Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Bernhard Kessler, Rechtsanwalt in Dornbirn, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Rudolf Cordy (Cornelius) R*****, bisher vertreten durch Dr. Hans-Jörg Vogl, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei Dr. Clemens W*****, vertreten durch Dr. Rainer Welte, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen 200.000 S sA infolge ordentlicher Revisionen der klagenden und der beklagten Partei gegen das mit Beschluss vom 19. Februar 2001, GZ 4 R 314/00h-30, berichtigte Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 19. Dezember 2000, GZ 4 R 314/00h-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 21. September 2000, GZ 8 Cg 255/98x-22, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Über das Vermögen des Klägers wurde - nach der neuerlichen Vorlage der Akten zur Entscheidung über die Revisionen der Streitteile nach einer Zwischenerledigung durch das Berufungsgericht - mit Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 27. 9. 2001 zur AZ 13 S 139/01k der Konkurs eröffnet und Dr. Bernhard Kessler, Rechtsanwalt in Dornbirn, zum Masseverwalter bestellt. Der Inhalt des Konkursedikts wurde am 27. 9. 2001 in der Insolvenzdatei öffentlich bekannt gemacht.
Der nunmehrige Gemeinschuldner begehrte den Zuspruch von 200.000 S sA. Er brachte vor, er habe den Beklagten "mit der Durchführung der treuhändischen Abwicklung und grundbücherlichen Durchführung" des Kaufvertrags vom 25. 4. 1996 beauftragt. Ein Teilbetrag des Kaufpreises von 200.000 S sei "Zug um Zug bei Unterschriftsleistung" zahlbar gewesen. Die vereinbarten Zahlungsvoraussetzungen seien erfüllt gewesen. Der Verkäufer habe ihn - den Gemeinschuldner - daher "zusehends unter Druck" gesetzt, 200.000 S zu zahlen. Der Kaufpreis sei durch Bankkredit finanziert worden. Die Kreditgeberin habe sich des Beklagten als Treuhänder bedient. Nach deren Auftrag hätte der Beklagte den Treuhanderlag von 400.000 S nur nach Einverleibung de Eigentumsrechts der Käufer und einer Höchstbetragshypothek über 520.000 S zur Sicherung der Forderung der Kreditgeberin weiterleiten dürfen. Der Beklagte habe jedoch "der Weiterleitung eines Teilkaufpreises von 200.000 S an den Verkäufer zugestimmt", obgleich es an der Erfüllung der Voraussetzungen nach der Treuhandabrede gemangelt habe. Vor "Weiterleitung" des Betrags von 200.000 S an den Verkäufer habe er - der Gemeinschuldner - sich beim Beklagten fernmündlich erkundigt, ob ihm etwas "passieren könne, wenn er vor Einverleibung im Grundbuch den Kaufpreis" (teilweise) zahle. Der Beklagte habe darin "keine Probleme" gesehen und erklärt, es könne "nichts passieren". Er habe also "keine Bedenken" geäußert und der "vorzeitigen Weiterleitung des Kaufpreises zugestimmt". Anlässlich dieses Telefonats sei daher vereinbart worden, dass er - der Gemeinschuldner - "den Teilkaufpreis von 200.000 S an den Verkäufer" zahle und der Beklagte diesen Betrag "aus dem Treuhanderlag" auf sein - des Gemeinschuldners - Girokonto überweise, was in der Folge auch geschehen sei. Die Verbücherung des Kaufvertrags sei schließlich gescheitert. Der Verkäufer habe sich mit dem Geld "abgesetzt". Er sitze "irgendwo in Europa in einem Gefängnis" und sei vollkommen vermögenslos. Die Treuhandabrede zwischen der Kreditgeberin und dem Beklagten entfalte Schutzwirkungen zu Gunsten der Käufer. Der Beklagte habe durch die Verletzung seiner Pflichten als Treuhänder auch "schutzwürdige Interessen" des Gemeinschuldners "schuldhaft verletzt". Er sei für die treuwidrige Zahlung eines Kaufpreisteils von 200.000 S an den Verkäufer verantwortlich, habe doch die Kreditgeberin auf sein - des Gemeinschuldners - Girokonto keinen Zugriff, auf das der Beklagte 200.000 S vor Erfüllung der Treuhandbedingungen überwiesen habe. Es seien daher 200.000 S "durch treuwidrige Weiterleitung 'verschwunden'". Die Käufer hätten der Kreditgeberin den "fehlenden Treuhandbetrag" als "Kreditnehmer" ersetzt. Damit hätten sie deren "Garantieanspruch" gegenüber dem Beklagten erfüllt und diese Forderung eingelöst. Die Zahlung habe den Beklagten ferner bereichert, weil er von einer Schuld entlastet worden sei. Der Treuhandauftrag der Käufer an den Beklagten sei "nachträglich konkludent auf 400.000 S abgeändert worden". Die Treuhandaufträge der Kreditgeberin und der Käufer hätten einander widersprochen. Der Beklagte hätte das Treuhandanbot der Kreditgeberin deshalb gar nicht annehmen dürfen. Er habe aus allen diesen Gründen für den geltend gemachten Schaden wegen Verletzung seiner "Treuhand(garantie)verpflichtung" und "überhaupt nach dem Gesetz" einzustehen. Der auf den anderen Käufer entfallende Ersatzanspruch sei ihm - dem Gemeinschuldner - abgetreten worden.
Der Beklagte wendete ein, den ihm von den Käufern erteilten Treuhandauftrag durch "Rückzahlung des erhaltenen Treuhanderlages vollständig erfüllt" zu haben. In deren Vermögen sei dadurch kein Schaden eingetreten. Dieser Treuhandauftrag habe sich nur auf die "Abwicklung des Restkaufpreises" von 200.000 S bezogen. Die Treuhandabrede mit der Kreditgeberin entfalte keine Schutzwirkung zu Gunsten der Käufer. Am 28. 6. 1996 sei der Gemeinschuldner in seiner Kanzlei erschienen und habe ihm eine Bestätigung des Verkäufers vom 25. 6. 1996 über die Zahlung von 200.000 S vorgelegt. Außerdem habe der Gemeinschuldner eine schriftliche Vollmacht des Verkäufers vom gleichen Tag vorgewiesen, wonach er berechtigt sei, die "restlichen 200.000 S" nach Kaufvertragserfüllung zu beheben. Der Gemeinschuldner habe ihn am 28. 6. 1996 als Machthaber des Verkäufers aufgrund dessen Zahlungsbestätigung und angesichts des Umstands, dass "der Treuhandauftrag tatsächlich nur über 200.000 S" gelautet habe, aufgefordert, aus dem Treuhanderlag der Kreditgeberin einen Teilbetrag von 200.000 S umgehend auf ein vom Gemeinschuldner angegebenes Konto "zurückzuüberweisen". Er sei dieser Aufforderung am 3. 7. 1996 nachgekommen. Ein Telefonat, in dem er dem Gemeinschuldner zugesichert habe, dass nichts passieren könne, habe nicht stattgefunden. Einer Weiterleitung von 200.000 S an den Verkäufer habe er nicht zustimmen müssen, sei doch dieser Teil des Kaufpreises schon mit der Unterfertigung des Kaufvertrags fällig gewesen. Auf diese Absprache habe er keinen Einfluss gehabt. Er sei erst später Treuhänder geworden und habe als solcher eine Zahlung von 200.000 S annehmen müssen, sei doch der Kaufvertrag damals schon unterfertigt gewesen. Der "Restkaufpreis" von 200.000 S sei in der Folge "samt Zinsen abzüglich Spesen" an die Kreditgeberin zurücküberwiesen worden. Er habe weder eine Schutznorm verletzt noch sittenwidrig gehandelt. Die Käufer hätten nur einen Anspruch über 200.000 S gegen den Verkäufer. Da die Kreditgeberin alles zurückerhalten habe, mangle es an einem Anspruch aus der Treuhandabrede. Ein solcher Anspruch könne daher von den Käufern auch nicht eingelöst worden sein. Im Vermögen der Käufer sei wegen seines Verhaltens kein Schaden eingetreten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil in der Fassung seiner berichtigten Entscheidung dahin ab, dass es den Beklagten schuldig erkannte, 66.666,67 S sA zu bezahlen. Das Klagemehrbegehren von 133.333,33 S sA wies es ab. Ferner sprach das Berufungsgericht zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Diesen Ausspruch änderte es mit Beschluss vom 19. 2. 2001, mit dem das Berufungsurteil im Spruch und in den Entscheidungsgründen auch berichtigt wurde, dahin ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei, weil "die Parteien in ihren Anträgen auf Zulassung der Revision gemäß § 508 Abs 1 ZPO begründet dargelegt" hätten, dass die Zulassungsvoraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO erfüllt seien.Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil in der Fassung seiner berichtigten Entscheidung dahin ab, dass es den Beklagten schuldig erkannte, 66.666,67 S sA zu bezahlen. Das Klagemehrbegehren von 133.333,33 S sA wies es ab. Ferner sprach das Berufungsgericht zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Diesen Ausspruch änderte es mit Beschluss vom 19. 2. 2001, mit dem das Berufungsurteil im Spruch und in den Entscheidungsgründen auch berichtigt wurde, dahin ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei, weil "die Parteien in ihren Anträgen auf Zulassung der Revision gemäß Paragraph 508, Absatz eins, ZPO begründet dargelegt" hätten, dass die Zulassungsvoraussetzungen nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO erfüllt seien.
Rechtliche Beurteilung
Der erkennende Senat hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs 1 KO traten die Rechtswirkungen der Konkurseröffnung hier am 28. 9. 2001 ein. Das Klagebegehren, über das die Vorinstanzen absprachen, hat - nach dem geltend gemachten Klagegrund - offenkundig keinen Anspruch gemäß § 6 Abs 3 KO zum Gegenstand. Das Verfahren ist demnach gemäß § 7 Abs 1 KO seit 28. 9. 2001 unterbrochen.Gemäß Paragraph 2, Absatz eins, KO traten die Rechtswirkungen der Konkurseröffnung hier am 28. 9. 2001 ein. Das Klagebegehren, über das die Vorinstanzen absprachen, hat - nach dem geltend gemachten Klagegrund - offenkundig keinen Anspruch gemäß Paragraph 6, Absatz 3, KO zum Gegenstand. Das Verfahren ist demnach gemäß Paragraph 7, Absatz eins, KO seit 28. 9. 2001 unterbrochen.
Die Konkurseröffnung ist auch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen. Verfällt eine der Parteien nach Erhebung der Revision in Konkurs, so ist über dieses Rechtsmittel, sofern - wie hier - ein zur Konkursmasse gehöriges Vermögen Gegenstand des Rechtsstreits ist, während der gemäß § 7 Abs 1 KO eingetretenen Unterbrechung nicht zu entscheiden; die Akten sind vielmehr vorerst unerledigt dem Erstgericht zurückzustellen. Die Ausnahmebestimmung des § 163 Abs 3 ZPO, wonach durch die nach Schluss einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert wird, ist nicht im Wege einer ausdehnenden Auslegung auch auf Entscheidungen über die vor der Konkurseröffnung eingebrachten Rechtsmittel, über die in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden ist, anzuwenden (1 Ob 266/99w mwN).Die Konkurseröffnung ist auch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen. Verfällt eine der Parteien nach Erhebung der Revision in Konkurs, so ist über dieses Rechtsmittel, sofern - wie hier - ein zur Konkursmasse gehöriges Vermögen Gegenstand des Rechtsstreits ist, während der gemäß Paragraph 7, Absatz eins, KO eingetretenen Unterbrechung nicht zu entscheiden; die Akten sind vielmehr vorerst unerledigt dem Erstgericht zurückzustellen. Die Ausnahmebestimmung des Paragraph 163, Absatz 3, ZPO, wonach durch die nach Schluss einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert wird, ist nicht im Wege einer ausdehnenden Auslegung auch auf Entscheidungen über die vor der Konkurseröffnung eingebrachten Rechtsmittel, über die in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden ist, anzuwenden (1 Ob 266/99w mwN).
Die Akten sind somit dem Erstgericht zurückzustellen.
Anmerkung
E63684 01AA1451European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:0010OB00145.01G.1022.000Dokumentnummer
JJT_20011022_OGH0002_0010OB00145_01G0000_000