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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ABGB §176 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der MP in H, vertreten durch Dr. Gerhard Koller, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Friedrich-Schmidt-Platz 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 4. April 2005, Zl. III-36/04, betreffend amtswegige Abmeldung gemäß § 15 Meldegesetz, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Kinder N, geboren 16. Februar 1994, und des F, geboren 21. Dezember 1995. Die Ehe der Beschwerdeführerin mit dem Vater der beiden minderjährigen Kinder wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes R vom 29. Mai 2000, GZ. 1 C 48/00x, rechtskräftig geschieden. Anlässlich der Scheidung haben die Eltern vereinbart, dass die Obsorge für die beiden Kinder der Beschwerdeführerin alleine zukommen soll. Diese Vereinbarung wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes G vom 10. Dezember 2001, GZ. 1 P 32/01i, pflegschaftsgerichtlich genehmigt.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes R vom 25. September 2003, GZ.1 P 37/02d, wurde für die beiden genannten minderjährigen Kinder "die Maßnahme der vollen Erziehung durch Unterbringung in einer stationären Einrichtung der freien Jugendwohlfahrt angeordnet" und "gemäß § 12 Abs. 1 AußStrG (...) der sofortige Vollzug dieses Beschlusses angeordnet". In der Begründung dieses Beschlusses wurde u.a. ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin mit den beiden Kindern im Februar 2002 in den Bezirk R zurückgekehrt sei und von ihr eine Betreuung durch das Jugendamt in Zusammenarbeit mit der Erziehungsberatungsstelle, einer Familienhelferin und dem Kinderschutz in I angenommen worden sei. Der Vater der beiden Minderjährigen habe zwischenzeitig einen Antrag auf Obsorge und Einräumung eines Besuchsrechtes gestellt. Seit dem Frühjahr bestehe zwischen den Kindern und dem Vater ohne Wissen der Mutter ein regelmäßiger Kontakt. Am 6. September 2003 seien beide Kinder von der Mutter weg- und zum Vater gelaufen. Nach der Rückkehr der Kinder zur Beschwerdeführerin sei die mj. N neuerlich am 10. September 2003 weggelaufen; sie lebe seither bei ihrem Vater. Der mj. F sei bei der Mutter geblieben.
Die Bezirkshauptmannschaft R (Referat Jugendwohlfahrt) habe den Antrag auf Anordnung einer Maßnahme der vollen Erziehung durch Fremdunterbringung der beiden Kinder gestellt. Diese Maßnahme sei zu bewilligen gewesen. Unabdingbar sei, dass N aus dem Einflussbereich des Vaters herausgeholt werde. Darüber hinaus sei es zum Wohl beider Kinder auch erforderlich, dass diese akut aus dem Spannungsfeld der Eltern entfernt würden und ihnen eine geordnete und ruhige Lebenssituation geboten werde. Das Wohl beider Kinder erfordere es, dass sie fremd untergebracht würden.
Den Rekursen der beiden Elternteile wurde mit Beschluss des Landesgerichtes X vom 16. Oktober 2003, GZ. 52 R 100/03t, teilweise Folge gegeben und der Beschluss des Bezirksgerichtes R vom 25. September 2003 in der Weise abgeändert, dass er zu lauten hat:
"Für N und F L. wird die Maßnahme der vollen Erziehung durch Unterbringung in einer stationären Einrichtung ... - als vorläufige Maßnahme - angeordnet."
Begründend führte das Rekursgericht aus, dass die vom Erstgericht gesetzte Maßnahme nur eine vorläufige sein könne, bis die für eine endgültige Entscheidung notwendige Sachverhaltsgrundlage geschaffen werde. Bei gerichtlichen Verfügungen, die auf die Entziehung oder Einschränkung der Obsorge eines der beiden Elternteile abzielen (§§ 176 Abs. 1 und 2, 176 a und b ABGB), sei in erster Linie auf die Interessen des betroffenen Kindes (das "Kindeswohl") und dessen potenzielle Beeinträchtigung abzustellen. Seien die Interessen des Kindes durch eine auch nur objektive Nichterfüllung oder Vernachlässigung elterlicher Pflichten gefährdet, könne bei entsprechend schwer wiegendem Anlass nicht nur die vollständige Entziehung der Obsorge vom betroffenen, nachlässigen Elternteil und dessen Überbindung auf den Jugendwohlfahrtsträger, sondern auch die Entziehung nur des elterlichen Rechts auf Pflege und Erziehung durch Entfernung des Kindes aus seiner bisherigen Umgebung bei den Eltern, die Übertragung dieser Rechte oder der Obsorge insgesamt auf den Jugendwohlfahrtsträger und schließlich die Unterbringung des Kindes in einem Internat, Kinderheim, SOS-Kinderdorf oder bei einer Pflegefamilie verfügt werden. Die Entziehung oder Einschränkung der Obsorge im Sinne der § 176 ff ABGB sei demnach dann geboten, wenn der die Kinder betreuende Elternteil seine Erziehungspflichten vernachlässige, seine Erziehungsgewalt missbrauche oder den Erziehungsaufgaben nicht gewachsen sei. Die desolaten Zustände in der Wohnung der Beschwerdeführerin seien erwiesen. Es erscheine dringend geboten, die beiden minderjährigen Kinder aus dieser Umgebung und der gesamten Situation heraus zu bringen, um ihnen eine gedeihliche Entwicklung zu ermöglichen.
Die beiden Kinder befinden sich seit 24. September 2003 (N) bzw. 27. Oktober 2003 (F) auf Grund dieser Entscheidungen nicht mehr bei der Mutter (Beschwerdeführerin).
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes R vom 15. Jänner 2004, GZ. 1 P 37/02d, wurde die Obsorge der beiden minderjährigen Kinder im Teilbereich der gesetzlichen Vertretung der Beschwerdeführerin entzogen und dem Land Y, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft R, Referat Jugendwohlfahrt, übertragen.
Mit Schreiben vom 18. Jänner 2004 teilte der Vater der beiden minderjährigen Kinder dem Bürgermeister der Gemeinde H mit, es bestehe der Verdacht, dass die Beschwerdeführerin die beiden Kinder an ihrer Wohnadresse in H, H-Straße gemeldet habe; die beiden Kinder seien jedoch auf Grund des Beschlusses des Landesgerichtes X fremd untergebracht.
Mit Schreiben vom 26. Februar 2004 wurde die Beschwerdeführerin vom Bürgermeister der Gemeinde H aufgefordert, die Berichtigung der Meldedaten bezüglich der beiden minderjährigen Kinder binnen zwei Wochen vorzunehmen, widrigenfalls die Abmeldung von Amts wegen vorgenommen würde.
Da die Beschwerdeführerin dagegen Einwendungen erhoben hat, wurden die beiden minderjährigen Kinder der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde H vom 9. April 2004 gemäß § 15 Meldegesetz 1991 von Amts wegen von der Adresse H, H-Straße 207, abgemeldet. Begründend führte der Bürgermeister der Gemeinde H aus, dass die Anmeldung der beiden minderjährigen Kinder durch die Beschwerdeführerin am 7. Jänner 2004 erfolgt sei. Eine gemeinsame Unterkunftnahme an dieser Adresse habe jedoch nicht erfolgen können, da die beiden minderjährigen Kinder seit 19. November 2003 in einer entsprechenden Einrichtung in D aufhältig seien.
Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 11. November 2004 abgewiesen.
Der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Ihrem gesamten Vorbringen in der Beschwerde zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, dass keine amtswegige Abmeldung ihrer beiden minderjährigen Kinder von der Unterkunft in der Gemeinde H vorgenommen werde.
Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Aus nachstehenden Erwägungen ist die Beschwerdeführerin zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde nicht berechtigt:
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Voraussetzung für die Beschwerdelegitimation ist demnach die Behauptung des Beschwerdeführers, durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung dargelegt, dass sich eine Beschwerde trotz der Behauptung des Beschwerdeführers, in einem Recht verletzt worden zu sein, dennoch als unzulässig erweist, wenn die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch den in Beschwerde gezogenen Bescheid nicht besteht (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 23. April 1996, Zl. 94/05/0021).
Gemäß § 7 Abs. 1 Meldegesetz 1991, BGBl. Nr. 9/1992, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 505/1994, trifft die Meldepflicht den Unterkunftnehmer.
Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen trifft die Meldepflicht für einen Minderjährigen, wem dessen Pflege und Erziehung zusteht. Nimmt ein Minderjähriger nicht bei oder mit einem solchen Menschen Unterkunft, trifft die Meldepflicht den Unterkunftgeber.
Gemäß § 15 Abs. 1 Meldegesetz 1991 hat die Meldebehörde die An- oder Abmeldung, in den Fällen des § 11 Abs. 1 auch die Ummeldung von Amts wegen vorzunehmen, wenn sie vom Tod eines angemeldeten Menschen oder davon Kenntnis erhält, dass eine Meldung entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vorgenommen oder unterlassen wurde. Im Übrigen hat sie das Melderegister, soweit es unrichtige oder unvollständige Meldedaten enthält, zu berichtigen.
Gemäß Abs. 2 des § 15 Meldegesetz 1991 hat die Meldebehörde von einer beabsichtigten An-, Ab- oder Ummeldung von Amts wegen den Meldepflichtigen zu verständigen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Erhebt der Meldepflichtige gegen eine solche Maßnahme Einwendungen, so ist die An-, Ab- oder Ummeldung, falls die Einwendungen nicht berücksichtigt werden, mit Bescheid vorzunehmen.
Gemäß § 21 Abs. 2 ABGB sind Minderjährige Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben; haben sie das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet, so sind sie unmündig.
Die vom Bürgermeister der Gemeinde H mit Bescheid vom 9. April 2004 von Amts wegen abgemeldeten Kinder der Beschwerdeführerin sind minderjährig.
Jedenfalls mit Beschluss des Landesgerichtes X vom 16. Oktober 2003, mit welchem für die beiden minderjährigen Kinder die Maßnahme der vollen Erziehung durch Unterbringung in einer stationären Einrichtung angeordnet wurde, war der Beschwerdeführerin die Pflege und Erziehung der beiden minderjährigen Kinder bezüglich deren Unterkunftnahme entzogen. Diese Entscheidung des Landesgerichtes X stützte sich auf § 176 ABGB. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung schließt die gänzliche oder teilweise Entziehung der Pflege und Erziehung oder der Verwaltung des Vermögens des Kindes die Entziehung der gesetzlichen Vertretung in dem jeweiligen Bereich mit ein.
In der Beschwerde weist die Beschwerdeführerin selbst darauf hin, dass sie nicht Unterkunftgeberin war.
Die Beschwerde war daher wegen des Fehlens der Möglichkeit einer Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin, die ihre Legitimation ausschließlich auf ihre Stellung als gesetzliche Vertreterin (§ 7 Abs. 2 erster Satz Meldegesetz 1991) stützt, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 20. Februar 2007
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005050159.X00Im RIS seit
04.05.2007Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009