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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
ArbVG §109 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde der R H in L, vertreten durch Dr. Roland Gabl, Dr. Josef Kogler und Mag. Harald Papesch, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Museumstraße 31a, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 7. Juli 2004, GZ. RV/1674-L/02, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war eine Beamtin, die nach § 17 Abs. 1 des Poststrukturgesetzes, BGBl. Nr. 201/1996, der Telekom Austria AG zur Dienstleistung zugewiesen war. Im Zuge der Neuorganisation ihres Dienstgebers wechselte sie in das Angestelltenverhältnis zur T-GmbH und beendete mit Unterfertigung der "Vereinbarung für Beamte" Ende 2000 ihre Tätigkeit.
Auf Grund der Betriebsvereinbarung zwischen der Telekom Austria AG und dem Zentralausschuss der Bediensteten der Telekom Austria AG vom 15. Juni 2000 erhielt die Beschwerdeführerin eine freiwillige Abfertigung infolge mehr als 20jähriger Gesamtdienstzeit in Höhe des Zehnfachen des letzten Monatsbezuges als Beamtin. Der daraus resultierende Anspruch betrug 294.800 S brutto, wovon laut Lohnkonto des Arbeitgebers ein Teilbetrag von 210.565,40 S als freiwillige Abfertigung mit 6% versteuert wurde. Der restliche Betrag in Höhe von 84.234,60 S sowie eine "Sonderabfertigung" in Höhe von 60.000 S wurden hingegen laut Tarif versteuert.
Mit Bescheid vom 19. Oktober 2001 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2000 mit einer Abgabengutschrift in Höhe von 4.336 S fest.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass ein halbes Jahr nach ihrem Ausscheiden aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis der Betriebsvereinbarung ein Sozialplan gefolgt sei. Nunmehr lägen "für ein und denselben Sachverhalt zwei unterschiedliche gesetzliche Regelungen vor, einerseits die Betriebsvereinbarung und andererseits der Sozialplan. Letzterer begünstigt die Beamten steuerrechtlich." Die sachliche Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung sei fraglich.
Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Sie wies ergänzend darauf hin, dass es im Zeitpunkt ihres Austrittes aus dem Dienstverhältnis nur die Möglichkeit gegeben habe, im Rahmen der Betriebsvereinbarung (vom 15. Juni 2000) auszuscheiden. Der Beschwerdeführerin sei nicht bewusst gewesen, dass es später günstigere Ausstiegsmöglichkeiten geben könnte. Sie habe daher kein Risiko eingehen wollen und die erste Gelegenheit zur Beendigung des Dienstverhältnisses wahrgenommen. Ein halbes Jahr später sei "der Sozialplan mit der Hälftesteuersatzregelung" gekommen. Die Beschwerdeführerin erachte sich durch den Einkommensteuerbescheid 2000 in ihrem einfach gesetzlichen Recht auf rückwirkende Anwendung des Sozialplanes verletzt.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge. Die Bestimmung des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 in der für das Kalenderjahr 2000 geltenden Fassung sehe vor, dass die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses im Rahmen von Sozialplänen als Folge von Betriebsänderungen im Sinne des § 109 Abs. 1 Z 1 bis 6 des Arbeitsverfassungsgesetzes oder vergleichbarer gesetzlichen Bestimmungen anfallenden Bezüge, soweit sie nicht nach Abs. 6 mit dem Steuersatz des Abs. 1 zu versteuern sind, bis zu einem Betrag von 300.000 S mit der Hälfte des Steuersatzes, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeiträume ergibt, zu versteuern sind.
Begünstigt seien im Rahmen eines Sozialplanes ausbezahlte Bezüge, wenn
.) der Sozialplan auf einer Betriebsvereinbarung oder einem Kollektivvertrag beruhe,
.) eine Betriebsänderung im Sinne des § 109 Abs. 1 Z 1 bis 6 ArbVG oder einer vergleichbaren gesetzlichen Bestimmung vorliege und
.) der Sozialplan im Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses stehe.
Im Beschwerdefall lägen alle drei Voraussetzungen hinsichtlich der in der Betriebsvereinbarung vom 15. Juni 2000 festgelegten Ansprüche auf freiwillige Abfertigung vor. Die freiwillige Abfertigung in Höhe des zehnfachen Monatsbruttobezuges sei auf Grund einer erzwingbaren Betriebsvereinbarung gewährt worden. Der als solcher bezeichnete "Sozialplan" vom 7. Juli 2001 basiere ebenfalls auf der Betriebsvereinbarung vom 15. Juni 2000 und gewähre die gleichen Leistungen an Beamte, die bereit gewesen seien, die Telekom Austria zu verlassen. Die Betriebsvereinbarung sei nur deshalb geschaffen worden, damit sich die Telekom Austria überzähliger Beamter habe entledigen können, um dadurch den Personalstand auf das wirtschaftlich notwendige Ausmaß zu reduzieren. Darin liege zweifellos eine Betriebsänderung im Sinne des § 109 Abs. 1 ArbVG. Auch wenn die Betriebsvereinbarung vom 15. Juni 2000 nicht ausdrücklich als "Sozialplan" bezeichnet worden sei, erfülle sie dennoch die in § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 geforderten Voraussetzungen. Somit sei der Differenzbetrag von 84.234,60 S zwischen der freiwilligen Abfertigung nach der Betriebsvereinbarung und dem Betrag, welcher mit 6% versteuert worden sei, aus der Tarifversteuerung auszuscheiden und (nur) mit dem Hälftesteuersatz des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 zu versteuern. Da die Versteuerung mit dem Hälftesteuersatz lediglich die im Rahmen des Sozialplanes (Betriebsvereinbarung) ausbezahlten Beträge umfasse, sei die außerhalb der Betriebsvereinbarung gewährte Sonderabfertigung von 60.000 S nicht in die begünstigte Besteuerung mit einzubeziehen. Die Gutschrift an Lohnsteuer erhöhe sich durch die teilweise Anwendung der Bestimmung des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 von bisher 4.336 S auf 29.824 S (2.167,39 EUR).
Durch den angefochtenen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin im Recht verletzt, dass die Sonderabfertigung in Höhe von 60.000 S lediglich der Besteuerung gemäß "§ 67 EStG Abs. 8 lit. f 1988" unterzogen wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit sich die Beschwerdeführerin ausdrücklich auf § 67 Abs. 8 lit. f EStG 1988 beruft, verkennt sie, dass diese Bestimmung erst ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2001 anzuwenden ist (§ 124b Z 48 EStG 1988). Für das Streitjahr 2000 stand eine inhaltsgleiche durch das StRefG 2000, BGBl. I Nr. 106/1999, in § 67 Abs. 8 lit. b EStG aF als zweiter Teilstrich eingefügte Bestimmung in Kraft.
Nach dieser Anordnung sind Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses im Rahmen von Sozialplänen als Folge von Betriebsänderungen im Sinne des § 109 Abs. 1 Z 1 bis 6 des Arbeitsverfassungsgesetzes (im Folgenden: ArbVG) oder vergleichbarer gesetzlicher Bestimmungen anfallen, soweit sie nicht nach Abs. 6 mit dem Steuersatz des Abs. 1 zu versteuern sind, bis zu einem Betrag von 300.000 S mit der Hälfte des Steuersatzes, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergibt, zu versteuern.
Voraussetzung für die Steuerbegünstigung ist u.a., dass die Bezüge im Rahmen von Sozialplänen als Folge von Betriebsänderungen im Sinne des § 109 Abs. 1 Z 1 bis 6 ArbVG anfallen. Eine Definition des Begriffes "Sozialplan" enthält das EStG nicht. Durch die Anknüpfung an das ArbVG sind die dort getroffenen Regelungen zur Begriffsbestimmung heranzuziehen.
Nach § 109 Abs. 1 ArbVG ist der Betriebsinhaber verpflichtet, den Betriebsrat von geplanten Betriebsänderungen ehest möglich, jedenfalls aber so rechtzeitig vor der Betriebsänderung in Kenntnis zu setzen, dass eine Beratung über deren Gestaltung noch durchgeführt werden kann. Als Betriebsänderungen gelten insbesondere
1. die Einschränkung oder Stillegung des ganzen Betriebes oder von Betriebsteilen;
1a. die Auflösung von Arbeitsverhältnissen, die eine Meldepflicht nach § 45a Abs. 1 Z 1 bis 3 Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, auslöst,
2.
die Verlegung des ganzen Betriebes oder von Betriebsteilen;
3.
der Zusammenschluss mit anderen Betrieben;
4.
Änderungen des Betriebszwecks, der Betriebsanlagen, der Arbeits- und Betriebsorganisation sowie der Filialorganisation;
5.
die Einführung neuer Arbeitsmethoden;
6.
die Einführung von Rationalisierungs- und Automatisierungsmaßnahmen von erheblicher Bedeutung.
Bringt eine Betriebsänderung im Sinne des Abs. 1 Z 1 bis 6 wesentliche Nachteile für alle oder erhebliche Teile der Arbeitnehmerschaft mit sich, so können nach Abs. 3 leg.cit. in Betrieben, in denen dauernd mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind, Maßnahmen zur Verhinderung, Beseitigung oder Milderung dieser Folgen durch Betriebsvereinbarung geregelt werden. Kommt zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat über den Abschluss, die Abänderung oder Aufhebung einer solchen Betriebsvereinbarung eine Einigung nicht zustande, so entscheidet - insoweit eine Regelung durch Kollektivvertrag oder Satzung nicht vorliegt - auf Antrag eines der Streitteile die Schlichtungsstelle.
Im Zusammenhang mit diesen arbeitsrechtlichen Bestimmungen hat der OGH im Urteil vom 10. Juli 1997, 8 Ob A 77/97z, von einem "Sozialplan" gesprochen und diesen Begriff definiert als erzwingbare Betriebsvereinbarung, die Maßnahmen zur Verhinderung, Beseitigung oder Milderung der nachteiligen Folgen einer Betriebsänderung zum Inhalt hat.
Auch nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Steuerreformgesetz 2000 sind im Rahmen eines Sozialplans ausbezahlte Bezüge nur dann mit dem halben Steuersatz des § 67 Abs. 8 lit. b zu versteuern, wenn der Sozialplan im Rahmen einer Betriebsvereinbarung (§ 97 Abs. 1 Z 4 ArbVG) oder eines Kollektivvertrages (§ 2 Abs. 2 Z 4 ArbVG) abgeschlossen wird (vgl. 1766 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP).
Vor diesem Hintergrund ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde das Vorliegen einer Betriebsvereinbarung - unabhängig von dessen Bezeichnung als "Sozialplan" -, in deren Rahmen die Bezüge ausbezahlt werden, als Voraussetzung für die Anwendbarkeit der begünstigten Besteuerung nach § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 in der hier anzuwendenden Fassung angesehen hat. Bezüge, die nicht auf einer derartigen Betriebsvereinbarung oder einer anderen der in § 109 Abs. 3 ArbVG angesprochenen Rechtsgrundlagen (Kollektivvertrag, Satzung, Entscheidung der Schlichtungsstelle) beruhen, fallen nicht unter die Steuerbegünstigung.
Zur Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, dass die gegenständlich strittige Sonderabfertigung außerhalb der Betriebsvereinbarung vom 15. Juni 2000 gewährt wurde, beschränkt sich die Beschwerdeführerin auf die Behauptung, "nach dem Inhalt des zugrunde liegenden Sozialplanes (siehe Beilage) fällt auch die geleistete Sonderabfertigung von 60.000 S darunter und hätte gem. § 67 EStG nur mit dem Hälftesteuersatz versteuert werden dürfen."
In der (auch schon im Verwaltungsverfahren) vorgelegten Betriebsvereinbarung vom 15. Juni 2000 ist indes von einem Anspruch des Beamten auf Gewährung einer Sonderabfertigung keine Rede. Nach Pkt. 2 der Betriebsvereinbarung richtet sich die Höhe der freiwilligen Abfertigung nach der unbedingt anrechenbaren ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit und beträgt nach 20 Jahren das Zehnfache. Darüber hinausgehende Abfertigungszahlungen sind weder in dieser Betriebsvereinbarung noch in dem gleichfalls vorgelegten "Sozialplan" vom 7. Juli 2001 vorgesehen.
Auf das im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen, nach dem Ausscheiden der Beschwerdeführerin geschlossene Betriebsvereinbarungen sähen die Gewährung einer Sonderabfertigung vor, kommt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde zu Recht nicht mehr zurück, weil derartige Betriebsvereinbarungen (in der Gegenschrift der belangten Behörde wird eine Vereinbarung aus dem Jahr 2002 erwähnt) als Rechtsgrundlage für die der Beschwerdeführerin im Jahr 2000 gewährte Sonderabfertigung von vornherein ausscheiden.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung, BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 8. Februar 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006150035.X00Im RIS seit
13.03.2007Zuletzt aktualisiert am
27.12.2017