Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Lydia D*****, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger ua, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach Dr. Ludwig F*****, vertreten durch die erbserklärte Erbin Dr. Rosemarie P*****, vertreten durch Univ. Prof. Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 398.902,81 sA und Herausgabe von Liegenschaftsanteilen (Streitwert S 12.240,--), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz vom 25. Juli 2001, GZ 5 Nc 40/01y-2, mit dem der Ablehnungsantrag der beklagten Partei zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit dem mit der Berufung gegen das Endurteil des Landesgerichtes Linz vom 21. 2. 2001, ON 154, verbundenen Ablehnungsantrag macht die beklagte Partei die Befangenheit des Vorsitzenden des Rechtsmittelsenates 3 R des Oberlandesgerichtes Linz, sowie der Mitglieder dieses Senates geltend. Die Ablehnung wird auf eine Kritik des Berufungssenates in dem in diesem Verfahren ergangenen Berufungsurteil vom 18. 10. 1999, ON 139, an der Formulierung der Berufungsanträge und der Darstellung der Berufungsgründe durch den Vertreter der beklagten Partei gestützt: diese emotionalen, unsachlichen und entbehrlichen Ausführungen zeigten, dass die Richter nicht mit der gebotenen Unbefangenheit und professionellen Distanz an die Behandlung des Rechtsmittels herangingen und ließen nicht erwarten, dass die Richter die Berufung unbefangen beurteilen würden.
Das in der Frage der Ablehnung als Erstgericht tätig werdende Oberlandesgericht wies die Ablehnungsanträge als verspätet zurück und ließ im Übrigen durchblicken, dass es den Ablehnungsantrag auch sachlich für nicht berechtigt halte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich der Rekurs der beklagten Partei, der nicht berechtigt ist.
Gemäß § 21 Abs 2 JN kann eine Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei dem selben, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in die Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Diese Bestimmung ist ganz allgemein dahingehend zu verstehen, dass die Ablehnungsgründe sofort nach ihrem Bekanntwerden vorzubringen sind (JBl 1989, 664).Gemäß Paragraph 21, Absatz 2, JN kann eine Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei dem selben, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in die Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Diese Bestimmung ist ganz allgemein dahingehend zu verstehen, dass die Ablehnungsgründe sofort nach ihrem Bekanntwerden vorzubringen sind (JBl 1989, 664).
Es ist allgemein anerkannt, dass eine Ablehnung wegen Befangenheit auch nach Schluss der Verhandlung und nach Urteilsfällung (SZ 43/104;
1 Ob 174/00w ua), aber nicht mehr nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens möglich ist. Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung (ÖBl 1977, 76; JBl 1989, 664; 8 Ob 1578/93 uva;
zuletzt 6 Ob 70/01i) muss die Befangenheit nicht durch einen eigenen Ablehnungsantrag, sondern kann auch noch im Rechtsmittelschriftsatz geltend gemacht werden. Das Ablehnungsrecht geht aber jedenfalls verloren, wenn die Partei einen schriftlichen Antrag an das Gericht stellt, ohne (vorher wenigstens im Antrag) den Ablehnungsgrund geltend zu machen. Das gilt auch dann, wenn der ablehnenden Partei der Ablehnungsgrund erst nach Fällung des Urteils (erster oder zweiter Instanz) bekannt geworden ist, weil Ablehnungsgründe eben sofort und nicht erst in dem vom Ablehnungswerber nach prozesstaktischen Kriterien als richtig angesehenen Zeitpunkt vorzubringen sind (JBl 1989, 664; 1 Ob 154/00d ua).
Im vorliegenden Fall soll sich die Befangenheit aus der Formulierung des Urteils des Berufungsgerichtes ON 139 ergeben. Da die beklagte Partei diese angebliche Befangenheit weder in einem eigenen Schriftsatz noch spätestens in ihrer außerordentlichen Revision an den Obersten Gerichtshof (ON 140) geltend gemacht hat, ist die nunmehrige Geltendmachung in einem späteren Verfahrensstadium, nämlich in der Berufung gegen das Endurteil des Erstgerichtes (ON 154) verspätet. Daran ändern auch die Ausführungen des Rechtsmittelwerbers nichts, dass im vorliegenden Fall lediglich eine außerordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof erhoben werden konnte, die erfolglos blieb, und in dem aufhebenden Teil der Berufungsentscheidung ON 139 das Verfahren vorerst durch das Erstgericht ergänzt werden musste, weil - wie ausgeführt - die Befangenheit nach deren Bekanntwerden spätestens im nächsten schriftlichen Antrag an das Gericht hätte geltend gemacht werden müssen.
Der angefochtene Beschluss war daher zu bestätigen.
Anmerkung
E63386 08A02271European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:0080OB00227.01T.1025.000Dokumentnummer
JJT_20011025_OGH0002_0080OB00227_01T0000_000