Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Georg Genser und Ernst Boran als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hans Jörg S*****, vertreten durch Dr. Walter Riedl ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Land K*****, vertreten durch Dr. Ulrich Polley, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung und Leistung (Streitwert S 98.014,20 sA), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 1. März 2001, GZ 7 Ra 14/01k-9, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. November 2000, GZ 43 Cga 92/00x-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.725,44 (darin S 954,24 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger, der als Direktor des Landeskonservatoriums und Landesmusikschulwerks Vertragbediensteter der beklagten Partei ist, war vom 1. 9. 1964 bis 14. 8. 1967 als Kapellmeister am Stadttheater K***** tätig. Er erhielt in dieser Zeit einjährig befristete Bühnendienstverträge. Diese wurden einerseits zwischen dem Kläger und andererseits zwischen den Rechtsträgern des Stadttheaters, nämlich dem Land (beklagte Partei) sowie der Landeshauptstadt abgeschlossen. Das Stadttheater wird nämlich in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes (Theatergemeinschaft) vom Land und der Landeshauptstadt geführt. Nach den Statuten handelt es sich um eine Einrichtung des Landes und der Landeshauptstadt ohne eigene Rechtspersönlichkeit.
Dem Kläger wurde seine Tätigkeit als Kapellmeister am Stadttheater nur zur Hälfte angerechnet. Mündlich erhielt er die Mitteilung, dass eine Vollanrechnung daran scheitere, dass es sich bei der genannten Tätigkeit um kein Dienstverhältnis zu einer inländischen Körperschaft handle.
Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage die Bezahlung eines der Höhe nach unstrittigen Betrages von S 98.014,20 sA sowie die Feststellung, dass er Anspruch auf Entlohnung nach der Entlohnungsgruppe 1pa, Entlohnungsstufe 21, mit nächster Vorrückung am 1. 1. 2002 habe. Die Verweigerung der Vollanrechnung der am Stadttheater zurückgelegten Vordienstzeiten durch die beklagte Partei sei nicht rechtmäßig. Bei richtiger Anrechnung ergebe sich der Vorrückungsstichtag mit 2. 3. 1962 und daraus resultierend die geltend gemachten Gehaltsdifferenzen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Gemäß § 4 Abs 2 lit b der Statuten könne das Stadttheater im autonomen Wirkungsbereich Dienstverträge abschließen oder auflösen. Die An- und Abmeldung des Klägers sei demgemäß auch autonom durch das Personalbüro des Stadttheaters erfolgt. Damit sei der Kläger nicht in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft im Sinne des § 83 des K-LVBG gestanden, sondern Dienstnehmer eines vom Land und der Landeshauptstadt gemeinsam betriebenen Theaterunternehmens im Sinn des Schauspielgesetzes gewesen. Damit sei dieses und nicht das K-LVBG auf die Person des Klägers anzuwenden. Eine (weitergehende) Anrechnung komme daher nicht in Betracht.Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Gemäß Paragraph 4, Absatz 2, Litera b, der Statuten könne das Stadttheater im autonomen Wirkungsbereich Dienstverträge abschließen oder auflösen. Die An- und Abmeldung des Klägers sei demgemäß auch autonom durch das Personalbüro des Stadttheaters erfolgt. Damit sei der Kläger nicht in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft im Sinne des Paragraph 83, des K-LVBG gestanden, sondern Dienstnehmer eines vom Land und der Landeshauptstadt gemeinsam betriebenen Theaterunternehmens im Sinn des Schauspielgesetzes gewesen. Damit sei dieses und nicht das K-LVBG auf die Person des Klägers anzuwenden. Eine (weitergehende) Anrechnung komme daher nicht in Betracht.
Das Erstgericht gab dem Feststellungs- und Leistungsbegehren statt. Es meinte in rechtlicher Hinsicht, dass Stadttheater habe als Gesellschaft bürgerlichen Rechts keine eigene Rechtspersönlichkeit, sondern werde durch ihre Gesellschafter repräsentiert. Diese hätten mit dem Kläger die seinerzeitigen Bühnendienstverträge abgeschlossen, weshalb ihnen auch Arbeitgebereigenschaft zukomme. Ein allfälliger autonomer Wirkungsbereich des Stadttheaters könne an der Arbeitgebereigenschaft nichts ändern. Damit sei die Vordienstzeit des Klägers beim Stadttheater zur Gänze anzurechnen, woraus der gemäß § 41 K-LVBG zu ermittelnde Vorrückungsstichtag 2. 3. 1962 resultiere.Das Erstgericht gab dem Feststellungs- und Leistungsbegehren statt. Es meinte in rechtlicher Hinsicht, dass Stadttheater habe als Gesellschaft bürgerlichen Rechts keine eigene Rechtspersönlichkeit, sondern werde durch ihre Gesellschafter repräsentiert. Diese hätten mit dem Kläger die seinerzeitigen Bühnendienstverträge abgeschlossen, weshalb ihnen auch Arbeitgebereigenschaft zukomme. Ein allfälliger autonomer Wirkungsbereich des Stadttheaters könne an der Arbeitgebereigenschaft nichts ändern. Damit sei die Vordienstzeit des Klägers beim Stadttheater zur Gänze anzurechnen, woraus der gemäß Paragraph 41, K-LVBG zu ermittelnde Vorrückungsstichtag 2. 3. 1962 resultiere.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und ließ die Revision an den Obersten Gerichtshof nicht zu. Der Oberste Gerichtshof habe bereits ausgesprochen, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mangels eigener Rechtspersönlichkeit von vornherein nicht Arbeitgeberin sein könne; diese Arbeitgebereigenschaft komme hiebei immer den Gesellschaftern zu, wobei es durchaus der Fall sein könne, das ein Arbeitnehmer hiebei ein einheitliches Arbeitsverhältnis mit zwei oder sogar mehreren Arbeitgebern abschließe. Es könne nicht zweifelhaft sein, dass der Wortlaut des § 41 Abs 2 Z 1 K-LVBG nur darauf abstelle, ob die Dienstgebereigenschaft einer Gebietskörperschaft oder aber einem anderen Rechtssubjekt zugekommen sei. Dem Stadttheater sei nicht mehr als eine "Mittlerrolle" zugekommen, die jedoch keinesfalls eine Arbeitgebereigenschaft begründen könne. Auch das Argument, das eine Anrechnung daran scheitere, dass auf das seinerzeitige Dienstverhältnis des Klägers nicht das K-LVBG, sondern das Schauspielgesetz anzuwenden sei, könne daran nichts ändern; dass dem Schauspielgesetz unterliegende Zeiten - mögen sie auch bei einer Gebietskörperschaft zurückgelegt worden sein - nicht oder zumindest nicht im vollen Umfang anzurechnen wären, sei § 41 K-LVBG nicht zu entnehmen.Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und ließ die Revision an den Obersten Gerichtshof nicht zu. Der Oberste Gerichtshof habe bereits ausgesprochen, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mangels eigener Rechtspersönlichkeit von vornherein nicht Arbeitgeberin sein könne; diese Arbeitgebereigenschaft komme hiebei immer den Gesellschaftern zu, wobei es durchaus der Fall sein könne, das ein Arbeitnehmer hiebei ein einheitliches Arbeitsverhältnis mit zwei oder sogar mehreren Arbeitgebern abschließe. Es könne nicht zweifelhaft sein, dass der Wortlaut des Paragraph 41, Absatz 2, Ziffer eins, K-LVBG nur darauf abstelle, ob die Dienstgebereigenschaft einer Gebietskörperschaft oder aber einem anderen Rechtssubjekt zugekommen sei. Dem Stadttheater sei nicht mehr als eine "Mittlerrolle" zugekommen, die jedoch keinesfalls eine Arbeitgebereigenschaft begründen könne. Auch das Argument, das eine Anrechnung daran scheitere, dass auf das seinerzeitige Dienstverhältnis des Klägers nicht das K-LVBG, sondern das Schauspielgesetz anzuwenden sei, könne daran nichts ändern; dass dem Schauspielgesetz unterliegende Zeiten - mögen sie auch bei einer Gebietskörperschaft zurückgelegt worden sein - nicht oder zumindest nicht im vollen Umfang anzurechnen wären, sei Paragraph 41, K-LVBG nicht zu entnehmen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsabweisenden Sinn, hilfsweise stellt sie auch einen Aufhebungsantrag.
Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zwar aus dem vom Revisionswerber genanntem Grund, nämlich dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob Dienstzeiten, die in einem Dienstverhältnis, welches dem Schauspielgesetz unterlag, zurückgelegt worden seien, bei Ermittlung des Vorrückungsstichtages gemäß § 41 Abs 2 K-LVBG anzurechnen seien, fehle; sie ist aber nicht berechtigt.Die Revision ist zwar aus dem vom Revisionswerber genanntem Grund, nämlich dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob Dienstzeiten, die in einem Dienstverhältnis, welches dem Schauspielgesetz unterlag, zurückgelegt worden seien, bei Ermittlung des Vorrückungsstichtages gemäß Paragraph 41, Absatz 2, K-LVBG anzurechnen seien, fehle; sie ist aber nicht berechtigt.
Es steht fest, dass das Stadttheater vom Land und der Landeshauptstadt in Form einer sog Theatergemeinschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt wird; es hat keine eigene Rechtspersönlichkeit (§ 1 des Statuts des Stadttheaters). Zur Führung des Theaterbetriebes ist die Theaterleitung berufen, die aus dem Intendanten und dem Verwaltungsdirektor besteht (§ 3). Gemeinsam haben diese ua Dienstverträge sowie deren Auflösung und Verlängerung festzulegen (§ 4 Abs 2 lit e). Der Intendant vertritt das Theater nach außen; in Angelegenheiten, die der gemeinsamen Beschlussfassung der Theaterleitung (§ 4) oder eines Beschlusses des gemeinsamen Theaterausschusses (§ 10) bedürfen, nur im Rahmen entsprechender Beschlüsse (§ 5 Abs 3).Es steht fest, dass das Stadttheater vom Land und der Landeshauptstadt in Form einer sog Theatergemeinschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt wird; es hat keine eigene Rechtspersönlichkeit (Paragraph eins, des Statuts des Stadttheaters). Zur Führung des Theaterbetriebes ist die Theaterleitung berufen, die aus dem Intendanten und dem Verwaltungsdirektor besteht (Paragraph 3,). Gemeinsam haben diese ua Dienstverträge sowie deren Auflösung und Verlängerung festzulegen (Paragraph 4, Absatz 2, Litera e,). Der Intendant vertritt das Theater nach außen; in Angelegenheiten, die der gemeinsamen Beschlussfassung der Theaterleitung (Paragraph 4,) oder eines Beschlusses des gemeinsamen Theaterausschusses (Paragraph 10,) bedürfen, nur im Rahmen entsprechender Beschlüsse (Paragraph 5, Absatz 3,).
Dementsprechend wurden auch die Bühnendienstverträge des Klägers als Chordirektor und Kapellmeister zwischen dem Land und der Landeshauptstadt als Rechtsträger des Theaters, vertreten durch dessen Intendanten abgeschlossen. Diese Vorgangsweise entspricht nicht nur dem Statut, sondern auch der Gesetzeslage.
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann mangels eigener Rechtspersönlichkeit von vorneherein nicht Arbeitgeber sein.
Arbeitgeber können nur die einzelnen Gesellschafter - und zwar auch
mehrere, auch juristische Personen - sein, die im eigenen Namen
Arbeitgeberfunktionen ausgeübt haben (9 ObA 180/93 = DRdA 1994, 402
[Kürner] = ecolex 1994, 244; 9 ObA 95/94; 9 ObA 257/98d), oder die
diese durch andere (hier den Intendanten) in ihrem Namen haben ausüben lassen. Folgte man der Ansicht der beklagten Partei, hätte der Kläger (und alle übrigen mittels Bühnendienstvertrag beim Landestheater beschäftigten Personen) - mangels eigener Rechtspersönlichkeit des Theaters und mangels jeglicher (durch die vorgelegten Vorträge ohnedies widerlegten) Behauptung, der Intendant hätte den Kläger im eigenen Namen beschäftigt - überhaupt keinen Arbeitgeber gehabt, was geradezu absurd wäre.
Auch wenn die beklagte Partei und die Landeshauptstadt der Theaterleitung weitgehende Freiheiten auch in Bezug auf den Abschluss von Bühnendienstverträgen einräumten und den Intendanten zum Abschluss solcher Verträge bevollmächtigten, ändert dies nichts daran, dass die beiden Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mangels eigener Rechtspersönlichkeit des Theaters Vertragspartner der mittels Bühnendienstvertrag beschäftigten Personen waren. Ob das damalige Dienstverhältnis des Klägers zur beklagten Partei und der Landeshauptstadt dem Vertragsbedienstetengesetz oder einem sonstigen Dienstrecht (hier Schauspielgesetz) unterlag, ist für die Frage der Anrechnung von Vordienstzeiten zur beklagten Partei völlig irrelevant:
Das K-LVBG sieht wie das VBG des Bundes und die Vertragsbedienstetengesetze anderer Länder als Voraussetzung der Anrechnung nur vor, dass der Dienstnehmer bei einer inländischen Gebietskörperschaft beschäftigt gewesen ist (§ 41 Abs 2 Z 1 K-LVBG), stellt aber nicht darauf ab, welchen Bestimmungen dieses Dienstverhältnis unterlegen ist. Da es nicht differenziert, in welcher Funktion der Dienstnehmer tätig gewesen ist, ist davon auszugehen, dass auch Tätigkeiten, die dem Schauspielgesetz unterliegen, wenn sie nur bei einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt wurden, voll anzurechnen sind.Das K-LVBG sieht wie das VBG des Bundes und die Vertragsbedienstetengesetze anderer Länder als Voraussetzung der Anrechnung nur vor, dass der Dienstnehmer bei einer inländischen Gebietskörperschaft beschäftigt gewesen ist (Paragraph 41, Absatz 2, Ziffer eins, K-LVBG), stellt aber nicht darauf ab, welchen Bestimmungen dieses Dienstverhältnis unterlegen ist. Da es nicht differenziert, in welcher Funktion der Dienstnehmer tätig gewesen ist, ist davon auszugehen, dass auch Tätigkeiten, die dem Schauspielgesetz unterliegen, wenn sie nur bei einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt wurden, voll anzurechnen sind.
Aus der vom Revisionswerber genannten Bestimmung, dass Zeiten in einem Lehrberuf an einer inländischen öffentlichen Schule anzurechnen seien, für Tätigkeiten, die dem Schauspielgesetz unterlägen, aber keine solche Anrechnung vorgesehen sei, ist für den Revisionswerber nichts zu gewinnen, weil der Kläger in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft gestanden ist, und hier keine weiteren Bedingungen für die Anrechnung vorgesehen sind, die Anrechnung im Lehrberuf aber auch dann erfolgen kann, wenn der Lehrer nicht bei einer Gebietskörperschaft im Lehrberuf tätig war, sofern es sich nur um eine inländische öffentliche Schule (wie eine Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht) gehandelt hat.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41,, 50 ZPO.
Anmerkung
E63735 08B01251European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:008OBA00125.01T.1115.000Dokumentnummer
JJT_20011115_OGH0002_008OBA00125_01T0000_000