TE OGH 2001/9/6 2Ob188/01p

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Veröffentlicht am 06.09.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****. GesmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Jörg Herzog, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1.) Silvia R*****, 2.) S***** GesmbH, *****, und 3.) ***** Versicherungs-AG, *****, alle vertreten durch Dr. Hans Gradischnig, Rechtsanwalt in Villach, wegen S 148.483,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 3. Mai 2001, GZ 4 R 53/01y-50, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 26. Jänner 2001, GZ 24 Cg 27/99y-41, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil aufgehoben; zugleich wird auch das Urteil des Erstgerichtes im Umfang der Abweisung des Begehrens auf Zahlung von S 128.483,-- aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Am 13. 2. 1998 ereignete sich ein Verkehrsunfall an dem ein Sattelzug der klagenden Partei und ein vom Erstbeklagten gelenkter, von der zweitbeklagten Partei gehaltener und bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherter PKW beteiligt waren. Den Erstbeklagten trifft an diesem Unfall ein Verschulden von 2/3, den Lenker des Sattelzuges der klagenden Parteien ein Mitverschulden von 1/3.

Die klagende Partei begehrte zunächst - unter Einräumung eines Mitverschuldens von 1/3 - unter anderem die Bezahlung eines Verdienstentganges von S 204.480,-- mit der Begründung, sofort nach Kenntnis des Totalschadens ihres Zugfahrzeuges ein entsprechendes Ersatzfahrzeug bestellt zu haben. Die Miete eines geeigneten Ersatzfahrzeuges sei nicht möglich gewesen. In der Zeit vom 13. 2. bis 11. 5. 1998 sei ihr kein geeignetes Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestanden, das beschädigte Fahrzeug sei voll ausgelastet gewesen und hätte bis zur Wiederbeschaffung eines Ersatzfahrzeuges eingesetzt werden können. Wegen der Auslastung auch der übrigen Tankfahrzeuge sei ein Ersatz aus dem eigenen Fuhrpark nicht möglich gewesen. Bei normalem Lauf der Dinge hätte die klagende Partei in dieser Zeit 24 Transporte für eine bestimmte Gesellschaft in der BRD durchgeführt und dabei Erlöse von jeweils DM 3.000,-- erzielt, was umgerechnet insgesamt S 511.200,-- entspreche. Abzüglich einer Quote von 40 % an eingesparten variablen Kosten ergebe sich ein Verdienstentgang von insgesamt S 306.720,--, vermindert um das Mitverschulden des Lenkers ein Verdienstentgangsanspruch von S 204.480,--. Wegen der Beschaffenheit des Fahrzeuges sei es auch nicht möglich gewesen, einen Subfrächter zu beschäftigen. Die klagende Partei habe bereits einige Tage vor dem Unfall ein weiteres Fahrzeug bestellen wollen. Aus wirtschaftlichen Überlegungen habe sie sich letztlich wegen erheblicher durch den Unfall verursachter Umsatzeinbußen dazu entschieden, auf dieses weitere Fahrzeug zu verzichten. Sie sei auf Grund des Unfalles nicht mehr in der Lage gewesen, die erwarteten Umsätze zu erzielen, weshalb es zu einer Schrumpfung des Unternehmens gekommen sei.

Nach Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen schränkte die klagende Partei ihr Verdienstentgangsbegehren auf restliche S 128.483,-- sA ein und führte aus, sich dem Gutachten zu unterwerfen, zumal eine weitere Überprüfung des Verdienstentgangsanspruches nur bei Auswertung sämtlicher Aufzeichnungen sämtlicher während des relevanten Zeitraumes eingesetzter Fahrzeuge durch den Sachverständigen möglich wäre. Dies wäre mit einem Zeit- und Kostenaufwand verbunden, der unwirtschaftlich wäre.

Die beklagten Parteien wendeten ein, der klagenden Partei sei die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges innerhalb von 14 Tagen möglich gewesen. Es hätte von ihr auch ein Subunternehmer mit der Durchführung der Transporte beauftragt werden müssen. Jedenfalls stehe der klagenden Partei ein Verdienstentgang nur bis zum Beschluss zu, kein neues Fahrzeug anzuschaffen. Der klagenden Partei wäre auch ein Ausgleich möglich gewesen, was sich allein aus dem freiwilligen Abbau der Transportkapazitäten ergebe.

Das Erstgericht verurteilte die beklagten Parteien zur Zahlung von S 20.000,-- sA und wies das Mehrbegehren auf Zahlung eines Verdienstentganges von S 128.483,-- sA ab.

Dabei wurden zum Verdienstentgangsbegehren folgende Feststellungen getroffen:

Bei der Sattelzugmaschine der klagenden Partei handelt es sich um ein spezielles, für den Transport zäher Flüssigkeiten ausgerüstetes Fahrzeug. Ein solches ist nur auf Bestellung mit Lieferzeiten von nicht unter 6 Monaten zu erhalten. Einige Tage vor dem Unfall hatte die klagende Partei die Absicht, ein anderes (vergleichbares) Fahrzeug einzutauschen. Sie stellte einen Kaufantrag am 5. 2. 1998, die Lieferung sollte in der 19. Kalenderwoche erfolgen. Ein derartiges Fahrzeug kann man wegen der Ausrüstung nicht mieten. "Wenn ein neues Fahrzeug gekauft wird, geht die klagende Partei normalerweise so vor, dass sie mit dem alten Fahrzeug solange fährt, bis das neue Fahrzeug da ist. Wenn man das nicht tut, sind zu viele Kunden weg. Dies ist auch im gegenständlichen Fall so, es war vorauszusehen, dass innerhalb dieser Lieferfrist man die Kunden nicht betreuen kann, man sie also verliert und dann sozusagen von neuem anfangen muss". Die klagende Partei kaufte nicht nur dieses Fahrzeug nicht nach, sondern trennte sich auch von einer weiteren Sattelzugmaschine. Per 31. 12. 1997 hatte sie noch vier Stück, per 31. 12. 1998 nur noch zwei. An und für sich hätte das gegenständliche Fahrzeug in der Zeit zwischen der 8. und der 19. Kalenderwoche problemlos im Verkehr zwischen Deutschland und Italien und umgekehrt eingesetzt werden können. Das während dieser Zeit zur Verfügung stehende Frachtaufkommen konnte nur mit Mühe am Transportmarkt untergebracht werden. Es wären zumindest 24 Transporte mit einem durchschnittlichen Frachterlös von DM 2.900,-- bis DM 3.100,-- durchzuführen gewesen. In welchem Ausmaß die Klägerin Umsatzverluste durch vorhandene Kapazitäten abfangen konnte, konnte nicht festgestellt werden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die klagende Partei sei hinsichtlich des Verdienstentgangsanspruches ihrer Beweispflicht nicht nachgekommen. Die Frage der vorhandenen Kapazitäten sei weitgehend ungelöst geblieben; die klagende Partei habe diesbezüglich jede Mitarbeit verweigert. Der Sachverständige habe darauf hingewiesen, dass man zum Zwecke der Ermittlung der Kapazitäten die Kilometerbücher und die Fahrtenaufzeichnungen benötige; diese seien ihm aber von der klagenden Partei trotz Aufforderung nicht zur Verfügung gestellt worden. Die klagende Partei habe daher den Beweis, dass sie überhaupt einen Verdienstentgang erlitten habe, nicht angetreten.

Das hinsichtlich des abweislichen Teiles der Entscheidung des Erstgerichtes von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig.

Zur Rechtsfrage führte das Berufungsgericht aus, dass der Schaden, den ein Geschäftsmann in seinem Geschäftsbetrieb durch die zeitweise Nichtverwendung eines KFZ wegen Beschädigung erlitten habe, ein wirklicher Schaden sei. Allerdings sei der Geschädigte verpflichtet, seinen Schaden möglichst gering zu halten, wenn und soweit ihm ein konkretes Verhalten zugemutet werden könne. Die Verminderung des aus einem Unternehmen gezogenen Nutzens infolge Beschädigung eines Betriebsmittels (etwa eines Lastkraftwagens) gelte nur dann als Verdienstentgang, wenn auch ein wirtschaftlich vertretbarer Einsatz der übrigen Betriebsmittel diese Verminderung des Nutzens nicht verhindert hätte. Es komme daher entscheidend auch darauf an, ob und inwieweit dieser Gewinnausfall durch den Einsatz anderer Fahrzeuge in dem Betrieb ausgeglichen hätte werden können.

Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht habe der beklagte Schädiger zu behaupten und zu beweisen. Zu einer Verschiebung der Beweislast komme es allerdings dann, wenn Tatfragen zu klären seien, die tief in die Sphäre einer Partei hineinführten, der die entsprechenden Kenntnisse zur Verfügung stünden und der es daher leicht möglich und auch zumutbar sei, die erforderlichen Aufklärungen zu geben, während die andere Partei mangels genauer Kenntnis dieser Tatumstände ganz besondere, unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten habe. Von einer solchen Verschiebung der Beweislast sei auch im konkreten Fall auszugehen, weil den Beklagten mangels Kenntnis des Betriebes der Klägerin und mangels Verfügbarkeit der hiezu erforderlichen Unterlagen der Beweis der Auslastung der Fahrzeuge nicht zugemutet werden könne, während dieser Beweis der Klägerin auf Grund ihres Wissens und somit auf Grund der "Nähe zum Beweis" viel leichter möglich sei.

Nach den Feststellungen sei der Klägerin zwar durch den unfallbedingten Ausfall ihres Fahrzeuges der Erlös von 24 Transportfahrten entgangen. In welchem Ausmaß sie diese Verluste durch in ihrem Betrieb vorhandene Kapazitäten abfangen hätte können, habe das Erstgericht allerdings nicht feststellen können. Dass sie die Transporte nicht durchgeführt und für das Unfallfahrzeug keinen Ersatz angeschafft habe, lasse keinen Schluss darauf zu, dass ihr der Einsatz anderer Transportfahrzeuge ihres Betriebes zur Schadensminderung nicht möglich gewesen wäre, zumal auch feststehe, dass sie nicht nur keinen Ersatz für das Unfallfahrzeug angeschafft, sondern sich im Jahre 1998 überdies von einer weiteren Sattelzugmaschine getrennt habe, was eine freie Transportkapazität möglich erscheinen lasse. Damit sei der klagenden Partei der ihr obliegende Beweis, dass ihr unfallskausaler Verdienstentgang durch den Einsatz der verbliebenen Transportfahrzeuge nicht auszugleichen gewesen sei, nicht gelungen, was zu ihren Lasten gehe.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil zur Frage der Beweislast für die Möglichkeit der Minderung eines Verdienstentganges durch Ausnützung im Betrieb des Geschädigten vorhandener Kapazitäten eine Judikatur des Höchstgerichtes fehle.

Gegen die das Urteil des Erstgerichtes bestätigende Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren zur Gänze Folge gegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagten Parteien haben Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der klagenden Partei nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig und im Sinne ihres Eventualantrages auf Aufhebung auch berechtigt.

Die klagende Partei macht in ihrem Rechtsmittel geltend, die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, sie hätte den Nachweis zu erbringen, ihrer Schadensminderungspflicht nachgekommen zu sein, verstoße gegen den elementaren Grundsatz, dass jene Prozesspartei die rechtserzeugende Tatsachenbehauptungen aufstelle, diese auch zu beweisen habe. Die ganz allgemein gehaltene Behauptung, der Geschädigte sei in der Lage gewesen, den Eintritt des Verdienstentganges durch die Ausnützung vorhandener Kapazitäten auszunützen, könne keinesfalls ausreichen, um zu einer Verschiebung der Beweislast dahin zu führen, dass der Geschädigte zu beweisen habe, dass diese Behauptung seines Prozessgegners unrichtig sei. Die Feststellungen des Erstgerichtes, es wären 24 Transporte mit einem durchschnittlichen Frachterlös von DM 2.900,-- bis DM 3.001,-- durchzuführen gewesen und hätte während der relevanten Zeit das zur Verfügung stehende Frachtaufkommen nur mit Mühe am Transportmarkt untergebracht werden können, reiche aus, um den verfahrensgegenständlichen Schadenersatzanspruch zu rechtfertigen. Überdies hätten die beklagten Parteien lediglich behauptet, die klagende Partei habe ein Ersatzfahrzeug innerhalb von 14 Tagen anschaffen können, sie hätte einen Subunternehmer mit der Durchführung der Transporte beauftragen müssen und stehe ihr ein Verdienstentgang bestenfalls bis zu dem Zeitpunkt zu, zu welchem die klagende Partei beschlossen habe, kein neues Fahrzeug anzuschaffen. Alle diese Behauptungen hätten sich als unrichtig herausgestellt. Aus dem Umstand, dass sich die klagende Partei 1998 von einer weiteren Sattelzugmaschine getrennt habe, könne nicht geschlossen werden, dass sie für die ihr entgangenen Transportaufträge ein unausgelastetes Fahrzeug einsetzen hätte können. Die Sattelzugmaschine könne Transporte, für die Spezialfahrzeuge erforderlich seien, keinesfalls ausführen.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Im Revisionsverfahren ist nicht strittig, dass der Schaden, den ein Geschäftsmann in seinem Geschäftsbetrieb durch die zeitweise Nichtverwendung eines Kraftfahrzeuges wegen Beschädigung erlitten hat, als wirklicher Schaden anzusehen ist (RIS-Justiz RS0030624; ZVR 1970/235 ua). Wird allerdings durch die Beschädigung eines Fahrzeuges der aus einem Unternehmen gezogene Nutzen vermindert, so gilt dieser nur dann als Verdienstentgang, wenn auch ein wirtschaftlich vertretbarer Einsatz der übrigen Betriebsmittel im Unternehmen des Geschädigten diese Verminderung des Nutzens herbeigeführt hätte (RIS-Justiz RS0026838; ZVR 1980/15).

Zutreffend hat daher das Berufungsgericht dargelegt, dass es darauf ankommt, ob und inwieweit der Gewinnausfall der klagenden Partei durch den Einsatz anderer Fahrzeuge in ihrem Betrieb ausgeglichen hätte werden können. Die Behauptungs- und Beweislast für eine derartige Verletzung der Schadensminderungspflicht (Unterlassung des Einsatzes anderer vorhandener Fahrzeuge) trifft grundsätzlich den beklagten Schädiger (RIS-Justiz RS0027129; zuletzt 9 Ob 104/00k). Allerdings findet diese allgemeine Regel nach der Rechtsprechung dort eine Einschränkung, wo die Möglichkeit der Geringhaltung des Schadens naheliegt, konkrete Beweise aber vom Schädiger billigerweise nicht erwartet werden können, weil es sich um Umstände handelt, die allein in der Sphäre des Geschädigten liegen und daher nur ihm bekannt und auch nur von ihm beweisbar sind (SZ 60/218; 4 Ob 41/95; 1 Ob 367/97w). Wollte man diese Ansicht ablehnen (so Reischauer in Rummel2, ABGB, § 1304 Rz 44; derselbe in Rummel3, ABGB, § 921, Rz 3), käme man zum gleichen Ergebnis deshalb, weil sich überall dort, wo die Möglichkeit der Geringhaltung des Schadens naheliegt, prima-facie ein Sachverhalt vorliegt, der für die Verletzung der Rettungspflicht spricht (4 Ob 41/95; 1 Ob 367/97w). Im vorliegenden Fall liegt aber eine Möglichkeit der Geringhaltung des Schadens durch die klagende Partei nicht nahe bzw liegt auch nicht ein Sachverhalt vor, der dem ersten Anschein nach für die Verletzung der Rettungspflicht spricht. Vielmehr spricht gegen eine Verletzung der Rettungspflicht durch die klagende Partei der Umstand, dass sie einige Tage vor dem Unfall einen Kaufantrag für ein anderes (vergleichbares) Fahrzeug stellte. Weiters konnte das während der strittigen Zeit zur Verfügung stehende Frachtaufkommen nur mit Mühe am Transportmarkt untergebracht werden. Es liegt daher keinesfalls nahe, dass die klagende Partei vorhandene Transportkapazitäten nicht benützte und dadurch ihre Schadensminderungspflicht verletzte. Es hat daher bei der grundsätzlichen Beweislastverteilung zur Schadensminderungspflicht zu verbleiben, weshalb die Feststellung, es könne nicht festgestellt werden, in welchem Ausmaß die klagende Partei Umsatzverluste durch vorhandene Kapazitäten abfangen konnte, zu Lasten der beklagten Parteien geht und der klagenden Partei eine Verletzung der Schadensminderungspflichten nicht anzulasten ist.Zutreffend hat daher das Berufungsgericht dargelegt, dass es darauf ankommt, ob und inwieweit der Gewinnausfall der klagenden Partei durch den Einsatz anderer Fahrzeuge in ihrem Betrieb ausgeglichen hätte werden können. Die Behauptungs- und Beweislast für eine derartige Verletzung der Schadensminderungspflicht (Unterlassung des Einsatzes anderer vorhandener Fahrzeuge) trifft grundsätzlich den beklagten Schädiger (RIS-Justiz RS0027129; zuletzt 9 Ob 104/00k). Allerdings findet diese allgemeine Regel nach der Rechtsprechung dort eine Einschränkung, wo die Möglichkeit der Geringhaltung des Schadens naheliegt, konkrete Beweise aber vom Schädiger billigerweise nicht erwartet werden können, weil es sich um Umstände handelt, die allein in der Sphäre des Geschädigten liegen und daher nur ihm bekannt und auch nur von ihm beweisbar sind (SZ 60/218; 4 Ob 41/95; 1 Ob 367/97w). Wollte man diese Ansicht ablehnen (so Reischauer in Rummel2, ABGB, Paragraph 1304, Rz 44; derselbe in Rummel3, ABGB, Paragraph 921,, Rz 3), käme man zum gleichen Ergebnis deshalb, weil sich überall dort, wo die Möglichkeit der Geringhaltung des Schadens naheliegt, prima-facie ein Sachverhalt vorliegt, der für die Verletzung der Rettungspflicht spricht (4 Ob 41/95; 1 Ob 367/97w). Im vorliegenden Fall liegt aber eine Möglichkeit der Geringhaltung des Schadens durch die klagende Partei nicht nahe bzw liegt auch nicht ein Sachverhalt vor, der dem ersten Anschein nach für die Verletzung der Rettungspflicht spricht. Vielmehr spricht gegen eine Verletzung der Rettungspflicht durch die klagende Partei der Umstand, dass sie einige Tage vor dem Unfall einen Kaufantrag für ein anderes (vergleichbares) Fahrzeug stellte. Weiters konnte das während der strittigen Zeit zur Verfügung stehende Frachtaufkommen nur mit Mühe am Transportmarkt untergebracht werden. Es liegt daher keinesfalls nahe, dass die klagende Partei vorhandene Transportkapazitäten nicht benützte und dadurch ihre Schadensminderungspflicht verletzte. Es hat daher bei der grundsätzlichen Beweislastverteilung zur Schadensminderungspflicht zu verbleiben, weshalb die Feststellung, es könne nicht festgestellt werden, in welchem Ausmaß die klagende Partei Umsatzverluste durch vorhandene Kapazitäten abfangen konnte, zu Lasten der beklagten Parteien geht und der klagenden Partei eine Verletzung der Schadensminderungspflichten nicht anzulasten ist.

Eine Entscheidung in der Sache selbst kann aber noch nicht ergehen, weil das Erstgericht lediglich feststellte, welchen Erlös die klagende Partei aus den infolge des Unfalles unterbliebenen Transporten erzielt hätte, nicht aber, welcher Verdienst ihr dadurch entgangen ist. Es waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen, soweit sie die Klagsabweisung betreffen, aufzuheben und wird das Erstgericht im aufgezeigten Sinne ergänzende Feststellungen zu treffen haben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.Der Kostenvorbehalt gründet sich auf Paragraph 52, ZPO.

Anmerkung

E63110 02A01881

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0020OB00188.01P.0906.000

Dokumentnummer

JJT_20010906_OGH0002_0020OB00188_01P0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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