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes erfordert jedoch das strikte Festhalten am gesamten konstatierten Tatsachensubstrat und dessen Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz. Somit erweist sich auch dieses Vorbringen bloß als unzulässige, demnach unbeachtliche Kritik an der zum Nachteil des Angeklagten ausgefallenen Beweiswürdigung (vgl Mayerhofer aaO § 281 E 26 und 30; § 281 Z 10 E 9, 9a und 9b).Indem sie darüber hinaus die - wie dargelegt - formal fehlerfreien Feststellungen zur inneren Tatseite in Bezug auf die übergroße Suchtgiftmenge, die Bandenmäßigkeit und die gewerbsmäßige Tendenz in Abrede stellt, orientiert sie sich nicht am Urteilssachverhalt. Die prozessordnungsgemäße Ausführung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes erfordert jedoch das strikte Festhalten am gesamten konstatierten Tatsachensubstrat und dessen Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz. Somit erweist sich auch dieses Vorbringen bloß als unzulässige, demnach unbeachtliche Kritik an der zum Nachteil des Angeklagten ausgefallenen Beweiswürdigung vergleiche Mayerhofer aaO § 281 E 26 und 30; § 281 Z 10 E 9, 9a und 9b).
Aus den dargelegten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung - gemäß § 285d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285a Z 2 StPO teils als offenbar unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt bei nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen.
Ebenso war mit der angemeldeten "Berufung wegen Schuld" (ON 75) zu verfahren, weil ein derartiges Rechtsmittel gegen kollegialgerichtliche Urteile in den Verfahrensgesetzen nicht vorgesehen ist.
Gemäß § 285i StPO hat demnach das Oberlandesgericht Linz über die Berufungen zu entscheiden.
Textnummer
E62836European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:0150OS00099.01.0823.000Im RIS seit
22.09.2001Zuletzt aktualisiert am
20.10.2010