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L1 GemeinderechtNorm
B-VG Art141 Abs1 litbLeitsatz
Keine Stattgabe der Anfechtung der (Nach)Wahl eines Mitgliedes des Gemeindevorstandes; Wahlvorschlag für die Nachbesetzung gesetzmäßig im Rahmen der Gemeinderatssitzung unterfertigtSpruch
Der Wahlanfechtung wird nicht stattgegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. In der Sitzung des Gemeinderates der Gemeinde Keutschach am See am 5.12.2001 fand ua. die (Nach)Wahl des E S zum Mitglied des Gemeindevorstandes dieser Gemeinde statt.
1.1.2.1. In der Niederschrift über diese Sitzung des Gemeinderates heißt es dazu unter Punkt 1. der Tagesordnung (Nachwahl des Gemeindevorstandsmitgliedes):
"Aufgrund des erhaltenen Wahlvorschlages der FPÖ erklärt der
Vorsitzende ... Herrn E S zum Mitglied des Gemeindevorstandes ... als
gewählt. Der Antrag liegt dem Protokoll bei."
1.1.2.2. Der Niederschrift ist ein "Wahlvorschlag für die
Nachbesetzung des Gemeindevorstandes ... der Gemeinde Keutschach am
See" vom 5.12.2001 folgenden Inhaltes angeschlossen:
"Die FPÖ, als im Sinne des §24 Abs2 der K-AGO 1998, LGBl. Nr. 66/1998 i.d.g.F., vorschlagsberechtigte Gemeinderatspartei, schlägt folgende Gemeinderatsmitglieder als Gemeindevorstand ... der Gemeinde Keutschach am See vor.
1.
...
2.
Zum Gemeindevorstandsmitglied: E S ...
3.
...".
Dieser Wahlvorschlag ist von 8 der Gemeinderatspartei FPÖ angehörigen Personen unterschrieben.
1.2.1. Mit ihrer am 2.1.2002 zur Post gegebenen und - der Sache nach - auf Art141 Abs1 litb B-VG gestützten Eingabe fechten die rechtsfreundlich vertretenen Mag. S K (Erstanfechtungswerber) und J K (Zweitanfechtungswerber) - beide Mitglieder des Gemeinderates der Gemeinde Keutschach am See, die an der Gemeinderatssitzung am 5.12.2001 teilgenommen hatten - diese Wahl an.
1.2.2.1. In der Anfechtungsschrift heißt es wörtlich wie folgt:
"Am 05.12.2001 fand bei der Gemeinde Keutschach eine Gemeinderatssitzung statt, im Rahmen derer die Nachwahl eines Gemeindevorstandes durchgeführt werden sollte. Zu dieser Nachwahl kam es dadurch, dass der Gemeindevorstand J M zurückgetreten war. Die wahlwerbende Gruppe 'FPÖ und Unabhängige', der der ausgeschiedene Gemeindevorstand angehörte, beabsichtigte die Nachnominierung durch 'Fraktionswahl' und legte einen Wahlvorschlag vor, wonach der Gemeinderat E S zum Gemeindevorstandsmitglied nachgewählt werden sollte. Dieser Wahlvorschlag wurde vom Bürgermeister im Rahmen der Sitzung den übrigen Gemeinderatsmitgliedern nicht zur Einsicht vorgewiesen. Fest steht jedoch, dass dieser Wahlvorschlag entgegen den Bestimmungen der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung und zwar deren §24 Abs2 nicht im Rahmen der Gemeinderatssitzung unterfertigt wurde und daher ungültig im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung ist.
...
In weiterer Folge erklärte der Bürgermeister G O, ohne auf die Ungültigkeit des 'Fraktionswahlvorganges' zu achten, E S als Gemeindevorstandsmitglied als gewählt. Der bei der Sitzung anwesende Bezirkshauptmann Dr. M gelobte E S in der Sitzung an.
Entsprechend den Bestimmungen der KAGO findet im Falle, dass ein ordnungsgemäß während der Gemeinderatssitzung unterfertigter Wahlvorschlag unterbreitet wird, kein Wahlvorgang im eigentlichen Sinne durch Stimmabgabe statt. Das bedeutet, dass die Unterschriftsleistung während der Gemeinderatssitzung indirekt die Stimmabgabe ersetzt. Aus diesen Gründen ist die Unterfertigung zwingend während der Gemeinderatssitzung durchzuführen. Ein nicht in der Sitzung unterfertigter Wahlvorschlag kann daher die Voraussetzungen für die Stimmabgabe bzw. für den eigentlichen Wahlvorgang nicht erfüllen, sodass eine Nachnominierung durch einen solchen ungültigen Vorgang nicht möglich ist.
Da somit §24 Abs2 bzw. sinngem. Abs8 über die Bestimmung der Nachwahl von Gemeindevorstandsmitgliedern nicht entsprochen wurde, lag für die Wahl kein gültiger Wahlvorschlag vor. Dementsprechend ist der Wahlvorgang als solcher formell nichtig.
Die beiden Antragsteller sind selbst Gemeinderatsmitglieder, nahmen an der Gemeinderatssitzung vom 05.12.2001 persönlich teil und sind daher zur Wahlanfechtung legitimiert. Der Gemeinderat hat 19 Mitglieder, sodass die Antragsteller auch die für die Wahlanfechtung erforderliche Mehrheit darstellen.
Unter Vorlage der eidesstättigen Erklärung des Mag. S K wird daher beantragt, die Nachwahl des E S zum Gemeindevorstandsmitglied der Gemeinde Keutschach vom 05.12.2001 durch 'Fraktionswahl' für nichtig zu erklären."
1.2.2.2. Die in der Wahlanfechtungsschrift genannte und von Mag. S K unterfertigte eidesstättige Erklärung hat folgenden Wortlaut:
"Ich, Mag. S K, erkläre hiermit an Eides statt, dass anlässlich der Gemeinderatssitzung der Gemeinde Keutschach vom 05.12.2001 der von der wahlwerbenden Gruppe 'FPÖ und Unabhängige' abgegebene Wahlvorschlag zur Nachnominierung des E S zum Gemeindevorstandsmitglied während der gesamten Sitzungsdauer von den Mitgliedern der wahlwerbenden Gruppe nicht unterfertigt wurde. Ein Sitzungsprotokoll über die Sitzung liegt noch nicht vor. Dies obwohl beim Bürgermeister bereits urgiert wurde."
1.3.1. Über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes (§68 Abs2 VfGG) legte der Bürgermeister der Gemeinde Keutschach am See als Wahlbehörde die Wahlakten, bestehend aus der Niederschrift über die 29. Sitzung des Gemeinderates der Gemeinde Keutschach am See vom 5.12.2001 und 2 Wahlvorschlägen, vor.
1.3.2.1. Desgleichen wurde eine Gegenschrift erstattet, die - wörtlich - folgende Ausführungen enthält:
"Die Nachwahl der Gemeinderatsvorstandsmitglieder war Tagesordnungspunkt Nummer 1 der Gemeinderatssitzung vom 5.12.2001. Nach Eröffnung der Gemeinderatssitzung durch mich vergingen ca. 15 Minuten bis der Tagesordnungspunkt Nummer 1 zur Behandlung gelangte. Bei Tagesordnungspunkt 1 wurde mir von Herrn Vizebürgermeister F G der Wahlvorschlag persönlich übergeben.
Es wurde nicht nur die Wahl des E S zum Gemeindevorstandsmitglied durchgeführt, sondern auch die Wahl des Ersatzmitgliedes des ersten Vizebürgermeisters, sowie des Ersatzmitgliedes für das Gemeindevorstandsmitglied E S. Den Antragstellern dürfte es offensichtlich entgangen sein, dass der Wahlvorschlag ordnungsgemäß eingebracht und unterfertigt wurde. Genauso ist es den Antragstellern offensichtlich entgangen, dass nicht nur E S zum Gemeindevorstandsmitglied gewählt wurde, sondern auch zwei Ersatzmitglieder.
Offensichtlich ist den beiden Antragstellern auch die Unterfertigung des Wahlvorschlages entgangen, nachdem nicht vorgesehen ist, dass die Unterfertigung ein 'feierlicher Akt' sein soll. Nachdem den beiden Antragstellern die Nachwahl der Ersatzmitglieder entgangen ist, kann wohl auch davon ausgegangen werden, dass die Unterfertigung des Wahlvorschlages durch die Gemeinderäte entgangen sei.
Vorgelegt wird die Erklärung der Gemeinderatsmitglieder, die den Wahlvorschlag unterfertigt haben.
Zur eidesstättigen Erklärung des Mag. S K darf noch bemerkt werden, dass nur dieser eine eidesstättige Erklärung abgegeben hat, nicht aber der Zweitantragsteller J K, der sich offensichtlich nicht sicher ist. Offensichtlich hat dieser dem ganzen Vorgang keine große Aufmerksamkeit geschenkt, sodass eine eidesstattliche Erklärung von ihm nicht abgegeben wurde.
Der Gemeinderat Mag. S K müßte die Gemeinderäte, die den Wahlvorschlag unterfertigt haben, ständig im Auge gehabt haben, um wirklich an Eides statt erklären zu können, dass keiner der Gemeinderäte den Wahlvorschlag, also ein Blatt Papier, unterfertigt haben.
Ich stellte, nachdem ich die ordnungsgemäße und rechtmäßige inbringung des Antrages festgestellt habe und diesen Antrag dem Gemeinderat wortwörtlich im Beisein von Bezirkshauptmann Dr. W M, vorgelesen habe, erklärte ich Herrn E S zum Gemeindevorstandsmitglied, Herrn F P und P P als Ersatzmitglieder als gewählt. Anschließend erfolgte die Angelobung in die Hand des Bezirkshauptmannes.
Nachdem ich die Wahl des E S zum Gemeindevorstandsmitglied und der beiden Ersatzmitglieder entsprechend der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung korrekt durchgeführt habe, besteht kein Anlaß die Nachwahl des E S zum Gemeindevorstandsmitglied der Gemeinde Keutschach für nichtig zu erklären, sodass gestellt wird der Antrag dem Antrag auf Wahlanfechtung nicht stattzugeben bzw. abzuweisen."
1.3.2.2. Die in der Gegenschrift erwähnte "Erklärung von Gemeinderatsmitgliedern" (vom 10.4.2002), welche von den selben Personen unterfertigt ist, die den eingangs genannten Wahlvorschlag (für die Nachbesetzung des Gemeindevorstandes der Gemeinde Keutschach am See vom 5.12.2001) unterfertigt hatten, lautet wörtlich wie folgt:
"Der Antrag für die Nachwahl des Gemeindevorstandes wurde von Herrn Vizebürgermeister F G während der Sitzung des Gemeinderates Herrn Bürgermeister G O übergeben.
Die Unterschriften auf diesen Antrag für die Nachwahl wurden am 5. Dezember 2001 im Sitzungssaal der Gemeinde Keutschach am See nach 16.00 Uhr von uns geleistet."
1.3.3. In einem weiteren Schriftsatz des Bürgermeisters der Gemeinde Keutschach wurde Folgendes ausgeführt:
"Die ... Niederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 5.12.2001 bezog sich insbesondere auf die Wahl des Gemeindevorstandsmitgliedes E S, der Ersatzmitglieder und Ausschussmitglieder.
Als Protokollprüfer fungierte der Zweitantragsteller J K. Alle im vorbezeichneten Protokoll enthaltenen Wahlvorschläge wurden im Sitzungssaal der Gemeinde Keutschach am See nach 16:00 Uhr unterzeichnet, so insbesondere auch vom Zweitantragsteller.
Weder der Zweitantragsteller noch der Erstantragsteller, Mag. S K, haben in der Folge schriftlich oder mündlich die Berichtigung oder Abänderung der Niederschrift über die 29. Sitzung des Gemeinderates vom 5.1.2001 verlangt."
1.4. Die Anfechtungswerber replizierten auf die Gegenschrift der Wahlbehörde wie folgt:
"Bezeichnenderweise beinhaltet die Formulierung der Erklärung der Gemeinderatsmitglieder vom 10.04.2002 nur die Bestätigung, dass der Antrag am 05.12.2001 im Sitzungssaal der Gemeinde Keutschach nach 16 Uhr geleistet worden sei. Von den unterfertigten Gemeinderatsmitgliedern wird nur die Örtlichkeit bestätigt, nicht jedoch, dass die Unterfertigung, wie es vom Gesetz vorgeschrieben ist, im Rahmen der Gemeinderatssitzung erfolgte.
Aus dem Protokoll ist ersichtlich, dass die Eröffnung der Sitzung durch den Vorsitzenden unmittelbar nach Erscheinen des Bezirkshauptmannes Dr. M erfolgte, da der Vorsitzende Dr. M als Anwesenden bei der Eröffnung der Sitzung begrüßt. Weiters ist aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich, dass zu Punkt 1. der Tagesordnung der Wahlvorschlag direkt übergeben wurde. Im Protokoll ist der für die Wahl aber entscheidende Akt, nämlich die Unterfertigung nicht erwähnt. Insofern stimmt nach Ansicht der beiden Antragsteller das Protokoll mit den tatsächlichen Vorgängen vollinhaltlich überein.
Es mag durchaus sein, dass die Fraktion der FPÖ-Abgeordneten am 05.12. vor der Sitzung den Wahlvorschlag ausarbeiteten und unterfertigten. Eine Unterfertigung im Rahmen der Sitzung erfolgte jedoch nicht. Richtig ist, dass die Sitzung etwas später begann, da der Bezirkshauptmann sich verspätete. In diesem Zusammenhang muss aber darauf verwiesen werden, dass laut Protokoll die formelle Eröffnung der Sitzung erst nach Eintreffen des Bezirkshauptmannes erfolgte. Eventuelle Fraktionsgespräche der freiheitlichen Mandatare zwischen dem geplanten Sitzungsbeginn und dem tatsächlichen erfüllen nicht das Erfordernis der Unterfertigung in der Sitzung.
..."
1.5. Der mit "Wahl der Vizebürgermeister und der sonstigen Mitglieder des Gemeindevorstandes" überschriebene §24 der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung (AGO), LGBl. 1998/66, hat folgenden Wortlaut:
"(1) Der Vorsitzende hat die nach dem Verhältniswahlrecht (§75 Abs2 bis 4 der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlordnung) auf die Gemeinderatsparteien entfallende Anzahl der Mitglieder des Gemeindevorstandes festzustellen. Gehört der Bürgermeister einer Gemeinderatspartei an, die Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand hat, so ist er auf das letzte seiner Gemeinderatspartei zufallende Mandat anzurechnen. Hierauf sind aus der Mitte des Gemeinderates die Vizebürgermeister und die sonstigen Gemeindevorstandsmitglieder zu wählen. In gleicher Weise und im gleichen Wahlgang ist für jedes Mitglied des Gemeindevorstandes ausschließlich des Bürgermeisters ein Ersatzmitglied zu wählen.
(2) Die Wahl erfolgt auf Grund von Wahlvorschlägen, die beim Vorsitzenden einzubringen sind. Sie müssen von mehr als der Hälfte der Angehörigen jener Gemeinderatsparteien unterschrieben sein, denen nach dem Verhältniswahlrecht Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand zukommt. Die Unterschriften auf dem Wahlvorschlag sind im Rahmen der Gemeinderatssitzung zu leisten. Der Vorsitzende hat die vorgeschlagenen Personen in der Reihenfolge, die sich aus der Anwendung des Verhältniswahlrechtes ergibt, als Vizebürgermeister und als sonstige Gemeindevorstandsmitglieder für gewählt zu erklären. Als Vizebürgermeister, sonstiges Gemeindevorstandsmitglied und Ersatzmitglied sind nur Mitglieder des Gemeinderates mit vsterreichischer Staatsbürgerschaft wählbar.
(3) Haben zwei Gemeinderatsparteien gleichen Anspruch auf Vertretung durch einen Vizebürgermeister oder durch ein sonstiges Gemeindevorstandsmitglied, so entscheidet das Los.
(4) (entfällt)
(5) (entfällt)
(6) (entfällt)
(7) (entfällt)
(7a) Macht eine Gemeinderatspartei von ihrem Anspruch, nach Maßgabe ihrer Stärke im Gemeindevorstand vertreten zu sein, dadurch nicht Gebrauch, daß sie für die Wahl des Vizebürgermeisters, eines sonstigen Mitgliedes des Gemeindevorstandes oder eines Ersatzmitgliedes spätestens in der auf die Wahl des Bürgermeisters folgenden Sitzung des Gemeinderates - bei Nachwahlen spätestens in der gemäß Abs8 stattfindenden Sitzung des Gemeinderates und im Fall einer Nichtannahme einer Wahl in der auf die Nichtannahme folgenden Sitzung des Gemeinderates - keinen oder keinen gültigen Wahlvorschlag erstattet, so hat der Gemeinderat diese Funktion in einem getrennten Wahlgang durch Wahl aus der Mitte aller Mitglieder des Gemeinderates mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu besetzen; für die Durchführung dieser Wahl gilt §23a Abs2 bis 4 sinngemäß. Ist ein Anspruch einer Gemeinderatspartei auf Vertretung im Gemeindevorstand durch Los (Abs3) entstanden, sind die Bestimmungen des ersten Satzes nur dann anzuwenden, wenn die in der Losentscheidung unterlegene Gemeinderatspartei von ihrem Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand im Sinne des ersten Satzes nicht Gebrauch macht.
(8) Im Falle des Endens des Amtes eines nach §23a gewählten Bürgermeisters, eines Vizebürgermeisters oder eines sonstigen Mitgliedes des Gemeindevorstandes sind innerhalb von acht Wochen Nachwahlen durchzuführen. Dies gilt in gleicher Weise für Ersatzmitglieder eines Vizebürgermeisters oder eines sonstigen Mitgliedes des Gemeindevorstandes."
2. Über die Wahlanfechtung wurde erwogen:
2.1.1. Gemäß Art141 Abs1 litb B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof ua. über Anfechtungen von Wahlen in die mit der Vollziehung betrauten Organe einer Gemeinde, somit auch in den Gemeindevorstand (§67 Abs1 VfGG). Nach §67 Abs2 VfGG bedarf die Anfechtung der Wahl zu einem Gemeindevorstand des Antrages von einem Zehntel der Mitglieder der Gemeindevertretung, mindestens aber von zwei Mitgliedern. Diese Prozessvoraussetzung liegt vor. §68 Abs1 VfGG bestimmt schließlich, dass die Wahlanfechtung binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens eingebracht sein muss. Die Wahlanfechtung wurde innerhalb dieser Frist erhoben.
2.1.2. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist die Wahlanfechtung zulässig.
2.2.1. Gemäß §24 Abs2 AGO erfolgt die Wahl eines (sonstigen) Mitgliedes des Gemeindevorstandes - um die es im vorliegenden Fall geht - auf Grund eines Wahlvorschlages, der beim Vorsitzenden einzubringen ist; dieser Wahlvorschlag muss von mehr als der Hälfte der Angehörigen jener Gemeinderatspartei unterschrieben sein, der nach dem Verhältniswahlrecht Anspruch auf das entsprechende Mandat im Gemeindevorstand zukommt. Die Unterschriften auf dem Wahlvorschlag sind im Rahmen der Gemeinderatssitzung zu leisten.
2.2.2. Der Verfassungsgerichtshof geht auf Grund des Vorbringens der Anfechtungswerber, der Gegenschrift bzw. des weiteren Schriftsatzes des Bürgermeisters als Wahlbehörde und der Niederschrift über die 29. Sitzung des Gemeinderates der Gemeinde Keutschach am See vom 5.12.2001 von Folgendem aus:
In der genannten Niederschrift, die vom Zweitanfechtungswerber als Protokollführer (mit)unterfertigt wurde, ist der (Sitzungs)"Beginn" mit "16.00 Uhr" festgehalten. Weiters heißt es in der genannten Niederschrift zu "Pkt. 1 der Tagesordnung:
Nachwahl des Gemeindevorstandsmitgliedes":
"Aufgrund des erhaltenen Wahlvorschlages der FPÖ erklärt der Vorsitzende ... Herrn E S zum Mitglied des Gemeindevorstandes ... als gewählt. Der Antrag liegt dem Protokoll bei".
Zu Folge des weiteren, im verfassungsgerichtlichen Verfahren erstatteten und von den Anfechtungswerbern unbestritten gebliebenen Schriftsatzes des Bürgermeisters wurde auch von den Anfechtungswerbern weder schriftlich noch mündlich irgendeine Berichtigung oder Abänderung dieser Niederschrift verlangt. Ferner ist der Gegenschrift des Bürgermeisters eine "Erklärung von Gemeinderatsmitgliedern" (vom 10.4.2002) angeschlossen, worin diejenigen Personen, die den Wahlvorschlag für die Nachbesetzung des in Rede stehenden Mandates im Gemeindevorstand vom 5.12.2001 unterfertigt hatten, bestätigen, dass die auf dem Wahlvorschlag aufscheinenden Unterschriften "am 5.12.2001 im Sitzungssaal der Gemeinde Keutschach am See nach 16 Uhr" geleistet worden seien.
Der Verfassungsgerichtshof nimmt im Hinblick darauf an, dass die Unterschriften auf dem den 1. Tagesordnungspunkt betreffenden Wahlvorschlag, den der Bürgermeister jedenfalls im Zeitpunkt des Aufrufes dieses Tagungsordnungspunktes bereits erhalten hatte, zwischen dem Beginn der Sitzung um 16 Uhr und eben diesem Aufruf des genannten Tagesordnungspunktes von den dafür in Betracht kommenden Mitgliedern des Gemeinderates im Sitzungssaal geleistet wurden.
Wenn die Anfechtungswerber den Beweiswert der oben genannten "Erklärung von Gemeinderatsmitgliedern" (vom 10.4.2002) dadurch zu erschüttern suchen, dass sie - in ihrer Replik - die Meinung vertreten, diese Erklärung enthalte keine Bestätigung dafür, dass die Unterschriften "im Rahmen der Gemeinderatssitzung" geleistet worden seien, zumal die Gemeinderatssitzung - wie aus dem Protokoll ersichtlich sei - "etwas später", nämlich erst nach dem Erscheinen des Bezirkshauptmannes, der sich verspätet habe, eröffnet worden sei, so ist ihnen Folgendes entgegen zu halten: Aus der - wie bereits ausgeführt - vom Zweitanfechtungswerber als Protokollführer (mit)unterfertigten Niederschrift über die 29. Sitzung des Gemeinderates vom 5.12.2001 ergibt sich als Sitzungsbeginn der Zeitpunkt 16 Uhr. Eine im Zeitraum zwischen 16 Uhr, also dem Beginn der Sitzung, und dem Aufruf des maßgeblichen Tagesordnungspunktes von den hiefür in Betracht kommenden und - was unbestritten geblieben ist - im Sitzungssaal anwesenden Mitgliedern des Gemeinderates vorgenommene Unterfertigung des Wahlvorschlages ist aber als Leistung der Unterschrift "während der Sitzung" iSd. §24 Abs2 dritter Satz AGO zu werten.
Dazu kommt im vorliegenden Fall, dass es Sache der an der Gemeinderatssitzung am 5.12.2001 persönlich teilnehmenden Anfechtungswerber gewesen wäre, hätte die Sitzung tatsächlich den von ihnen nunmehr behaupteten Verlauf genommen, schon in dieser Sitzung - rechtzeitig - den Vorsitzenden und die übrigen Mitglieder des Gemeinderates auf den nunmehr behaupteten Umstand hinzuweisen und darauf aufmerksam zu machen, dass in Ermangelung der gesetzlich geforderten Unterfertigung des Wahlvorschlages "im Rahmen der Gemeinderatssitzung" ein gültiger Wahlvorschlag gar nicht vorliege, oder auch entsprechende Anträge zu stellen (s. schon §28 Abs1 erster Satz AGO über die Rechte der Mitglieder des Gemeinderates; ferner §41 Abs1 und 5 AGO - mündliche Anträge zur Geschäftsbehandlung; vgl. §45 Abs3 AGO über die Aufnahme einer abweichenden Meinung in die Sitzungsniederschrift; vgl. insb. auch VfSlg. 14.556/1996, S 697f.). Die Anfechtungswerber behaupten selbst nicht, dass sie sich in dieser Weise verhalten hätten; auch aus der Niederschrift über die Sitzung des Gemeinderates am 5.12.2001 ergibt sich das nicht. Der Verfassungsgerichtshof lässt sich dabei von dem Gedanken leiten, dass durch das - in welcher Form auch immer erfolgte - Aufzeigen allfälliger Unregelmäßigkeiten die potenzielle Rechtswidrigkeit einer Wahl überhaupt vermieden oder noch während des Wahlvorganges - durch Abstellen eines bestimmten Vorganges oder seiner Korrektur - abgewendet werden könnte. Im vorliegenden Fall wäre dies - falls sich der von den Anfechtungswerbern behauptete Umstand tatsächlich ereignet hätte - durchaus möglich gewesen.
2.2.3. Die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens liegt daher nicht vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Gemeinderecht Organe, Gemeindevorstand, VfGH / WahlanfechtungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:WI1.2002Dokumentnummer
JFT_09979075_02W00I01_00