TE Vfgh Erkenntnis 2002/9/24 B667/02

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Veröffentlicht am 24.09.2002
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Index

97 Vergabewesen
97/01 Vergabewesen

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
BundesvergabeG 1997 §52 Abs1 Z8

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung eines Antrags auf Nichtigerklärung der Entscheidung des Auftraggebers über die Ausscheidung des von der beschwerdeführenden Gesellschaft gelegten Anbotes

Spruch

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird daher abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Bund, vertreten durch den Bundesminister für Landesverteidigung, hat mit Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, abgesandt am 10. August 2001, die Lieferung eines "Betriebsoptimierungs- und Steuerungssystems (SAC/BOS) für containerisierte Energieversorgungssysteme (Schaltanlage in Computerbauweise - Serienbauteile) mit Schaltschränken, aufgebaut auf abnehmbarem Kabelboden" sowie den "Umbau von Generatoren (CEVS-250KVA)" ausgeschrieben. In der Leistungsbeschreibung wurden mehrere technische Anforderungen formuliert, u.a. jene, dass die geforderte Nutzungszeit der in Rede stehenden Schaltanlagencontainer mit 8760 Stunden pro Jahr veranschlagt würde. Die beschwerdeführende Gesellschaft hat sich an diesem Vergabeverfahren beteiligt und ein Angebot gelegt, das aber in der Folge ausgeschieden wurde, da es der in eben genannter Leistungsbeschreibung angeführten Jahresnutzungszeit von 8760 Stunden nicht entspräche. Eine nachvollziehbare Kostenberechnung der Lebenslaufkosten sei deshalb unmöglich und eine einheitliche Bewertung nicht durchführbar.

Am 31. Dezember 2001 stellte die beschwerdeführende Gesellschaft beim Bundesvergabeamt (BVA) den Antrag, diese Entscheidung der vergebenden Stelle für nichtig zu erklären.

Mit Bescheid vom 19. Februar 2002, Z N-139/01-21, wies das BVA diesen Antrag als unbegründet ab: Für die beschwerdeführende Gesellschaft sei erkennbar gewesen, dass sich die in der Ausschreibung geforderte jährliche Nutzungsdauer nur auf ein Aggregat, nicht aber auf einen Versorgungsblock bezogen habe konnte. Dadurch, dass die beschwerdeführende Gesellschaft ihrer Kalkulation der voraussichtlichen Lebenslaufkosten für ein einzelnes Aggregat aber eine Jahresleistung von bloß 5000 Betriebsstunden zu Grunde gelegt habe, hätte ihr Anbot den Ausschreibungsbestimmungen nicht entsprochen und sei zu Recht ausgeschieden worden.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung der beschwerdeführenden Gesellschaft in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Behebung des Bescheides beantragt wird.

3. Das BVA hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die Behauptung der Verletzung in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz gründet die beschwerdeführende Gesellschaft darauf, dass sich das BVA mit wesentlichen Punkten ihres Vorbringens nicht auseinander gesetzt hätte. Die Behörde hätte in für die richtige Beurteilung des Sachverhalts entscheidenden Punkten (etwa "inwieweit die Lebenslaufkosten auf den Wert der Leistung überhaupt von Einfluss seien") ihr Vorbringen ignoriert und wesentliche, aus den Akten entnehmbare Umstände (etwa "dass die Lebenslaufkosten nicht Bestandteil der angebotenen Leistung waren") gänzlich außer Acht gelassen. Mit dem konkreten Sachverhalt hätte sie sich gar nicht befasst und die beschwerdeführende Gesellschaft zu wesentlichen, in der Beschwerde näher ausgeführten Fragen, die das Ausscheiden ihres Anbots im Hinblick auf die Ausschreibungsbestimmungen aufgeworfen hätte, nicht gehört.

2. a) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

b) Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, wodurch das BVA die beschwerdeführende Gesellschaft in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt haben könnte. Vielmehr hat sich das BVA mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft in ihrem Nachprüfungsantrag in nachvollziehbarer Weise auseinander gesetzt und ist zu einer Rechtsauffassung gelangt, die allenfalls im Hinblick auf ihre einfachgesetzliche Richtigkeit Fragen aufwerfen könnte, die aber keine Verfassungsfragen berührt, insbesondere auch nicht als eine denkunmögliche Gesetzesanwendung dem BVA vorgeworfen werden kann. Das BVA hat vielmehr seine Entscheidung, wonach die vergebende Stelle das Angebot der beschwerdeführenden Gesellschaft wegen Vorliegens eines nicht verbesserungsfähigen Mangels gemäß §52 Abs1 Z8 BVergG zu Recht ausgeschieden habe, da es den in der Leistungsbeschreibung festgelegten technischen Anforderungen nicht entsprochen habe, plausibel und nachvollziehbar begründet und diese weder leichtfertig getroffen noch sonst Willkür geübt. Ob das Verfahren in jeder Hinsicht rechtmäßig geführt wurde, und die von der beschwerdeführenden Gesellschaft behaupteten Verletzungen von Verfahrensvorschriften tatsächlich vorliegen, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen; und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen einen Bescheid des BVA - einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG - richtet, der beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. VfSlg. 10.565/1985, 10.659/1985, 12.697/1991).

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz hat durch den vorliegenden Bescheid sohin nicht stattgefunden. Da das Verfahren auch nicht ergeben hat, dass die beschwerdeführende Gesellschaft durch den Bescheid in von ihr nicht geltend gemachten, anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde abzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Vergabewesen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B667.2002

Dokumentnummer

JFT_09979076_02B00667_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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