TE OGH 2001/11/29 6Ob276/01h (6Ob301/01k)

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Veröffentlicht am 29.11.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1.) Dr. Gottfried I*****, und 2.) Dagmar I*****, beide vertreten durch Dr. Franz Insam, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei B***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, wegen Räumung, infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 28. September 2001, GZ 3 R 122/01k-17, womit der Rekurs der klagenden Parteien (ON 14) gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 11. Juli 2001, GZ 3 R 122/01k-13, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Zurückweisungsbeschluss (ON 17) wird ersatzlos aufgehoben.

In Stattgebung des Rekurses ON 14 wird unter einem auch der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichtes ON 13 aufgehoben und dem Berufungsgericht die Entscheidung über die Berufung der klagenden Parteien unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Der Erstkläger ist Eigentümer einer Liegenschaft mit einem darauf errichteten Haus, die Zweitklägerin ist Fruchtgenussberechtigte. Die Kläger begehrten, gestützt auf § 1118 erster Fall ABGB und auf titellose Benützung, von der beklagten Partei die Räumung der dort gemieteten Räumlichkeiten.Der Erstkläger ist Eigentümer einer Liegenschaft mit einem darauf errichteten Haus, die Zweitklägerin ist Fruchtgenussberechtigte. Die Kläger begehrten, gestützt auf Paragraph 1118, erster Fall ABGB und auf titellose Benützung, von der beklagten Partei die Räumung der dort gemieteten Räumlichkeiten.

Das Erstgericht wies nach Schluss der Verhandlung am 7. Dezember 2000 mit Urteil vom 19. Februar 2001 das Räumungsbegehren ab. Gegen dieses Urteil erhoben die Kläger Berufung, die beklagte Partei erstattete Berufungsbeantwortung.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 13. August 1999 wurde der beklagten Partei die Zwangsverwaltung der Liegenschaft bewilligt. Der Zwangsverwalter wurde am 21. Dezember 2000 in sein Amt eingeführt, trat aber nach dem Aktenstand (vgl seine Eingabe ON 5) bisher nicht in das vorliegende Verfahren ein. Das Berufungsgericht sprach mit seinem Beschluss vom 11. Juli 2001 (ON 13) aus, das Verfahren sei seit 21. Dezember 2000 unterbrochen (Punkt 1.), wies die Rechtsmittelschriften zurück (Punkt 2.) und stellte die Akten dem Erstgericht zurück (Punkt 3.). Es ging im Wesentlichen davon aus, ab der Übergabe der zu verwaltenden Liegenschaft sei die durch den Zwangsverwalter vertretene Zwangsverwaltungsmasse Partei, es lägen die Voraussetzungen für eine analog § 7 KO ex lege eintretende Unterbrechung vor, zumal das auf Räumung gerichtete Begehren zweifellos zur Verwaltung der Liegenschaft gehöre. Während der Dauer der Unterbrechung seien gemäß § 163 ZPO Prozesshandlungen grundsätzlich unzulässig und die während der Unterbrechung von einer Partei vorgenommenen Prozesshandlungen gegenüber der anderen Partei ohne rechtliche Wirkung. Daher könne das Gericht diese Prozesshandlungen (hier: die Rechtsmittelschriften) nur insoweit zum Gegenstand seiner Verfügung machen, als es sie zurückweisen müsse.Mit Beschluss des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 13. August 1999 wurde der beklagten Partei die Zwangsverwaltung der Liegenschaft bewilligt. Der Zwangsverwalter wurde am 21. Dezember 2000 in sein Amt eingeführt, trat aber nach dem Aktenstand vergleiche seine Eingabe ON 5) bisher nicht in das vorliegende Verfahren ein. Das Berufungsgericht sprach mit seinem Beschluss vom 11. Juli 2001 (ON 13) aus, das Verfahren sei seit 21. Dezember 2000 unterbrochen (Punkt 1.), wies die Rechtsmittelschriften zurück (Punkt 2.) und stellte die Akten dem Erstgericht zurück (Punkt 3.). Es ging im Wesentlichen davon aus, ab der Übergabe der zu verwaltenden Liegenschaft sei die durch den Zwangsverwalter vertretene Zwangsverwaltungsmasse Partei, es lägen die Voraussetzungen für eine analog Paragraph 7, KO ex lege eintretende Unterbrechung vor, zumal das auf Räumung gerichtete Begehren zweifellos zur Verwaltung der Liegenschaft gehöre. Während der Dauer der Unterbrechung seien gemäß Paragraph 163, ZPO Prozesshandlungen grundsätzlich unzulässig und die während der Unterbrechung von einer Partei vorgenommenen Prozesshandlungen gegenüber der anderen Partei ohne rechtliche Wirkung. Daher könne das Gericht diese Prozesshandlungen (hier: die Rechtsmittelschriften) nur insoweit zum Gegenstand seiner Verfügung machen, als es sie zurückweisen müsse.

Den dagegen erhobenen Rekurs der klagenden Parteien (ON 14) wies das Berufungsgericht mit seinem Beschluss vom 28. September 2001 (ON 17) als unzulässig mit der Begründung zurück, Unterbrechungsbeschlüsse des Berufungsgerichtes seien mit einer hier nicht relevanten Ausnahme unanfechtbar; im Übrigen komme dem Beschluss ON 13 nur deklaratorische Bedeutung zu; das Berufungsverfahren werde nach Rechtskraft dieser Entscheidung fortzusetzen sein.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluss ON 17 erhobene Rekurs der klagenden Parteien ist zulässig. Weist nämlich das Gericht zweiter Instanz einen gegen seine Entscheidung erhobenen Revisionsrekurs als sogenanntes "Durchlaufgericht" zurück, ist das dagegen erhobene Rechtsmittel unabhängig von der Regelung des § 528 ZPO, somit unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstandes, aber auch ohne Rücksicht darauf zulässig, ob die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO abhängt (RIS-Justiz RS0044547, RS0044005).Der gegen den Beschluss ON 17 erhobene Rekurs der klagenden Parteien ist zulässig. Weist nämlich das Gericht zweiter Instanz einen gegen seine Entscheidung erhobenen Revisionsrekurs als sogenanntes "Durchlaufgericht" zurück, ist das dagegen erhobene Rechtsmittel unabhängig von der Regelung des Paragraph 528, ZPO, somit unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstandes, aber auch ohne Rücksicht darauf zulässig, ob die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd Paragraph 528, Absatz eins, ZPO abhängt (RIS-Justiz RS0044547, RS0044005).

Der Rekurs ist auch berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 1 Ob 23/01s (= JBl

2001, 598 = EvBl 2001/150 = immolex 2001, 231) die von Angst

(Kommentar zur EO, § 109 Rz 11) vertretene Ansicht, für die vor Einführung des Zwangsverwalters vom Verpflichteten anhängig gemachten Prozesse könne wegen vergleichbaren Regelungszwecks die analoge Anwendung des § 7 KO, somit die Unterbrechung des Verfahrens, in Betracht gezogen werden, nicht geteilt; für eine derartige Vorgangsweise bildeten die Bestimmungen der §§ 97 ff EO keine Handhabe. Von anhängigen Verfahren sei jedoch der Zwangsverwalter zu verständigen; es stehe ihm frei, in diese anstelle des Verpflichteten einzutreten (1 Ob 343/55 = SZ 28/140; 1 Ob 23/01s). Dieser Entscheidung ist zu folgen. Nach dem Aktenstand ist der Zwangsverwalter bisher nicht in den Räumungsstreit eingetreten. Das Berufungsgericht hat demnach zu Unrecht ausgesprochen, das Verfahren sei unterbrochen. Trotz seiner nur deklarativen Bedeutung kann an sich ein Beschluss über den Eintritt der Unterbrechung nach § 7 KO mit Rekurs angefochten werden (EvBl 1994/163). Im vorliegenden Fall ist aber zu beachten, dass der Unterbrechungsbeschluss vom Berufungsgericht im Berufungsverfahren gefasst wurde und nach stRsp Unterbrechungsbeschlüsse im Berufungsverfahren zufolge § 519 ZPO im Allgemeinen nicht anfechtbar sind (vgl dazu MR 1991, 28; 1 Ob 200/98p mwN; 3 Ob 158/00g; 7 Ob 112/01y ua; Kodek in Rechberger2, § 519 ZPO Rz 2). Hier hat jedoch das Berufungsgericht nicht nur die Unterbrechung des Verfahrens deklarativ festgestellt, sondern überdies die Berufung der klagenden Parteien gegen das Ersturteil und die Berufungsbeantwortung der beklagten Partei zurückgewiesen. Der Rekurs gegen einen berufungsgerichtlichen Unterbrechungsbeschluss ist jedenfalls dann zulässig, wenn das Berufungsgericht wegen der angenommenen Unterbrechung die Berufung ohne Sachentscheidung zurückweist, weil dann ein Fall des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO vorliegt. Der Kostenvorbehalt fußt auf § 52 Abs 1 ZPO.(Kommentar zur EO, Paragraph 109, Rz 11) vertretene Ansicht, für die vor Einführung des Zwangsverwalters vom Verpflichteten anhängig gemachten Prozesse könne wegen vergleichbaren Regelungszwecks die analoge Anwendung des Paragraph 7, KO, somit die Unterbrechung des Verfahrens, in Betracht gezogen werden, nicht geteilt; für eine derartige Vorgangsweise bildeten die Bestimmungen der Paragraphen 97, ff EO keine Handhabe. Von anhängigen Verfahren sei jedoch der Zwangsverwalter zu verständigen; es stehe ihm frei, in diese anstelle des Verpflichteten einzutreten (1 Ob 343/55 = SZ 28/140; 1 Ob 23/01s). Dieser Entscheidung ist zu folgen. Nach dem Aktenstand ist der Zwangsverwalter bisher nicht in den Räumungsstreit eingetreten. Das Berufungsgericht hat demnach zu Unrecht ausgesprochen, das Verfahren sei unterbrochen. Trotz seiner nur deklarativen Bedeutung kann an sich ein Beschluss über den Eintritt der Unterbrechung nach Paragraph 7, KO mit Rekurs angefochten werden (EvBl 1994/163). Im vorliegenden Fall ist aber zu beachten, dass der Unterbrechungsbeschluss vom Berufungsgericht im Berufungsverfahren gefasst wurde und nach stRsp Unterbrechungsbeschlüsse im Berufungsverfahren zufolge Paragraph 519, ZPO im Allgemeinen nicht anfechtbar sind vergleiche dazu MR 1991, 28; 1 Ob 200/98p mwN; 3 Ob 158/00g; 7 Ob 112/01y ua; Kodek in Rechberger2, Paragraph 519, ZPO Rz 2). Hier hat jedoch das Berufungsgericht nicht nur die Unterbrechung des Verfahrens deklarativ festgestellt, sondern überdies die Berufung der klagenden Parteien gegen das Ersturteil und die Berufungsbeantwortung der beklagten Partei zurückgewiesen. Der Rekurs gegen einen berufungsgerichtlichen Unterbrechungsbeschluss ist jedenfalls dann zulässig, wenn das Berufungsgericht wegen der angenommenen Unterbrechung die Berufung ohne Sachentscheidung zurückweist, weil dann ein Fall des Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer eins, ZPO vorliegt. Der Kostenvorbehalt fußt auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E64157 6Ob276.01h

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0060OB00276.01H.1129.000

Dokumentnummer

JJT_20011129_OGH0002_0060OB00276_01H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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