TE Vfgh Beschluss 2002/9/24 G62/01

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Veröffentlicht am 24.09.2002
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
BDG 1979 §172b

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer Regelung über die Führung des Amtstitels "Außerordentlicher Universitätsprofessor" mangels aktueller Betroffenheit der Antragsteller

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Mit auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestütztem Individualantrag begehren die Einschreiter die Aufhebung "des §172b Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. 1979/333 idF BGBl. I 1999/127, zur Gänze (inklusive Überschrift), in eventu der Wendung 'Außerordentlicher Universitätsprofessor' (inklusive Anführungszeichen) in §172b BDG" als verfassungswidrig.

1.2. Die angefochtene Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"Amtstitel

§172b. Als Amtstitel ist 'Außerordentlicher Universitätsprofessor' vorgesehen."

Die Antragsteller erachten sich durch diese Bestimmung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Freiheit der Erwerbsausübung verletzt. Die angefochtene Regelung führe dazu, dass trotz der "Kongruenz des wissenschaftlichen Niveaus von nach demselben

Verfahren des Universitäts-Organisationsgesetzes ... Habilitierten

... [bloß] einer bestimmten Gruppe von Universitätsdozenten die Führung des (Amts-)Titels 'Außerordentlicher Universitätsprofessor' ermöglicht" werde. Die Antragsteller würden dadurch im nationalen und internationalen Verkehr gegenüber bundesangestellten Habilitierten in unsachlicher Weise abgewertet und benachteiligt. In diesem Zusammenhang wird insbesondere darauf hingewiesen, dass die Einführung des og. Amtstitels im internationalen Verkehr dazu diene, die medizinisch habilitierte Elite in der Bezeichnung "associate professor" gleichzustellen; für die Bezeichnung "Universitätsdozent" hingegen finde sich im internationalen Sprachgebrauch kein Pendant. Zudem rücke ein Universitätsdozent, der zur Führung des Amtstitels "Außerordentlicher Universitätsprofessor" berechtigt sei, von der Wirkung her in die Nähe eines "Ordentlichen Universitätsprofessors", zumal dem Wort "außerordentlich" bei einer Durchschnittsbetrachtung keine besondere Bedeutung zugemessen werde.

1.3. Zur Antragslegitimation wird vorgebracht:

"Die Antragsteller sind 'extramurale' habilitierte Mediziner, die nicht an einer Universitätsklinik und nicht als Bundesbedienstete tätig und somit nicht zur Führung des Amtstitels 'Außerordentlicher Universitätsprofessor' berechtigt sind. ...

Die Prozessvoraussetzung der direkten Wirksamkeit des §172b BDG ist erfüllt; es steht kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um die durch die behauptete Verfassungswidrigkeit der Norm bewirkte Rechtsverletzung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. ...

Die Antragsteller sind in ihrer Rechtssphäre unmittelbar betroffen iSd. §62 Abs1 VfGG:

Die Rechtssphäre der Antragsteller wird gestaltet durch die verliehene Lehrbefugnis als Universitätsdozent. Die Antragsteller üben eine Erwerbstätigkeit auf dem Gebiet der Medizin aus. Die Verfassungsbestimmung des Art6 Staatsgrundgesetz 1867 (StGG) schützt diese Erwerbstätigkeit, indem sie eine grundsätzliche Erwerbsfreiheit garantiert, d.h. das (verfassungsgesetzlich gewährleistete) Recht einräumt, - unter den gesetzlichen Bedingungen - alles zu tun und jedes Verhalten zu setzen, das dem angestrebten Erwerbszweck dient.

Das BDG enthält nun eine Norm (§172b), die besagt, dass u.a. ein habilitierter Mediziner, der nicht Bundesbediensteter ist, den Titel 'Außerordentlicher Universitätsprofessor' nicht führen darf. Damit greift diese Bestimmung unmittelbar und nachteilig in die vorderhand unbeschränkt (wenn auch unter den gesetzlichen Bedingungen) mögliche und grundrechtlich geschützte Erwerbsfreiheit ein und damit im konkreten Fall in die wie oben beschrieben gestaltete Rechtssphäre der Antragsteller.

        Dieser Fall unterscheidet sich von dem mit Beschluss

VfSlg. 14.277/1995 entschiedenen, der einen Antrag auf Aufhebung von

Bestimmungen der Ärzte-AusbildungsO betreffend die Führung bestimmter

Berufsbezeichnungen zum Gegenstand hatte, schon dadurch, dass die

Rechtssphäre der Antragsteller, in die durch §172b BDG unmittelbar

eingegriffen wird, ... durch die verliehene Lehrbefugnis als

Universitätsdozent ... gestaltet wird und nicht etwa durch seine

Stellung als Landesbeamter."

2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie beantragt, den vorliegenden Antrag als unzulässig zurückzuweisen, in eventu die bekämpfte Bestimmung nicht als verfassungswidrig aufzuheben. Die Bundesregierung vertritt die Rechtsauffassung, dass die Antragsteller nicht Normadressaten der bekämpften Bestimmung und daher nicht antragslegitimiert seien. Darüber hinaus stehe ihnen - im Wege eines Antrages auf Verleihung des Amtstitels gemäß §172b BDG 1979 - auch ein zumutbarer Umweg offen; zudem ändere eine allfällige Aufhebung der angefochtenen Bestimmung nichts an deren Rechtsstellung.

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten (nachteiligen) Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985, 11.730/1988).

Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation im Normenprüfungsverfahren ist also, dass die angefochtene Norm nicht bloß faktische Wirkungen zeitigt, sondern die Rechtssphäre der betreffenden Person berührt, also in deren Rechtssphäre eingreift und diese im Falle ihrer Rechtswidrigkeit verletzt. Anfechtungsberechtigt ist demnach nur ein Rechtsträger, an oder gegen den sich die angefochtene Norm wendet (vgl. VfSlg. 11.369/1987, 13.869/1994, 14.274/1995, 15.390/1998, 15.665/1999 ua.).

2. Mit ihrem Vorbringen vermögen die Antragsteller nicht darzutun, dass ihre Rechtsposition durch die angefochtene Gesetzesbestimmung unmittelbar betroffen wird. Die Antragsteller sind nämlich keinesfalls Normadressaten der genannten Gesetzesbestimmung. Vielmehr bestimmt §172b BDG 1979 im Kontext einer beamten-dienstrechtlichen Regelung, dass für bestimmte, in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehende Personen die Bezeichnung "Außerordentlicher Universitätsprofessor" als Amtstitel vorgesehen ist. Diese Bestimmung gestaltet somit ausschließlich die Rechtsposition solcher Personen, nicht hingegen jene der Antragsteller, die nach eigener Angabe nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen.

Der Antrag war daher mangels Legitimation zurückzuweisen.

3. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

Dienstrecht, Hochschullehrer, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:G62.2001

Dokumentnummer

JFT_09979076_01G00062_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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