Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Graf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Schuldenregulierungssache der Ingeborg E*****, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Einleitung des Abschöpfungsverfahrens, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Schuldnerin gegen Punkt I des Beschlusses des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 21. September 2001, GZ 2 R 334/01h, 2 R 335/01f-92, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 24. April 2001, GZ 22 S 128/99v-77, abgeändert wurde, denDer Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Graf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Schuldenregulierungssache der Ingeborg E*****, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Einleitung des Abschöpfungsverfahrens, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Schuldnerin gegen Punkt römisch eins des Beschlusses des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 21. September 2001, GZ 2 R 334/01h, 2 R 335/01f-92, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 24. April 2001, GZ 22 S 128/99v-77, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht den Antrag der Schuldnerin auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens mit der Begründung ab, dass die Schuldnerin bei einer Laufzeit der Abtretung von sieben Jahren nur 2,65 % der Forderungen tilgen könne, womit die im § 213 Abs 2 KO geforderte Quote von 10 % auch nur annähernd nicht erreicht werde.Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht den Antrag der Schuldnerin auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens mit der Begründung ab, dass die Schuldnerin bei einer Laufzeit der Abtretung von sieben Jahren nur 2,65 % der Forderungen tilgen könne, womit die im Paragraph 213, Absatz 2, KO geforderte Quote von 10 % auch nur annähernd nicht erreicht werde.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluss auf und verwies die Schuldenregulierungssache an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens zurück. Es sei zu prüfen, ob - wie von der Schuldnerin behauptet - ein Dritter tatsächlich eine entsprechende schriftliche Haftungserklärung für das Restschuldbefreiungserfordernis abzugeben bereit und auch in der Lage sei, auf Grund seiner finanziellen Verhältnisse eine solche allfällige Haftungserklärung zu erfüllen.
Im zweiten Rechtsgang bewilligte das Erstgericht die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens.
Das Rekursgericht gab den Rekursen zweier Gläubiger Folge, änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass es den Antrag der Schuldnerin auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens abwies, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und ließ den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zu, weil zur Frage der Berücksichtigung der Haftungserklärung eines Dritten zur Erreichung der 10 %-igen Quote im Rahmen des Abschöpfungsverfahrens erst jüngst die Entscheidung 8 Ob 56/01w ergangen sei. Das Rekursgericht könne seine seinerzeit vertretene Auffassung, die Bescheinigung der zu erwartenden Restschuldbefreiung könne auch durch eine entsprechende Haftungserklärung eines solventen Dritten erbracht werden, im Hinblick auf diese neueste Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht aufrecht erhalten. Nach dieser Entscheidung stehe eine derartige Möglichkeit der Struktur des Abschöpfungsverfahrens in mehrfacher Weise entgegen, sodass die Erwartung der Restschuldbefreiung unter Berücksichtigung der vorhandenen Konkursmasse auf die eigene Erwerbstätigkeit des Schuldners gegründet sein müsse, das Abschöpfungsverfahren daher ausscheide, wenn wegen der Höhe der Schulden bei der vom Schuldner leistbaren Erwerbstätigkeit das Erreichen der 10 %-igen Quote nicht erwartet werden könne. Somit sei auf die vom Dritten geleistete schriftliche Haftungserklärung (iSd § 156a KO) als Bürge und Zahler nicht Bedacht zu nehmen. Ausgehend davon könne aber die Restschuldbefreiung in Anbetracht der Höhe der Schulden einerseits, der aus der Erwerbstätigkeit der Schuldnerin abschöpfbaren Beträge andererseits in keiner Weise erwartet werden, da bei realistischer Betrachtungsweise die 10 %-ige Quote innerhalb des Abschöpfungszeitsraumes nicht erreicht werden könne. Nach den von der Schuldnerin selbst vorgelegten Gehaltsabrechnungen bestehe lediglich ein pfändungsfreier Betrag von S 11.500 monatlich. Aus den Überweisungen des Dienstgebers ergebe sich, dass sich die Situation keineswegs verbessert habe; im Laufe eines Jahres seien nur S 30.411 pfändbar gewesen. Selbst bei sparsamster Lebensführung betrage der monatliche Aufwand (Miete, Lebensunterhalt etc) der Schuldnerin SDas Rekursgericht gab den Rekursen zweier Gläubiger Folge, änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass es den Antrag der Schuldnerin auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens abwies, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und ließ den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zu, weil zur Frage der Berücksichtigung der Haftungserklärung eines Dritten zur Erreichung der 10 %-igen Quote im Rahmen des Abschöpfungsverfahrens erst jüngst die Entscheidung 8 Ob 56/01w ergangen sei. Das Rekursgericht könne seine seinerzeit vertretene Auffassung, die Bescheinigung der zu erwartenden Restschuldbefreiung könne auch durch eine entsprechende Haftungserklärung eines solventen Dritten erbracht werden, im Hinblick auf diese neueste Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht aufrecht erhalten. Nach dieser Entscheidung stehe eine derartige Möglichkeit der Struktur des Abschöpfungsverfahrens in mehrfacher Weise entgegen, sodass die Erwartung der Restschuldbefreiung unter Berücksichtigung der vorhandenen Konkursmasse auf die eigene Erwerbstätigkeit des Schuldners gegründet sein müsse, das Abschöpfungsverfahren daher ausscheide, wenn wegen der Höhe der Schulden bei der vom Schuldner leistbaren Erwerbstätigkeit das Erreichen der 10 %-igen Quote nicht erwartet werden könne. Somit sei auf die vom Dritten geleistete schriftliche Haftungserklärung (iSd Paragraph 156 a, KO) als Bürge und Zahler nicht Bedacht zu nehmen. Ausgehend davon könne aber die Restschuldbefreiung in Anbetracht der Höhe der Schulden einerseits, der aus der Erwerbstätigkeit der Schuldnerin abschöpfbaren Beträge andererseits in keiner Weise erwartet werden, da bei realistischer Betrachtungsweise die 10 %-ige Quote innerhalb des Abschöpfungszeitsraumes nicht erreicht werden könne. Nach den von der Schuldnerin selbst vorgelegten Gehaltsabrechnungen bestehe lediglich ein pfändungsfreier Betrag von S 11.500 monatlich. Aus den Überweisungen des Dienstgebers ergebe sich, dass sich die Situation keineswegs verbessert habe; im Laufe eines Jahres seien nur S 30.411 pfändbar gewesen. Selbst bei sparsamster Lebensführung betrage der monatliche Aufwand (Miete, Lebensunterhalt etc) der Schuldnerin S
13.315 und übersteige daher das verbleibende Nettoeinkommen von S
11.500. Wie die Schuldnerin bei dieser Situation in der Lage sein sollte, aus dem unpfändbaren Existenzminimum Beiträge im Rahmen des Abschöpfungsverfahrens zu leisten, bleibe gänzlich unnachvollziehbar und sei auch von der Schuldnerin in keiner Weise bescheinigt worden. Insgesamt ergebe sich, dass aus der eigenen Erwerbstätigkeit der Schuldnerin die Finanzierung einer (auch nur annähernd) 10 %-igen Quote, die S 890.661 betragen würde, innerhalb des siebenjährigen Abschöpfungszeitraumes als geradezu unmöglich erscheine. Somit sei der Antrag der Schuldnerin auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens in Abänderung der angefochtenen Entscheidung abzuweisen gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Schuldnerin ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.
Diese meint, dass das Rekursgericht die genannte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes falsch interpretiert habe; es liege nicht nur eine allgemein abgegebene Haftungserklärung eines Dritten vor, die von den Gläubigern gegen diesen nur in einem streitigen Verfahren durchgesetzt werden könnte, sondern eine schriftliche Haftungserklärung als Bürge und Zahler dahingehend, dass er für den Fehlbetrag zur 10 %-igen Quote oder jeden allfällig sich sonst ergebenden Fehlbetrag hafte; damit habe der Dritte eine Ausgleichsbürgschaft iSd § 156a KO übernommen, welche dritten Personen bzw dem Treuhänder ermögliche, gegen den Bürgen direkt Exekution zu führen, sollte die Gemeinschuldnerin ihrer Zahlungsverpflichtung nicht ausreichend nachkommen.Diese meint, dass das Rekursgericht die genannte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes falsch interpretiert habe; es liege nicht nur eine allgemein abgegebene Haftungserklärung eines Dritten vor, die von den Gläubigern gegen diesen nur in einem streitigen Verfahren durchgesetzt werden könnte, sondern eine schriftliche Haftungserklärung als Bürge und Zahler dahingehend, dass er für den Fehlbetrag zur 10 %-igen Quote oder jeden allfällig sich sonst ergebenden Fehlbetrag hafte; damit habe der Dritte eine Ausgleichsbürgschaft iSd Paragraph 156 a, KO übernommen, welche dritten Personen bzw dem Treuhänder ermögliche, gegen den Bürgen direkt Exekution zu führen, sollte die Gemeinschuldnerin ihrer Zahlungsverpflichtung nicht ausreichend nachkommen.
Es trifft zu, dass sich die beiden Fälle im aufgezeigten Sinn unterscheiden und dass zur nun vorliegenden Fallvariante noch keine ausdrückliche oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt, sodass der Revisionsrekurs als zulässig anzusehen ist.
Ihm kommt aber keine Berechtigung zu. Das Rekursgericht hat die genannte Entscheidung vom 12. 4. 2001, 8 Ob 56/01w = ZIK 2001/278 (dazu Pahl, ZIK 2001/242, deren Vorschlag auf Basis der bestehenden, im Rahmen des Abschöpfungsverfahrens auf das Wohlverhalten des Schuldners abstellenden Rechtslage nicht beigetreten werden kann), nicht falsch interpretiert, sondern vielmehr folgerichtig auf die vorliegende Fallvariante angewandt.
Die genannte Vorentscheidung legt klar, dass die Struktur des Abschöpfungsverfahrens in mehrfacher Hinsicht verbietet, die Voraussetzung der Erwartung der Erfüllung der Restschuldbefreiung bei nur in geringfügigem Ausmaß pfändbaren Teilen des Einkommens auch durch eine Erklärung eines Dritten zu erfüllen. Dass in der Vorentscheidung die Haftungserklärung des Dritten von den Gläubigern gegen diesen nur in einem streitigen Verfahren durchgesetzt hätte werden können, ist nur eines der Elemente, aber nicht das wesentliche. Auch wenn auf Grund der hier vorliegenden Haftungserklärung direkt gegen den Dritten Exekution geführt werden kann, muss bei der Prognose der Einbringlichkeit die Bescheinigung erbracht werden, dass dieser Dritte zur Einhaltung der Verpflichtung in der Lage wäre. Im Hinblick auf den doch erheblichen Zeithorizont von sieben Jahren, bis seine Ausfallshaftung allenfalls schlagend wird, wäre dies mit zusätzlichen Unsicherheiten versehen. Diese müssten von den Gläubigern getragen werden, obwohl sie - anders als beim Zahlungsplan - dazu nicht ihre Zustimmung gegeben haben. Daher kann einer Haftungserklärung iSd § 156a KO zwar beim Zahlungsplan als Sonderform des Zwangsausgleichs besondere Bedeutung zukommen, nicht aber beim Abschöpfungsverfahren, zumal dort eine solche Haftung als Bürge und Zahler konstruktionsgemäß erst nach Ende der Abschöpfungsfrist und somit nur als Ausfallshaftung zum Tragen kommen kann.Die genannte Vorentscheidung legt klar, dass die Struktur des Abschöpfungsverfahrens in mehrfacher Hinsicht verbietet, die Voraussetzung der Erwartung der Erfüllung der Restschuldbefreiung bei nur in geringfügigem Ausmaß pfändbaren Teilen des Einkommens auch durch eine Erklärung eines Dritten zu erfüllen. Dass in der Vorentscheidung die Haftungserklärung des Dritten von den Gläubigern gegen diesen nur in einem streitigen Verfahren durchgesetzt hätte werden können, ist nur eines der Elemente, aber nicht das wesentliche. Auch wenn auf Grund der hier vorliegenden Haftungserklärung direkt gegen den Dritten Exekution geführt werden kann, muss bei der Prognose der Einbringlichkeit die Bescheinigung erbracht werden, dass dieser Dritte zur Einhaltung der Verpflichtung in der Lage wäre. Im Hinblick auf den doch erheblichen Zeithorizont von sieben Jahren, bis seine Ausfallshaftung allenfalls schlagend wird, wäre dies mit zusätzlichen Unsicherheiten versehen. Diese müssten von den Gläubigern getragen werden, obwohl sie - anders als beim Zahlungsplan - dazu nicht ihre Zustimmung gegeben haben. Daher kann einer Haftungserklärung iSd Paragraph 156 a, KO zwar beim Zahlungsplan als Sonderform des Zwangsausgleichs besondere Bedeutung zukommen, nicht aber beim Abschöpfungsverfahren, zumal dort eine solche Haftung als Bürge und Zahler konstruktionsgemäß erst nach Ende der Abschöpfungsfrist und somit nur als Ausfallshaftung zum Tragen kommen kann.
Bereits die Vorentscheidung stellt klar, dass das Abschöpfungsverfahren stark auf das persönliche Wohlverhalten des Schuldners abstellt, woraus folgt, dass die Erwartung der Restschuldbefreiung unter Berücksichtigung der vorhandenen Konkursmasse auch auf die eigene Erwerbstätigkeit des Schuldners gegründet sein muss. Soweit dies wegen der Höhe der Schulden bei der vom Schuldner leistbaren Erwerbstätigkeit nicht in Betracht kommt, weil die Erreichung der 10 %-igen Quote nicht erwartet werden kann, scheidet das Abschöpfungsverfahren aus.
Will ein allenfalls zahlungsbereiter Dritter dies vermeiden, so steht ihm frei, unmittelbar vor Einleitung des Abschöpfungsverfahrens bereits einen solchen Betrag zu leisten, dass dieser zusammen mit der sonst nicht ausreichenden Konkursmasse und dem Einkommen des Schuldners die Erreichung der 10 %-igen Quote erwarten lässt. Solches hat aber der hier sich haftungsbereit erklärende Dritte nicht getan; er hat nur für den Fall, dass die Schuldnerin nach Beendigung des Abschöpfungsverfahrens die Mindestquote nicht erreicht hat, eine Ausfallshaftungserklärung abgegeben, auf Grund derer sodann - nach sieben Jahren! - die Gläubiger, ohne dass sie sich noch einen Titel verschaffen müssten, sofort versuchen könnten, den Fehlbetrag beim Dritten exekutiv einbringlich zu machen.
Zusammenfassend ergibt sich daher, dass auch eine solche Ausfallshaftungserklärung des Dritten iSd § 156a KO nicht geeignet ist, die sonst fehlenden Voraussetzungen für die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens zu erfüllen.Zusammenfassend ergibt sich daher, dass auch eine solche Ausfallshaftungserklärung des Dritten iSd Paragraph 156 a, KO nicht geeignet ist, die sonst fehlenden Voraussetzungen für die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens zu erfüllen.
Anmerkung
E63977 08A02791European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:0080OB00279.01I.1129.000Dokumentnummer
JJT_20011129_OGH0002_0080OB00279_01I0000_000