TE OGH 2001/9/13 6Ob70/01i

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Veröffentlicht am 13.09.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Gerrit H*****, Schüler, in Obsorge der Mutter Renate H*****, Unterhaltssachwalter Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten, Jugendhilfe, über die Revisionsrekurse 1. des Vaters Richard H*****, vertreten durch Dr. Stefan Gloß ua Rechtsanwälte in St. Pölten, und

2. des Unterhaltssachwalters gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 19. Jänner 2001, GZ 37 R 81/00p-86, womit über den Rekurs des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 11. Oktober 2000, GZ 1 P 26/98p-77, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beiden Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Nach der Scheidung der Ehe seiner Eltern ist die Mutter des jetzt 16 1/2-jährigen Sohnes obsorgeberechtigt. Der Vater wurde zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von 5.000 S verpflichtet. Die im Jahr 1991 verstorbene Stiefgroßmutter des Kindes hinterließ ein beträchtliches Vermögen. In einem eigenhändigen, aber nicht unterschriebenen Kodizill verfügte sie, dass das Kind einen Teil des Vermögens erhalten sollte. Der Formmangel wurde durch einen Anerkenntnisvertrag geheilt. Auch die Mutter schenkte dem Kind Vermögenswerte. Das Pflegschaftsgericht verfügte die Sperre des Vermögens, trug der Mutter die mündelsichere Veranlagung und die Rechnungslegung auf. Die Mutter schaffte für das Kind thesaurierende Investmentfondsanteile an. Der Vater beantragte im Hinblick auf die Erträgnisse des Vermögens des Kindes die gänzliche Enthebung von seiner Unterhaltsverpflichtung ab 1. 2. 1998.

Das Erstgericht wies den Enthebungsantrag ab. Es verwies auf die Rechnungslegung der obsorgeberechtigten Mutter und den genehmigenden Beschluss vom 15. 3. 2000 (ON 67) und stellte unter anderem fest, dass der Kurswert der auf dem Depot des Kindes befindlichen 17.209 Anteile des mündelsicheren Sparkassen-Mündelrent-Fonds per 30. 5. 2000 1,861.255,88 S betragen habe. Sämtliche Erträgnisse würden automatisch durch Ankauf weiterer Fondsanteile wiederveranlagt werden. Die anfallenden Depotgebühren würden von einem Sparbuch mit einem Guthabensstand von 42.863,95 S abgebucht werden. Das Guthaben aus einem Bausparvertrag des Kindes betrage per 31. 12. 1999 73.607,03 S. Gemäß § 140 Abs 3 ABGB seien nur tatsächlich erzielte Zinsen auf den Unterhalt voll anzurechnen. Der Minderjährige habe keine Verfügungsmacht über die Erträgnisse seines Vermögens. Der Unterhaltsenthebungsantrag des Vaters sei daher abzuweisen.Das Erstgericht wies den Enthebungsantrag ab. Es verwies auf die Rechnungslegung der obsorgeberechtigten Mutter und den genehmigenden Beschluss vom 15. 3. 2000 (ON 67) und stellte unter anderem fest, dass der Kurswert der auf dem Depot des Kindes befindlichen 17.209 Anteile des mündelsicheren Sparkassen-Mündelrent-Fonds per 30. 5. 2000 1,861.255,88 S betragen habe. Sämtliche Erträgnisse würden automatisch durch Ankauf weiterer Fondsanteile wiederveranlagt werden. Die anfallenden Depotgebühren würden von einem Sparbuch mit einem Guthabensstand von 42.863,95 S abgebucht werden. Das Guthaben aus einem Bausparvertrag des Kindes betrage per 31. 12. 1999 73.607,03 S. Gemäß Paragraph 140, Absatz 3, ABGB seien nur tatsächlich erzielte Zinsen auf den Unterhalt voll anzurechnen. Der Minderjährige habe keine Verfügungsmacht über die Erträgnisse seines Vermögens. Der Unterhaltsenthebungsantrag des Vaters sei daher abzuweisen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters teilweise Folge und setzte seine Unterhaltsverpflichtung auf 1.600 S monatlich herab. Es ging dabei von einer Bemessungsgrundlage von 25.000 S monatlich und einem Wertpapiervermögen des Kindes von 1,8 Mio S schon ab 1. 2. 1998 aus. Der jährliche Zinsenertrag von 4,5 % erbringe einen Erlös von 81.000 S jährlich oder 6.750 S monatlich. Bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfs des Kindes sei wegen der gebotenen Berücksichtigung der Betreuungsleistungen der Mutter von folgender Formel auszugehen:

"Restlicher Unterhaltsanspruch gegenüber dem Vater = bisheriger Unterhaltsanspruch abzüglich eigenes Einkommen x bisheriger Unterhaltsanspruch: (bisheriger Unterhaltsanspruch + Differenz zwischen Mindestpension und Regelbedarf)." Danach errechne sich ein verbleibender Unterhaltsanspruch von 1.600 S monatlich.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe noch nicht zu der Frage Stellung genommen, ob bereits realisierte Zinserträge aus einer "thesaurierenden" Geldanlage als eigene Einkünfte des Kindes im Sinn des § 140 Abs 3 ABGB in Frage kommen.Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe noch nicht zu der Frage Stellung genommen, ob bereits realisierte Zinserträge aus einer "thesaurierenden" Geldanlage als eigene Einkünfte des Kindes im Sinn des Paragraph 140, Absatz 3, ABGB in Frage kommen.

Mit seinem ordentlichen Revisionsrekurs beantragt der Vater, dass seinem Enthebungsantrag zur Gänze stattgegeben werde.

Das durch den Unterhaltssachwalter vertretene Kind beantragt mit seinem ordentlichen Revisionsrekurs die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionsrekurse sind zulässig, aber nicht berechtigt.

I. Zum Revisionsrekurs des Kindes:römisch eins. Zum Revisionsrekurs des Kindes:

1. Der Unterhaltssachwalter (§ 212 Abs 2 ABGB) behauptet zunächst eine "drastisch" fallende Kursentwicklung des Rentenfonds in den letzten drei Jahren und legt dazu eine Aufstellung der Mutter vor. Abgesehen davon, dass es sich bei dem Rekursvorbringen über Kursverluste um im Revisionsrekursverfahren nicht überprüfbare unzulässige Neuerungen handelt, kommt der behaupteten Kursentwicklung keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Für die Unterhaltsfrage ist nicht der bei einem Wertpapiervermögen im Laufe der mehrjährigen Veranlagung variable Vermögensstand, sondern der Ertrag des Vermögens entscheidend, hier also nicht eine hypothetische Gewinnermittlung unter Einbeziehung des Kurses, sondern der tatsächlich je Fondsanteil erzielte Ertrag, wie er vom Rekursgericht der Aktenlage entsprechend mit 5,072 S je Stück festgestellt wurde.1. Der Unterhaltssachwalter (Paragraph 212, Absatz 2, ABGB) behauptet zunächst eine "drastisch" fallende Kursentwicklung des Rentenfonds in den letzten drei Jahren und legt dazu eine Aufstellung der Mutter vor. Abgesehen davon, dass es sich bei dem Rekursvorbringen über Kursverluste um im Revisionsrekursverfahren nicht überprüfbare unzulässige Neuerungen handelt, kommt der behaupteten Kursentwicklung keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Für die Unterhaltsfrage ist nicht der bei einem Wertpapiervermögen im Laufe der mehrjährigen Veranlagung variable Vermögensstand, sondern der Ertrag des Vermögens entscheidend, hier also nicht eine hypothetische Gewinnermittlung unter Einbeziehung des Kurses, sondern der tatsächlich je Fondsanteil erzielte Ertrag, wie er vom Rekursgericht der Aktenlage entsprechend mit 5,072 S je Stück festgestellt wurde.

2. Der Unterhaltssachwalter beruft sich - wie schon das Erstgericht - auf die in der Entscheidung 7 Ob 526/94 = ÖA 1995, 95 formulierten Rechtssätze und kann für seinen Standpunkt auch noch weitere in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung vertretene Ansichten ins Treffen führen:

a) Die Bestimmung des § 230 Abs 1 ABGB dient ausschließlich dem Schutz des Pflegebefohlenen; der Unterhaltspflichtige hat keinen Anspruch auf eine bestmögliche Veranlagung mit dem höchsten Ertrag (ÖA 1995, 95);a) Die Bestimmung des Paragraph 230, Absatz eins, ABGB dient ausschließlich dem Schutz des Pflegebefohlenen; der Unterhaltspflichtige hat keinen Anspruch auf eine bestmögliche Veranlagung mit dem höchsten Ertrag (ÖA 1995, 95);

b) nur tatsächlich erzielte Einkünfte des Minderjährigen sind in die Unterhaltsberechnung einzurechnen (SZ 64/94; 6 Ob 591/95 uva;

Schwimann, Unterhaltsrecht2 76; derselbe in Schwimann ABGB2 Rz 80 zu § 140);Schwimann, Unterhaltsrecht2 76; derselbe in Schwimann ABGB2 Rz 80 zu Paragraph 140,);

c) eine Anspannungsobliegenheit des Kindes zur Erzielung möglicher Einkünfte besteht grundsätzlich nicht (Schwimann aaO mwN;

Stabentheiner in Rummel ABGB3 Rz 12 zu § 140 mwN; EFSlg 68.494; EFSlgStabentheiner in Rummel ABGB3 Rz 12 zu Paragraph 140, mwN; EFSlg 68.494; EFSlg

71.546 uva).

Auf den ersten Blick müsste die Anwendung dieser Grundsätze zur Abweisung des Enthebungsantrages des Vaters führen. Der erhebliche Umfang des Kindesvermögens und dessen erzielbarer und nach Auffassung des erkennenden Senates auch erzielter Ertrag, der den Regelbedarf des Kindes weit übersteigt, erfordert eine nähere Prüfung der Frage, ob ein Millionenvermögen eines unterhaltsberechtigten Kindes tatsächlich nur deshalb nicht unterhaltsmindernd wirkt, weil es ertragslos (etwa in Liegenschaften) oder aber so veranlagt wurde, dass das Kind über einen erzielten Ertrag nicht frei verfügen kann (langfristig gebundene Sparbücher; thesaurierende Wertpapieranlage).

Es sprechen mehrere Gründe gegen ein solches Ergebnis:

3. Der Anspruch auf Unterhalt mindert sich nach § 140 Abs 3 ABGB insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist. Zunächst kann hier wegen der von der Mutter gewählten und vom Pflegschaftsgericht genehmigten Anlageform, bei der die Zinserträge sofort wieder veranlagt werden, nicht davon ausgegangen werden, dass das unterhaltsberechtigte Kind tatsächlich keine Zinserträge erzielte. Es besteht nur eine schon vor dem Zinsenanfall eingegangene vertragliche Verpflichtung zur Wiederveranlagung (Kapitalisierung der Zinsen). Wirtschaftlich ist der Sachverhalt dem Nichtbeheben von Sparbuchzinsen gleichzuhalten. Dass in diesem Fall die Zinsen unterhaltsmindernd im Sinne des § 140 Abs 3 ABGB wirken, kann nicht bezweifelt werden. Bei gegenteiliger Ansicht wäre die Gesetzesbestimmung obsolet. Die Thesaurierungsvereinbarung kann nicht verhindern, von tatsächlich erzielten Einkünften des Kindes auszugehen. Dieses Ergebnis entspricht der oberstgerichtlichen Judikatur zur Ausgleichszulage nach dem Sozialversicherungsrecht. Auch dort wird die Auffassung vertreten, dass Zinsen auch dann als Einkünfte des Pensionisten zulagenmindernd zu berücksichtigen sind, wenn er eine Geldanlageform gewählt hat, bei der die Zinserträge seinem Zugriff entzogen sind (10 ObS 260/91 = SSV-NF 5/135) oder wenn er wegen einer gerichtlichen Sperre nach einer Sachwalterbestellung über die Zinsen nicht frei verfügen kann (10 ObS 265/97m = SSV-NF 11/122).3. Der Anspruch auf Unterhalt mindert sich nach Paragraph 140, Absatz 3, ABGB insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist. Zunächst kann hier wegen der von der Mutter gewählten und vom Pflegschaftsgericht genehmigten Anlageform, bei der die Zinserträge sofort wieder veranlagt werden, nicht davon ausgegangen werden, dass das unterhaltsberechtigte Kind tatsächlich keine Zinserträge erzielte. Es besteht nur eine schon vor dem Zinsenanfall eingegangene vertragliche Verpflichtung zur Wiederveranlagung (Kapitalisierung der Zinsen). Wirtschaftlich ist der Sachverhalt dem Nichtbeheben von Sparbuchzinsen gleichzuhalten. Dass in diesem Fall die Zinsen unterhaltsmindernd im Sinne des Paragraph 140, Absatz 3, ABGB wirken, kann nicht bezweifelt werden. Bei gegenteiliger Ansicht wäre die Gesetzesbestimmung obsolet. Die Thesaurierungsvereinbarung kann nicht verhindern, von tatsächlich erzielten Einkünften des Kindes auszugehen. Dieses Ergebnis entspricht der oberstgerichtlichen Judikatur zur Ausgleichszulage nach dem Sozialversicherungsrecht. Auch dort wird die Auffassung vertreten, dass Zinsen auch dann als Einkünfte des Pensionisten zulagenmindernd zu berücksichtigen sind, wenn er eine Geldanlageform gewählt hat, bei der die Zinserträge seinem Zugriff entzogen sind (10 ObS 260/91 = SSV-NF 5/135) oder wenn er wegen einer gerichtlichen Sperre nach einer Sachwalterbestellung über die Zinsen nicht frei verfügen kann (10 ObS 265/97m = SSV-NF 11/122).

4. Der Rechtssatz, dass keine Anspannungsobliegenheit des Kindes zur Erzielung möglicher Einkünfte bestehe (weil das Gesetz nur den Eltern die Deckung der Bedürfnisse "nach Kräften" auferlegt) wurde schon bisher dahin eingeschränkt, dass dem Kind Bemühungen um leicht erzielbare Erträgnisse zugemutet werden können. Ein Kind darf beispielsweise die Vermietung seines von ihm nicht benötigten Hauses

nicht unterlassen (6 Ob 569/91 = EFSlg 65.058; 6 Ob 2080/96t; 9 Ob

261/97s = EFSlg 83.218). Hier wurde also der Anspannungsgrundsatz

zumindest in eingeschränkter Form auf den Unterhaltsberechtigten angewendet. Selbst wenn das Kind zu einer bestmöglichen Veranlagung (im Sinne eines erzielbaren Höchstertrages) im Interesse des Unterhaltspflichtigen nicht verpflichtet ist (ÖBA 1995, 95), bedeutet dies noch nicht, dass es keinerlei leicht durchführbare und zumutbare Schritte zur Erzielung von Einkünften zu setzen hätte. § 140 Abs 3 ABGB normiert als Voraussetzung für die Unterhaltsminderung nicht nur tatsächlich erzielte eigene Einkünfte des Kindes, sondern verweist ganz allgemein auch auf die Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse. Die Selbsterhaltungsfähigkeit einer Person, die über ein Millionenvermögen verfügt, kann nicht davon abhängen, ob sie das Vermögen zinstragend anlegt oder nicht. Entscheidend ist, ob mit dem erzielbaren Zinsenertrag die Bedürfnisse gedeckt werden können oder nicht. Zumindest bei einem solchen Vermögen besteht eine Anspannungsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Kindes. Die gegenteilige Ansicht würde zu einem sachlich nicht zu rechtfertigenden Wertungswiderspruch zu der nach Lehre und Rechtsprechung jedenfalls vorzunehmendem Anrechnung des Arbeitseinkommens eines unterhaltsberechtigten Kindes führen. Wenn nach herrschender Auffassung (Nachweise bei Schwimann, Unterhaltsrecht2 77, FN 886) sogar Lehrlingsentschädigungen in relativ geringer Höhe den Unterhaltsanspruch mindern können und Unterhaltsberechtigte nach ständiger Judikatur im Ergebnis durchaus zu zielstrebiger Ausbildung oder nach abgeschlossener Ausbildung zu zielstrebiger Arbeitsplatzsuche angespannt werden, muss eine entsprechende Obliegenheit des Unterhaltsberechtigten zumindest ab einer gewissen Größe seines Vermögens und einem erzielbaren Ertrag daraus bei der Beurteilung der Lebensverhältnisse und der Selbsterhaltungsfähigkeit bejaht werden.zumindest in eingeschränkter Form auf den Unterhaltsberechtigten angewendet. Selbst wenn das Kind zu einer bestmöglichen Veranlagung (im Sinne eines erzielbaren Höchstertrages) im Interesse des Unterhaltspflichtigen nicht verpflichtet ist (ÖBA 1995, 95), bedeutet dies noch nicht, dass es keinerlei leicht durchführbare und zumutbare Schritte zur Erzielung von Einkünften zu setzen hätte. Paragraph 140, Absatz 3, ABGB normiert als Voraussetzung für die Unterhaltsminderung nicht nur tatsächlich erzielte eigene Einkünfte des Kindes, sondern verweist ganz allgemein auch auf die Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse. Die Selbsterhaltungsfähigkeit einer Person, die über ein Millionenvermögen verfügt, kann nicht davon abhängen, ob sie das Vermögen zinstragend anlegt oder nicht. Entscheidend ist, ob mit dem erzielbaren Zinsenertrag die Bedürfnisse gedeckt werden können oder nicht. Zumindest bei einem solchen Vermögen besteht eine Anspannungsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Kindes. Die gegenteilige Ansicht würde zu einem sachlich nicht zu rechtfertigenden Wertungswiderspruch zu der nach Lehre und Rechtsprechung jedenfalls vorzunehmendem Anrechnung des Arbeitseinkommens eines unterhaltsberechtigten Kindes führen. Wenn nach herrschender Auffassung (Nachweise bei Schwimann, Unterhaltsrecht2 77, FN 886) sogar Lehrlingsentschädigungen in relativ geringer Höhe den Unterhaltsanspruch mindern können und Unterhaltsberechtigte nach ständiger Judikatur im Ergebnis durchaus zu zielstrebiger Ausbildung oder nach abgeschlossener Ausbildung zu zielstrebiger Arbeitsplatzsuche angespannt werden, muss eine entsprechende Obliegenheit des Unterhaltsberechtigten zumindest ab einer gewissen Größe seines Vermögens und einem erzielbaren Ertrag daraus bei der Beurteilung der Lebensverhältnisse und der Selbsterhaltungsfähigkeit bejaht werden.

5. Ab welcher Größe des Vermögens und des zumutbar erzielbaren Ertrages eine Unterhaltsminderung vorzunehmen ist, hängt bei der von Billigkeitserwägungen bestimmten Unterhaltsfestsetzung immer von den besonderen Umständen des Einzelfalles ab, sehr wesentlich also von den Lebensverhältnissen sowohl des Kindes als auch des Unterhaltsverpflichteten. Kindesvermögen in Millionenhöhe ist kein Regelfall. Bei intakten Familienverhältnissen werden Eltern, die mit dem Kind in gemeinsamem Haushalt leben, bei der Deckung der Bedürfnisse des Kindes umso mehr auf die Zinserträgnisse greifen, je größer das Vermögen und je geringer die eigene Leistungskraft ist. Sie werden aber andererseits dann danach trachten, das Vermögen des Kindes zu erhalten und allenfalls zu vermehren, wenn dies ihre eigene Leistungsfähigkeit gestattet. Ein Familienvater mit überdurchschnittlichem Einkommen wird sein Kind nicht zur Gänze auf dessen Vermögenserträgnisse und eine dadurch gegebene Selbsterhaltungsfähigkeit verweisen, sondern vielmehr weiterhin - wenn auch in eingeschränktem Umfang - die Bedürfnisse des Kindes befriedigen. An diese Leitfigur eines pflichtbewussten Unterhaltsschuldners ist auch bei der gerichtlichen Unterhaltsfestsetzung anzuknüpfen (6 Ob 99/97w = ÖA 1998, 67).

Zum Revisionsrekurs des Kindes ist daher zusammenzufassen:

Das Vermögen eines unterhaltsberechtigten Kindes in Millionenhöhe (hier rund 1,9 Mio S) wirkt unterhaltsmindernd im Sinne des § 140 Abs 3 ABGB auch dann, wenn das Vermögen in mündelsicheren thesaurierenden Investmentfondsanteilen angelegt wurde, bei denen keine Auszahlung der jährlichen Erträge, sondern deren sofortige Wiederveranlagung erfolgt. Im Sinne einer Anspannungsobliegenheit darf sich das Kind nicht darauf berufen, dass es infolge der vertraglichen Bindung des Vermögens über keine eigenen Einkünfte verfügt.Das Vermögen eines unterhaltsberechtigten Kindes in Millionenhöhe (hier rund 1,9 Mio S) wirkt unterhaltsmindernd im Sinne des Paragraph 140, Absatz 3, ABGB auch dann, wenn das Vermögen in mündelsicheren thesaurierenden Investmentfondsanteilen angelegt wurde, bei denen keine Auszahlung der jährlichen Erträge, sondern deren sofortige Wiederveranlagung erfolgt. Im Sinne einer Anspannungsobliegenheit darf sich das Kind nicht darauf berufen, dass es infolge der vertraglichen Bindung des Vermögens über keine eigenen Einkünfte verfügt.

II. Zum Revisionsrekurs des Vaters:römisch II. Zum Revisionsrekurs des Vaters:

Der Revisionsrekurswerber ficht zunächst die Entscheidung des Rekursgerichtes wegen Ausgeschlossenheit und Befangenheit eines Richters des Rechtsmittelsenates an. Dieser war wohl längere Zeit der zuständige Pflegschaftsrichter, hat aber die erstinstanzliche Entscheidung über den Unterhaltsenthebungsantrag des Vaters nicht gefällt. Eine Ausgeschlossenheit liegt daher nicht vor (Mayr in Rechberger ZPO2 Rz 6 zu § 20 JN mwN). Die Frage der Befangenheit wurde mit der rechtskräftigen Zurückweisung des Ablehnungsantrages durch den zuständigen Ablehnungssenat entschieden.Der Revisionsrekurswerber ficht zunächst die Entscheidung des Rekursgerichtes wegen Ausgeschlossenheit und Befangenheit eines Richters des Rechtsmittelsenates an. Dieser war wohl längere Zeit der zuständige Pflegschaftsrichter, hat aber die erstinstanzliche Entscheidung über den Unterhaltsenthebungsantrag des Vaters nicht gefällt. Eine Ausgeschlossenheit liegt daher nicht vor (Mayr in Rechberger ZPO2 Rz 6 zu Paragraph 20, JN mwN). Die Frage der Befangenheit wurde mit der rechtskräftigen Zurückweisung des Ablehnungsantrages durch den zuständigen Ablehnungssenat entschieden.

Der Vater steht auf dem Standpunkt, dass bei der Unterhaltsberechnung von einem wesentlich höheren erzielbaren Zinsenertrag auszugehen sei, will also den für die Unterhaltspflichtigen aus der Bestimmung des § 140 Abs 1 ABGB abgeleiteten Anspannungsgrundsatz zur Gänze in dem Sinn anwenden, dass das Kind verpflichtet wäre, eine Anlageform mit dem höchsten Zinsenertrag zu wählen. Dazu ist zunächst auf die Ausführungen zum Revisionsrekurs des Kindes zu verweisen. Das Kind ist nicht im Interesse des Unterhaltspflichtigen gezwungen, eine Art der Vermögensanlage zu wählen, die den höchsten Ertrag abwirft. Dies verlangt nicht einmal die Bestimmung des § 230 Abs 1 ABGB, die an erster Stelle die Sicherheit der Geldanlage anführt.Der Vater steht auf dem Standpunkt, dass bei der Unterhaltsberechnung von einem wesentlich höheren erzielbaren Zinsenertrag auszugehen sei, will also den für die Unterhaltspflichtigen aus der Bestimmung des Paragraph 140, Absatz eins, ABGB abgeleiteten Anspannungsgrundsatz zur Gänze in dem Sinn anwenden, dass das Kind verpflichtet wäre, eine Anlageform mit dem höchsten Zinsenertrag zu wählen. Dazu ist zunächst auf die Ausführungen zum Revisionsrekurs des Kindes zu verweisen. Das Kind ist nicht im Interesse des Unterhaltspflichtigen gezwungen, eine Art der Vermögensanlage zu wählen, die den höchsten Ertrag abwirft. Dies verlangt nicht einmal die Bestimmung des Paragraph 230, Absatz eins, ABGB, die an erster Stelle die Sicherheit der Geldanlage anführt.

Soweit der Vater die Feststellungen zum Vermögen des Kindes als unvollständig rügt und weitere Zinserträge aus einem Bausparvertrag (3.600 S jährlich), einem Auslosungssparbrief (der in der Zwischenzeit aufgelöst und durch Anschaffung von Investmentfondsanteilen wiederveranlagt wurde) und einem Sparbuch mit einer Einlage von rund 40.000 S rügt, ist er auf die zu billigende Anwendung des § 273 ZPO durch das Rekursgericht zu verweisen. Selbst wenn man zu Gunsten des Vaters von weiteren Zinserträgen von rund 10.000 S jährlich (also 830 S monatlich) ausginge, bliebe die angefochtene Unterhaltsfestsetzung noch im Rahmen des gerichtlichen Ermessens. Die vom Vater gerügte Qualifikation der Depotgebühren der Bank als ertragsmindernd ist jedenfalls unbedenklich, genauso wie die Nichtberücksichtigung der Zinsenerträgnisse aus den Jahren 1991 bis 1996. Diese wurden ja veranlagt und führten dazu, dass der Minderjährige jetzt die entsprechenden Zinsen als Eigeneinkünfte im Sinne des § 140 Abs 3 ABGB erzielt. Wenn man der Argumentation des Rekurswerbers folgte, würde der Vermögensertrag doppelt berücksichtigt werden.Soweit der Vater die Feststellungen zum Vermögen des Kindes als unvollständig rügt und weitere Zinserträge aus einem Bausparvertrag (3.600 S jährlich), einem Auslosungssparbrief (der in der Zwischenzeit aufgelöst und durch Anschaffung von Investmentfondsanteilen wiederveranlagt wurde) und einem Sparbuch mit einer Einlage von rund 40.000 S rügt, ist er auf die zu billigende Anwendung des Paragraph 273, ZPO durch das Rekursgericht zu verweisen. Selbst wenn man zu Gunsten des Vaters von weiteren Zinserträgen von rund 10.000 S jährlich (also 830 S monatlich) ausginge, bliebe die angefochtene Unterhaltsfestsetzung noch im Rahmen des gerichtlichen Ermessens. Die vom Vater gerügte Qualifikation der Depotgebühren der Bank als ertragsmindernd ist jedenfalls unbedenklich, genauso wie die Nichtberücksichtigung der Zinsenerträgnisse aus den Jahren 1991 bis 1996. Diese wurden ja veranlagt und führten dazu, dass der Minderjährige jetzt die entsprechenden Zinsen als Eigeneinkünfte im Sinne des Paragraph 140, Absatz 3, ABGB erzielt. Wenn man der Argumentation des Rekurswerbers folgte, würde der Vermögensertrag doppelt berücksichtigt werden.

Der Vater will die vom Kind rückforderbare Kapitalertragssteuer (KEST) schon jetzt in den Zinsenertrag einbeziehen. Es ist ihm zwar zuzustimmen, dass die Kapitalerträge aus Forderungswertpapieren steuerabzugspflichtig sind (§ 93 EStG) und dass die von der Bank vorgenommenen Steuerabzüge zumindest teilweise über Antrag des Kindes mangels eines weiteren steuerpflichtigen Einkommens gemäß § 97 Abs 4 EStG zurückerstattet werden können. Der Antrag kann binnen fünf Jahren gestellt werden. Da der Revisionsrekurswerber eine solche Antragstellung des Kindes und eine bereits erfolgte Steuerrückerstattung nicht behauptet, können die aktenkundigen Steuerbeträge (für das Jahr 1998 rund 21.000 S) derzeit aber noch nicht als tatsächlich erzielte Einkünfte des Kindes im Sinne der schon zitierten Rechtsprechung behandelt werden.Der Vater will die vom Kind rückforderbare Kapitalertragssteuer (KEST) schon jetzt in den Zinsenertrag einbeziehen. Es ist ihm zwar zuzustimmen, dass die Kapitalerträge aus Forderungswertpapieren steuerabzugspflichtig sind (Paragraph 93, EStG) und dass die von der Bank vorgenommenen Steuerabzüge zumindest teilweise über Antrag des Kindes mangels eines weiteren steuerpflichtigen Einkommens gemäß Paragraph 97, Absatz 4, EStG zurückerstattet werden können. Der Antrag kann binnen fünf Jahren gestellt werden. Da der Revisionsrekurswerber eine solche Antragstellung des Kindes und eine bereits erfolgte Steuerrückerstattung nicht behauptet, können die aktenkundigen Steuerbeträge (für das Jahr 1998 rund 21.000 S) derzeit aber noch nicht als tatsächlich erzielte Einkünfte des Kindes im Sinne der schon zitierten Rechtsprechung behandelt werden.

Zur Berechnung der Unterhaltshöhe orientiert sich der Unterhaltsschuldner in seinem Rechtsmittel an der von der Rechtsprechung für sogenannte Durchschnittsfälle entwickelten Formel und übersieht dabei, dass bei überdurchschnittlichen Lebensverhältnissen, wie sie hier bei der unangefochten gebliebenen Bemessungsgrundlage vorliegen, eine andere Bewertung des reinen Geldunterhaltsanspruchs zu erfolgen hat. Dazu kann auf die bei Schwimann, Unterhaltsrecht2 81 f unter Hinweis auf Vorjudikatur zitierten Formeln, die stets nur eine erste Orientierungshilfe darstellen, verwiesen werden.

Das Rekursgericht hat mit der bekämpften Minderung der Geldunterhaltspflicht des Vaters die Lebensverhältnisse der Beteiligten angemessen berücksichtigt und den ihm eingeräumten Ermessensspielraum nicht überschritten. Die Entscheidung hält einem Vergleich mit dem Handeln pflichtbewusster Eltern, die mit dem Kind in gemeinsamem Haushalt leben, stand. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden.

Anmerkung

E62932 06A00701

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0060OB00070.01I.0913.000

Dokumentnummer

JJT_20010913_OGH0002_0060OB00070_01I0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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