Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1997 §10 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/18/0369 2004/18/0370Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde 1. des S A, (geboren 1972), gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. Juli 2004, Zl. 313.959/2-III/4/04 (protokolliert zu hg. Zl. 2004/18/0368), 2. der Se A, (geboren 1978), gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. Juli 2004, Zl. 313.959/3-III/4/04 (protokolliert zu hg. Zl. 2004/18/0369), und 3. des D A, (geboren 2002), gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. Juli 2004, Zl. 313.959/4- III/4/04 (protokolliert zu hg. Zl. 2004/18/0370), alle in Wels, alle vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, jeweils betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 26. Juli 2004 wurden die von den beschwerdeführenden Parteien am 22. August 2003 durch ihren Rechtsvertreter beim Magistrat Wels eingebrachten Anträge jeweils auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen nach § 19 Abs. 2 Z. 6 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 100, gemäß §§ 10 Abs. 4, 14 Abs. 2, 19 Abs. 2 Z. 6 FrG abgewiesen.
Der Erstbeschwerdeführer sowie die Zeitbeschwerdeführerin seien am 12. September 2001 illegal nach Österreich eingereist. Am 13. September 2001 hätten sie beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz, jeweils einen Asylantrag gestellt, welche mit Datum vom 17. Dezember 2002 zweitinstanzlich rechtskräftig abgewiesen worden seien. Betreffend den Erstbeschwerdeführer sei gleichzeitig gemäß § 8 des Asylgesetzes 1997 festgestellt worden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Heimat zulässig sei.
Der Erstbeschwerdeführer sowie die Zweitbeschwerdeführerin seien im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 1997 gewesen. Diesbezüglich werde bemerkt, dass der Aufenthalt in Österreich als Asylwerber keinen humanitären Grund darstelle. Zudem könnten die beschwerdeführenden Parteien seit der Einreise bzw. Stellung des Asylantrages auch nicht als niedergelassen angesehen werden, da die Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 1997 nur vorläufige Gültigkeit besitze.
Der Drittbeschwerdeführer sei am 10. Juli 2002 in Österreich geboren worden. Am 26. Juli 2002 sei durch die Zweitbeschwerdeführerin beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz, ein Asylantrag für den Drittbeschwerdeführer gestellt worden, welcher mit Datum vom 17. Dezember 2002 zweitinstanzlich abgewiesen worden sei. Der Drittbeschwerdeführer sei nicht im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 1997 gewesen.
Da die beschwerdeführenden Parteien noch nie über einen Sichtvermerk, eine Aufenthaltsbewilligung oder einer Niederlassungsbewilligung für die Republik Österreich verfügt hätten, seien ihre nunmehrigen Anträge vom 22. August 2003 als Erstanträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu werten.
In den Berufungen der erstbeschwerdeführenden sowie der zweitbeschwerdeführenden Partei sei im Wesentlichen eingewendet worden, dass diese auf Grund der Kriegshandlungen in Mazedonien im September 2001 nach Österreich hätten flüchten müssen und ferner der Erstbeschwerdeführer durch seinen Verdienst seine Familie in Österreich erhalten bzw. auch dem Drittbeschwerdeführer ein wirtschaftlich abgesichertes Leben gewährleisten könnte. In der Berufung des Drittbeschwerdeführers sei im Wesentlichen diese zuletzt genannte Absicherung vorgebracht worden.
Für die belangte Behörde stehe eindeutig fest, dass die beschwerdeführenden Parteien ihre Anträge im Inland gestellt hätten. Gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz FrG hätten sie aber diese Anträge vor der Einreise vom Ausland aus stellen müssen.
Die Anträge enthielten in der Form eines Zusatzantrages bzw. in Form eines Schreibens des Rechtsvertreters die Behauptung, dass humanitäre Gründe im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG vorlägen. Bei der Prüfung iSd § 10 Abs. 4 FrG sei festgestellt worden, dass die geltend gemachten wirtschaftlichen Gründe (der Erstbeschwerdeführer sowie die Zweitbeschwerdeführerin seien Eltern des Drittbeschwerdeführers, eines Kleinkindes, welches von der wirtschaftlichen Versorgung und finanziellen Absicherung durch den Erstbeschwerdeführer absolut abhängig wäre) keinen ausreichenden besonders berücksichtigungswürdigen humanitären Aspekt darstellten. Darüber hinaus sei aus den rechtskräftigen abweisenden Entscheidungen im Asylverfahren ersichtlich, dass die beschwerdeführenden Parteien keiner Verfolgung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen ausgesetzt seien.
Aus diesem Grund lägen in den Beschwerdefällen die materiellen Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 FrG nicht vor. Eine Inlandsantragstellung werde daher gemäß § 14 Abs. 2 FrG von Amts wegen nicht zugelassen. Diese Entscheidung der belangten Behörde gründe sich aus formeller Sicht auf § 90 Abs. 1 FrG.
Gemäß § 14 Abs. 2 FrG hätten die beschwerdeführenden Parteien ihre Anträge vor der Einreise vom Ausland aus stellen müssen, weil sie die Voraussetzungen für die Inlandsantragstellung nicht erfüllten. Ihre Vorgangsweise widerspreche auch dem im § 14 Abs. 2 FrG zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, dass Fremde die Entscheidung ihres Antrages vom Ausland aus abzuwarten hätten. Damit seien die genannten Anträge gemäß § 14 Abs. 2 FrG abzuweisen gewesen. Ferner habe der Gesetzgeber bei Erlassung des § 14 Abs. 2 FrG auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller Rücksicht genommen und die Regelung eines geordneten Zuwanderungswesens über die persönlichen Verhältnisse gestellt. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Parteien, auch im Hinblick auf den Art. 8 EMRK entbehrlich sei.
2. Die beschwerdeführenden Parteien richteten zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung (Beschluss vom 4. Oktober 2004, B 1055 bis 1057/04-6) dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 15. November 2004, B 1055 bis 1057/04-9).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren machen die beschwerdeführenden Parteien Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehren die Aufhebung der angefochtenen Bescheide.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichthof hat erwogen:
1. Gemäß § 14 Abs. 2 FrG sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; dies gilt nach Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels dann nicht, wenn der weitere Aufenthaltstitel eine Erwerbstätigkeit zulassen soll, für die der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel nicht hätte erteilt werden können (§ 13 Abs. 3 FrG). Liegen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 FrG vor, kann der Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland gestellt werden.
§ 14 Abs. 2 letzter Satz FrG eröffnet der Niederlassungsbehörde die Möglichkeit, von Amts wegen in ganz bestimmten Ausnahmefällen (nämlich bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 10 Abs. 4 FrG) von einer Abweisung eines im Inland gestellten Antrages auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung Abstand zu nehmen. § 10 Abs. 4 FrG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zukommen zu lassen. Weiters liegen besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG auch dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK abzuleitender Anspruch auf Familiennachzug besteht (vgl. die Zusammenfassung der Judikatur im hg. Erkenntnis vom 15. März 2006, Zl. 2006/18/0020).
2. Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid verfügten die beschwerdeführenden Parteien bislang weder über einen Sichtvermerk noch über eine Aufenthaltsbewilligung oder eine Niederlassungsbewilligung und hielten sich zum Zeitpunkt der Einbringung ihrer Anträge sowie danach im Inland auf. Es kann damit nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die in Rede stehenden Anträge als Erstanträge qualifiziert wurden. Ferner ist unstrittig, dass die Asylanträge der beschwerdeführenden Parteien rechtskräftig abgewiesen wurden. Im Hinblick darauf steht fest, dass die beschwerdeführenden Parteien keiner Gefährdung oder Bedrohung iSd § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG ausgesetzt sind, sofern nicht in den als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine wesentliche Änderung eingetreten ist (vgl. nochmals das schon zitierte hg. Erkenntnis).
Mit der (auch unter Hinweis auf die Ausführungen in der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde) vorgebrachten allgemeinen Behauptung, dass der Erstbeschwerdeführer sowie die Zweitbeschwerdeführerin für ihren in Österreich geborenen Sohn - den Drittbeschwerdeführer - im Heimatstaat Mazedonien nicht ausreichend sorgen könnten, weil es dort keinerlei Möglichkeit gebe, einen Arbeitsplatz zu finden und eine menschenwürdige Existenz zu führen, und die beschwerdeführenden Parteien dort von der für die Ernährung der Familie nicht ausreichenden Sozialhilfe abhängig wären, wird eine solche wesentliche Änderung der tatsächlichen Umstände nicht dargetan. Vor diesem Hintergrund geht die Verfahrensrüge fehl, die belangte Behörde hätte die Situation der Beschwerdeführer umfassend ermitteln müssen und wäre bei genaueren Recherchen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Situation aus humanitärer Sicht für "eine Familie mit zwei Kleinkindern" nicht zumutbar sei. Soweit im Übrigen allgemein auf das Vorbringen im Verwaltungsverfahren verwiesen wird, wird eine solche wesentliche Änderung ebenfalls nicht aufgezeigt, zumal Verweisungen auf den Inhalt eines in einem anderen Verfahren eingebrachten Schriftsatz keine gesetzmäßige Darlegung der Beschwerdegründe im Sinn des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG darstellen und unbeachtlich sind (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 29. Juni 1995, Zl. 95/18/0883, mwH).
3. Da sich somit die vorliegende Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 13. Februar 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004180368.X00Im RIS seit
10.05.2007