TE OGH 2001/10/11 8Ob105/01a

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Veröffentlicht am 11.10.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Dr. Wilhelm P*****, vertreten durch Dr. Christoph Schwab, Rechtsanwalt in Wels, und der Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei 1. Wilhelm P***** GmbH, *****, vertreten durch DDr. Manfred Nordmeyer, Rechtsanwalt in Wels, und 2. Dr. Stephan R*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Wilhelm P***** GmbH & Co KG und der Wilhelm P***** GmbH, *****, wider die beklagte Partei V***** AG, *****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen Erlöschens einer Forderung (Streitwert S 12,000.000,--), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 17. August 2000, GZ 3 R 50/00v-71, mit dem infolge Rekurses beider Parteien der Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 31. Dezember 1999 GZ 3 Cg 35/98a-51, in der Hauptsache bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die vom nunmehrigen Gemeinschuldner beklagte Bank gewährte am 31. 10. 1984 der Wilhelm P***** GmbH & Co KG einen Haftungskredit über S 12 Mio, für den sie in der Folge in Anspruch genommen wurde. Die beklagte Partei machte ua gegen den Gemeinschuldner S 12 Mio aus diesem Haftungskreditvertrag geltend, worüber am 30. 7. 1985 ein Anerkenntnisurteil erging.

Am 22. 10. 1985 wurde über das Vermögen des Klägers der Konkurs eröffnet.

Mit Beschluss vom 9. 2. 1989 schied das Konkursgericht den dem Gemeinschuldner gehörigen Hälfteanteil an einer näher bezeichneten Liegenschaft gemäß § 119 Abs 5 KO aus der Konkursmasse aus und überließ sie diesem zur freien Verfügung. Ob dieser Liegenschaft ist ein exekutives Zwangspfandrecht für die beklagte Partei aufgrund des Anerkenntnisurteiles über S 12 Mio einverleibt.Mit Beschluss vom 9. 2. 1989 schied das Konkursgericht den dem Gemeinschuldner gehörigen Hälfteanteil an einer näher bezeichneten Liegenschaft gemäß Paragraph 119, Absatz 5, KO aus der Konkursmasse aus und überließ sie diesem zur freien Verfügung. Ob dieser Liegenschaft ist ein exekutives Zwangspfandrecht für die beklagte Partei aufgrund des Anerkenntnisurteiles über S 12 Mio einverleibt.

Die beklagte Partei meldete im Konkurs des Klägers ua die Forderung von S 12 Mio sA sowie weitere Forderungen, für die der Kläger die Haftung als Bürge und Zahler übernommen hatte, aus Kontokorrentkrediten in der Gesamthöhe von S 35,494.928,37 sA an. Diese Forderungen hatte der damalige Masseverwalter zwar ursprünglich bestritten, aber am 25. 8. 1986 zur Gänze anerkannt; der Gemeinschuldner hat diese Forderung ausdrücklich bestritten.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Gemeinschuldner nach Modifizierung des Klagebegehrens ua es werde festgestellt, dass die Forderung der beklagten Partei gegen den Kläger aus dem Haftungskreditvertrag vom 31. 10. 1984, Konto 13.022.660, Haftungskonto-Nr 83.040.048 zur Gänze erloschen und getilgt sei.

Die beklagte Partei wandte ua unter Hinweis auf das anhängige Konkursverfahren mangelnde Aktivlegitimation ein.

Das Erstgericht wies die Klage zurück und hob das bisherige, diesen Punkt des Urteilsantrags betreffende Verfahren ab Anordnung der Klagszustellung als nichtig auf.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und ließ den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof wegen Vorliegens ausführlich begründeter Entscheidungen des Höchstgerichts nicht zu. Es meinte, wie schon das Erstgericht, dass Ausnahmen vom Gebot des § 1 KO nur dann möglich seien, wenn die Prozessführung durch den Gemeinschuldner den Interessen der Gläubiger nicht widerstreite, sondern an der Erhaltung der Masse diene. Mit der Führung eines Prozesses durch den Gemeinschuldner sei aber immer ein Prozesskostenrisiko für den Masse und damit eine Gefährdung der Interessen der Gläubiger verbunden, sofern nicht ausnahmsweise ein Dritter die Haftung für die Kosten übernommen habe.Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und ließ den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof wegen Vorliegens ausführlich begründeter Entscheidungen des Höchstgerichts nicht zu. Es meinte, wie schon das Erstgericht, dass Ausnahmen vom Gebot des Paragraph eins, KO nur dann möglich seien, wenn die Prozessführung durch den Gemeinschuldner den Interessen der Gläubiger nicht widerstreite, sondern an der Erhaltung der Masse diene. Mit der Führung eines Prozesses durch den Gemeinschuldner sei aber immer ein Prozesskostenrisiko für den Masse und damit eine Gefährdung der Interessen der Gläubiger verbunden, sofern nicht ausnahmsweise ein Dritter die Haftung für die Kosten übernommen habe.

Gegen diesen Beschluss des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Gemeinschuldners mit dem Antrag auf Abänderung dahingehend, dass der Beschluss der Vorinstanzen behoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen werde; hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungsantrag. In diesem außerordentlichen Revisionsrekurs wird wiederum nur auf die Kostenfrage eingegangen; die Rechtsprechung sei nicht einheitlich; aus der Entscheidung 8 Ob 161/97b = SZ 70/170 ergebe sich, dass die Masse kein Kostenrisiko treffen könne, wenn der Gemeinschuldner (zugunsten der Konkursmasse) Schadenersatzansprüche erhebe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Zutreffend ist, dass zur Zeit der Revisionsrekurserhebung zu den von der Klägerin aufgezeigten Problemen eine unklare und scheinbar widersprüchliche Judikatur vorhanden war, die den Revisionsrekurs zulässig machte, woran auch der Umstand nichts ändern kann, dass diese Unklarheiten zwischenzeitig durch die Entscheidung 8 Ob 263/00k vom 5. 7. 2001 umfassend, aber nicht im Sinn des Klägers gelöst wurden.

Im Rahmen dieses zulässigen Revisionsrekurses hatte der erkennende Senat in seiner Pflicht zur umfassenden rechtlichen Beurteilung den Umstand aufzugreifen, dass die Vorinstanzen - ebenso wie der klagende Gemeinschuldner - verkannten, dass die Klage nicht einen Aktivbestandteil der Masse, für den die von den Vorinstanzen angestellten Erwägungen gelten, sondern einen Passivbestandteil der Masse betrifft. Wenn auch zu diesem Problemkreis vor kurzem eine oberstgerichtliche Entscheidung (Entscheidung vom 24. 2. 2000, 8 Ob 247/99b = ZIK 2000/269) erging, ist es wegen der dort etwas anderen Fallkonstellation (Forderungsfeststellung eines Konkursgläubigers gegen die Konkursmasse eines bestreitenden Konkursgläubigers) geboten, hierauf näher einzugehen.

Gemäß § 8 Abs 1 KO scheiden der Anspruch oder die vom Aussonderungskläger beanspruchten Sachen aus der Konkursmasse aus, wenn der Masseverwalter den Eintritt in einen Rechtsstreit ablehnt, in dem der Gemeinschuldner Kläger ist oder in dem gegen den Gemeinschuldner der Anspruch auf Aussonderung nicht zur Konkursmasse gehöriger Sachen geltend gemacht wird. Wie der erkennende Senat in der genannten Entscheidung ausführt, spricht § 8 Abs 1 KO nur ungenau von der Klägerrolle des Gemeinschuldners. Das Gesetz meint aber Aktivprozesse ohne Rücksicht darauf, wer Kläger ist. Der Terminus "Aktivprozess" bezieht sich hier nicht auf die prozessuale Stellung des Gemeinschuldner, sondern meint Prozesse über einen Aktivbestandteil der Konkursmasse, gleichgültig ob der Anspruch von oder gegen den Gemeinschuldner verfolgt wird (Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht 465 FN 4, Schubert in Konecny/Schubert, Komm Insolvenzgesetze Rz 2 zu § 8 KO; Jelinek in Kralik-FS 233 f; Kilger/K. Schmidt KO17 Anm 1c, 4 zu § 10). Ein Aktivprozess kann somit auch vorliegen, wenn der Gemeinschuldner Beklagter ist, so etwa im Fall der negativen Feststellungsklage, mit der geltend gemacht wird, ein zur Masse gehöriger Anspruch sei erloschen oder bestehe nur eingeschränkt.Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, KO scheiden der Anspruch oder die vom Aussonderungskläger beanspruchten Sachen aus der Konkursmasse aus, wenn der Masseverwalter den Eintritt in einen Rechtsstreit ablehnt, in dem der Gemeinschuldner Kläger ist oder in dem gegen den Gemeinschuldner der Anspruch auf Aussonderung nicht zur Konkursmasse gehöriger Sachen geltend gemacht wird. Wie der erkennende Senat in der genannten Entscheidung ausführt, spricht Paragraph 8, Absatz eins, KO nur ungenau von der Klägerrolle des Gemeinschuldners. Das Gesetz meint aber Aktivprozesse ohne Rücksicht darauf, wer Kläger ist. Der Terminus "Aktivprozess" bezieht sich hier nicht auf die prozessuale Stellung des Gemeinschuldner, sondern meint Prozesse über einen Aktivbestandteil der Konkursmasse, gleichgültig ob der Anspruch von oder gegen den Gemeinschuldner verfolgt wird (Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht 465 FN 4, Schubert in Konecny/Schubert, Komm Insolvenzgesetze Rz 2 zu Paragraph 8, KO; Jelinek in Kralik-FS 233 f; Kilger/K. Schmidt KO17 Anmerkung 1c, 4 zu Paragraph 10,). Ein Aktivprozess kann somit auch vorliegen, wenn der Gemeinschuldner Beklagter ist, so etwa im Fall der negativen Feststellungsklage, mit der geltend gemacht wird, ein zur Masse gehöriger Anspruch sei erloschen oder bestehe nur eingeschränkt.

Umgekehrt kann es aber auch sein, dass die Klage einen Passivbestandteil der Masse betrifft, wenn wie hier der klagende Gemeinschuldner zugunsten der Masse die Feststellung begehrt, dass die Forderung gegen ihn und gegen die Konkursmasse infolge Tilgung erloschen sei.

Nur in dem Aktivbestandteile der Masse betreffenden Umfang können durch die Ablehnung des Eintritts des Masseverwalters in den Rechtsstreit dem Gemeinschuldner Prozesse überlassen werden, während in Prozessen, die einen Passivbestandteil der Masse betreffen, eine Aufforderung an den Masseverwalter, sich über den Eintritt in das Verfahren zu erklären, nicht zu ergehen hat und der Masseverwalter den Eintritt in den anhängigen Prozess nicht verweigern kann (Schubert aaO Rz 31).

Die Befugnisse des Gemeinschuldners sind daher in einem einen Passivbestandteil der Masse betreffenden Verfahren - auch wenn § 6 Abs 1 KO ebenfalls ungenau nur von Passivprozessen spricht -, gleichgültig, ob der Anspruch von oder gegen den Gemeinschuldner verfolgt wird, gemäß § 3 KO dergestalt beschränkt, dass Rechtshandlungen des Gemeinschuldners und damit auch Klagen gegenüber den Konkursgläubigern unwirksam sind; die Konkursmasse erhält ex lege ein vertretungsbefugtes und zur Vertretung auch verpflichtetes Organ in der Person des Masseverwalters; dieser hat für Prozesse, die wie hier einen Passivbestandteil der Masse betreffen (der Gemeinschuldner begehrt die Feststellung, dass die Konkursforderung eines Gläubigers erloschen und getilgt sei) ein Prozessführungsmonopol (vgl Schubert aaO Rz 13 zu § 6), welches nicht auf den Gemeinschuldner übergehen kann, weil eine Ausscheidung eines Passivums gemäß § 119 Abs 5 KO nicht in Betracht kommt.Die Befugnisse des Gemeinschuldners sind daher in einem einen Passivbestandteil der Masse betreffenden Verfahren - auch wenn Paragraph 6, Absatz eins, KO ebenfalls ungenau nur von Passivprozessen spricht -, gleichgültig, ob der Anspruch von oder gegen den Gemeinschuldner verfolgt wird, gemäß Paragraph 3, KO dergestalt beschränkt, dass Rechtshandlungen des Gemeinschuldners und damit auch Klagen gegenüber den Konkursgläubigern unwirksam sind; die Konkursmasse erhält ex lege ein vertretungsbefugtes und zur Vertretung auch verpflichtetes Organ in der Person des Masseverwalters; dieser hat für Prozesse, die wie hier einen Passivbestandteil der Masse betreffen (der Gemeinschuldner begehrt die Feststellung, dass die Konkursforderung eines Gläubigers erloschen und getilgt sei) ein Prozessführungsmonopol vergleiche Schubert aaO Rz 13 zu Paragraph 6,), welches nicht auf den Gemeinschuldner übergehen kann, weil eine Ausscheidung eines Passivums gemäß Paragraph 119, Absatz 5, KO nicht in Betracht kommt.

Aus diesem Grundkonzept des Gesetzes folgt, dass die Stellungnahmen des Gemeinschuldners konkursintern ohne Bedeutung sind (§ 109 Abs 2 KO). Nachträgliche Änderungen können zwar berücksichtigt und das Erlöschen anerkannter Forderungen mit negativer Feststellungsklage oder negativen Feststellungsanträgen geltend gemacht werden und sind im Verteilungsverfahren zu berücksichtigen; hiezu sind aber ebenfalls nur der Masseverwalter und jeder bestreitungsberechtigte Gläubiger (§ 109 Abs 1 KO) befugt (Konecny in Konecny/Schubert aaO Rz 11 f zu § 109 KO mwN). Der Gemeinschuldner kann derartige Umstände erst nach Aufhebung des Konkurses geltend machen.Aus diesem Grundkonzept des Gesetzes folgt, dass die Stellungnahmen des Gemeinschuldners konkursintern ohne Bedeutung sind (Paragraph 109, Absatz 2, KO). Nachträgliche Änderungen können zwar berücksichtigt und das Erlöschen anerkannter Forderungen mit negativer Feststellungsklage oder negativen Feststellungsanträgen geltend gemacht werden und sind im Verteilungsverfahren zu berücksichtigen; hiezu sind aber ebenfalls nur der Masseverwalter und jeder bestreitungsberechtigte Gläubiger (Paragraph 109, Absatz eins, KO) befugt (Konecny in Konecny/Schubert aaO Rz 11 f zu Paragraph 109, KO mwN). Der Gemeinschuldner kann derartige Umstände erst nach Aufhebung des Konkurses geltend machen.

Hieraus folgt, dass die Vorinstanzen das Klagebegehren des Gemeinschuldners im Ergebnis zu Recht, allerdings mit unzutreffender Begründung zurückgewiesen und das bisherige Verfahren in diesem Punkt des Urteilsantrags für nichtig erklärt haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 40,, 50 ZPO.

Anmerkung

E63380 08A01051

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0080OB00105.01A.1011.000

Dokumentnummer

JJT_20011011_OGH0002_0080OB00105_01A0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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