TE OGH 2001/12/17 1Ob284/01y

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Veröffentlicht am 17.12.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GesellschaftmbH, *****, vertreten durch Ing. Mag. Klaus Helm, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Stadt T*****, vertreten durch Dr. Josef Kehrer, Rechtsanwalt in Traun, wegen 383.865,62 S sA infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 100.000 S sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. Mai 2001, GZ 3 R 77/01s-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom 27. November 2000, GZ 1 Cg 69/99h-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.871,68 S (darin 1.145,28 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei beteiligte sich als Bieterin an der Ausschreibung der Baumeisterarbeiten zur Errichtung der Turnsaalanlage einer Volksschule durch die beklagte Partei. Der Ausschreibung lagen die Ö-Normen A 2050 (Ausgabe 1993-01) und B 2110 (Ausgabe 1995-03) zugrunde. Die Angebotsfrist endete am 12. 10. 1998. Nach der Angebotseröffnung an diesem Tag erwies sich die klagende Partei mit einem angebotenen Gesamtpreis von 3,795.706,25 S als Billigst- und Bestbieterin. In der Folge stellte sich heraus, dass in dem der Ausschreibung zugrunde gelegten Leistungsverzeichnis die erforderliche Errichtung von 590 m2 Außenmauerwerk nicht enthalten war. Diese Position fehlte, weil sie "aufgrund eines Fehlers im Ausschreibungsprogramm nicht aktiviert" war. Der für die Ausschreibung verantwortliche Architekt wies mit Schreiben vom 25. 10. 1998 auf den EDV-Fehler hin und ersuchte die klagende Partei namens der beklagten Partei, ein Zusatzangebot für die Errichtung dieses Mauerwerks zu legen. Daraufhin bot die klagende Partei die Erbringung dieser Leistung im Zusatzangebot vom 30. 10. 1998 zu einem Nettopreis von 506.220 S an. Dadurch erhöhte sich die Angebotssumme um rund 13 % auf insgesamt 4,301.926,25 S.

Das ursprüngliche Angebot der klagenden Partei enthielt für vier Positionen des Leistungsverzeichnisses Einheitspreise von je 1 S. Obgleich die beklagte Partei diese Einheitspreise für zu niedrig hielt, forderte sie die klagende Partei nicht schriftlich auf, diese Preisgestaltung aufzuklären. Mit Schreiben vom 10. 12. 1998 begründete die klagende Partei die erörterten Einheitspreise gegenüber der beklagten Partei damit, dass es sich bei diesen Positionen lediglich um Aufzahlungen zu anderen Positionen handle. Nach dieser Berechnungsart war die Angemessenheit der Einheitspreise und der Angebotssumme zu bejahen. Mit Schreiben vom 22. 12. 1998 teilte der Architekt der beklagten Partei der klagenden Partei das Ergebnis einer vertieften Angebotsprüfung mit: Danach hätten jene Positionen nicht um Einheitspreise von je 1 S ausgeführt werden können. Nach dem auf Grundlage aller Angebote errechneten mittleren Preis sei vielmehr eine Verteuerung um 174.897,72 S netto anzunehmen. Schließlich wurde das Angebot der klagenden Partei "wegen nicht plausibel zusammengesetzter Einheitspreise ausgeschieden", ohne dass ihr die Möglichkeit einer aufklärenden Stellungnahme eingeräumt worden war. Mit Schreiben vom 5. 2. 1999 informierte der Architekt die klagende Partei "namens und auftrags der beklagten Partei", dass die Ausschreibung der Baumeisterarbeiten für die Turnsaalanlage wegen einer "auf die Preisgestaltung rückwirkenden wesentlichen Massenmehrung" gemäß § 32 Abs 4 Oö VergabeG "als widerrufen gilt".

Die klagende Partei begehrte zuletzt den Zuspruch von 383.865,62 S sA. Sie brachte vor, ihr hätte als Bestbieterin der Zuschlag erteilt werden müssen. Die beklagte Partei habe ihr Angebot deshalb zu Unrecht ausgeschieden und dabei die der Ausschreibung zugrunde gelegte Ö-Norm A 2050 verletzt. Sie habe ohne Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen eine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt, die Aufklärung allfälliger Unklarheiten im Angebot unterlassen und sich zu Unrecht auf die Unverbindlichkeit der Ausschreibung berufen. Sie habe überdies die Ausschreibung rechtswidrig widerrufen. Der Klageanspruch entfalle zu 68.602,50 S auf die frustrierten Kosten der Angebotserstellung, zu 76.313,64 S auf Anwaltskosten, die aufgewendet hätten werden müssen, um der den Ausschreibungsbedingungen widersprechenden Vorgangsweise der beklagten Partei entgegenzutreten, und zu 238.949,48 S auf das Erfüllungsinteresse. Das Angebot der klagenden Partei aufgrund der zweiten Ausschreibung sei nur mehr an zwölfter Stelle gereiht. Mit einem Zuschlag sei daher nicht zu rechnen.

Die beklagte Partei wendete ein, das Angebot der klagenden Partei habe im Einklang mit der Ö-Norm A 2050 von vornherein ausgeschieden werden müssen, weil wesentliche Positionen zu unrealistischen Preisen angeboten worden seien. Infolge eines Softwarefehlers habe sich die an sich aktivierte Position Wärmeschutzmauerwerk deaktiviert. Dieser Fehler im Leistungsverzeichnis sei erst anlässlich der Angebotsprüfung aufgefallen. Wegen der Bedeutung der ausgelassenen Position seien der Widerruf der Ausschreibung und die Neuausschreibung unumgänglich gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach dessen Ansicht wurde zwar das Angebot der klagenden Partei zu Unrecht ausgeschieden, der Klageanspruch müsse allerdings dennoch scheitern, weil die Ausschreibung nach Ablauf der Angebotsfrist wegen der fehlerhaften Massenangabe im Leistungsverzeichnis habe widerrufen werden müssen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteils und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, das Oö Vergabegesetz sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil der Auftragswert nicht die gemäß § 3 dieses Gesetzes erforderliche Schwelle von mindestens 5 Mio Ecu erreiche. Die beklagte Partei unterliege als öffentlicher Auftraggeber auch ohne Bindung an gesetzliche oder verwaltungsinterne Vergabevorschriften dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz, der im Vergaberecht durch die Ö-Norm A 2050 - hier in der Fassung vom 1. 1. 1993 - konkretisiert werde. Das Erstgericht habe die Ausscheidung des Angebots der klagenden Partei durch die beklagte Partei zutreffend als rechtswidrig beurteilt, weil der angebotene Gesamtpreis trotz der niedrigen Einheitspreise für einzelne Positionen plausibel sei und somit das Angebot nach Punkt 4.5.3 der Ö-Norm A 2050 nicht ausgeschieden hätte werden dürfen. Dennoch bestehe der wegen der rechtswidrigen Angebotsausscheidung geltend gemachte Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens nicht zu Recht. Ohne Ausscheidung des Angebots der klagenden Partei wäre der Aufwand für die Erstellung des Angebots gleichfalls frustriert gewesen, weil das Vergabeverfahren mit dem Widerruf der Ausschreibung beendet gewesen sei. Die klagende Partei hätte einen solchen Vermögensnachteil also auch dann erlitten, wenn die beklagte Partei deren Angebot nicht rechtswidrig ausgeschieden hätte. Die erörterte Rechtswidrigkeit sei daher für die Angebotskosten nicht kausal gewesen. Was die Kosten der anwaltlichen Vertretung betreffe, sei der klagenden Partei zuzugestehen, dass sie sich "bei Anzeichen für eine den Vergabevorschriften widersprechende Vorgangsweise der ausschreibenden Stelle zur Wahrung ihrer Interessen im Vergabeverfahren eines Rechtsanwalts" habe bedienen dürfen und "ihr bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen ungeachtet eines Widerrufs der Ausschreibung grundsätzlich die zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten des Rechtsanwalts aus dem Titel des Schadenersatzes zu ersetzen" wären. Dem Vorbringen der klagenden Partei lasse sich jedoch nicht entnehmen, "inwiefern die einzelnen Leistungen zur Rechtsverfolgung im Vergabeverfahren auch tatsächlich erforderlich" gewesen seien. Derartiges ergebe sich - mangels Aufgliederung - auch nicht aus der von der klagenden Partei vorgelegten Kostenaufstellung. Es sei daher nicht beurteilbar, welche anwaltlichen Leistungen einerseits noch im Vergabeverfahren und andererseits bereits in Vorbereitung der Prozessführung erforderlich gewesen seien. Die Geltendmachung vorprozessualer Kosten als Teil der Hauptforderung sei unzulässig. Der Mangel eines ausreichenden Vorbringens zur Notwendigkeit und Zuordnung der anwaltlichen Leistungen gehe zu Lasten der klagenden Partei, die die anspruchsbegründenden Tatsachen hätte behaupten müssen. Das Erstgericht habe daher einen Anspruchsteil von 76.313,64 S im Ergebnis zutreffend abgewiesen. Im Übrigen sei entscheidend, ob der durch die beklagte Partei nach Ablauf der Angebotsfrist ausgesprochene Widerruf der Ausschreibung nach Punkt 4.8.1 der Ö-Norm A 2050 berechtigt gewesen sei. Ein zwingender Grund für den Widerruf der Ausschreibung während der Angebotsfrist bestehe gemäß Punkt 2.8 der Ö-Norm A 2050 etwa dann, wenn Umstände bekannt geworden seien, die, wären sie schon früher bekannt gewesen, zu einer inhaltlich anderen Ausschreibung geführt hätten. Dieser Gedanke sei auf den Widerruf der Ausschreibung nach Ablauf der Angebotsfrist übertragbar. Die fehlerhafte Massenangabe habe sich zwar nur auf eine Position bezogen, die im Leistungsverzeichnis der ursprünglichen Ausschreibung nicht enthaltene Position "Außenmauerwerk" sei jedoch nach dem Sachverständigengutachten eine für die Preisgestaltung wesentliche Leistung gewesen. Die Auftragssumme hätte sich unter Zugrundelegung der Angebotspreise der klagenden Partei um rund 13 % erhöht. Somit hätte das Fehlen dieser Position im Leistungsverzeichnis, wäre es schon früher bekannt gewesen, zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt. Es mache keinen Unterschied, ob fehlerhafte Massenangaben, wie in einem vom Bundesvergabeamt entschiedenen Fall (WBl 1997,132), eine Vielzahl an Positionen beträfen oder ob sich der Ausschreibungsfehler nur auf eine einzige, jedoch im Verhältnis zur Gesamtleistung gewichtige Position beziehe. Im Schrifttum werde teilweise die Ansicht vertreten, dass ein Widerruf der Ausschreibung nur auf Gründe gestützt werden dürfe, die dem Auftraggeber im Zeitpunkt der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen ohne ein ihm anzulastendes Verschulden unbekannt gewesen seien. Habe also der Auftraggeber einen Fehler in den Ausschreibungsunterlagen verschuldet, so sei ein Widerruf ausgeschlossen. Im Schrifttum finde sich jedoch auch die Ansicht, dass die Berechtigung bzw Verpflichtung zum Widerruf der Ausschreibung von der Frage nach einer allfälligen Schadenersatzpflicht des Auftraggebers zu trennen sei. Dieser Auffassung folge das Berufungsgericht. Ein Auftraggeber müsse die Ausschreibung auch im Falle eines Fehlers widerrufen können, der einem Architekten als Fachmann hätte auffallen müssen, sei doch die durch einen solchen Fehler allenfalls bewirkte Verletzung von Grundsätzen des Vergabeverfahrens - wie die Gebote der Gleichbehandlung aller Bieter sowie der Publizität und Transparenz dieses Verfahrens - zu korrigieren. Das Bundesvergabeamt halte etwa das Vorliegen eines zwingenden Grunds für den Widerruf der Ausschreibung auch dann für möglich, wenn ihn ausschließlich der Auftraggeber zu vertreten habe. Sei aber der Widerruf gerechtfertigt, so scheitere ein auf den Widerruf gestützter Schadenersatzanspruch schon am Mangel der Rechtswidrigkeit. Eine Haftung des Auftraggebers könnte allerdings aus den zur culpa in contrahendo entwickelten Grundsätzen folgen. Der Auftraggeber erwecke durch die Ausschreibung bei den Bietern das Vertrauen, dass die ausgeschriebene Leistung an den Bestbieter vergeben werde. Dieses Vertrauen werde durch den Widerruf der Ausschreibung enttäuscht. Bei einem Verschulden des Auftraggebers komme daher eine Haftung für den durch den Widerruf der Ausschreibung verursachten Vertrauensschaden eines Bieters, der im Wesentlichen aus den Kosten der Angebotserstellung bestehe, in Betracht. Damit sei für den Prozessstandpunkt der klagenden Partei aber deshalb nichts gewonnen, weil die für die Angebotserstellung aufgewendeten Kosten durch den Widerruf der Ausschreibung nicht sinnlos geworden seien. Die klagende Partei habe sich auch an der zweiten Ausschreibung beteiligt und dabei das erste Angebot verwerten können. Sie habe nicht behauptet, dass ihr durch die Beteiligung an zwei Vergabeverfahren zusätzliche Kosten entstanden seien. Die ordentliche Revision sei zulässig. Es mangle an Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu, ob die unterbliebene Aufnahme einer Position in das Leistungsverzeichnis, die mehr als 10 % des Gesamtpreises ausmache, ein zwingender Grund für den Widerruf der Ausschreibung sei, und ob ein Verschulden des Auftraggebers an der fehlerhaften Ausschreibung die Bejahung eines Widerrufsgrunds jedenfalls ausschließe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

1. Grundsätze des Vergaberechts

1.1. Der erkennende Senat fasste die im Vergabeverfahren maßgebenden Grundsätze in der Entscheidung 1 Ob 201/99m (= JBl 2000, 519 = EvBl 2000/166 = RdW 2000,603 = bbl 2000/171 = ecolex 2000,646) unter anderem dahin zusammen, dass die Einhaltung der Vergabebestimmungen auch und vor allem dem Schutz der Bieter vor unlauterer Vorgangsweise bei der Vergabe diene. Die Bieter dürften auf deren Beachtung durch die Organe der öffentlichen Hand vertrauen. Die Verletzung von "Selbstbindungsnormen" sowie die Missachtung des - auch die Privatwirtschaftsverwaltung der Rechtsträger beherrschenden - Gleichbehandlungsgebots, das aus dem Gleichheitssatz (Art 2 StGG bzw Art 7 B-VG) abzuleiten sei, könne daher in der vorvertraglichen Rechtssphäre nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo - ein Verschulden des Organs vorausgesetzt, das indes gemäß § 1298 ABGB vermutet werde, sodass der Rechtsträger insofern den Entlastungsbeweis antreten müsse - dessen Verpflichtung zum Schadenersatz zur Folge haben. Bei Ausschreibungen der Rechtsträger in Vollziehung privatwirtschaftlicher Agenden sei die vergebende Stelle zur Gleichbehandlung der Bewerber verpflichtet. Einzelne von ihnen dürften nicht diskriminiert werden, was durch grundrechtsorientierte Erwägungen abgestützt sei. Finde der Gleichheitssatz im Verhältnis der öffentlichen Hand als Trägerin von Privatrechten zum einzelnen anerkanntermaßen schon ganz allgemein Anwendung, so verstehe sich das bei der Durchführung von Ausschreibungen - als Einladungen zum Wettbewerb unter den Interessenten - nachgerade von selbst. Soweit öffentliche Auftraggeber nicht schon ohnehin durch "nach außen" wirksame Gesetze (zB § 16 BVergG) an das Diskriminierungsverbot gebunden seien, müssten sie im Vergabeverfahren jedenfalls das Gleichbehandlungsgebot und alle jene - selbst bloß als interne Dienstanweisungen einzuhaltenden - Vergabenormen beachten, die zur Durchsetzung eben dieser Gleichbehandlung aller Bieter bestimmt seien. Das Vergabeverfahren sei nur dann fair, wenn die Bietinteressenten, die von der vergebenden Stelle durch die Ausschreibung zu einer zeit- und kostenaufwendigen Angebotslegung eingeladen würden, darauf vertrauen dürften, dass die Ausschreibung nicht bloß ernst gemeint sei, sondern dass die eingelangten Angebote auch sorgfältig und unvoreingenommen geprüft und die Bieter fair, vor allem als untereinander gleich behandelt würden. Auch wenn der öffentliche Auftraggeber im Einzelfall weder an gesetzliche noch an verwaltungsinterne Vergabenormen gebunden sei, bleibe er jedenfalls dem verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitssatz und damit der diesen Grundsatz im Vergabewesen konkretisierenden Ö-NORM A 2050 verpflichtet.1.1.Der erkennende Senat fasste die im Vergabeverfahren maßgebenden Grundsätze in der Entscheidung 1 Ob 201/99m (= JBl 2000, 519 = EvBl 2000/166 = RdW 2000,603 = bbl 2000/171 = ecolex 2000,646) unter anderem dahin zusammen, dass die Einhaltung der Vergabebestimmungen auch und vor allem dem Schutz der Bieter vor unlauterer Vorgangsweise bei der Vergabe diene. Die Bieter dürften auf deren Beachtung durch die Organe der öffentlichen Hand vertrauen. Die Verletzung von "Selbstbindungsnormen" sowie die Missachtung des - auch die Privatwirtschaftsverwaltung der Rechtsträger beherrschenden - Gleichbehandlungsgebots, das aus dem Gleichheitssatz (Artikel 2, StGG bzw Artikel 7, B-VG) abzuleiten sei, könne daher in der vorvertraglichen Rechtssphäre nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo - ein Verschulden des Organs vorausgesetzt, das indes gemäß § 1298 ABGB vermutet werde, sodass der Rechtsträger insofern den Entlastungsbeweis antreten müsse - dessen Verpflichtung zum Schadenersatz zur Folge haben. Bei Ausschreibungen der Rechtsträger in Vollziehung privatwirtschaftlicher Agenden sei die vergebende Stelle zur Gleichbehandlung der Bewerber verpflichtet. Einzelne von ihnen dürften nicht diskriminiert werden, was durch grundrechtsorientierte Erwägungen abgestützt sei. Finde der Gleichheitssatz im Verhältnis der öffentlichen Hand als Trägerin von Privatrechten zum einzelnen anerkanntermaßen schon ganz allgemein Anwendung, so verstehe sich das bei der Durchführung von Ausschreibungen - als Einladungen zum Wettbewerb unter den Interessenten - nachgerade von selbst. Soweit öffentliche Auftraggeber nicht schon ohnehin durch "nach außen" wirksame Gesetze (zB § 16 BVergG) an das Diskriminierungsverbot gebunden seien, müssten sie im Vergabeverfahren jedenfalls das Gleichbehandlungsgebot und alle jene - selbst bloß als interne Dienstanweisungen einzuhaltenden - Vergabenormen beachten, die zur Durchsetzung eben dieser Gleichbehandlung aller Bieter bestimmt seien. Das Vergabeverfahren sei nur dann fair, wenn die Bietinteressenten, die von der vergebenden Stelle durch die Ausschreibung zu einer zeit- und kostenaufwendigen Angebotslegung eingeladen würden, darauf vertrauen dürften, dass die Ausschreibung nicht bloß ernst gemeint sei, sondern dass die eingelangten Angebote auch sorgfältig und unvoreingenommen geprüft und die Bieter fair, vor allem als untereinander gleich behandelt würden. Auch wenn der öffentliche Auftraggeber im Einzelfall weder an gesetzliche noch an verwaltungsinterne Vergabenormen gebunden sei, bleibe er jedenfalls dem verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitssatz und damit der diesen Grundsatz im Vergabewesen konkretisierenden Ö-NORM A 2050 verpflichtet.

1.2. An den soeben referierten, das Vergabewesen der öffentlichen Hand beherrschenden Grundsätzen ist festzuhalten. Hier ist im Übrigen die Ö-Norm A 2050 (Ausgabe 1993-01) maßgebend. Deren für die Lösung des Streitfalls bedeutsamen Bestimmungen lauten:

"2.8 Widerruf der Ausschreibung während der Angebotsfrist

Während der Angebotsfrist ist die Ausschreibung aus zwingenden Gründen (zB wenn vor Ablauf der Angebotsfrist Umstände bekannt werden, die, wären sie schon früher bekannt gewesen, eine Ausschreibung ausgeschlossen oder zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten) zu widerrufen.

.....

4.8 Widerruf der Ausschreibung nach Ablauf der Angebotsfrist

4.8.1 Nach Ablauf der Angebotsfrist ist die Ausschreibung zu widerrufen, wenn zwingende Gründe vorliegen. Die Ausschreibung kann widerrufen werden, wenn nach Ausscheidung von Angeboten gemäß 4.5 nur ein Angebot bleibt.

......"

Dagegen haben die Parallelbestimmungen in der Ö-NormA2050 (Ausgabe2000-03-01) folgenden Wortlaut:

"5.7 Widerruf der Ausschreibung während der Angebotsfrist

Treten während der Angebotsfrist zwingende Gründe auf (zB wenn vor Ablauf der Angebotsfrist Umstände bekannt werden, die, wären sie schon früher bekannt gewesen, eine Ausschreibung ausgeschlossen oder zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten), so ist die Ausschreibung zu widerrufen.

.....

7.8 Widerruf der Ausschreibung nach Ablauf der Angebotsfrist

7.8.1 Nach Ablauf der Angebotsfrist ist die Ausschreibung dann zu widerrufen, wenn zwingende Gründe vorliegen. Zwingende Gründe sind insbesondere Umstände, die für den AG unvorhersehbar und unabwendbar waren, und die, wären sie dem AG vor der Ausschreibung bekannt gewesen, zu keiner oder einer wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten. Ein Widerruf der Ausschreibung zu dem alleinigen Zweck, eine neue Ausschreibung zu ermöglichen, um den Angebotspreis zu reduzieren, ist unzulässig.

7.8.2 Die Ausschreibung kann widerrufen werden, wenn nach Ausscheidung von Angeboten gemäß 7.5 nur ein Angebot bleibt.

......"

Beim Vergleich des Wortlauts der für die Lösung dieses Streitfalls wesentlichen Punkte beider Ausgaben fällt auf, dass erst die jüngere - derzeit aktuelle - Ausgabe 2000-03-01 zwischen den Voraussetzungen eines Widerrufs vor und nach Ablauf der Angebotsfrist differenziert und für den Widerruf nach Ablauf der Angebotsfrist insbesondere solche Umstände als zwingend bezeichnet, die für den Auftraggeber unvorhersehbar und unabwendbar waren, und die, wären sie dem Auftraggeber vor der Ausschreibung bekannt gewesen, zu keiner oder einer wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten. Im Anlassfall ist jedoch nicht zu prüfen, inwieweit die Ö-Norm A 2050 (Ausgabe 2000-03-01) die Bindung des Auftraggebers an eine im Stadium der Abwicklung befindliche Ausschreibung nach Ablauf der Angebotsfrist verschärft und ob als zwingende Gründe für den Widerruf einer solchen Ausschreibung jetzt nur mehr Umstände in Betracht kommen, die der Auftraggeber nicht verschuldete. Festzuhalten ist bloß, dass der Wortlaut der hier wesentlichen Ö-Norm A 2050 (Ausgabe 1993-01) eine solche Auslegung nicht stützt, ist doch in deren Punkten 2.8 und 4.8 nur von zwingenden Gründen als Voraussetzung für den Widerruf der Ausschreibung die Rede, ohne dass es dabei auf die Lösung der Frage ankäme, ob der nachträglich hervorgekommene Widerrufsgrund auf einer dem Auftraggeber zurechenbaren Fahrlässigkeit beruht. Daraus ist vor dem Hintergrund der unter 1.1. erläuterten Rechtslage abzuleiten, dass nur die Beachtung des Gebots der Gleichbehandlung aller in Betracht kommenden Bieter die Fairness des Vergabeverfahrens gewährleisten kann. So gesehen ist der - auf König (Vergaberecht in der Praxis [2000] 68) gestützten - Ansicht des Berufungsgerichts beizutreten, dass die Frage, ob ein zwingender Grund für den Widerruf der Ausschreibung nach Ablauf der Angebotsfrist vorliege, nur nach objektiven Kriterien zu lösen ist und deshalb nicht von der Beantwortung der weiteren Frage abhängt, ob der Auftraggeber den Widerruf verschuldete und von den bisherigen Bietern auf Ersatz des jeweiligen negativen Vertragsinteresses in Anspruch genommen werden kann. Die im Schrifttum vertretene gegenteilige Auffassung, der Auftraggeber (Punkt 1.2.4 der Ö-Norm 2050, Ausgabe 1993-01 = Punkt 3.4 der Ö-Norm 2050, Ausgabe 2000-03-01) dürfe die Ausschreibung nicht widerrufen, wenn ihm Widerrufsgründe "durch bloße Schlamperei oder mangelnde Vorbereitung nicht bekannt" gewesen seien (Platzer/Öhlinger, EU-konforme Ausschreibungen2 152), bzw wenn der Widerruf wegen eines dem Vergeber anzulastenden Umstands "objektiv gesehen ohne zwingenden Grund" erfolge und daher "vergabewidrig" sei (Heid, ecolex 1999,89), vernachlässigt vor allem das Gebot der Gleichbehandlung aller Bieter als Kernanliegen des Vergaberechts. Danach rechtfertigt die von einem Konkurrenten nur durch einen vom Auftraggeber verschuldeten Ausschreibungsmangel erlangte Position als Bestbieter nicht die Ungleichbehandlung aller anderen in Betracht kommenden Bieter, also auch jener, die im Rahmen der unvollständigen Ausschreibung keine Angebote legten, sich jedoch nach Erhöhung des Auftragswerts aufgrund einer Neuausschreibung am Bieterwettbewerb beteiligen wollen. Die Ungleichbehandlung der in Betracht kommenden Bieter läge nämlich darin, dass es ihnen unter nunmehr wesentlich anderen Leistungsvoraussetzungen verwehrt wäre, sich im Rahmen einer neuen Ausschreibung an einem fairen Angebotswettbewerb zu beteiligen (vgl zu diesem Gesichtspunkt vor dem Hintergrund einer Änderung der Leistungsfrist den Bescheid des BVA vom 25. 8. 1998, GZN-20/98-9). Es ist ferner zu beachten, dass die den Widerruf einer Ausschreibung unter dem Regime der Ö-Norm A 2050 (Ausgabe 1993-01) regelnden Grundsätze - auch in Hinsicht auf einen durch ein Versehen des Auftraggebers verursachten Grund - nicht nur dem Schutz der Interessen der einzelnen Bieter, sondern auch der des Auftraggebers dienen. Dieser Gesichtspunkt entspricht auch der bei Lösung dieser Grundsatzfrage vergleichbaren deutschen Rechtslage (BGHZ 120,281,286). Danach darf der Auftraggeber eine Ausschreibung auch dann widerrufen, wenn nach Beginn der Ausschreibung schwerwiegende, schon vor deren Beginn fahrlässig verursachte Fehler hervorkommen, deren mangelnde Korrektur dem Grundsatz der sparsamsten Verwendung öffentlicher Mittel zuwiderlaufen könnte. Ein solcher Widerruf berührt nur nicht etwaige schadenersatzrechtliche Konsequenzen (BGH NJW-RR 1997, 1106, 1108).Beim Vergleich des Wortlauts der für die Lösung dieses Streitfalls wesentlichen Punkte beider Ausgaben fällt auf, dass erst die jüngere - derzeit aktuelle - Ausgabe 2000-03-01 zwischen den Voraussetzungen eines Widerrufs vor und nach Ablauf der Angebotsfrist differenziert und für den Widerruf nach Ablauf der Angebotsfrist insbesondere solche Umstände als zwingend bezeichnet, die für den Auftraggeber unvorhersehbar und unabwendbar waren, und die, wären sie dem Auftraggeber vor der Ausschreibung bekannt gewesen, zu keiner oder einer wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten. Im Anlassfall ist jedoch nicht zu prüfen, inwieweit die Ö-Norm A 2050 (Ausgabe 2000-03-01) die Bindung des Auftraggebers an eine im Stadium der Abwicklung befindliche Ausschreibung nach Ablauf der Angebotsfrist verschärft und ob als zwingende Gründe für den Widerruf einer solchen Ausschreibung jetzt nur mehr Umstände in Betracht kommen, die der Auftraggeber nicht verschuldete. Festzuhalten ist bloß, dass der Wortlaut der hier wesentlichen Ö-Norm A 2050 (Ausgabe 1993-01) eine solche Auslegung nicht stützt, ist doch in deren Punkten 2.8 und 4.8 nur von zwingenden Gründen als Voraussetzung für den Widerruf der Ausschreibung die Rede, ohne dass es dabei auf die Lösung der Frage ankäme, ob der nachträglich hervorgekommene Widerrufsgrund auf einer dem Auftraggeber zurechenbaren Fahrlässigkeit beruht. Daraus ist vor dem Hintergrund der unter 1.1. erläuterten Rechtslage abzuleiten, dass nur die Beachtung des Gebots der Gleichbehandlung aller in Betracht kommenden Bieter die Fairness des Vergabeverfahrens gewährleisten kann. So gesehen ist der - auf König (Vergaberecht in der Praxis [2000] 68) gestützten - Ansicht des Berufungsgerichts beizutreten, dass die Frage, ob ein zwingender Grund für den Widerruf der Ausschreibung nach Ablauf der Angebotsfrist vorliege, nur nach objektiven Kriterien zu lösen ist und deshalb nicht von der Beantwortung der weiteren Frage abhängt, ob der Auftraggeber den Widerruf verschuldete und von den bisherigen Bietern auf Ersatz des jeweiligen negativen Vertragsinteresses in Anspruch genommen werden kann. Die im Schrifttum vertretene gegenteilige Auffassung, der Auftraggeber (Punkt 1.2.4 der Ö-Norm 2050, Ausgabe 1993-01 = Punkt 3.4 der Ö-Norm 2050, Ausgabe 2000-03-01) dürfe die Ausschreibung nicht widerrufen, wenn ihm Widerrufsgründe "durch bloße Schlamperei oder mangelnde Vorbereitung nicht bekannt" gewesen seien (Platzer/Öhlinger, EU-konforme Ausschreibungen2 152), bzw wenn der Widerruf wegen eines dem Vergeber anzulastenden Umstands "objektiv gesehen ohne zwingenden Grund" erfolge und daher "vergabewidrig" sei (Heid, ecolex 1999,89), vernachlässigt vor allem das Gebot der Gleichbehandlung aller Bieter als Kernanliegen des Vergaberechts. Danach rechtfertigt die von einem Konkurrenten nur durch einen vom Auftraggeber verschuldeten Ausschreibungsmangel erlangte Position als Bestbieter nicht die Ungleichbehandlung aller anderen in Betracht kommenden Bieter, also auch jener, die im Rahmen der unvollständigen Ausschreibung keine Angebote legten, sich jedoch nach Erhöhung des Auftragswerts aufgrund einer Neuausschreibung am Bieterwettbewerb beteiligen wollen. Die Ungleichbehandlung der in Betracht kommenden Bieter läge nämlich darin, dass es ihnen unter nunmehr wesentlich anderen Leistungsvoraussetzungen verwehrt wäre, sich im Rahmen einer neuen Ausschreibung an einem fairen Angebotswettbewerb zu beteiligen vergleiche zu diesem Gesichtspunkt vor dem Hintergrund einer Änderung der Leistungsfrist den Bescheid des BVA vom 25. 8. 1998, GZN-20/98-9). Es ist ferner zu beachten, dass die den Widerruf einer Ausschreibung unter dem Regime der Ö-Norm A 2050 (Ausgabe 1993-01) regelnden Grundsätze - auch in Hinsicht auf einen durch ein Versehen des Auftraggebers verursachten Grund - nicht nur dem Schutz der Interessen der einzelnen Bieter, sondern auch der des Auftraggebers dienen. Dieser Gesichtspunkt entspricht auch der bei Lösung dieser Grundsatzfrage vergleichbaren deutschen Rechtslage (BGHZ 120,281,286). Danach darf der Auftraggeber eine Ausschreibung auch dann widerrufen, wenn nach Beginn der Ausschreibung schwerwiegende, schon vor deren Beginn fahrlässig verursachte Fehler hervorkommen, deren mangelnde Korrektur dem Grundsatz der sparsamsten Verwendung öffentlicher Mittel zuwiderlaufen könnte. Ein solcher Widerruf berührt nur nicht etwaige schadenersatzrechtliche Konsequenzen (BGH NJW-RR 1997, 1106, 1108).

Die bisherigen Erwägungen sind somit dahin zusammenzufassen, dass das in einer Nachlässigkeit bestehende Verschulden des Auftraggebers an einem wesentlichen Mangel der Ausschreibung nicht geeignet ist, einem der Bieter zu Lasten eines schutzwürdigen Interesses des Auftraggebers, insbesondere aber auch zu Lasten der Interessen aller anderen in Betracht kommenden Bieter eine gesicherte Rechtsposition als Bestbieter zu verschaffen und damit die nach rein objektiven Kriterien gebotene Neuausschreibung zu unterbinden, bei der sich durch den erneuten Angebotswettbewerb zum einen eine für die sparsame Verwendung öffentlicher Mittel günstige Änderung des Preis- und Leistungsverhältnisses aufgrund des Angebots des Bestbieters ergeben könnte, zum anderen aber auch jeder der sich nunmehr am Angebotswettbewerb beteiligenden Unternehmer die Chance hätte, die Position des Bestbieters zu erlangen. Die Auslegung von Punkt 4.8.1 der Ö-Norm A 2050 (Ausgabe 1993-01) durch das Berufungsgericht ist somit zu billigen, mangelt es doch an einem aus der anzuwendenden Regelung herzuleitenden Grund, den Widerruf der Ausschreibung während der Angebotsfrist anders als jenen nach Ablauf dieser Frist zu behandeln, wenn der Widerruf jeweils durch das nachträgliche Hervorkommen der Notwendigkeit einer wesentlichen Massenänderung in einer Position oder in mehreren Positionen erzwungen wird. Demnach liegt in Anlehnung an Punkt 2.8 der Ö-Norm A 2050 (Ausgabe 1993-01) ein zwingender Grund für den Widerruf der Ausschreibung nach Ablauf der Angebotsfrist auch dann vor, wenn - ungeachtet eines allfälligen Versehens des Auftraggebers bei Erstellung der Ausschreibungsunterlagen (vgl zur Notwendigkeit des Widerrufs der Ausschreibung wegen einer Fehlerhaftigkeit des Leistungsverzeichnisses etwa Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB3 § 114 Rz 16) - nachträglich Umstände hervorkommen, die, wären sie schon früher bekannt gewesen, zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten. Dieser Widerrufsgrund ist dann zu bejahen, wenn die nachträglich hervorgekommenen Umstände, die zu einer - nach dem Stand der Technik - notwendigen oder zweckmäßigen Änderung bzw Ergänzung des Leistungsverzeichnisses in einer Position oder in mehreren Positionen führen,Die bisherigen Erwägungen sind somit dahin zusammenzufassen, dass das in einer Nachlässigkeit bestehende Verschulden des Auftraggebers an einem wesentlichen Mangel der Ausschreibung nicht geeignet ist, einem der Bieter zu Lasten eines schutzwürdigen Interesses des Auftraggebers, insbesondere aber auch zu Lasten der Interessen aller anderen in Betracht kommenden Bieter eine gesicherte Rechtsposition als Bestbieter zu verschaffen und damit die nach rein objektiven Kriterien gebotene Neuausschreibung zu unterbinden, bei der sich durch den erneuten Angebotswettbewerb zum einen eine für die sparsame Verwendung öffentlicher Mittel günstige Änderung des Preis- und Leistungsverhältnisses aufgrund des Angebots des Bestbieters ergeben könnte, zum anderen aber auch jeder der sich nunmehr am Angebotswettbewerb beteiligenden Unternehmer die Chance hätte, die Position des Bestbieters zu erlangen. Die Auslegung von Punkt 4.8.1 der Ö-Norm A 2050 (Ausgabe 1993-01) durch das Berufungsgericht ist somit zu billigen, mangelt es doch an einem aus der anzuwendenden Regelung herzuleitenden Grund, den Widerruf der Ausschreibung während der Angebotsfrist anders als jenen nach Ablauf dieser Frist zu behandeln, wenn der Widerruf jeweils durch das nachträgliche Hervorkommen der Notwendigkeit einer wesentlichen Massenänderung in einer Position oder in mehreren Positionen erzwungen wird. Demnach liegt in Anlehnung an Punkt 2.8 der Ö-Norm A 2050 (Ausgabe 1993-01) ein zwingender Grund für den Widerruf der Ausschreibung nach Ablauf der Angebotsfrist auch dann vor, wenn - ungeachtet eines allfälligen Versehens des Auftraggebers bei Erstellung der Ausschreibungsunterlagen vergleiche zur Notwendigkeit des Widerrufs der Ausschreibung wegen einer Fehlerhaftigkeit des Leistungsverzeichnisses etwa Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB3 § 114 Rz 16) - nachträglich Umstände hervorkommen, die, wären sie schon früher bekannt gewesen, zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten. Dieser Widerrufsgrund ist dann zu bejahen, wenn die nachträglich hervorgekommenen Umstände, die zu einer - nach dem Stand der Technik - notwendigen oder zweckmäßigen Änderung bzw Ergänzung des Leistungsverzeichnisses in einer Position oder in mehreren Positionen führen,

a) die Disposition und Kalkulation der in Betracht kommenden Bieter mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in einem - im Verhältnis zu den Angebotssummen - nicht unwesentlichen Ausmaß bei der (den) durch die Massenänderung betroffenen Einzelposition(en) beeinflussen können, oder

b) sich die Massenänderung infolge einer unterschiedlichen kalkulatorischen Gewichtung der Einzelpositionen in ihrem für das jeweilige Gesamtangebot maßgebenden Zusammenhang durch die in Betracht kommenden Bieter mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die Angebotssummen auswirken können.

Letztere Voraussetzungen sind nach einer Erhöhung des Auftragswerts um rund 13 %, gemessen an dem vom Bestbieter ohne Berücksichtigung der späteren Massenänderung angebotenen Gesamtpreis, regelmäßig erfüllt. Das bei der Ausschreibung unberücksichtigt gebliebene Erfordernis der Errichtung von (weiteren) 590 m2 Außenmauerwerk als Wärmeschutzmauerwerk ist überdies als eine dem Stand der Technik entsprechende zweckmäßige Ergänzung des Leistungsverzeichnisses anzusehen. Somit lag aber ein zwingender Grund für den Widerruf der Ausschreibung nach Ablauf der Angebotsfrist vor, weil die erörterte Massenänderung von vornherein zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätte.

2. Beurteilung des Klagebegehrens

2.1. Die klagende Partei bekämpft nicht mehr die Abweisung des 100.000 S übersteigenden Teils des Klagebegehrens. Ein Zuspruch von 100.000 S sei primär auf den Ersatz des Erfüllungsinteresses anzurechnen. Solle dagegen das Erfüllungsinteresse nicht ersatzfähig sein, so werde dieses Begehren "subsidiär (in eventu)" auf den Ersatz "des Vertrauensschadens und auch der Kosten für die notwendige Rechtsvertretung gestützt". Für das Erfüllungsinteresse habe die beklagte Partei deshalb einzustehen, weil ein zwingender Grund für den Widerruf der Ausschreibung nach Ablauf der Angebotsfrist nicht bestanden habe. Es sei ein Unterschied, ob im Leistungsverzeichnis nur eine Position "vergessen" worden sei oder - wie in einem vom Bundesvergabeamt entschiedenen Fall (WBl 1997, 132) - fehlerhafte Massenangaben eine Vielzahl an Positionen beträfen. Nach einem Ausschreibungsfehler wie hier könne ein "Nachtragsangebot" (offenkundig vom Bestbieter) eingeholt oder "diese eine Position neu" ausgeschrieben werden. Damit "wäre für die beklagte Partei ein bestmöglicher Preis sichergestellt gewesen".

Dieser Argumentation ist nach den Erwägungen unter 1.1. bis 1.2. nicht beizutreten. Der Ersatz des Erfüllungsinteresses scheidet daher schon deshalb aus, weil der Widerruf der Ausschreibung nach allen bisherigen Gründen im Interesse der Gleichbehandlung aller Bieter, aber auch im Interesse der Auftraggeberin geboten und daher nicht rechtswidrig war. Der klagenden Partei steht daher nicht ohne weiteres das Erfüllungsinteresse an einem Auftrag zu, der ihr aus einem zwingenden Grund für den Widerruf der Ausschreibung, aus der sie als Bestbieterin hervorging, nicht erteilt werden durfte. Ob ihr das Erfüllungsinteresse - im Ergebnis in Anlehnung an die deutsche Rechtsprechung (BGH NJW 1998, 3636, 3640; BGH NJW-RR 1997, 1106, 1108; BGHZ 120, 281, 284, 289) - etwa deshalb zustehen könnte, weil sie bei einer von vornherein fehlerfreien Ausschreibung gleichfalls Bestbieterin gewesen wäre (siehe zur Kausalitätsfrage auch Rummel, Zivilrechtliche Probleme des Vergaberechts, ÖZW 1999,1, 10,12), muss hier nicht erörtert werden, weil die klagende Partei eine solche Tatsache gar nicht behauptete. Sie brachte vielmehr bloß vor, ihr Angebot sei nach der Angebotseröffnung aufgrund der zweiten Ausschreibung an zwölfter Stelle gereiht, sodass mit einem Zuschlag nicht zu rechnen sei (ON 3 S 5).

2.1.1. Nach Ansicht der klagenden Partei ist es nicht nachvollziehbar, weshalb ein "schlampiges bzw nicht sorgfältiges Verhalten" des Auftraggebers den Widerruf der Ausschreibung rechtfertigen solle. Man dürfe einem Auftraggeber nach dem "(gezielten) Einbau von Fehlern" nicht den Widerruf der Ausschreibung ermöglichen, weil er sich dann "von dem Zuschlag an den Bestbieter durch Ersatz des bloßen Vertrauensschadens in Form der Angebotskosten" befreien könne.

Bei der ersteren Argumentation übergeht die klagende Partei die - nach den unter 1.2. angestellten Erörterungen - erforderliche Differenzierung zwischen dem Gebot einer neuerlichen Ausschreibung nach Verifizierung eines objektiv zwingenden Grundes für den Widerruf der ersten Ausschreibung (auch) nach Ablauf der Angebotsfrist und dem Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens wegen eines vom Auftraggeber verschuldeten Widerrufs der Ausschreibung. Zwar ist Nachlässigkeit des Auftraggebers im vorvertraglichen Schuldverhältnis zum Nachteil jener Bieter, die sich an der Ausschreibung beteiligten, keineswegs als rechtmäßig anzusehen, doch rechtfertigt ein solches rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten nicht ohne weiteres die Inanspruchnahme des Erfüllungsinteresses als Bestbieter der widerrufenen Ausschreibung, sondern kann - auf dem Boden des in diesem Verfahren erstatteten Vorbringens - nur als Grundlage für einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens herangezogen werden. Die letztere Erwägung der klagenden Partei bedarf keiner Erörterung, mangelt es doch an Anhaltspunkten dafür, dass die beklagte Partei der ersten Ausschreibung vorsätzlich ein unvollständiges Leistungsverzeichnis zugrunde gelegt hätte. Derartiges wurde von der klagenden Partei auch gar nicht behauptet.

2.1.2. Mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar ist - entgegen der Ansicht der klagenden Partei - der Sachverhalt, den der Oberste Gerichtshof zu 10 Ob 212/98v (=SZ 71/133 = ecolex 1999,87 [Heid]) zu beurteilen hatte. Dort ging es um die Neureihung der Bieter infolge nachträglicher Kürzung des ausgeschriebenen Leistungsumfangs, ohne dass die Ausschreibung fehlerhaft gewesen wäre. Dass der Auftraggeber die Reihung der Bieter durch willkürliche Streichung einzelner Positionen nicht mehr verändern darf und daher dem Bestbieter das Erfüllungsinteresse ersetzen muss, wenn er den Auftrag - nach solchen Streichungen - schließlich einem anderen Bieter erteilt, ist eine Rechtsfolge des erörterten Gleichbehandlungsgebots, dessen Beachtung nachträgliche Eingriffe des Auftraggebers in den kalkulatorischen Zusammenhang der Einzelpositionen der Angebote der Bieter verwehrt.

Auch der Bescheid des Bundesvergabeamts vom 18. 6. 1998 zu N-16/98-17, auf den sich die klagende Partei beruft, stützt ihren Prozessstandpunkt nicht. Gegenstand der Entscheidung war dort nicht die Frage nach der Rechtfertigung des Widerrufs der Ausschreibung wegen eines nachträglich hervorgekommenen Fehlers im Leistungsverzeichnis, sondern ob der Billigstbieter, dessen Angebot ohne sein Verschulden in einem beschädigten Umschlag beim Auftraggeber einlangte, am Vergabeverfahren zu beteiligen oder die Ausschreibung zu widerrufen ist.

2.1.3. Die nach Ansicht der klagenden Partei erforderlichen weiteren Feststellungen hätten keinen Einfluss auf das Ergebnis. Die Behauptung, für den Zuschlag an sie hätte es genügt, wenn sie unter Berücksichtigung der von den fünf "erstgereihten Firmen" eingeholten Nachtragsangebote "noch immer Billigst- und Bestbieterin" gewesen wäre, steht im Gegensatz zu den schon erörterten Ausschreibungsgrundsätzen.

Der Umstand, dass die beklagte Partei nach der Ö-Norm B 2110 (hier noch Ausgabe 1995-03) allenfalls berechtigt gewesen wäre, "auf ihr Verlangen" auch ohne Widerruf der Ausschreibung "neue Preise zu vereinbaren", setzt gedanklich den Vertragsschluss mit dem Bestbieter nach einer unvollständigen Ausschreibung voraus. Im Anlassfall erforderte jedoch die Auftragsvergabe - wie bereits erörtert - ein faires Vergabeverfahren auf der Grundlage eines vollständigen Leistungsverzeichnisses. Diesem Anspruch konnte nur durch Widerruf der ersten Ausschreibung und neuerliche Ausschreibung Genüge getan werden.

2.2. Der Widerruf der Ausschreibung, aus der die klagende Partei als Bestbieterin hervorging, beruhte auf einem der beklagten Partei zuzurechnenden Verschulden jenes Architekten, der die Ausschreibung in deren Namen durchführte. Soweit die beklagte Partei im Revisionsverfahren ihre Verpflichtung zum Ersatz frustrierter Aufwendungen und Vertretungskosten unter Hinweis auf den "Aktivierungsfehler im Computerprogramm" als "nicht beeinflussbaren Zufall ohne jegliches Verschulden" verneint, greift ihre Argumentation zu kurz. Das ihr zuzurechnende Verschulden des beauftragten Architekten ist nicht deshalb zu bejahen, weil der Fehler im Leistungsverzeichnis durch einen (nicht vorhersehbaren) Mangel der für die Erstellung der Ausschreibungsunterlagen verwendeten Software verursacht wurde, sondern deshalb, weil dieser - einen wesentlichen Teil der zu vergebenden Leistungen betreffende - Fehler bei sorgfältiger (Ausgangs-)Kontrolle der mit Hilfe des EDV-Programms erstellten Ausschreibungsunterlagen hätte auffallen müssen. Damit ist jedoch für die klagende Partei nichts gewonnen:

2.3. Der erkennende Senat sprach in der Entscheidung 1 Ob 356/98d (= SZ 72/28) unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs aus, das Gericht habe gemäß § 182 Abs 1 ZPO darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen tatsächlichen Angaben gemacht oder ungenügende Angaben über die zur Begründung oder Bekämpfung des Anspruchs geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweise ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben würden, die zur wahrheitsgemäßen Feststellung des Sachverhalts der von den Parteien behaupteten Rechte und Ansprüche notwendig erschienen. Diese materielle Prozessleitungspflicht werde durch den behaupteten Anspruch begrenzt, in dessen Rahmen auf die Vervollständigung des Sachvorbringens oder auch darauf zu dringen sei, dass das Begehren schlüssig gemacht werde. Nur soweit sei den Parteien also Gelegenheit zu geben, ein unschlüssiges, unbestimmtes oder widerspruchsvolles Begehren zu verdeutlichen und zu vervollständigen. Innerhalb dieser Grenzen dürfe das Gericht die Parteien in seiner Entscheidung überdies nicht mit einer Rechtsansicht überraschen, die sie bisher unbeachtet gelassen hätten und auf die sie nicht aufmerksam gemacht worden seien. Eine solche gerichtliche Handlungspflicht bestehe jedoch nur dann, wenn die der Entscheidung zugrundegelegte Rechtsansicht vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz von keiner der Parteien ins Treffen geführt worden sei und der jeweilige Prozessgegner demnach keine Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt habe.2.3. Der erkennende Senat sprach in der Entscheidung 1 Ob 356/98d (= SZ 72/28) unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs aus, das Gericht habe gemäß Paragraph 182, Absatz eins, ZPO darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen tatsächlichen Angaben gemacht oder ungenügende Angaben über die zur Begründung oder Bekämpfung des Anspruchs geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweise ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben würden, die zur wahrheitsgemäßen Feststellung des Sachverhalts der von den Parteien behaupteten Rechte und Ansprüche notwendig erschienen. Diese materielle Prozessleitungspflicht werde durch den behaupteten Anspruch begrenzt, in dessen Rahmen auf die Vervollständigung des Sachvorbringens oder auch darauf zu dringen sei, dass das Begehren schlüssig gemacht werde. Nur soweit sei den Parteien also Gelegenheit zu geben, ein unschlüssiges, unbestimmtes oder widerspruchsvolles Begehren zu verdeutlichen und zu vervollständigen. Innerhalb dieser Grenzen dürfe das Gericht die Parteien in seiner Entscheidung überdies nicht mit einer Rechtsansicht überraschen, die sie bisher unbeachtet gelassen hätten und auf die sie nicht aufmerksam gemacht worden seien. Eine solche gerichtliche Handlungspflicht bestehe jedoch nur dann, wenn die der Entscheidung zugrundegelegte Rechtsansicht vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz von keiner der Parteien ins Treffen geführt worden sei und der jeweilige Prozessgegner demnach keine Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt habe.

Die Verletzung der materiellen Prozessleitungspflicht kann vom Obersten Gerichtshof überdies nur dann als Mangel des Berufungsverfahrens wahrgenommen werden, wenn der Revisionswerber erläutert, welches Vorbringen er erstattet hätte, wäre er rechtzeitig auf die Unschlüssigkeit seines Begehrens aufmerksam gemacht worden wäre, ist doch ein solcher Verfahrensmangel nur dann wesentlich, wenn er sich auf das Ergebnis auswirken kann. Die Erheblichkeit muss also in der Revision dargelegt werden (MietSlg 51.709; Kodek in Rechberger, ZPO2 § 471 Rz 6).

2.3.1. Die beklagte Partei erhob bereits in der Klagebeantwortung (ON 2 S. 5 f) Einwendungen gegen die Höhe der geltend gemachten frustrierten Aufwendungen und Vertretungskosten. Sie bestritt, "dass es sich bei den Kosten der Rechtsvertretung ... um notwendige vorprozessuale Kosten gehandelt" habe. Die klagende Partei hätte schon früher gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen, sodass die "nach dem 22. 12. 1998 gesetzten Schritte vorprozessualer bzw außerprozessualer Natur zur Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen" seien. Der unter dem Titel "frustrierter Aufwendungen" eingeklagte Betrag werde der Höhe nach gleichfalls bestritten.

Die klagende Partei vertritt dazu den Standpunkt, sie wäre zu einer ausreichenden Anspruchsbegründung anzuleiten gewesen, sollte man ihr Prozessvorbringen für die geltend gemachten Vertretungskosten von 76.313,64 S als ungenügend ansehen. Die Unzulänglichkeit dieses Vorbringens wurde bereits vom Berufungsgericht zutreffend dargelegt. Auf dessen Ausführungen wird verwiesen. Eine richterliche Anleitung zur Vervollständigung der Prozessbehauptungen kam nach den unter 2.3. erläuterten Grundsätzen deshalb nicht in Betracht, weil die beklagte Partei schon in der Klagebeantwortung eingewendet hatte, die klagende Partei mache nicht zweckentsprechend aufgewendete vorprozessuale Kosten geltend. Die klagende Partei hätte ihren Prozessstandpunkt schon angesichts dieser Einwendung überprüfen und die allenfalls erforderlichen Konsequenzen ziehen müssen. Das gilt auch für die Frage nach der Zulässigkeit des Rechtswegs für die Geltendmachung vorprozessualer Kosten, ist doch auf die Unzulässigkeit des Rechtswegs nicht nur auf Einwendung, sondern auch von Amts wegen Bedacht zu nehmen. Insofern war es nicht Aufgabe der Gerichte, die klagende Partei zur allfälligen Einschränkung eines Teils ihres Klagebegehrens, das auf vorprozessuale Kosten entfallen könnte, aufzufordern. Die klagende Partei musste, nachdem die beklagte Partei die Unzweckmäßigkeit der aufgewendeten Vertretungskosten eingewendet hatte, aber auch nicht mehr angeleitet werden, diesen Anspruch näher zu begründen. Dem Zuspruch aufgewendeter Vertretungskosten stehen jedoch schon die - Fragen des Umfangs der materiellen Prozessleitungspflicht nicht berührenden - Erwägungen zu 2.5. entgegen.

2.4. Die klagende Partei bestreitet nicht, dass sie die Grundlagen ihres anlässlich der ersten Ausschreibung gelegten Angebots auch im Rahmen der zweiten Ausschreibung verwenden konnte. Sie behauptet in Gestalt einer im Revisionsverfahren unzulässigen Neuerung, sie habe "ihr Angebot für die zweite Ausschreibung aufgrund der Kenntnisse der anderen Bieter nach der 1. Ausschreibung in sämtlichen Positionen völlig neu kalkulieren" müssen und es sei "ein ganz erheblicher Zeitaufwand für die Kalkulation" und "ein weiterer Materialaufwand für die Erstellung der Angebotsunterlagen" entstanden, gliederte dabei aber die durch die zweite Ausschreibung entstanden Mehrkosten nicht auf. Dazu bedarf es jedoch gar keiner Erörterung, ob und bejahendenfalls, in welcher Richtung die klagende Partei allenfalls zur Vervollständigung ihres Prozessvorbringens über die Angebotskosten anzuleiten gewesen wäre, kommt doch deren Ersatz aus anderen prozessualen Erwägungen nicht in Betracht:

2.5. Die klagende Partei machte 68.602,50 S als frustrierte Kosten der Angebotserstellung und 76.313,64 S als notwendige Kosten anwaltlicher Vertretung geltend. Wie unter 2.1. referiert, will die klagende Partei im Revisionsverfahren nur noch einen Zuspruch von 100.000 S erwirken. Im Falle mangelnder Ersatzfähigkeit des Erfüllungsinteresses werde dieser Betrag "subsidiär (in eventu)" auf den Ersatz "des Vertrauensschadens und auch der Kosten für die notwendige Rechtsvertretung gestützt". Die klagende Partei erläutert aber nicht, in welchem Umfang der Zuspruch des noch begehrten Betrags auf die beiden Teilansprüche entfallen solle. Somit wäre jedoch die Grenze der Rechtskraft eines solchen Zuspruchs nicht bestimmbar, bliebe doch unklar, ob er sich zur Gänze auf einen der beiden Ansprüche und daher nur teilweise auf den anderen Anspruch oder auf beide Ansprüche teilweise und sodann, in welchem Verhältnis er sich auf diese Ansprüche erstrecke. Diese mangelnde Schlüssigkeit der Revision ist nicht verbesserungsfähig, hindert sie doch nicht deren sachliche Erledigung. Sie betrifft nicht Erklärungen oder sonstiges Vorbringen, die im Sinne des § 84 Abs 3 ZPO für die mit dem Schriftsatz vorgenommene Prozesshandlung vorgeschrieben sind. Der Revision fehlt nicht etwa ein ziffernmäßig bestimmter Antrag, sondern der Antrag auf Zuerkennung von 100.000 S ohne Aufteilung des angestrebten Zuspruchs auf die beiden in Betracht kommenden Teilansprüche ist sachlich unrichtig. Insofern kommt auch eine Anwendung des § 84 Abs 3 letzter Halbsatz ZPO nicht in Betracht, weil die Summe beider Teilansprüche 100.000 S übersteigt und demnach die Abweisung dieser Ansprüche bzw des einen oder des anderen Anspruchs nicht zur Gänze angefochten worden sein kann.

3. Kostenentscheidung

Der Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO.Der Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf § 41 in Verbindung mit § 50 Abs 1 ZPO.

Textnummer

E64283

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0010OB00284.01Y.1217.000

Im RIS seit

17.03.2002

Zuletzt aktualisiert am

13.04.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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