TE OGH 2001/10/22 1Ob49/01i

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.10.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Schiemer, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Hans G. Mondel, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. F***** Gesellschaft mbH & Co KG, und 2. F***** Gesellschaft mbH, beide ***** vertreten durch Dr. Clement Achamer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen S 3,376.786,50 sA infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 14. November 2000, GZ 1 R 225/00a-112, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 28. Juni 2000, GZ 7 Cg 284/97b-107, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 32.055,60 (darin S 5.342,60 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist eine landwirtschaftliche Verarbeitungsgesellschaft, die im Eintragungsbuch des Allgemeinen Registers für landwirtschaftliche Verarbeitungsgesellschaften in Spanien eingetragen ist. Sie ist nach spanischem Recht rechts- und prozessfähig.

Die Erstbeklagte, deren einzige persönlich haftende Gesellschafterin die Zweitbeklagte ist, gründete als Tochtergesellschaft eine Gesellschaft mbH, an deren Stammkapital sie allein beteiligt ist und deren Unternehmensgegenstand im Zeitraum von September 1996 bis März 1997 der Handel mit Obst und Gemüse war. Mit Beschluss vom 7. 5. 1997 wurde über das Vermögen dieser Gesellschaft der Konkurs eröffnet.

Hintergrund der Firmengründung waren einerseits freie Lagerkapazitäten in den Räumlichkeiten der Beklagten, andererseits erwartete sich die Erstbeklagte Synergieeffekte. Das Tagesgeschäft sollte ein mit Dienstvertrag vom 1. 8. 1996 bestellter Geschäftsführer besorgen, der die spanische Sprache beherrschte und Kontakte zum spanischen Markt hatte. Ihm wurde der Sohn eines der Geschäftsführer der Zweitbeklagten als weiterer Geschäftsführer zur Seite gestellt.

Die Tochtergesellschaft der Erstbeklagten war Bestandnehmerin von deren Geschäfts- und Lagerräumlichkeiten. Die Unternehmen hatten dieselbe Anschrift, und man gelangte in das Büro der Tochtergesellschaft entweder durch das Magazin oder das Großraumbüro der Erstbeklagten. Diese folgte dem Geschäftsführer ihrer Tochtergesellschaft einen Schlüssel auch für ihre Büroräumlichkeiten aus; sie führte auch die Buchhaltung ihrer Tochtergesellschaft.

Im Oktober 1996 unternahmen einer der Geschäftsführer der Zweitbeklagten und der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten eine Reise nach Spanien, um dort Geschäftskontakte zu knüpfen. Über eine spanische Handelsagentur, die als Vermittlerin zwischen ausländischen Obst- und Gemüseimporteuren sowie spanischen Händlern auftritt, kamen die beiden Geschäftsführer mit der Klägerin in Kontakt. In der Folge stellte die Klägerin sowohl die Erstbeklagte als auch deren Tochtergesellschaft ihrer Exportversicherung vor. Diese erklärte sich lediglich bereit, Exportforderungen der Klägerin gegen die Erstbeklagte, nicht jedoch gegen die Tochtergesellschaft zu versichern. Das mit den Kontakten befasste Vorstandsmitglied der Klägerin erteilte daraufhin den Auftrag, der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten mündlich mitzuteilen, dass sich die Klägerin für die Erstbeklagte als Vertragspartnerin entschieden habe. Sämtliche Rechnungen müssten "über die Erstbeklagte laufen". Die Klägerin verlangte vom Geschäftsführer der Tochtergesellschaft, dass sämtliche Bestellungen von der Erstbeklagten aufgegeben werden. Etwaige telefonische Bestellungen des Geschäftsführers der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten müssten auf Briefpapier oder mit der Stampiglie der Erstbeklagten versehen schriftlich bestätigt werden.

Der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten ging in der Folge so vor, dass er für Auftragsbestätigungen zwar das Briefpapier der Erstbeklagten verwendete, die Bestätigungen selbst aber fallweise vom Faxgerät der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten aus versandte. Schriftliche Reklamationen, die ebenfalls mittels Fax versandt wurden, verfasste der Geschäftsführer auf dem Briefpapier der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten. Zahlungen wurden ausschließlich von der Tochtergesellschaft geleistet. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, dass diese Vorgangsweise von der Klägerin bemängelt worden wäre.

Die Klägerin richtete ihre gesamte Korrespondenz und ihre Rechnungen an die Erstbeklagte. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, ob die Klägerin aus "versicherungstechnischen Erwägungen" lediglich zum Schein mit der Erstbeklagten kontrahierte, der wahre Vertragspartner jedoch nach ihrem Willen die Tochtergesellschaft der Erstbeklagten sein sollte.

Der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten wurde stets von Österreich aus tätig. Er war von der Erstbeklagten nicht bevollmächtigt, in ihrem Namen Bestellungen zu tätigen. Dennoch gab er die Bestellungen im Namen der Erstbeklagten auf. Beweggrund dafür war, die von der Klägerin geforderten Bedingungen zur Erlangung des Versicherungsschutzes zu erfüllen. Der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten wollte dadurch die Lieferungen der Klägerin an die Tochtergesellschaft und deren Kunden erwirken. Er vertrat die Ansicht, dass die Klägerin im Versicherungsfall auf die Beklagten greifen könne.

Der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten besorgte sich bei Bedarf Stampiglie oder Briefpapier der Erstbeklagten aus deren angrenzenden Büroräumlichkeiten, in denen diese unversperrt aufbewahrt wurden. Eine Erlaubnis zur Verwendung ihrer Stampiglie und ihres Briefpapiers hatte die Erstbeklagte dem Geschäftsführer ihrer Tochtergesellschaft nicht erteilt.

Die Gesellschafter der Erstbeklagten waren davon unterrichtet, dass es der Tochtergesellschaft schwer fiel, ausländische Lieferanten zu finden, weil diesen in diesem Fall der Versicherungsschutz versagt wurde. Dieses Problem wurde wiederholt bei Besprechungen zwischen Organen der Erstbeklagten und deren Tochtergesellschaft erörtert. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, ob zwischen der Erstbeklagten und deren Tochtergesellschaft vereinbart worden war, dass die Erstbeklagte lediglich zum Schein mit der Klägerin kontrahieren sollte. Der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten wählte auch bei sieben weiteren ausländischen Lieferanten eine ähnliche Vorgangsweise, sodass diese ihre Rechnungen ausschließlich an die Erstbeklagte ausstellten.

Die spanische Handelsagentur stand in einem entgeltlichen Vertragsverhältnis sowohl zur Klägerin als auch zur Tochtergesellschaft der Erstbeklagten. Sie verrechnete ihre Provision der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten.

Die auf die Erstbeklagte ausgestellten Rechnungen der Klägerin wurden "generell" weder der Buchhaltung der Erstbeklagten noch jener der Tochtergesellschaft "im Original zugeführt". In die Buchhaltung der letzteren fanden lediglich vom Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten erstellte "interne Abrechnungen" Eingang. Zu Beginn der Geschäftstätigkeit der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten wurde zwischen diesen vereinbart, dass die gesamte im gemeinsamen "Firmengebäude" für die Tochtergesellschaft aus Spanien einlangende Post an diese weitergeleitet werde. Von dieser Vereinbarung wussten die Geschäftsführer der Erstbeklagten. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, ob sich diese Vereinbarung auch auf die an die Erstbeklagte adressierte Post beziehen sollte. Die an die Erstbeklagte adressierte Post wurde "zum Prokuristen" gebracht, der die Briefe öffnete und an die einzelnen Abteilungen verteilte. Die für die Auslandsrechnungen zuständige Mitarbeiterin der Erstbeklagten brachte die - teils bereits geöffneten - an die Erstbeklagte adressierten Briefe der Klägerin in das Büro der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten und übergab sie deren Geschäftsführer. Üblicherweise gehen Rechnungen an die Erstbeklagte durch die Hände der Geschäftsführer und kommen dann in die Buchhaltung. Die von der Klägerin an die Erstbeklagte gelegten Rechnungen wurden von dieser "nicht in ihre Buchhaltung aufgenommen". Ob diese Rechnungen den Geschäftsführern der Erstbeklagten vorgelegt wurden, kann nicht festgestellt werden.

Die Lieferungen der Klägerin ergingen im Auftrag des Geschäftsführers der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten zum Großteil direkt an deren Abnehmer. Nur wenige der bestellten Waren kamen ins Logistikzentrum der Erstbeklagten. Dann übernahm diese die Be- und Entladung. Vor Lieferung der Ware wurde zwischen dem Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten und der Klägerin jeweils eine Preisvereinbarung getroffen. Diese Vereinbarung bestätigte der Geschäftsführer jeweils unter Verwendung von Stampiglie und Briefpapier der Erstbeklagten, wobei er die Bestätigung vom Faxgerät der Tochtergesellschaft direkt an die Klägerin schickte. Vereinbarungsgemäß rechtfertigte die einwandfreie Belieferung die Gültigkeit der solchermaßen bestätigten "Abgangspreise". Die Klägerin stellte jeweils die vereinbarten Preise mit Datum des Tages des Abtransports der Ware aus Spanien an die Erstbeklagte in Rechnung. Auf den Rechnungen war stets die Umsatzsteueridentifikationsnummer der Erstbeklagten angeführt.

Angebliche Mängel der gelieferten Ware teilte der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten der Klägerin teils mündlich, teils schriftlich mit. Ob und für welche Lieferungen in welchem Ausmaß Mängelrügen erfolgten und gerechtfertigt waren, ob diese Rügen der Klägerin ordnungsgemäß zugingen, ferner ob sie durch Sachverständigenexpertisen belegt waren, konnte das Erstgericht ebensowenig feststellen wie, ob auf Grund der Mängelrügen "angepasste Preisvereinbarungen" getroffen wurden. Bei Fixgeschäften im internationalen Obst- und Gemüsehandel ist es "üblich", dass der Verkäufer, teilt ihm der Käufer Mängel mit, bezweifelt er indes die Mangelhaftigkeit, diesem den Auftrag erteilen kann, einen Sachverständigen zur Erstellung einer Expertise hierüber beizuziehen.

Die auf Grund mündlicher Anweisung durch den Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten hergestellten internen Abrechnungen über die Lieferungen der Klägerin stimmten zum Großteil nicht mit deren Rechnungen überein. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, dass die Klägerin ihren Rechnungen höhere als die vereinbarten Preise zu Grunde gelegt hatte. Zwischen den Geschäftsführern der Zweitbeklagten und dem Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten wurde besprochen, dass für die Buchhaltung nur die internen Abrechnungen herangezogen werden sollten.

Von der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten wurden an die Klägerin insgesamt DM 934.863,22 gezahlt. Die Zahlungen erfolgten teils mit Verrechnungsschecks über das DM-Konto der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten, teils durch Überweisungen, wobei auf den Überweisungsbelegen die Tochtergesellschaft der Erstbeklagten als Zahlerin aufschien.

Auf Grund wiederholter Mahnungen erschien am 3. 2. 1997 der Geschäftsführer der Klägerin mit einem Mitarbeiter der spanischen Handelsagentur am Sitz der Erstbeklagten, um mit dem Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten "behauptete Qualitätsmängel zu besprechen". Der Geschäftsführer der Klägerin begehrte die Zahlung von "ausständigen" DM 777.858,42, worauf die Tochtergesellschaft der Erstbeklagten eine "Anzahlung" von DM 300.000 leistete. Am nächsten Tag wurden die beiden Spanier im Sitzungssaal der Erstbeklagten von einem von deren Geschäftsführern empfangen, den der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten auf Spanisch als Firmenbesitzer vorstellte. Einige Tage später kam es zu einem Zusammentreffen eines weiteren Vertreters der Klägerin mit dem Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten am Sitz der Beklagten. In der Folge stellte die Tochtergesellschaft der Erstbeklagten einen Scheck über den von ihr errechneten aushaftenden Betrag von DM 16.292,50 aus, der von der Klägerin eingelöst wurde. Die Klägerin wertete diesen Scheck aber nicht als Kontoabgleichung, sondern begehrte weiterhin den ihrer Ansicht nach aushaftenden Betrag in der Höhe des Klagsbetrags.

Im März 1997 ging einem der Geschäftsführer der Zweitbeklagten ein zu seinen Handen adressiertes, in spanischer Sprache abgefasstes Schreiben zu. Ob dieses von der Klägerin oder von deren Exportversicherung stammte, konnte das Erstgericht nicht feststellen. Der Geschäftsführer veranlasste den Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten, auf dieses Schreiben zu reagieren. Mit Schreiben vom 13. 3. 1997 rügte die Klägerin, dass auf ihr wiederholtes Ersuchen, den ausständigen Betrag von DM 477.858,42 zu begleichen, lediglich ein Scheck über DM 16.292,50 ausgestellt worden sei. In dem vom Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten erstellten, von einem der Geschäftsführer der Zweitbeklagten unterfertigten Antwortschreiben wurde darauf verwiesen, dass die Tochtergesellschaft der Erstbeklagten der Klägerin eine Schlussabrechnung über sämtliche Sendungen habe zukommen lassen, und angekündigt, dass noch einmal das komplette Dossier betreffend die Tochtergesellschaft der Erstbeklagten an die Klägerin zugesendet werde.

In einem ebenfalls vom Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten aufgesetzten und von einem der Geschäftsführer der Zweitbeklagten unterfertigten Schreiben an die Exportversicherungsgesellschaft vom 18. 3. 1997 wurde auf die Übersendung des Schecks über DM 16.292,50 und darauf verwiesen, dass diese Summe der Abschlusssaldo für alle Sendungen sei, die zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten sowie deren Tochtergesellschaft durchgeführt worden seien.

Der Geschäftsführer der Zweitbeklagten, der die genannten Briefe unterfertigte, beherrscht die spanische Sprache nicht. Inwieweit er vom Inhalt der von ihm unterschriebenen Briefe unterrichtet war, konnte das Erstgericht nicht feststellen.

Unter Berücksichtigung der Anrechnung erfolgter Teilzahlungen der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten auf die jeweils ältesten Lieferungen haften für den Zeitraum 2. 1. 1997 bis 23. 1. 1997 noch Rechnungen im Gesamtbetrag von DM 477.858,42 unberichtigt aus.

Die Klägerin meldete ihre Forderung in der Höhe des Klagsbetrags im Konkurs der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten an und begründete dies damit, dass diese mit der Erstbeklagten die solidarische Haftung für die Zahlung der Forderung übernommen habe.

Am 26. 9. 1997 bezahlte die Versicherungsgesellschaft der Klägerin auf Grund des Versicherungsvertrags den Betrag von 34,130.060 Peseten. Die daraufhin vorgenommene vertragliche Zession der Ansprüche der Klägerin an die Versicherung wurde mit weiterem Vertrag vom 23. 6. 1999 außer Kraft gesetzt und die Versicherungsgesellschaft anerkannte, dass die Gläubigerstellung im Zusammenhang mit der eingeklagten Forderung gegenüber den beklagten Parteien nunmehr zur Gänze der Klägerin zukomme.

Mit ihrer am 16. 10. 1997 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Zahlung des Betrags von DM 477.858,42 sA im Wesentlichen mit der Begründung, die Erstbeklagte habe bei ihr Obst und Gemüse bestellt und dieses sei von ihr zu vereinbarten und angemessenen Preisen geliefert worden. Alle Rechnungen seien auf die Erstbeklagte ausgestellt und auch an diese übermittelt worden. Eine Bemängelung oder Rücksendung der Rechnungen sei nie erfolgt. Auf den Rechnungen habe sich auch die Umsatzsteueridentifikationsnummer der Erstbeklagten befunden. Mit Schreiben vom 19. 3. 1997 habe die Erstbeklagte gegenüber der Klägerin auch anerkannt, dass sie gemeinsam mit ihrer Tochtergesellschaft in Geschäftsbeziehung mit der Klägerin gestanden sei. Geschäftsgrundlage für die Beziehung zwischen den Parteien sei gewesen, dass die Erstbeklagte wegen des Versicherungsschutzes Vertragspartnerin werde und nicht ihre Tochtergesellschaft. Dies habe die Erstbeklagte auch gewusst. Es sei auch von einer Anscheinsvollmacht auszugehen, weil es der Tochtergesellschaft durch die Benützung der Räumlichkeiten der Erstbeklagten möglich gewesen sei, sich das Geschäftspapier und die Stampiglien der Erstbeklagten zu verschaffen. Das Klagebegehren werde aber auch auf den Titel des Schadenersatzes gestützt, weil die Erstbeklagte als Alleingesellschafterin ihrer Tochtergesellschaft wissentlich eine untüchtige Person als Geschäftsführer eingestellt habe, obwohl ihr bekannt gewesen sei, dass dieser bereits die Insolvenz eines Unternehmens herbeigeführt habe. Die Erstbeklagte habe es auch unterlassen, für eine ausreichende Kontrolle der Geschäfte ihrer Tochtergesellschaft zu sorgen. Die Beklagten, die die Buchhaltung der Tochtergesellschaft übernommen hätten, hätten den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buchführung widersprechend Buchungen auf Grund von intern ausgestellten Abrechnungen durchgeführt, die niedriger ausgefallen seien als die von der Klägerin in Rechnung gestellten Preise. Der Alleingesellschafter einer unterkapitalisierten Gesellschaft mbH, der dieser zu wenig Personal zur Verfügung stelle und das untüchtige Personal nicht überwache, von dem die Buchhaltung grob mangelhaft geführt werde und der Rechnungen ohne Mitteilung an den Rechnungsleger an diese Gesellschaft mbH weiterleite, verstoße gegen die Grundsätze ordentlicher Geschäftsführung auf gröbliche Weise und hafte für den Schaden. Die Klägerin sei zwar in den geltend gemachten Ansprüchen teilweise durch ihre Versicherung befriedigt worden, dadurch trete aber nach spanischem Recht keine Legalzession ein, sondern der Forderungsübergang sei der freien Parteienvereinbarung vorbehalten. Die Versicherungsgesellschaft habe mit Vertrag vom 23. 6. 1999 die Forderung gegen die Beklagten wiederum an die Klägerin zediert.

Die Beklagten wendeten ein, zwischen ihnen und der Klägerin hätten keine Geschäftsbeziehungen bestanden. Die Erstbeklagte habe bei der Klägerin niemals Waren bestellt, und es seien auch keine Lieferungen an die Beklagten oder deren Kunden erfolgt. Der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten habe bei der Geschäftsanbahnung mit der Klägerin vereinbart, dass die Rechnungen, um deren Versicherung zu ermöglichen, formal an die Erstbeklagte ausgestellt werden. Der Klägerin sei jedoch von allem Anfang an bekannt gewesen, dass die Erstbeklagte nur formaler Rechnungsadressat, niemals aber Vertragspartner gewesen sei. Der Klägerin sei klar gewesen, dass ihre Auftraggeberin nur die Tochtergesellschaft der Erstbeklagten sei. Es sei ihr auch bekannt gewesen, dass der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten nicht für diese selbst tätig werde. Die Frage der Anscheinsvollmacht stelle sich nicht, weil bei der Klägerin nicht der Eindruck entstanden sei, die Erstbeklagte sei als Vertragspartnerin aus dem Geschäft berechtigt oder verpflichtet. Deren Tochtergesellschaft habe nach Erhalt der Ware und Reklamation durch ihre Kunden ihre eigene interne Abrechnung erstellt und diese der Klägerin übermittelt, die sie unbeanstandet übernommen und damit akzeptiert habe. Erst gegen Ende der Geschäftsbeziehungen habe sich die Klägerin auf den Standpunkt gestellt, dass von ihren Rechnungsbeträgen auszugehen sei. Die Rechnungsdifferenzen ergäben sich daraus, dass die Klägerin einerseits willkürliche und den getroffenen Absprachen widersprechende überhöhte Lieferpreise zu Grunde gelegt und andererseits berechtigte Mängelrügen und Preisabzüge nicht berücksichtigt habe. Es sei zwar auf Grund der vom Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten mangelhaft und unzureichend geführten Geschäftsunterlagen unmöglich, im Einzelnen zu spezifizieren, bei welchen Lieferungen welche Mängel aufgetreten seien, tatsächlich hätten jedoch die an die Kunden gelieferten Waren Mängel aufgewiesen. Die Geschäftsführer der Zweitbeklagten hätten erst im Lauf des Monats April 1997 erfahren, dass der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten gelegentlich den Stempel der Erstbeklagten verwendet habe. Aus dem Schreiben an die Versicherungsgesellschft könne weder ein Anerkenntnis noch ein Schuldbeitritt noch eine Schuldübernahme abgeleitet werden, weil lediglich klargestellt worden sei, dass das Konto zwischen der Klägerin und der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten ausgeglichen sei. Die Klägerin sei auch nicht aktiv legitimiert, weil sie ihre Ansprüche zufolge Befriedigung an die Versicherungsgesellschaft zediert habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte aus, das hier anzuwendende UN-Kaufrecht regle nur den Abschluss von Kaufverträgen und die daraus resultierenden Rechte und Pflichten der Vertragsparteien. Fragen der Vertretung seien nach dem Internationalen Privatrecht jedes Forumstaates zu beurteilen. § 49 IPRG, der alle Vertretungsarten, somit auch die Anscheins- und Duldungsvollmacht erfasse, knüpfe gemäß seinem Abs 3 an den Gebrauchsort der Vollmacht an. Gebrauchsort sei jener Ort, an dem der Vertreter als solcher "tätig wird", d.h. in dem er Vertretungshandlungen tatsächlich vornimmt. Da der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten regelmäßig von Österreich aus tätig wurde, sei österreichisches Recht anzuwenden.

Die Erstbeklagte habe die gesamte Korrespondenz der Klägerin einschließlich deren Rechnungen widerspruchslos entgegengenommen und - für die Klägerin nicht erkennbar - an ihre Tochtergesellschaft weitergeleitet. Stempel und Briefpapier der Erstbeklagten seien für den Geschäftsführer der Tochtergesellschaft stets zugänglich gewesen. Die Besprechung zwischen dem Vertreter der Klägerin und dem Geschäftsführer der Tochtergesellschaft habe im Sitzungssaal der Erstbeklagten stattgefunden. Durch diese Vorgangsweise habe die Erstbeklagte Umstände geschaffen, die geeignet gewesen seien, bei der Klägerin den "begründeten Glauben zu erwecken", der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten sei zum Abschluss von Geschäften für die Erstbeklagte bevollmächtigt. Allerdings sei auch zu prüfen, ob die Klägerin aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers auf eine derartige Bevollmächtigung habe vertrauen dürfen. Schon anlässlich der Geschäftsreise eines der Geschäftsführer der Zweitbeklagten und des Geschäftsführers der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten nach Spanien sei es für sie ersichtlich gewesen, dass beide jeweils ein eigenes Unternehmen repräsentieren. Auch sei es für die Klägerin klar gewesen, dass großes Interesse an der Erhaltung der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten als Geschäftspartnerin der Klägerin bestanden habe. Der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten sei im Laufe seiner Geschäftstätigkeit gegenüber der Klägerin und gegenüber der spanischen Handelsagentur nicht nur im Namen der Erstbeklagten aufgetreten. Vielmehr seien Faxe für die Klägerin nachvollziehbar auch von der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten versendet worden. Ebenso habe der Geschäftsführer auf deren Briefpapier Mängelrügen verfasst. Zahlungen seien ausschließlich von der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten geleistet worden, die auch Vertragspartnerin der spanischen Handelsagentur gewesen sei. Da die Gutgläubigkeit desjenigen, der auf die Anscheinsvollmacht vertraue, bereits bei leichter Fahrlässigkeit verloren gehe, führten diese Umstände dazu, dass das begründete Vertrauen der Klägerin in die Berechtigung des Geschäftsführers der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten, für diese aufzutreten, fehle.

Die Prozessfähigkeit der Klägerin sei nach spanischem Recht zu bejahen: Gemäß § 43 des spanischen Gesetzes Nr 50/1980 könne der Versicherer nach Ersetzung des vom Versicherungsnehmer erlittenen Schadens die Rechte und Rechtsansprüche, die auf Grund des Schadensfalls dem Versicherungsnehmer zustehen, gegenüber den für den Schaden verantwortlichen Personen bis zur Höhe des Geleisteten ausüben. Gemäß § 1112 des Spanischen Bürgerlichen Gesetzbuchs könne der Versicherer dieses Recht weitergeben. Danach seien alle durch eine Verpflichtung erworbenen Rechte übertragbar, sofern nicht vertraglich Gegenteiliges festgelegt worden sei. Durch den Vertrag vom 23. 6. 1999 habe die Versicherung der Klägerin die durch Vertrag vom 26. 9. 1997 teilzedierte Forderung wieder rückzediert. Die Klägerin sei daher ab diesem Zeitpunkt legitimiert gewesen, den Klagsbetrag einzufordern.

Das Gericht zweiter Instanz änderte infolge Berufung der Klägerin dieses Urteil dahin ab, dass es die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig erkannte, der Klägerin S 3,361.987,23 sA zu zahlen; es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Das behauptete Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten sei nach UN-Kaufrecht zu beurteilen. Demnach richte sich auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Vertrag zustande komme, nach den maßgeblichen Bestimmungen dieses Übereinkommens. Zwar sei das Vorliegen von Anscheinsvollmacht nach § 49 IPRG zu beurteilen, so dass das Recht des "Gebrauchsortes", somit jenes Staates, in dem der Vertreter die Vertretungshandlung tatsächlich vornehme, maßgebend sei, doch richte sich die Frage, ob überhaupt in fremdem Namen gehandelt werde, nach den Regeln über die Auslegung von Erklärungen und somit nach dem UN-Kaufrecht, weil dort der Vertragsschluss ebenso geregelt sei wie die Auslegung von Willenserklärungen. Demnach sei bei der Ermittlung des Erklärungsinhalts vom Empfängerhorizont eines durchschnittlichen Verkehrsteilnehmers auszugehen. Ob ein "sonstiges Verhalten" Erklärungswert habe, hänge davon ab, ob eine vernünftige Person aus diesem Verhalten auf einen bestimmten Rechtsfolgewillen schließen müsse. Art 8 des UN-Kaufrechts stelle daher auf den subjektiven Empfängerhorizont ab. Der subjektive Erklärungswille sei nur dann maßgebend, wenn die andere Partei ihn kannte oder darüber nicht in Unkenntnis sein konnte, wenn er für sie also leicht erkennbar gewesen und ihr daher grob fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen sei. Aus den Feststellungen sei ableitbar, dass die Muttergesellschaft gewusst habe, ihrer Tochtergesellschaft fehle zu dem von ihr beabsichtigten Handel mit spanischen Lieferanten die erforderliche Bonität, weshalb es der Bürgschaft oder entsprechender Patronanzerklärungen der Muttergesellschaft bedurft habe. Die Klägerin habe sowohl dem Geschäftsführer der Zweitbeklagten als auch dem Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten gegenüber eindeutig erklärt, sie akzeptiere nur die Muttergesellschaft als Vertragspartnerin, weil sie nur dann Versicherungsdeckung für Forderungsausfälle erhalte. Tatsächlich seien vom Geschäftsführer der Tochtergesellschaft für die Auftragsbestätigungen Briefpapier und Stampiglie der Erstbeklagten verwendet worden. Die an diese adressierten Rechnungen seien an den Prokuristen der Erstbeklagten gelangt. Deren für Auslandsrechnungen zuständige Mitarbeiterin habe diese teilweise geöffneten Briefe der Klägerin an den Geschäftsführer der Tochtergesellschaft weiter gegeben. Die an die Erstbeklagte adressierten Rechnungen seien von dieser immer unbeanstandet geblieben. Von der Erstbeklagten sei nie der Einwand der mangelnden Passivlegitimation erhoben worden. Es sei daher davon auszugehen, dass die jeweiligen Kaufverträge zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten zustande gekommen seien, weil der Klägerin nicht habe auffallen müssen, dass die Muttergesellschaft mit diesen Bestätigungs- oder Auftragsschreiben keinen Rechtsgeschäftswillen verbinde. Vielmehr habe die Klägerin die Vorgangsweise der Erstbeklagten nur als Erfüllung ihres Verlangens nach Abschluss des Vertrags mit dieser deuten können, weil es sich schließlich um Geschäfte gehandelt habe, die der Betrieb des Unternehmens auch der Muttergesellschaft gewöhnlich mit sich bringe. Die Klägerin sei daher nicht verpflichtet gewesen, nachzufragen, ob der auf den schriftlichen Bestätigungen oder Bestellungen Unterfertigte auch tatsächlich für die Erstbeklagte vertretungsbefugt sei. Solange kein ungewöhnliches Geschäft vorliege, treffe den Dritten im Bereich des Handelsrechts in der Regel auch keine besondere Nachforschungspflicht. Es dürfe nicht übersehen werden, dass der Klägerin bekannt gewesen sei, es handle sich bei der von ihr abgelehnten Vertragspartnerin um eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Erstbeklagten, sodass sie gegen die Legalität der Verwendung von Briefpapier und Stampiglie der Erstbeklagten keinen Verdacht habe schöpfen müssen. Aus diesem Grund sei es auch unwesentlich, dass Zahlungen und Reklamationen durch die Tochtergesellschaft erfolgten; dies habe nur Anhaltspunkte für eine die Klägerin nicht berührende Absprache über die Awicklung im Innenverhältnis zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft geliefert. Die Klägerin habe nach dem gemäß Art 7 des UN-Kaufrechts heranzuziehenden Grundsatz von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Art des Geschäfts davon ausgehen dürfen, dass die schriftlichen Bestätigungen und Bestellungen tatsächlich von der Erstbeklagten herrührten.

Die Beklagten hätten den ihnen nach UN-Kaufrecht obliegenden Beweis des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Preisminderung nicht erbracht, weshalb das Klagebegehren auch der Höhe nach berechtigt sei, stehe doch fest, dass die in den Rechnungen angeführten Warenpreise den Vereinbarungen entsprochen hätten. Das als unechtes Fremdwährungsbegehren erhobene Leistungsbegehren sei von Amts wegen auf einen nach dem Euro-Umrechnungskurs zu ermittelnden Schilling-Betrag umzustellen, weil nach der Einführung des Euro nunmehr in fixer Umrechnungskurs bestehe.

Der Revision der Beklagten kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberinnen haben bereits in ihrer Berufungsbeantwortung als Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens gerügt (§ 473a Abs 1 letzter Satz ZPO), dass zwei von ihnen zur behaupteten mangelnden Aktivlegitimation der Klägerin geführte Zeugen nicht vernommen worden seien. Auf Grund deren Aussage hätte sich ergeben, dass der Exportversicherer zu keinem Zeitpunkt seine Forderung an die Klägerin rückabgetreten und auch sonst keine Verfügung getroffen habe, die die Klägerin zur Geltendmachung der Forderung ermächtigen könne. Das Berufungsgericht hat die Mangelhaftigkeit aus diesem Grund mit eingehender Begründung verneint (S 26 f des Berufungsurteils). Auch auf diesen Fall trifft die ständige Rechtsprechung, ein im Berufungsverfahren verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz könne in der Revision nicht mehr gerügt werden, zu (RIS-Justiz RS0106371; RS0043172; RS0042963).

Auf die in den Jahren 1996 und 1997 geschlossenen Kaufverträge ist grundsätzlich das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (UN-Kaufrecht) anzuwenden, weil ungeachtet der noch zu erörternden Vertretungsproblematik die Vertragsparteien jedenfalls ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten haben (Art 1 Abs 1 lit a UN-Kaufrecht). Die Republik Österreich ist diesem Übereinkommen mit 1. 1. 1989 (BGBl 96/1988), Spanien mit 24. 7. 1990 (BGBl 108/1991) beigetreten. Gemäß Art 4 UN-Kaufrecht werden darin ausschließlich der Abschluss des Kaufvertrages und die aus ihm erwachsenden Rechte und Pflichten des Verkäufers und des Käufers geregelt. Soweit in diesem Übereinkommen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, betrifft es insbesondere nicht die Gültigkeit des Vertrags oder einzelner Vertragsbestimmungen oder die Gültigkeit von Bräuchen (Art 4 lit a UN-Kaufrecht). Das Übereinkommen beschränkt sich somit bei Regelung des Vertragsabschlusses auf den äußeren Konsens (Art 14 ff UN-Kaufrecht). Darüber hinausgehende Fragen wie etwa jene der Geschäftsfähigkeit oder der Verjährung (hiezu: 4 Ob 1652/95; SZ 71/115) werden darin ebensowenig geregelt wie das Problem der Vollmacht (JBl 1997, 592; Posch in Schwimann ABGB2 Bd 5 Rz 11 zu Art 4 UN-Kaufrecht). Diese Frage ist nach dem kollisionsrechtlich berufenen nationalen Recht zu beurteilen (JBl 1997, 592; Karollus, UN-Kaufrecht, 41). Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht können daher auch die Bestimmungen der Art 7 und 8 UN-Kaufrecht für die hier streitentscheidende Frage der Rechtsscheinhaftung nicht nutzbar gemacht werden, wie sich bereits aus den genannten Bestimmungen selbst ergibt (Art 7: "Bei der Auslegung dieses Übereinkommens sind ...", Art 8: "Für die Zwecke dieses Übereinkommens sind ...").Auf die in den Jahren 1996 und 1997 geschlossenen Kaufverträge ist grundsätzlich das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (UN-Kaufrecht) anzuwenden, weil ungeachtet der noch zu erörternden Vertretungsproblematik die Vertragsparteien jedenfalls ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten haben (Art 1 Abs 1 lit a UN-Kaufrecht). Die Republik Österreich ist diesem Übereinkommen mit 1. 1. 1989 Bundesgesetzblatt 96 aus 1988,), Spanien mit 24. 7. 1990 Bundesgesetzblatt 108 aus 1991,) beigetreten. Gemäß Art 4 UN-Kaufrecht werden darin ausschließlich der Abschluss des Kaufvertrages und die aus ihm erwachsenden Rechte und Pflichten des Verkäufers und des Käufers geregelt. Soweit in diesem Übereinkommen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, betrifft es insbesondere nicht die Gültigkeit des Vertrags oder einzelner Vertragsbestimmungen oder die Gültigkeit von Bräuchen (Art 4 lit a UN-Kaufrecht). Das Übereinkommen beschränkt sich somit bei Regelung des Vertragsabschlusses auf den äußeren Konsens (Art 14 ff UN-Kaufrecht). Darüber hinausgehende Fragen wie etwa jene der Geschäftsfähigkeit oder der Verjährung (hiezu: 4 Ob 1652/95; SZ 71/115) werden darin ebensowenig geregelt wie das Problem der Vollmacht (JBl 1997, 592; Posch in Schwimann ABGB2 Bd 5 Rz 11 zu Art 4 UN-Kaufrecht). Diese Frage ist nach dem kollisionsrechtlich berufenen nationalen Recht zu beurteilen (JBl 1997, 592; Karollus, UN-Kaufrecht, 41). Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht können daher auch die Bestimmungen der Art 7 und 8 UN-Kaufrecht für die hier streitentscheidende Frage der Rechtsscheinhaftung nicht nutzbar gemacht werden, wie sich bereits aus den genannten Bestimmungen selbst ergibt (Art 7: "Bei der Auslegung dieses Übereinkommens sind ...", Art 8: "Für die Zwecke dieses Übereinkommens sind ...").

§ 49 IPRG steht zwar unter der Überschrift "Gewillkürte Stellvertretung", doch sind nach übereinstimmender Rechtsprechung, die insoweit Schwimann (Grundriss des IPR, 83 f; ders, Vollmacht und neues IPR, NZ 1981, 120; ders in Rummel ABGB2 Rz 1 zu § 49 IPRG) folgt, von dieser Anknüpfungsnorm alle Vertretungsarten, die nicht als gesetzliche oder organschaftliche Vertretung anzusehen sind, somit alle Vollmachtsvarianten einschließlich der Anscheins- und Duldungsvollmacht erfasst (SZ 56/7; 4 Ob 564/87; SZ 60/192 ua).

Gemäß § 49 IPRG sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Stellvertretung im Verhältnis des Geschäftsherrn und des Stellvertreters zum Dritten nach dem Recht zu beurteilen, das der Geschäftsherr in einer für den Dritten erkennbaren Weise bestimmt hat (Abs 1). Ist das anzuwendende Recht nicht bestimmt worden, so ist das Recht des Staates maßgebend, in dem der Stellvertreter nach dem dem Dritten erkennbaren Willen des Geschäftsherrn tätig werden soll; ist der Stellvertreter für mehrere Geschäfte bestellt worden, so nach dem Recht des Staates, in dem er nach dem dem Dritten erkennbaren Willen des Geschäftsherrn regelmäßig tätig werden soll (Abs 2). Versagt auch die in Abs 2 vorgesehene Anknüpfung, so ist das Recht des Staates maßgebend, in dem der Stellvertreter tätig wird (Abs 3). Bei der Vertretung ohne Vollmacht wird eine ausdrückliche oder schlüssige Bestimmung des maßgebenden Rechts durch den Geschäftsherrn oft nicht in Betracht kommen und ist daher die Anknüpfung an den Gebrauchsort der Vollmacht (§ 49 Abs 3 IPRG) vorzunehmen und somit das Recht des Staates maßgeblich, in dem der Stellvertreter tätig wird (SZ 60/192; Schwimann in Rummel, ABGB2 Rz 4 zu § 49 IPRG). Allerdings verweist Schwimann (aaO Rz 3) zutreffend darauf, dass mangels abweichenden tatsächlichen Geschäftsherrnwillens der regelmäßige Tätigkeitsort des "Vertreters" im Sinn des § 49 Abs 2 IPRG auch bei bestimmten Arten der Anscheinsvollmacht (zB "Ladenvollmacht") von Bedeutung sein kann. Es wäre nicht einzusehen, weshalb nicht bei einem vom Geschäftsherrn ihm zurechenbarer Weise hervorgerufenen Anschein der Vertretungsmacht der dem Dritten erkennbare Tätigkeitsort des Scheinvertreters zumindest dann maßgebend sein soll, wenn der Tätigkeitsort für das Entstehen des Rechtsscheins mitursächlich ist. Wird somit vom Geschäftsherrn der Anschein einer - hier einige Monate währenden - ständigen Vertretungstätigkeit hervorgerufen und tritt der Scheinvertreter dem Dritten gegenüber erkennbar in dieser Eigenschaft auf, so ist es gerechtfertigt, die Wirksamkeit der Vollmacht nach dem Recht des Ortes zu beurteilen, von dem aus diese Person regelmäßig handelt (ZfRV 1987, 53; SZ 68/181). Entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht ist daher die Frage, ob und bejahendenfalls, inwieweit der - nach den Feststellungen von Österreich aus tätig gewordene - Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten diese mittels Anscheinsvollmacht verpflichten konnte, nach österreichischem Recht zu beurteilen.

Die beklagten Handelsgesellschaften sind (Voll-)Kaufleute (§ 4 Abs 2, § 6 Abs 1 HGB), auf die unter anderem die Bestimmung des § 54 HGB anzuwenden ist. Die Handlungsvollmacht gemäß § 54 HGB ist jene Vollmacht, durch die jemand ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt wird. Die Handlungsvollmacht erstreckt sich auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt. Sie kann auch schlüssig erteilt werden (RIS-Justiz RS0014354); Gleiches gilt auch für die Vollmachtskundgabe (die bloße Wissenserklärung, es sei Vollmacht erteilt worden). Hiebei ist der objektive Erklärungswert des Verhaltens des Inhabers des Handelsgewerbes Dritten gegenüber maßgebend; interne, nach außen hin nicht verlautbarte Weisungen sind für die Beurteilung des Erklärungsverhaltens ohne Bedeutung (SZ 56/7; 8 Ob 77/00g ua). Es muss somit ein durch das Verhalten des Geschäftsherrn zurechenbar veranlasster bestimmter Sachverhalt vorliegen, der objektiv dazu geeignet ist, im Dritten den begründeten Glauben an die Berechtigung des Vertreters zum Abschluss des beabsichtigten Geschäfts zu erwecken (RIS-Justiz RS0019609; RS0020145).

Das Erstgericht konnte den Willen der Klägerin, lediglich aus "versicherungstechnischen Erwägungen", also zum Schein, mit der Erstbeklagten zu kontrahieren, während der wahre Vertragspartner deren Tochtergesellschaft sein sollte, nicht feststellen. Vielmehr erachtete es als erwiesen, dass die Klägerin dieser mitgeteilt hatte, sich für die Erstbeklagte als Vertragspartner entschieden zu haben. Sämtliche Rechnungen müssten "über die Erstbeklagte laufen", sämtliche Bestellungen von der Erstbeklagten stammen. Die geforderte Vorgangsweise wurde, wie dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt zu entnehmen ist, auch tatsächlich eingehalten. Sämtliche Warenlieferungen der Klägerin wurden von dieser an die Erstbeklagte fakturiert und von der Erstbeklagten ohne Beanstandung bei der Klägerin angenommen. Mündliche Bestellungen wurden auf dem Briefpapier und mit der Firmenstampiglie der Erstbeklagten bestätigt. Wenngleich - freilich vor allem bei kollektiver Vertretungsbefugnis - die Verwendung von Firmenpapier und Stampiglie allein für die Begründung des Vertrauens auf den äußeren Tatbestand nicht als ausreichend angesehen wird (RdW 1999, 138; 9 Ob 302/99y ua), fällt hier doch ganz besonders ins Gewicht, dass sämtliche an die Erstbeklagte übersandte Rechnungen von dieser unbeanstandet übernommen wurden, was der Klägerin den Schluss, ihre Vertragspartnerin sei auch in der Tat die Erstbeklagte, geradezu aufdrängte. Das gilt umso mehr, als die klagende Partei der beklagten Partei und deren Tochtergesellschaft bei Aufnahme der Geschäftsbeziehungen - unmissverständlich und unwidersprochen - bedeutete, sie werde wegen der nun dann ermöglichten Versicherbarkeit der Exportforderungen nur mit der ersteren kontrahieren. Bei dieser Sachlage tritt die Tatsache, dass Zahlungen durch die Tochtergesellschaft der Erstbeklagten geleistet wurden und die Übermittlung eines Teiles der Korrespondenz über deren Faxgerät erfolgte, an Bedeutung weit zurück, weil - wie bereits das Berufungsgericht zureffend darlegte - in dieser Vorgangsweise ohne weiteres eine interne Abwicklungsabsprache zum Ausdruck kommen konnte.

Dass gerade Organe der Erstbeklagten durch ihr Verhalten den Anschein der Bevollmächtigung des Geschäftsführers der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten durch diese hervorgerufen haben, bedarf keiner weiteren Erörterung. Sie haben dem Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten nicht nur den Zugriff auf Geschäftspapier und Firmenstampiglie ermöglicht, sondern vor allem die an sie adressierten Rechnungen unbeanstandet angenommen und, ohne dies der Klägerin mitzuteilen, an den Geschäftsführer der Tochtergesellschaft weitergeleitet. Die abgeschlossenen Geschäfte konnten aus der Sicht der Klägerin auch nicht als ungewöhnlich beurteilt werden. Gewöhnliche Geschäfte im Sinn des § 54 HGB müssen keine alltäglichen Geschäfte sein, es ist vielmehr lediglich darauf abzustellen, ob derartige Geschäfte in einem Handelsgewerbe, wie es die Beklagte betreibt, gewöhnlich vorkommen (SZ 56/7; SZ 61/10; 2 Ob 94/97f8 Ob 77/00g). Davon ist hier auszugehen, weil sich die mit der Klägerin abgeschlossenen Kaufverträge im Rahmen des Unternehmensgegenstandes der Erstbeklagten hielten und nicht hervorgekommen ist, dass sie für deren Verhältnisse ungewöhnlich große Verpflichtungen mit sich gebracht hätten.

Das Erstgericht hat im Rahmen seiner Feststellungen festgehalten, die Klägerin hätte bei gehöriger Sorgfalt Zweifel an der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten bzw an der Identität ihres Vertragspartners hegen müssen. Dabei handelt es sich in Wahrheit um keine Feststellung, sondern ist dieser aus verschiedenen Sachverhaltselementen gezogene Schluss der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen, sodass der Oberste Gerichtshof daran nicht gebunden ist. Wie bereits dargestellt, hat das Verfahren auch keinerlei Anhaltspunkte ergeben, die Zweifel an der Gutgläubigkeit der Klägerin in dem Sinne aufkommen ließen, dass sie vor der Realität die Augen verschlossen hätte. Selbst wenn man aber - wie das Erstgericht - aus der Tatsache, dass Teile der Korrespondenz über das Faxgerät der Tochtergesellschaft der Erstbeklagten weitergeleitet wurden und dass diese die Zahlungen auf die Rechnungen leistete, den Vorwurf der leichten Fahrlässigkeit ableiten wollte, müsste dieser gegenüber dem massiv in Richtung einer bestehenden Vertretungsmacht deutenden Verhaltens der Erstbeklagten zurücktreten. Trifft Fahrlässigkeit des Geschäftsherrn mit einer solchen des Dritten zusammen, so ist zu Lasten des Geschäftsherrn ein strengerer Maßstab anzulegen, obliegt es in erster Linie doch ihm, sich deutlich auszudrücken und eindeutig zu verhalten und kann der Dritte doch erst in zweiter Linie verpflichtet werden, fremde Willenserklärungen, die er grundsätzlich ohne besondere Nachforschungen hinnehmen darf, zu bezweifeln und zu überprüfen (Stanzl in Klang2 IV/1 785; HS 9098; HS 10.178; 1 Ob 694/78).

Da die Klägerin somit den sie treffenden (4 Ob 564/87) Beweis des Vorliegens eines Vertretergeschäfts infolge Anscheinsvollmacht erbracht hat, ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

Textnummer

E63525

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0010OB00049.01I.1022.000

Im RIS seit

21.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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