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L85003 Straßen Niederösterreich;Norm
AVG §56;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/05/0117Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde 1. der Elisabeth Pröglhof, 2. des Othmar Pröglhof, 3. der Herta Rebasso,
4. des Mag. Erich Rebasso, 5. des Ing. Mag. Gerhard Stehno, 6. der Dipl. Ing. Margit Steiner, 7. des Dipl. Ing. Alfred Steiner und
8. des Ing. Andreas Rebasso, alle in Klosterneuburg, alle vertreten durch Mag. Erich Rebasso, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 3/Mezzanin, gegen die Bescheide der Niederösterreichischen Landesregierung je vom 8. November 2004,
1. Zl. RU1-SB-8/001-2004 (betrifft die erst- bis siebentbeschwerdeführenden Parteien, hg. Zl. 2005/05/0116) und
2. Zl. RU1-SB-8/003-2004 (betrifft die achtbeschwerdeführende Partei, hg. Zl. 2005/05/0117), betreffend Parteistellung in einem Straßenbaubewilligungsverfahren nach der NÖ Straßengesetz 1999 (mitbeteiligte Partei: Land Niederösterreich, Landesstraßenverwaltung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 31. Jänner 2003 stellte die NÖ Landesregierung (Abteilung RU4-Umweltrecht) fest, dass die geplante Errichtung einer Umfahrung Klosterneuburg im Zuge der Landesstraße B 14 Klosterneuburger Straße nicht dem UVP-G 2000 unterliege und für dieses Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen sei; als Rechtsgrundlage wurde § 3 Abs. 7 UVP-G, BGBl. Nr. 697/1993 idF BGBl. I Nr. 50/2002, angeführt (siehe das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2005, Zl. 2004/05/0317).
Mit Bescheid vom 30. April 2004 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung der mitbeteiligten Partei die straßenbehördliche Bewilligung zum Bau der "Umfahrung Klosterneuburg" der B 14 von km 5.215,28 bis 8.825,94 (Einmündung in die LH 118) im Gemeindegebiet von Klosterneuburg unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen (Spruchteil 1.). Unter Spruchteil 2a. wurden u.a. die Anträge der erst-, fünft-, sechst- und siebentbeschwerdeführenden Parteien auf Zuerkennung der Parteistellung im straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren abgewiesen, unter Spruchpunkt 2b. wurden u.a. die Einwendungen und Anträge der beschwerdeführenden Parteien mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Unter Spruchteil 3. wurden u.a. die Anträge der erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien auf Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung als unzulässig zurückgewiesen.
Spruchteil 1. stützte die Behörde auf die §§ 9 und 12 NÖ Straßengesetz 1999, Spruchteil 2. auf die §§ 9, 12 und 13 NÖ Straßengesetz 1999 und Spruchteil 3. auf die §§ 9, 10, 38 Abs. 6 NÖ Naturschutzgesetz 2000.
Zu Spruchpunkt 1. führte die Behörde in der Begründung abschließend aus, dass auf Grund der schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der dem Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen nach ausreichender Prüfung der Kriterien des § 9 NÖ Straßengesetz 1999 die Bewilligung zu erteilen gewesen sei. Zu Spruchpunkt 2a. und 2b. dieses Bescheides führte die belangte Behörde im hier interessierenden Umfang aus, dass die den beschwerdeführenden Parteien gehörenden Grundstücke keine gemeinsame Grundgrenze mit der vom geplanten Straßenbau beanspruchten Fläche aufwiesen und deren Grundstücke auch nicht durch die Baumaßnahmen in Anspruch genommen würden. Die beschwerdeführenden Parteien seien nicht Parteien im Sinne des § 13 NÖ Straßengesetz 1999; ihre Einwendungen seien daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Zu Spruchpunkt 2c. wurde ausgeführt, dass die subjektivöffentlichen Rechte der Parteien des straßenrechtlichen Bewilligungsverfahrens in § 13 Abs. 2 NÖ Straßengesetz 1999 abschließend geregelt seien.
Die dagegen erhobenen Berufungen der beschwerdeführenden Parteien wurden mit den nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheiden der NÖ Landesregierung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde stellte fest, dass die Grundstücke der beschwerdeführenden Parteien keine gemeinsame Grundgrenze mit der vom geplanten Straßenbau beanspruchten Fläche aufwiesen; ihnen komme daher im gegenständlichen Verfahren keine Parteistellung zu. Das NÖ Straßengesetz 1999 räume niemandem ein subjektives Recht auf Immissionsschutz ein. Gemäß § 10 NÖ Straßengesetz 1999 sei der Schutz des Nachbarn gegen die Beeinträchtigung durch den zu erwartenden Verkehr auf Landesstraßen von Amts wegen zu beachten.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 28. Februar 2005, B 1585/04-3 und B 1595/04-3, die Behandlung der Beschwerde gegen die Bescheide der NÖ Landesregierung vom 8. November 2004 abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten. Der Verfassungsgerichtshof führte in der Begründung des Ablehnungsbeschlusses u.a. aus:
"...
Die Abgrenzung der Nachbarrechte in § 13 Abs. 2 (gemeint offenbar NÖ Straßengesetz 1999) ist aus dem Blickwinkel des Straßenrechts sachlich und die Regelung der Parteistellung demgemäß folgerichtig; ein Vergleich mit anderen Rechtsbereichen ist unzulässig.
..."
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die beschwerdeführenden Parteien durch die in Beschwerde gezogenen Bescheide der belangten Behörde "in ihrem Recht auf Durchführung eines Verfahrens nach den Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes und Zuerkennung der Parteienrechte nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verletzt".
Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und führen aus, in dem den bekämpften Bescheiden zu Grunde liegenden Verfahren sei über ein Straßenbauprojekt nach den Bestimmungen des NÖ Straßengesetzes abgesprochen worden. Bei dem eingereichten Projekt handle es sich allerdings in eindeutig erkennbarer Weise lediglich um Teile eines größeren Gesamtbauprojektes, welches offensichtlich abschnittsweise eingereicht worden sei, um die Anwendbarkeit des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes zu unterlaufen. Es liege auf der Hand, dass ein erkennbar unvollständiges Projekt eingereicht und die straßenbehördliche Bewilligung hinsichtlich bloß eines Teiles eines Gesamtprojektes, welches in seiner Gesamtheit nach der Bestimmung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes zu verhandeln gewesen wäre, erteilt worden sei. Die belangte Behörde habe es verabsäumt, die für die Anwendung der richtigen Verfahrensgesetze, nämlich des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes, relevanten Feststellungen zu treffen; es sei demnach ein unvollständiges Verfahren abgeführt worden und den beschwerdeführenden Parteien zu Unrecht die Parteistellung aberkannt worden.
Die belangte Behörde legte Aktenteile des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das von der mitbeteiligten Partei eingereichte Straßenbauvorhaben betrifft eine Landesstraße im Sinne des § 5 NÖ Straßengesetz 1999.
Gemäß § 9 Abs. 1 NÖ Straßengesetz 1999 sind die Straßen nach §§ 5 und 6 so zu planen, zu bauen und zu erhalten, dass sie dem zu erwartenden Verkehr entsprechen, bestehende Natur- und Kunstdenkmale, Nationalparks sowie Schutzgebiete nach dem NÖ Naturschutzgesetz 2000, LGBl. 5500, schonen, dem Landschafts- und Ortsbild angepasst werden, keine Wasserschon- und - schutzgebiete beeinträchtigen, für die Umwelt verträglich sind und die bestehende Aufschließung von Grundstücken erhalten.
Gemäß § 10 Abs. 1 leg. cit. darf die Vorsorge des Straßenerhalters gegen Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den zu erwartenden Verkehr auf Landesstraßen durch geeignete Baumaßnahmen auf Grund der im Gesetz näher genannten Voraussetzungen erfolgen. Ist eine Vorsorge nach Abs. 1 im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg wirtschaftlich nicht vertretbar, dürfen gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen Grundflächen eingelöst werden, wenn die Nutzung eines darauf bestehenden Gebäudes durch den zu erwartenden Verkehr unzumutbar beeinträchtigt wird.
Gemäß § 12 Abs. 1 NÖ Straßengesetz 1999 ist für den Bau und die Umgestaltung einer Straße nach den §§ 5 und 6 eine Bewilligung der Behörde erforderlich. Die Parteistellung in diesem Verfahren ist in § 13 NÖ Straßengesetz 1999 geregelt. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
"§ 13
Parteien
(1) Im Bewilligungsverfahren nach § 12 haben Parteistellung:
1.
der Antragsteller (Straßenerhalter),
2.
die Eigentümer und sonstige dinglich Berechtigte der Grundstücke, auf denen die Baumaßnahmen durchgeführt werden sollen,
3. die Eigentümer der Grundstücke, die an die für den geplanten Straßenbau beanspruchten Flächen angrenzen (Nachbarn),
4. die Straßenerhalter von Verkehrsflächen, die an die geplante Straße angeschlossen werden sollen,
5. die Mitglieder einer Beitragsgemeinschaft (§ 17 Abs. 1).
Nachbarn (Z. 3) dürfen nur die in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen.
(2) Subjektiv-öffentliche Rechte sind
1. die Standsicherheit und Trockenheit der Bauwerke der Nachbarn;
2. die ausreichende Belichtung der Hauptfenster der zulässigen Gebäude der Nachbarn;
3. die Gewährleistung eines bestehenden Zuganges oder einer bestehenden Zufahrt zum Grundstück, wenn das Grundstück über keinen anderen Zugang oder keine andere Zufahrt auf der Straße erreicht werden kann."
Die beschwerdeführenden Parteien bekämpfen nicht die Feststellung der belangten Behörde, dass sie keine Eigentümer von Grundstücken sind, die an die für den geplanten Straßenbau beanspruchten Flächen angrenzen.
Die belangte Behörde ging somit zutreffend davon aus, dass die Beschwerdeführer keine Nachbarn im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 3 NÖ Straßengesetz 1999 sind.
Die beschwerdeführenden Parteien behaupten auch nicht, Eigentümer oder sonstige dinglich Berechtigte der Grundstücke, auf denen die Baumaßnahmen durchgeführt werden sollen, zu sein. Eine Parteistellung im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 2 NÖ Straßengesetz 1999 scheidet daher im gegenständlichen Straßenbewilligungsverfahren ebenfalls aus.
Die beschwerdeführenden Parteien machen auch nicht geltend, dass aus einer anderen Bestimmung des NÖ Straßengesetzes 1999 eine Parteistellung und damit ein im Verfahren zu berücksichtigendes subjektiv-öffentliches Recht für sie ableitbar sei.
Durch die mit dem angefochtenen Bescheid der mitbeteiligten Partei erteilten Bewilligung können daher die beschwerdeführenden Parteien in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 28. Juni 2005, Zl. 2003/05/0089, zum Kärntner Straßengesetz 1991).
Auch in dem von den beschwerdeführenden Parteien vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Recht können die Beschwerdeführer nicht verletzt sein.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem vorzitierten Beschluss vom 28. Juni 2005 unter Hinweis auf die weitere Rechtsprechung schon dargelegt hat, ergibt sich aus dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 nicht, dass Nachbarn kraft ihrer Rechtsstellung als potentielle Parteien eines Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens das Recht hätten, in Verfahren nach (landesgesetzlichen) Vorschriften, die ausschließlich den Schutz öffentlicher Interessen bezwecken und Nachbarn demgemäß keine Parteistellung einräumen, mit Erfolg geltend zu machen, es hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung stattfinden müssen.
In seinem das gegenständliche Straßenbauvorhaben betreffenden Erkenntnis vom 20. Dezember 2005, Zl. 2004/05/0317, hat der Verwaltungsgerichtshof näher begründet ausgeführt, dass im Straßenbaubewilligungsverfahren nach dem NÖ Straßengesetz 1999 von Nachbarn das Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht gerügt werden kann. In dem auf § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 gestützten Bescheid der NÖ Landesregierung vom 31. Jänner 2003 wurde festgestellt, dass für das gegenständlichen Projekt keine UVP erforderlich ist. Die rechtskräftige Feststellung nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 bewirkt die Bindung für alle relevanten Verfahren. Diese Bindungswirkung eines Feststellungsbescheides erlaubt es gerade nicht, in den folgenden Materienverfahren den Feststellungsbescheid einer inhaltlichen Prüfung zu unterziehen. Bei der Beurteilung, ob ein Teil eines größeren Vorhabens für sich allein als Vorhaben im Sinne des § 3 Abs. 1 UVP-G 2000 zu beurteilen ist, ist die Sachlichkeit der Abgrenzung maßgeblich. Auf eventuell sonst noch beabsichtigte Vorhaben kommt es, so lange noch kein konkretes Projekt vorliegt, nicht an. Sollten künftige Vorhaben die festgestellten Schwellenwerte überschreiten, bieten die Bestimmungen der §§ 3 Abs. 2 bzw. 3a UVP-G Abhilfe.
Da auf Grund der obigen Ausführungen die beschwerdeführenden Parteien in den von ihnen geltend gemachten subjektivenöffentlichen Rechten nicht verletzt wurden, waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Das Kostenbegehren der nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen mitbeteiligten Partei bezüglich des Schriftsatzaufwandes war abzuweisen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. September 2005, Zl. 2003/15/0104).
Wien, am 20. Februar 2007
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Straßenrecht Wegerecht Kraftfahrwesen StraßenverkehrEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005050116.X00Im RIS seit
04.04.2007