Index
L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §135 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des MV in W, vertreten durch Dr. Erich Kafka, Dr. Manfred Palkovits und Dr. Rober Steiner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rudolfsplatz 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. August 2005, Zl. UVS- 04/A/23/5007/2004/7, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der E GmbH, die Eigentümerin der Liegenschaft EZ 1971 KG A, bestehend aus den Grundstücken Nr. 1816 und 1821, ist.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 13. Oktober 1994 wurde gemäß § 70 der Bauordnung für Wien die Baubewilligung zur Durchführung folgender baulicher Maßnahmen auf der Liegenschaft EZ 1971, KG A, erteilt:
"Nach Abtragen der gesamten Dachkonstruktion und Herstellen eines neuen Daches innerhalb des zulässigen Dachumrisses soll das Dachgeschoss zur Gänze für Wohnzwecke (5 Wohnungen) ausgebaut werden. In sämtlichen Geschossen sollen alle Wohnungen nach Abändern der inneren Einteilung und Widmung der Räume sowie Zusammenlegen der Wohnungen Nr. 7 und Nr. 8 im Hochparterre, Nr. 11 und Nr. 12 sowie Nr. 13 - Nr. 15 im 1. Stock, Nr. 18 und Nr. 19 sowie Nr. 20 - Nr. 22 im 2. Stock, Nr. 25 und Nr. 26 sowie Nr. 27 - Nr. 29 im 3. Stock mit Badezimmern und Aborten ausgestattet werden. Im Kellergeschoss sollen die Einlagerungsräume bereitgestellt und die bestehende Waschküche mit einer maschinellen Wasch- und Trockeneinrichtung ausgestattet werden. An der hofseitigen Gebäudefront soll ein Aufzugsschacht samt im Kellergeschoss gelegenen Maschinenraum errichtet werden."
Dieser Baubewilligungsbescheid wurde dem Vertreter der Bauwerber am 8. November 1994 zugestellt.
Mit Anzeige vom 1. Dezember 1998 wurde der 9. November 1998 als Baubeginn bekannt gegeben.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 26. März 2004 wurde die Einstellung der Bauführung auf der Liegenschaft EZ 1971 KG A ("Änderung der Raumeinteilung durch Herstellen von Türöffnungen und Entfernen von Scheidewänden und Trennwänden, Abmauern von Türöffnungen und Aufstellen von Scheidewänden im 3. Stock der Wohnungen Top Nr. 23, 24, 25 und 26") gemäß § 127 Abs. 8 lit. a der Bauordnung für Wien verfügt, da die Bauführung ohne Baubewilligung erfolgt.
Der Beschwerdeführer wurde vom Magistrat der Stadt Wien am 13. April 2004 wie folgt zur Rechtfertigung aufgefordert:
"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufene(r) der E GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Bauherr auf der Liegenschaft in Wien, Z-Gasse 15, EZ 1971 der Kat. Gemeinde A, in der Zeit vom 22. 03. 2004 bis 25. 03. 2004 entgegen der Vorschrift des § 60 Abs. 1 lit. a BO Arbeiten zur Änderung der Raumeinteilung durch Herstellen von Türöffnungen und Entfernen von Scheidewänden und Trennwänden, Abmauern von Türöffnungen und Aufstellen von Scheidewänden im 3 Stock der Wohnungen Top Nr. 23, 24, 25 und 26, durchführen lassen" und zwar
(...; es folgt eine genaue Beschreibung der vorgenommenen Arbeiten)
ohne dass ein rechtskräftiger Baubewilligungsbescheid hierfür erwirkt worden war oder eine Einreichung gemäß § 70a BO für Wien erfolgt war und nach vollständiger Vorlage der Unterlagen drei Monate (vier Monate in Schutzzonen und bei besonderen Bauvorhaben) verstrichen waren, ohne dass ein baubehördlicher Untersagungsbescheid erlassen worden wäre."
Dem Beschwerdeführer wurde eine Übertretung nach § 135 Abs. 1 Bauordnung für Wien in Verbindung mit § 60 Abs. 1 lit. a leg. cit. in Verbindung mit § 9 VStG zur Last gelegt.
Der Beschwerdeführer gab in der Vernehmung am 18. Mai 2004 hierzu an, auf Grund der rechtskräftigen Baubewilligung seien immer wieder bei Freiwerden der entsprechenden Wohnung Umbauten vorgenommen worden. Anfang 2003 hätte mit dem Dachausbau begonnen werden sollen. Die Behörde habe jedoch mitgeteilt, dass eine Neueinreichung erforderlich sei, da die Baubewilligung abgelaufen sei. Es sei prompt eine Baubewilligung beantragt worden. Die Behörde habe in der Folge mitgeteilt, dass eine Baubewilligung erteilt worden sei und bereits "in der Schreibstube" sei. Vor seiner Abreise nach Amerika im Dezember 2003 habe er die Schlussrechnung an den Architekten bezahlt und ein Unternehmen beauftragt, ab ca. Februar 2004 mit den Arbeiten zu beginnen; er sei der Annahme gewesen, dass die schriftliche Ausfertigung der Baubewilligung bis dahin einlangen werde.
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 21. Mai 2004 wurde über den Beschwerdeführer im Sinne der Aufforderung zur Rechtfertigung gemäß § 135 Abs. 1 Bauordnung für Wien eine Verwaltungsstrafe von EUR 1.890,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Woche, 6 Tagen und 12 Stunden) verhängt. Eine Baubewilligung sei nicht erteilt worden.
In der dagegen erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer auf die im Jahre 1994 erteilte Baubewilligung. Seiner Ansicht nach sei diese Baubewilligung nach wie vor aufrecht, da noch im Jahre 1997 mit einem Teil der bewilligten Arbeiten begonnen worden sei und dementsprechend auch eine Bauanzeige erfolgt sei. Wäre sein trotzdem eingereichtes Bauansuchen zügig bearbeitet worden, wäre noch vor seiner Abreise nach Amerika im Dezember 2003 festgestanden, ob bzw. unter welchen Bedingungen eine Baubewilligung erteilt worden sei. Lediglich auf Grund Verkettung unglücklicher Umstände habe es passieren können, dass mit den Arbeiten begonnen worden sei, noch ehe das neue Bauansuchen bearbeitet worden sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben, die Ersatzfreiheitsstrafe jedoch auf 4 Tage herabgesetzt. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Baubewilligung aus dem Jahre 1994 jedenfalls mit Ablauf des 9. November 2002 erloschen sei, zumal um keine Verlängerung der Bauvollendungsfrist angesucht worden sei. Der Beschwerdeführer habe am 17. Februar 2004 neuerlich um Baubewilligung gemäß § 70 Bauordnung für Wien angesucht; dieses Ansuchen sei jedoch mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien am 19. Mai 2004 gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen worden. Die E GmbH habe daher als Bauherrin im näher bezeichneten Tatzeitraum am angegebenen Tatort die im Straferkenntnis angeführten Bauarbeiten durchgeführt, ohne dass ein rechtskräftiger Baubewilligungsbescheid hiefür erwirkt worden wäre bzw. ein Antrag gemäß § 70a Bauordnung für Wien gestellt worden wäre.
Der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener der Bauherrin sei verpflichtet gewesen, sich darüber zu informieren, ob für das durchgeführte Bauvorhaben die erforderliche Baubewilligung vorliege; ob seitens der Baubehörde darauf hingewiesen worden ist, dass die Baubewilligung unter bestimmten Voraussetzung erlischt, sei in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung. Auch das Vorbringen, er habe ein Architekturbüro damit beauftragt, sich um die Baubewilligung zu kümmern, könne den Beschwerdeführer nicht exkulpieren. Der Beschwerdeführer habe auch nicht nachgewiesen, dass er das beauftragte Architekturbüro in irgendeiner Weise kontrolliert hätte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht nicht bestraft zu werden verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er führt aus, dass er am 17. Februar 2004 um die Erteilung der Baubewilligung angesucht habe, dieses Ansuchen jedoch erst mit Bescheid vom 19. Mai 2004 zurückgewiesen worden sei, sohin erst 2 Monate nach der ihm zur Last gelegten Tat. Der Beschwerdeführer hätte mit einem solchen negativen Ausgang des Baubewilligungsverfahrens nicht rechnen müssen. Auf Grund der Beauftragung der Bauarbeiten habe er davon ausgehen können, dass die Baubewilligung für die von ihm beantragten Veränderungen (erneut) erteilt werde, zumal schon einmal, nämlich am 13. Dezember 1994, exakt den gleichen beabsichtigten Arbeiten die Zustimmung zur Bauführung erteilt worden sei. Der Beschwerdeführer sei von dem von ihm beauftragten Architekturbüro im Jahre 2003 davon in Kenntnis gesetzt worden, dass die Baubewilligung bereits erteilt worden sei, die schriftliche Ausfertigung der erteilten Baubewilligung jedoch nur noch einige Tage dauern werde. Der Beschwerdeführer habe sohin darauf vertrauen können, dass bis zum tatsächlichen Beginn der durchgeführten Arbeiten im Februar 2004 die schriftliche Ausfertigung der Baubewilligung vorliege, wie dies die beauftragten Architekten in Aussicht gestellt hätten. Ebenso habe er darauf vertrauen dürfen, dass er im Fall des Auftretens unerwarteter Hindernisse einerseits vom beauftragten Architekten verständigt und andererseits sich dieser um die Beseitigung der Probleme kümmern werde. Er habe auch darauf vertrauen können, dass die Baubewilligung, welche im Jahre 1994 problemlos erteilt worden sei, auch zu einem späteren Zeitpunkt erteilt werde. Die Baubewilligung aus dem Jahre 1994 sei im Übrigen nicht erloschen. Ein Verschulden des Beschwerdeführers liege keinesfalls vor, da er sämtliche Vorkehrungen getroffen habe, dass eine Baubewilligung erteilt werde und erwirkt werden könne und weil er ein Architektenbüro mit der Abwicklung beauftragt habe.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 135 Bauordnung für Wien (in der Folge: BO) werden Übertretungen der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geld bis zu EUR 21.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen bestraft.
Gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO ist bei Neu-, Zu- und Umbauten, soweit nicht die §§ 62, 62a und 70a zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken.
Die im Tatzeitraum auf dem Grundstück der E GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, vorgenommenen Bauarbeiten erforderten eine Baubewilligung bzw. war hiefür eine Einreichung gemäß § 70a BO im Rahmen des vereinfachten Baubewilligungsverfahrens erforderlich. Eine Einreichung gemäß § 70a BO wurde von der E GmbH nicht vorgenommen.
Der Beschwerdeführer behauptet, es sei eine Baubewilligung aus dem Jahre 1994 vorgelegen.
§ 74 BO regelt die Gültigkeitsdauer der Baubewilligungen. Demnach werden Baubewilligungen gemäß § 70 leg. cit. unwirksam, wenn nicht binnen vier Jahren vom Tag ihrer Rechtskraft gerechnet mit der Bauführung begonnen oder der Bau nicht innerhalb von vier Jahren nach Baubeginn vollendet wird. In begründeten Ausnahmefällen kann die Bauvollendungsfrist verlängert werden, wenn öffentliche Rücksichten nicht entgegenstehen.
Eine Verlängerung der Bauvollendungsfrist ist im Beschwerdefall nicht erfolgt.
Fest steht, dass zwar innerhalb der vierjährigen Baubeginnsfrist mit den im Jahre 1994 bewilligten baulichen Maßnahmen begonnen wurde, die im Tatzeitraum ausgeführten baulichen Maßnahmen wurden jedoch innerhalb der Bauvollendungsfrist nicht abgeschlossen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erblicken, wenn die belangte Behörde davon ausging, dass die im Jahre 1994 erteilte Baubewilligung hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen baulichen Maßnahmen erloschen ist.
Auch der Beschwerdeführer hat bezüglich der ihm zur Last gelegten Bauausführungen keinen Antrag auf Durchführung eines vereinfachten Baubewilligungsverfahrens gemäß § 70a BO eingebracht. Sein Antrag gemäß § 70 BO vom 17. Februar 2004 war von der Baubehörde im Tatzeitraum noch nicht erledigt.
Mit einem Bau darf gemäß § 72 BO - soweit nicht § 62 oder § 70a zur Anwendung kommt - erst dann begonnen bzw. darf der Bau nur weiter geführt werden, wenn die erstinstanzliche Baubewilligung gegenüber dem Bauwerber und jenen Personen, die spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen gemäß § 134 Abs. 3 leg. cit. erhoben haben, rechtskräftig ist oder wenn die zweitinstanzliche Baubewilligung gegenüber dem Bauwerber rechtskräftig ist.
Der Beschwerdeführer konnte im Tatzeitraum nicht davon ausgehen, dass eine Baubewilligung vorlag, weil über das Ansuchen um Baubewilligung gemäß § 70 Abs. 2 BO durch schriftlichen Bescheid zu entscheiden ist. Anhaltspunkte dafür, dass ein mündlicher Bescheid erlassen worden wäre, bietet weder der Akteninhalt noch das durchgeführte Verfahren.
Der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bauherrin hat daher die Durchführung von Baumaßnahmen beauftragt, ohne dass eine entsprechende baubehördliche Bewilligung vorlag. Ihn trifft die strafrechtliche Verantwortung (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 4. Juli 2000, Zl. 96/05/0253, und vom 28. April 2006, Zl. 2005/05/0091). Täter einer eigenmächtigen Bauführung ist - von hier nicht in Betracht kommenden Fällen einer Bauführerbestellung abgesehen (siehe beispielsweise das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 28. April 2006) -
der Bauherr, also derjenige, über dessen Auftrag und für dessen Rechnung der Bau ausgeführt wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. August 1995, Zl. 94/05/0245). Dass ein Bauführer bestellt worden wäre, wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet.
Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, das von der belangten Behörde als erwiesen angenommene Verschulden als nicht zutreffend anzusehen. Gemäß § 60 Abs. 1 BO bedarf es vor Beginn der Bauführung der Bewilligung durch die Baubehörde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. August 1995, Zl. 95/05/0183, BauSlg. 166). Insofern das Vorbringen des Beschwerdeführers dahin gedeutet werden könnte, dass er einen verantwortlich Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG bestellt habe, ist darauf hinzuweisen, dass er diesbezüglich dartun hätte müssen, dass eine solche Bestellung zu einem Zeitpunkt erfolgte, der vor Begehung der Tat liegt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2001, Zl. 99/05/0116). Selbst sein Vorbringen vor den Strafbehörden kann jedoch nicht als eine solche Bestellung eines verantwortlich Beauftragten gedeutet werden.
Bei diesem Ergebnis bedurfte es auch keiner Ergänzung des Strafverfahrens. Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 20. Februar 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005050295.X00Im RIS seit
27.03.2007Zuletzt aktualisiert am
28.03.2012