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66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;Norm
BSVG §2 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des K in A, vertreten durch Dr. Hans Ambros, Rechtsanwalt in 1224 Wien, Bureschgasse 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 11. Mai 2004, Zl. 226.050/1-3/04, betreffend Pflichtversicherung in der Kranken- und Unfallversicherung nach dem BSVG (mitbeteiligte Partei:
Sozialversicherungsanstalt der Bauern in 1031 Wien, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom 22. Jänner 2003 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer vom 19. Jänner 2001 "bis laufend" in der Kranken- und Unfallversicherung der Bauern pflichtversichert sei; weiters wurde mit diesem Bescheid über die Beitragspflicht sowie den Beitragszuschlag entschieden.
Dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch hat der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 5. November 2003 keine Folge gegeben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer gegen den Einspruchsbescheid hinsichtlich der Versicherungspflicht erhobene Berufung abgewiesen.
Nach Darlegung des Verfahrensganges sowie der gesetzlichen Grundlagen für die Versicherungspflicht für Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb führen, stellt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid fest, dass der Beschwerdeführer mit Kaufvertrag vom 19. Jänner 2001 weinbaugenutzte Flächen im Ausmaß von 0,2958 ha erworben habe. Er ernte auf diesen Flächen rund 700 kg Trauben pro Jahr, wovon ca. 500 l Wein produziert und ein Teil als Traubensaft getrunken werde. Eine Neufeststellung des Einheitswertes durch das Finanzamt für den 9., 18. und 19. Bezirk in Wien und die Stadtgemeinde Klosterneuburg sei nicht erfolgt. Vom Finanzamt sei am 7. Mai 2002 ein Wertfortschreibungsbescheid für den Vorbesitzer erstellt und der Hektarsatz für die weinbaugenutzten Flächen mit S 70.334,-- festgesetzt worden.
In rechtlicher Hinsicht setzte sich die belangte Behörde unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit der vom Beschwerdeführer relevierten Frage auseinander, ob ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 des Landarbeitsgesetzes 1984 vorliege. Weiters begründete die belangte Behörde den ihrer Entscheidung zu Grunde gelegten Einheitswert.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erklärte, von einer Gegenschrift Abstand zu nehmen und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass er keinen landwirtschaftlichen Betrieb führe und es sich bei der Bearbeitung seines Weingartens um eine reine Freizeittätigkeit handle, ist ihm entgegenzuhalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht darauf ankommt, dass eine Gewinnerzielung beabsichtigt oder möglich ist; die Bewirtschaftung eines den Mindesteinheitswert erreichenden oder übersteigenden land(forst)wirtschaftlichen Betriebes unterliegt auch dann der Pflichtversicherung, wenn die Tätigkeit bloß als Hobby betrieben wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2002, Zl. 2001/08/0201 m.w.H.). Im Hinblick auf den von der belangten Behörde festgestellten Einheitswert und die auch vom Beschwerdeführer eingestandene tatsächliche Bewirtschaftung des Weingartens (wenn auch nur für den Eigenbedarf) ist daher vom Vorliegen eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes i.S.d. § 2 BSVG auszugehen.
2. Auch dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach im Hinblick auf den Einheitswert des Weingartens kein Anwendungsfall des § 23 Abs. 3 lit. f BSVG vorliege, kann beim derzeitigen Verfahrensstand nicht gefolgt werden. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid - in Übereinstimmung mit der Aktenlage - einen dem Beschwerdeführer zurechenbaren Einheitswert vom 19. Jänner 2001 bis 31. Dezember 2001 in der Höhe von EUR 1.707,73 (ungerundet) und ab dem 1. Juli 2002 in der Höhe von EUR 1.511,89 (ungerundet) festgestellt, sodass die maßgebende Versicherungsgrenze erreicht wurde.
3. Die Beschwerde erweist sich jedoch aus einem vom Beschwerdeführer zwar nicht geltend gemachten, im Rahmen des Beschwerdepunktes jedoch aufzugreifenden Grund als berechtigt:
Zwar hat die belangte Behörde - wie schon die erst- und zweitinstanzliche Behörde - die örtliche Lage der verfahrensgegenständlichen Flächen nicht ausdrücklich festgestellt, doch ergibt sich aus den Verwaltungsakten, insbesondere bereits aus dem Meldeformblatt der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, dass sich die verfahrensgegenständlichen Grundflächen, die allein Grundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht des Beschwerdeführers waren, zur Gänze im Bundesland Wien befinden.
Gemäß § 182 BSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes - mit einzelnen, hier nicht relevanten Maßgaben - die Bestimmungen des 7. Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes. Nach der danach heranzuziehenden Bestimmung des § 413 Abs. 1 ASVG entscheidet der Landeshauptmann über die bei ihm eingebrachten Einsprüche und Vorlageanträge. Die örtliche Zuständigkeit des Landeshauptmannes richtet sich gemäß § 414 ASVG nach dem für die Versicherung maßgebenden Beschäftigungsort, bei selbständig Erwerbstätigen nach dem Standort des Betriebes, bei dem Fehlen eines solchen nach dem im Inland gelegenen Wohnsitz (Sitz) der einschreitenden Partei, wenn auch dieser mangelt, nach dem Sitz der belangten Partei; ist die belangte Partei ein Versicherungsträger, bei dem Landesstellen (Landesgeschäftsstellen) eingerichtet sind, so ist der Standort der Landesstelle (Landesgeschäftsstelle) maßgebend.
Die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG betrifft Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984 führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird. Bei diesen Personen handelt es sich somit um selbständig Erwerbstätige im Sinne des § 414 ASVG, sodass sich die örtliche Zuständigkeit des Landeshauptmannes nach dem Standort des Betriebes richtet.
Im vorliegenden Fall wäre daher der Landeshauptmann von Wien zur Entscheidung über den vom Beschwerdeführer erhobenen Einspruch gegen den Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt zuständig gewesen.
Die belangte Behörde hätte daher aus Anlass der Berufung des Beschwerdeführers den Bescheid der Einspruchsbehörde wegen Unzuständigkeit beheben müssen. Indem sie dies unterlassen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 21. Februar 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004080123.X00Im RIS seit
03.05.2007