TE OGH 2001/9/25 1Ob216/01y

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Veröffentlicht am 25.09.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Zechner und Dr. Prückner als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Betroffenen Rosa F*****, vertreten durch Mag. Robert Müller als Verfahrenssachwalter, infolge der außerordentlichen Revisionsrekurse des (einstweiligen Sachwalters) Dipl. Ing. Dr. Peter B*****, gegen die Beschlüsse des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 16. Juli 2001, GZ 2 R 185/01t-32, womit infolge Rekurses des Verfahrenssachwalters der Beschluss des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 21. Mai 2001, GZ 21 P 137/00f-25, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, und vom 16. Juli 2001, GZ 2 R 186/01i-33, womit infolge Rekurses des Verfahrenssachwalters der Beschluss des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 29. Mai 2001, GZ 21 P 137/00f-29, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

I. Zur Enthebung des Rechtsmittelwerbers als einstweiliger Sachwalter:römisch eins. Zur Enthebung des Rechtsmittelwerbers als einstweiliger Sachwalter:

Mit Beschluss vom 10. 1. 2001 bestellte das Erstgericht den nunmehrigen Rechtsmittelwerber, einen Grazer Rechtsanwalt, gemäß § 273 ABGB zum Sachwalter der Betroffenen. Diese Entscheidung wurde vom Rekursgericht mit Beschluss vom 8. 2. 2001 in Ansehung der Auswahl des Sachwalters aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Am 19. 2. 2001 brachte der Rechtsmittelwerber unter Berufung auf seine Bestellung zum Sachwalter und, gestützt auf die Behauptung der Ungültigkeit eines Übergabevertrags vom 19. 4. 2000, namens der Betroffenen eine Löschungsklage gemäß § 61 Abs 1 GBG ein. Das Prozessgericht erteilte der klagenden Partei sodann mit Beschluss vom 5. 3. 2001 den Auftrag, "die sachwalterschaftsgerichtliche Genehmigung der Klagsführung" binnen 14 Tagen nachzuweisen. Das veranlasste den Rechtsmittelwerber, seine Bestellung zum einstweiligen Sachwalter gemäß § 238 Abs 2 AußStrG zu beantragen, nachdem er bereits einen Tag nach Klageeinbringung die "pflegschaftsbehördliche Genehmigung der Klage" beantragt hatte. Daraufhin bestellte ihn das Erstgericht mit Beschluss vom 21. 3. 2001 gemäß § 238 Abs 2 AußStrG zum einstweiligen Sachwalter der Betroffenen "für die besonders dringende Angelegenheit der Prozessführung bzw Vertretung" im Verfahren über die Löschungsklage und genehmigte gleichzeitig die Klageführung. Nach Ansicht des Erstgerichts ist die Erfüllung des vom Prozessgericht erteilten Sanierungsauftrags als dringende Angelegenheit im Sinne des § 238 Abs 2 AußStrG anzusehen.

Das Rekursgericht behob diese Entscheidung in Ansehung der Bestellung des Rechtsmittelwerbers zum einstweiligen Sachwalter ersatzlos. Soweit der angefochtene Beschluss die gerichtliche Genehmigung der eingebrachten Löschungsklage betraf, hob es ihn auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Zur ersatzlosen Behebung der Sachwalterbestellung des Rechtsmittelwerbers sprach das Rekursgericht ferner aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, dass die Löschungsklage im Anlassfall keine dringende Angelegenheit sei. Der "durch die voreilige Klagsführung veranlasste Verbesserungsauftrag des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 5. 3. 2001" könne eine Dringlichkeit im Sinne des § 238 Abs 2 AußStrG gleichfalls nicht begründen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Wie aus den Gründen der Entscheidung 1 Ob 217/01w folgt, war der Rechtsmittelwerber mangels Rechtskraft seiner Bestellung zum Sachwalter nicht befugt, namens der Betroffenen eine Löschungsklage gemäß § 61 Abs 1 GBG einzubringen. Dieser Mangel wurde allerdings nachträglich saniert, weil die schließliche Bestellung des Rechtsmittelwerbers zum einstweiligen Sachwalter gemäß § 238 Abs 2 AußStrG sofort - also noch vor Eintritt der Rechtskraft - wirksam wurde (SZ 59/224).

Das Gericht zweiter Instanz verneinte vor dem Hintergrund der durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs geprägten Leitlinien einen tauglichen Anlass für die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters gemäß § 238 Abs 2 AußStrG. Darin vermag der erkennende Senat keine gravierende Fehlbeurteilung als Voraussetzung der Zulässigkeit eines Revisionsrekurses zu erblicken. Nach dem aktuellen Grundbuchsstand ist bei beiden durch die Löschungsklage betroffenen Liegenschaften im Rang des Eigentumserwerbs der Beklagten ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten der Betroffenen einverleibt. Eine Gefährdung deren Rechte durch die Aufschiebung der Klageführung bis zur absehbaren Beendigung des Verfahrens auf Bestellung eines Sachwalters war somit nicht zu besorgen. Eine solche Gefährdung hätte auch nicht durch die Nichterfüllung des vom Prozessgericht erteilten befristeten Verbesserungsauftrags eintreten können, weil selbst eine Klagezurückweisung gemäß § 7 Abs 2 ZPO eine neuerliche, nunmehr gerichtlich genehmigte Klageführung durch einen rechtskräftig bestellten Sachwalter nicht ausgeschlossen hätte und das Vermögen der Betroffenen nach Einbringung einer Löschungsklage durch einen bloßen Scheinvertreter auch nicht mit allfälligen frustrierten Gerichtsgebühren - mit der Klage war ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auch für die einstweilige Befreiung von solchen Gebühren verbunden - belastet worden wäre.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das Rekursgericht die Notwendigkeit der Bestellung eines einstweiligen Sachwalters im Rahmen des durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eröffneten Spielraums verneinte. Demnach ist aber der außerordentliche Revisionsrekurs unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösungen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG abhängt.

II. Zur Sachwalterbestellung:römisch II. Zur Sachwalterbestellung:

Mit Beschluss vom 10. 1. 2001 bestellte das Erstgericht den nunmehrigen Rechtsmittelwerber gemäß § 273 ABGB zum Sachwalter der Betroffenen. Diese Entscheidung wurde in Ansehung der Auswahl des Sachwalters aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit Beschluss vom 29. 5. 2001 bestellte das Erstgericht denselben Rechtsanwalt wiederum zum Sachwalter.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass es einen anderen Grazer Rechtsanwalt zum Sachwalter der Betroffenen bestellte. Es sprach ferner aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Nach dessen Ansicht ist bei der Auswahl eines geeigneten Sachwalters nur das Wohl der Betroffenen ausschlaggebend. Interessen Dritter seien nicht von Bedeutung. Eine übereilte Klageeinbringung namens der Betroffenen durch den vom Erstgericht bestellten Sachwalter lasse auf eine Interessenkollision schließen. Es sei daher ein anderer Rechtsanwalt zum Sachwalter zu bestellen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

1. Der erkennende Senat befasste sich bereits in der Entscheidung 1 Ob 684/86 (= SZ 59/224) mit der Auslegung des § 249 Abs 2 AußStrG in Korrelation mit § 247 AußStrG. Danach hat der Sachwalter sein Amt gemäß § 247 AußStrG erst mit Rechtskraft des Bestellungsbeschlusses anzutreten. Er ist vorher nicht berechtigt, für den Betroffenen einzuschreiten. Soweit § 249 Abs 2 AußStrG auch dem noch nicht rechtwirksam bestellten Sachwalter ein Rekursrecht zubillige, sei diese Legitimation auf "seine eigenen Rechte und Pflichten" beschränkt, also auf die Geltendmachung von Umständen, nach denen "er persönlich durch die Bestellung beschwert sein kann" (so später auch 2 Ob 513/90). Eigene Interessen eines noch nicht rechtwirksam bestellten Sachwalters seien von dieser Rechtsmittelbefugnis dagegen nicht umfasst. Das folge schon aus dem Wesen des Sachwalterrechts, allein dem Betroffenen zu helfen. Der gleiche Gesichtspunkt wurde auch in der Entscheidung 1 Ob 607/87 (= SZ 60/103) hervorgehoben. Danach kann ein Sachwalter durch seine Bestellung keine eigenen Rechte erwerben, in die eingegriffen werden könnte. Deshalb wurde auch in der Entscheidung 3 Ob 336/98b ausgesprochen, ein noch nicht rechtwirksam bestellter Sachwalter könne sich nur gegen "den Bestellungsbeschluss" - also offenkundig nur gegen seine Heranziehung als Sachwalter oder gegen eine sonstige Belastung seiner Rechtsstellung durch den erörterten Beschluss - zur Wehr setzen.

An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten.

2. Der Rechtsmittelwerber will bloß für sich persönlich das Recht auf Ausübung einer Sachwalterschaft erstreiten. Nach den unter 1. erläuterten Grundsätzen dient das Sachwalterrecht aber nicht dem Zweck, bestimmten Personen ein solches Recht zu verschaffen. Das Sachwalterrecht kann daher auch nicht dem Interesse eines bestimmten Rechtsanwalts an der Erschließung einer Einkommensquelle dienen. Nur ein solches Eigeninteresse ist als Hintergrund des Bestrebens des Rechtsmittelwerbers vorstellbar, versucht er doch gar nicht aufzuzeigen, weshalb gerade nur er als Rechtsanwalt geeignet sein soll, die Interessen der Betroffenen wahrzunehmen. Ein solcher Versuch müsste überdies schon daran scheitern, dass die zu dessen Erfolg notwendige Annahme, nur ein bestimmter Rechtsanwalt könne für die Ausübung einer bestimmten Sachwalterschaft geeignet sein, geradezu denkunmöglich ist.

Da das Sachwalterrecht nach den voranstehenden Erläuterungen nicht bezweckt, einer bestimmten Person das Recht auf Ausübung einer Sachwalterschaft zu verschaffen, kann ein derartiger Zweck auch nicht von der Rechtsmittelbefugnis des noch nicht rechtwirksam bestellten Sachwalters gemäß § 249 Abs 2 AußStrG umfasst sein. Der Revisionsrekurs ist somit zurückzuweisen, mangelt es doch dem Einschreiter an der Legitimation, das im Rechtsmittel angestrebte Ziel zu erreichen.

Textnummer

E63543

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0010OB00216.01Y.0925.000

Im RIS seit

25.10.2001

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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