TE OGH 2001/12/13 8ObS153/01k

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Veröffentlicht am 13.12.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wilhelm Koutny und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Klaus S*****, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, gegen die beklagte Partei Bundessozialamt Steiermark, Babenbergerstraße 35, 8021 Graz, nunmehr: IAF-Service GmbH, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen S 246.051,14 netto sA (Revisionsinteresse S 242.284,-- netto sA) über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. April 2001, GZ 7 Rs 59/01b-19, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 46, Absatz eins, ASGG zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht wies das nach dem IESG idF der Nov 1997 (Abweisung des Konkursantrages mangels Kosten deckenden Vermögen am 9. 3. 1999) zu beurteilende Klagebegehren auf Insolvenz-Ausfallgeld zur Gänze ab, weil das Verhalten des Klägers einem Fremdvergleich nicht standhalte. Er hatte nämlich bereits sechs Wochen nach Arbeitsbeginn kein Entgelt mehr erhalten, verblieb aber dennoch weitere 9 1/2 Monate, in denen er vom Geld seiner Freundin und einem Kredit, den er bei deren Mutter aufgenommen hatte, lebte, im Betrieb, weil ihm die leichte Arbeit gefiel.Das Berufungsgericht wies das nach dem IESG in der Fassung der Nov 1997 (Abweisung des Konkursantrages mangels Kosten deckenden Vermögen am 9. 3. 1999) zu beurteilende Klagebegehren auf Insolvenz-Ausfallgeld zur Gänze ab, weil das Verhalten des Klägers einem Fremdvergleich nicht standhalte. Er hatte nämlich bereits sechs Wochen nach Arbeitsbeginn kein Entgelt mehr erhalten, verblieb aber dennoch weitere 9 1/2 Monate, in denen er vom Geld seiner Freundin und einem Kredit, den er bei deren Mutter aufgenommen hatte, lebte, im Betrieb, weil ihm die leichte Arbeit gefiel.

Als erhebliche Rechtsfrage macht der Kläger geltend, dass jeweils auf den Einzelfall abzustellen sei und nach der neueren Judikatur des Obersten Gerichtshofes (8 ObS 206/00b) dem Arbeitnehmer bewusst sein müsse, dass er seine Gegenleistung nicht vom Arbeitgeber, sondern nur vom Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds bekommen könne und er deshalb weiter arbeite; die Vorinstanzen hätten unterlassen, entsprechende Feststellungen zum Rechtswidrigkeitsbewusstsein und zum bedingten Vorsatz zu treffen. Überdies läge keine besonders lange - deutlich die sechs Monate des § 3a IESG übersteigende - Wartezeit vor und lägen auch keine sonstigen Umstände vor, die auf fehlende Interessengegensätze schließen ließen, wie zB familiäre Beziehungen. Im Rahmen der Rechtsrüge macht der Kläger noch geltend, dass er aber jedenfalls Insolvenz-Ausfallgeld in Höhe von sechs Monaten nach Erhalt der letzten Zahlung und für seine Beendigungsansprüche bekommen müsste.Als erhebliche Rechtsfrage macht der Kläger geltend, dass jeweils auf den Einzelfall abzustellen sei und nach der neueren Judikatur des Obersten Gerichtshofes (8 ObS 206/00b) dem Arbeitnehmer bewusst sein müsse, dass er seine Gegenleistung nicht vom Arbeitgeber, sondern nur vom Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds bekommen könne und er deshalb weiter arbeite; die Vorinstanzen hätten unterlassen, entsprechende Feststellungen zum Rechtswidrigkeitsbewusstsein und zum bedingten Vorsatz zu treffen. Überdies läge keine besonders lange - deutlich die sechs Monate des Paragraph 3 a, IESG übersteigende - Wartezeit vor und lägen auch keine sonstigen Umstände vor, die auf fehlende Interessengegensätze schließen ließen, wie zB familiäre Beziehungen. Im Rahmen der Rechtsrüge macht der Kläger noch geltend, dass er aber jedenfalls Insolvenz-Ausfallgeld in Höhe von sechs Monaten nach Erhalt der letzten Zahlung und für seine Beendigungsansprüche bekommen müsste.

Damit vermag der Revisionswerber keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen: Die Entscheidung des Berufungsgerichts entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Dieser hat sich in der vom Revisionswerber zitierten Entscheidung vom 23. 10. 2000, 8

ObS 206/00b (= DRdA 2001/37 [Anzenberger] = RdW 2001/451 und 462 =

WBl 2001/91 = ZIK 2001/117 mwN) mit der Frage des "atypischen"

Arbeitnehmers eingehend befasst und seine bisherige Rechtsprechung dogmatisch untermauert. Entgegen den Behauptungen des Revisionswerbers ist er jedoch nicht von seiner bisherigen Rechtsprechung abgewichen und hat in dieser Entscheidung insbesondere nicht darauf abgestellt, dass festgestellt werden müsse, dass dem Arbeitnehmer die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewusst sei. Der Oberste Gerichtshof hat vielmehr in dieser Entscheidung klargelegt, dass das "verfahrenstechnische" Mittel des Fremdvergleiches und die darauf aufbauende Beurteilung des "atypischen Arbeitsverhältnis" nicht mit dem eigentlichen Ausschlussgrund, der Übertragung des Finanzierungsrisikos verwechselt werden dürfe. Die Beurteilung "atypisches" Arbeitsverhältnis, bei dem es dem Arbeitnehmer, anders als vom IESG zugrundegelegt, nicht auf die Erzielung von Entgelt zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes ankommt, ist nur Ausdruck für das Ergebnis des Fremdvergleiches, der wieder nur zur Beurteilung dient, ob ein bestimmtes Verhalten - Stehenlassen des Entgeltes - den zumindest bedingten Vorsatz des Arbeitnehmers zur Verlagerung des Finanzierungsrisikos indiziert. Es bedarf dieser im Zwischenbereich zwischen den eigentlichen Bestimmungen über die Risikotragung und den verfahrensrechtlichen Bestimmungen zur Feststellung der konkreten Sachverhalte liegenden Regelungen, weil der zahlende Dritte - hier der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds - sonst schon mangels faktischer Möglichkeiten, die Feststellung des tatsächlich vorliegenden Sachverhaltes zu erreichen, völlig den Versuchen der missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen auf Insolvenz-Ausfallgeld ausgesetzt wäre. Der Fremdvergleich hat dabei sämtliche objektive Anhaltspunkte heranzuziehen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bei Personen, bei denen sich eine besondere Nahebeziehung zum Arbeitgeber zeigt, regelmäßig auch das Wissen um die finanzielle Situation des Betriebes größer ist und daher auch schon bei kürzeren Entgeltrückständen beim Verbleiben im Betrieb zumindest der bedingte Vorsatz anzunehmen sein wird, das Entgelt nicht vom Arbeitgeber, sondern vom Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds zu erhalten. Beim durchschnittlichen Arbeitnehmer kann sich dies regelmäßig nur aus deutlich über der 6-Monatsgrenze des § 3a IESG liegenden Entgeltrückständen ableiten lassen. Ergibt sich daraus aber der Schluss, dass zumindest der bedingte Vorsatz einer Überwälzung des Finanzierungsrisikos anzunehmen ist, so kann dieser nicht durch den Beweis über die konkreten Absichten des Arbeitnehmers widerlegt werden.Arbeitnehmers eingehend befasst und seine bisherige Rechtsprechung dogmatisch untermauert. Entgegen den Behauptungen des Revisionswerbers ist er jedoch nicht von seiner bisherigen Rechtsprechung abgewichen und hat in dieser Entscheidung insbesondere nicht darauf abgestellt, dass festgestellt werden müsse, dass dem Arbeitnehmer die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewusst sei. Der Oberste Gerichtshof hat vielmehr in dieser Entscheidung klargelegt, dass das "verfahrenstechnische" Mittel des Fremdvergleiches und die darauf aufbauende Beurteilung des "atypischen Arbeitsverhältnis" nicht mit dem eigentlichen Ausschlussgrund, der Übertragung des Finanzierungsrisikos verwechselt werden dürfe. Die Beurteilung "atypisches" Arbeitsverhältnis, bei dem es dem Arbeitnehmer, anders als vom IESG zugrundegelegt, nicht auf die Erzielung von Entgelt zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes ankommt, ist nur Ausdruck für das Ergebnis des Fremdvergleiches, der wieder nur zur Beurteilung dient, ob ein bestimmtes Verhalten - Stehenlassen des Entgeltes - den zumindest bedingten Vorsatz des Arbeitnehmers zur Verlagerung des Finanzierungsrisikos indiziert. Es bedarf dieser im Zwischenbereich zwischen den eigentlichen Bestimmungen über die Risikotragung und den verfahrensrechtlichen Bestimmungen zur Feststellung der konkreten Sachverhalte liegenden Regelungen, weil der zahlende Dritte - hier der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds - sonst schon mangels faktischer Möglichkeiten, die Feststellung des tatsächlich vorliegenden Sachverhaltes zu erreichen, völlig den Versuchen der missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen auf Insolvenz-Ausfallgeld ausgesetzt wäre. Der Fremdvergleich hat dabei sämtliche objektive Anhaltspunkte heranzuziehen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bei Personen, bei denen sich eine besondere Nahebeziehung zum Arbeitgeber zeigt, regelmäßig auch das Wissen um die finanzielle Situation des Betriebes größer ist und daher auch schon bei kürzeren Entgeltrückständen beim Verbleiben im Betrieb zumindest der bedingte Vorsatz anzunehmen sein wird, das Entgelt nicht vom Arbeitgeber, sondern vom Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds zu erhalten. Beim durchschnittlichen Arbeitnehmer kann sich dies regelmäßig nur aus deutlich über der 6-Monatsgrenze des Paragraph 3 a, IESG liegenden Entgeltrückständen ableiten lassen. Ergibt sich daraus aber der Schluss, dass zumindest der bedingte Vorsatz einer Überwälzung des Finanzierungsrisikos anzunehmen ist, so kann dieser nicht durch den Beweis über die konkreten Absichten des Arbeitnehmers widerlegt werden.

Bei dieser Beurteilung ist auch auf die Beschäftigungsdauer Rücksicht zu nehmen. Je länger ein Arbeitnehmer bereits im Betrieb tätig war und zumindest im Wesentlichen regelmäßig sein Entgelt erhalten hat, desto weniger schnell verliert er seinen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld, weil auch ein typischer Arbeitnehmer noch einige Zeit zugewartet hätte; je kürzer der Arbeitnehmer tätig war, insbesondere, wenn er bereits von Anfang an, oder - wie hier - nahezu von Anfang an kein Entgelt erhielt, desto schneller wäre ein typischer Arbeitnehmer ausgetreten.

Zwar steht es dem Arbeitnehmer frei, auch wenn er kein Entgelt erhält, solange es ihm gefällt, im Betrieb seines Arbeitgebers zu verbleiben. Es ist auch durchaus verständlich, dass dem Kläger die leichte Arbeit - er hatte nahezu nichts zu tun und konnte in der Arbeitszeit privat Autos reparieren - gefiel, doch verliert ein solches Arbeitsverhältnis, wenn die Frist erheblich überschritten wird, die ein durchschnittlicher Arbeitnehmer im Betrieb geblieben wäre, den Charakter eines "typischen" Arbeitsverhältnisses und schließt ein solches Verhalten einen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld aus (vgl 8 ObS 57/00s = infas 2000 A 114, wo ein längeres Zuwarten wegen der "Liebe zum Metier" zum Verlust der Insolvenz-Ausfallgeld-Sicherung führte). Hätte ein "typischer" Arbeitnehmer bereits wesentlich früher seinen vorzeitigen Austritt erklärt, hat der Kläger im Fall nachfolgender Insolvenz des Dienstgebers keinerlei Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld: Ein derartiges Arbeitsverhältnis ist nach ständiger Rechtsprechung zur Gänze aus dem Schutzbereich des IESG ausgenommen. In diesem Fall gebührt überhaupt kein Insolvenz-Ausfallgeld, und zwar auch nicht für den sechs Monatszeitraum des § 3a Abs 1 IESG oder für etwaige Beendigungsansprüche (8 ObS 56/00v = WBl 2000/216; 8 ObS 153/00h = RdW 2000/742 uva).Zwar steht es dem Arbeitnehmer frei, auch wenn er kein Entgelt erhält, solange es ihm gefällt, im Betrieb seines Arbeitgebers zu verbleiben. Es ist auch durchaus verständlich, dass dem Kläger die leichte Arbeit - er hatte nahezu nichts zu tun und konnte in der Arbeitszeit privat Autos reparieren - gefiel, doch verliert ein solches Arbeitsverhältnis, wenn die Frist erheblich überschritten wird, die ein durchschnittlicher Arbeitnehmer im Betrieb geblieben wäre, den Charakter eines "typischen" Arbeitsverhältnisses und schließt ein solches Verhalten einen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld aus vergleiche 8 ObS 57/00s = infas 2000 A 114, wo ein längeres Zuwarten wegen der "Liebe zum Metier" zum Verlust der Insolvenz-Ausfallgeld-Sicherung führte). Hätte ein "typischer" Arbeitnehmer bereits wesentlich früher seinen vorzeitigen Austritt erklärt, hat der Kläger im Fall nachfolgender Insolvenz des Dienstgebers keinerlei Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld: Ein derartiges Arbeitsverhältnis ist nach ständiger Rechtsprechung zur Gänze aus dem Schutzbereich des IESG ausgenommen. In diesem Fall gebührt überhaupt kein Insolvenz-Ausfallgeld, und zwar auch nicht für den sechs Monatszeitraum des Paragraph 3 a, Absatz eins, IESG oder für etwaige Beendigungsansprüche (8 ObS 56/00v = WBl 2000/216; 8 ObS 153/00h = RdW 2000/742 uva).

Anmerkung

E64089 8ObS153.01k

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:008OBS00153.01K.1213.000

Dokumentnummer

JJT_20011213_OGH0002_008OBS00153_01K0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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