TE OGH 2001/11/13 4Ob129/01a

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Veröffentlicht am 13.11.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Jennifer P***** und Carina *****, beide geboren am *****, infolge Revisionsrekurses der Kinder, vertreten durch die Mutter Sabine P*****, diese vertreten durch Dr. Hermann Tschiderer, Rechtsanwalt in Reutte, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 20. März 2001, GZ 52 R 29/01y-31, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Reutte vom 24. Februar 2001, GZ 1 P 816/96a-27, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die beiden Minderjährigen sind die ehelichen Kinder des Walter K***** und der Sabine P*****. Die Ehe der Eltern wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Reutte vom 13. 12. 1994, GZ 1 C 172/94w, rechtskräftig geschieden. Seit der Scheidung kommt die Obsorge für beide Kinder der Mutter allein zu. Der Vater verpflichtete sich, nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Mutter Unterhalt zu zahlen. Der Unterhaltsbeitrag für die Mutter wurde mit 6.500 S monatlich vereinbart. Für die Kinder hatte der Vater ab August 1997 je 3.100 S zu zahlen.

Die Kinder beantragen, die Unterhaltsbeiträge des Vaters ab 1. 8. 2000 auf 3.750 S und ab 1. 2. 2001 auf 4.500 S je Kind zu erhöhen. Die Kinder seien im Juli 2000 10 Jahre alt geworden; ab Februar 2001 habe der Vater der Mutter keinen Unterhalt mehr zu zahlen. Die verminderte Belastung und der erhöhte Bedarf der Kinder rechtfertigten bei einem durchschnittlichen Monatseinkommen des Vaters von 25.000 S die Unterhaltserhöhung.

Der Vater stellte die Bemessungsgrundlage von 25.000 S außer Streit und anerkannte seine Unterhaltsverpflichtung ab 1. 8. 2000 mit 3.750 S je Kind. Er bestritt jedoch, dass ab 1. 2. 2001 eine Unterhaltserhöhung gerechtfertigt sei. Seine Unterhaltszahlungen an die Mutter fielen nur deshalb weg, weil er ihr vereinbarungsgemäß 100.000 S als Abgeltung für künftige Unterhaltsansprüche gezahlt habe. Diese Zahlung sei bei der Bemessung der Unterhaltsbeiträge für die Kinder zu berücksichtigen.

Das Erstgericht gab dem Erhöhungsbegehren zur Gänze statt. Die Zahlung von 100.000 S sei keine Unterhaltsvorauszahlung, sondern eine Gegenleistung für einen Unterhaltsverzicht. Sie könne daher bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Kinder nicht berücksichtigt werden.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss teilweise, und zwar dahin ab, dass es die Unterhaltsbeiträge ab 1. 2. 2001 auf 4.125 S monatlich erhöhte, das Mehrbegehren für die Zeit ab 1. 2. 2001 abwies und - aufgrund eines Antrags nach § 14a AußStrG - aussprach, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Zahlung an die Mutter sei im Zusammenhang mit dem an sie zu leistenden Unterhalt zu sehen. Es erscheine daher gerechtfertigt, die Rechtsprechung zur Aufteilung einmaliger Zahlungen anzuwenden. Einmalige Zahlungen seien stets nach den Umständen und Lebensverhältnissen im konkreten Einzelfall angemessen aufzuteilen und zu berücksichtigen. Der Vater habe seiner geschiedenen Ehegattin bisher 6.500 S an Unterhalt gezahlt; dieser Betrag würde sich aufgrund des Einkommens der Mutter auf monatlich 3.500 S verringern. Durch die Zahlung von 100.000 S sei der Unterhalt etwa für die nächsten 30 Monate gedeckt. Dies sei beginnend mit Februar 2001 durch einen Abschlag von 1,5 % zu berücksichtigen. Die beiden Kindern hätten demnach jeweils Anspruch auf 16,5 % des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens ihres Vaters. Ihr Unterhaltsbeitrag belaufe sich daher ab 1. 2. 2001 auf je 4.125 S.Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss teilweise, und zwar dahin ab, dass es die Unterhaltsbeiträge ab 1. 2. 2001 auf 4.125 S monatlich erhöhte, das Mehrbegehren für die Zeit ab 1. 2. 2001 abwies und - aufgrund eines Antrags nach Paragraph 14 a, AußStrG - aussprach, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Zahlung an die Mutter sei im Zusammenhang mit dem an sie zu leistenden Unterhalt zu sehen. Es erscheine daher gerechtfertigt, die Rechtsprechung zur Aufteilung einmaliger Zahlungen anzuwenden. Einmalige Zahlungen seien stets nach den Umständen und Lebensverhältnissen im konkreten Einzelfall angemessen aufzuteilen und zu berücksichtigen. Der Vater habe seiner geschiedenen Ehegattin bisher 6.500 S an Unterhalt gezahlt; dieser Betrag würde sich aufgrund des Einkommens der Mutter auf monatlich 3.500 S verringern. Durch die Zahlung von 100.000 S sei der Unterhalt etwa für die nächsten 30 Monate gedeckt. Dies sei beginnend mit Februar 2001 durch einen Abschlag von 1,5 % zu berücksichtigen. Die beiden Kindern hätten demnach jeweils Anspruch auf 16,5 % des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens ihres Vaters. Ihr Unterhaltsbeitrag belaufe sich daher ab 1. 2. 2001 auf je 4.125 S.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs der Kinder ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Die Kinder verweisen auf die ständige Rechtsprechung, wonach konkurrierende Sorgepflichten durch entsprechende Abzüge bei der Festsetzung des Prozentsatzes für das unterhaltsfordernde Kind zu berücksichtigen sind. Wenn daher keine Sorgepflichten mehr bestünden, sei auch ein Abzug ausgeschlossen. Die vom Rekursgericht gewählte Berechnungsart führte dazu, dass die Mutter mit der Zustimmung zur Pauschalabgeltung ihren - vorher unbefristeten - Unterhaltsanspruch zeitlich befristet hätte. Sie hätte damit ihre Rechtsstellung freiwillig und ohne Gegenleistung verschlechtert. Wäre es zu dieser Vereinbarung nicht gekommen, so hätte der Vater unter Umständen wesentlich länger Unterhalt zahlen müssen. Auch er habe den Pauschalbetrag freiwillig gezahlt; die zwischen den Eltern getroffene Vereinbarung dürfe sich nicht zum Nachteil der Kinder auswirken.

Diese Ausführungen sind nicht stichhaltig:

Nachteilige Auswirkungen der Pauschalvereinbarung können nur behauptet werden, wenn außer Acht gelassen wird, dass der Vater weiterhin verpflichtet gewesen wäre, Ehegattenunterhalt zu zahlen. Hätte sich die Mutter ihren Unterhaltsanspruch nicht durch einen Pauschalbetrag abgelten lassen, so hätte sie, wie die Kinder selbst ausführen, einen unbefristeten Anspruch auf Unterhalt gehabt, der den Unterhaltsanspruch der Kinder in jedem Fall gemindert hätte. Die Pauschalvereinbarung wirkt sich demnach in Wahrheit zu Gunsten der Kinder aus, weil die mit ihren Ansprüchen konkurrierenden Unterhaltsleistungen an die Mutter damit begrenzt wurden.

Es erscheint daher sachgerecht, den Pauschalbetrag bei der Bemessung des Kindesunterhalts angemessen zu berücksichtigen. Das Rekursgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht auf die bei der Berücksichtigung von Einmalzahlungen an den Unterhaltsschuldner entwickelten Grundsätze hingewiesen. Danach sind einmalige Zahlungen, wie eine Abfertigung oder Pensionsabfindung, stets nach den Umständen und Lebensverhältnissen im konkreten Einzelfall angemessen aufzuteilen (1 Ob 683/90 = RZ 1991/35 ua).

Im vorliegenden Fall bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die Pauschalabfindung auf einen entsprechenden Zeitraum aufzuteilen. Der Aufteilung kann der bisher vom Vater geleistete monatliche Unterhaltsbeitrag von 6.500 S oder der vom Vater für die Zukunft behauptete Betrag von 3.000 S bis 3.500 S zugrundegelegt werden, auf den sich der Unterhaltsanspruch der Mutter durch eigene Einkünfte vermindert haben soll. Die Mutter hat der Behauptung des Vaters, sie verfüge über eigene Einkünfte, entgegengehalten, dass sich ihre finanziellen Verhältnisse noch nicht geändert hätten und eine Änderung wegen einer Knieoperation auch in den nächsten drei Monaten nicht möglich sei; sie war aber trotzdem bereit, die angebotene Pauschalabfindung anzunehmen.

Das Rekursgericht hat den geringeren Betrag als Richtschnur genommen und den Pauschalbetrag auf einen Zeitraum von 30 Monaten aufgeteilt. Diese Aufteilung erscheint angemessen, weil es jedenfalls nicht unwahrscheinlich ist, dass die Mutter angesichts des Alters der Kinder in Zukunft in der Lage sein werde, berufstätig zu sein und eigene Einkünfte zu erzielen, so dass sich ihr Unterhaltsanspruch möglicherweise verringert hätte. Den Kindern erwächst daraus kein unverhältnismäßiger Nachteil; würde der Pauschalbetrag auf einen kürzeren Zeitraum aufgeteilt, so konkurrierten ihre Unterhaltsansprüche mit höheren Unterhaltsleistungen für die Mutter und wären daher in einem stärkeren Maß zu mindern als dies bei einer Aufteilung auf einen längeren Zeitraum der Fall ist.

Der Revisionsrekurs musste erfolglos bleiben.

Anmerkung

E63887 04A01291

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0040OB00129.01A.1113.000

Dokumentnummer

JJT_20011113_OGH0002_0040OB00129_01A0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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