TE OGH 2001/12/17 1Ob309/01z

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Veröffentlicht am 17.12.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Hopmeier, Sauerzopf & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei A***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Werner Masser, Dr. Ernst Grossmann, Dr. Eduard Klingsbigl, Dr. Robert Lirsch und Mag. Florian Masser, Rechtsanwälte in Wien, wegen 1,000.000 S sA infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 9. Oktober 2001, GZ 17 R 175/01g-5, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 25. Juli 2001, GZ 22 Cg 84/01m-2, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der erstgerichtliche Beschluss wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 25.489,80 (darin S 4.248,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Zuständigkeitsstreits zu bezahlen.

Text

Begründung:

Die klagende Partei brachte in ihrer Hypothekarklage vor, zu ihren Gunsten sei an bestimmten Grundstücksanteilen der beklagten Partei ein Pfandrecht im Höchstbetrag von 2 Mio S eingeräumt worden, das insbesondere zur Sicherstellung einer bestimmten Forderung dienen sollte. Diese Forderung hafte in einer 5 Mio S übersteigenden Summe unberichtigt aus, weshalb die klagende Partei von ihrem Recht Gebrauch mache, sich aus der Pfandsache teilweise zu befriedigen. Sie begehrte daher die Zahlung von 1 Mio S sA bei Exekution in die der beklagten Partei gehörigen Liegenschaftsanteile. Zur Zuständigkeitsfrage führte die klagende Partei aus, die Zuständigkeit des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien ergebe sich aus § 81 Abs 1 JN.

Das Erstgericht wies die Klage alimine unter Hinweis darauf zurück, dass der beklagten Partei als Gesellschaft mbH Kaufmannseigenschaft nach § 6 Abs 1 HGB zukomme.

Das Rekursgericht hob infolge Rekurses der klagenden Partei den Beschluss des Erstgerichts auf und trug diesem die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage auf; es sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Wenn auch die beklagte Partei Formkaufmann sei und all ihre Geschäfte automatisch Handelsgeschäfte seien, "stehe dem die Zuständigkeit des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien im Zusammenhang mit § 81 JN nicht im Wege". Unter dem Gericht, in dessen Sprengel ein unbewegliches Gut gelegen ist (§§ 81, 91 JN), sei in keinem Fall ein Gericht für Handelssachen zu verstehen, wohl aber das Buchgericht oder der diesem übergeordnete Gerichtshof.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der beklagten Partei ist zulässig und berechtigt.

Die klagende Partei hat als Zuständigkeitstatbestand zu Recht § 81 Abs 1 JN benannt, weil eine Hypothekarklage - wie hier - vor diesen (ausschließlichen) Gerichtsstand gehört (SZ 70/87 uva; Holzhammer, Zivilprozessrecht2 53 uva). Die Bestimmung des § 81 Abs 1 JN bezweckt für unbewegliche Sachen eine Konzentration der Rechtsstreite bei dem Gericht, in dessen Sprengel die unbewegliche Sache gelegen ist. Die Schaffung dieses Gerichtsstands beruhte auf der Erwägung, dass das Gericht wegen der örtlichen Nähe und der damit verbundenen erleichterten Einsichtsmöglichkeit am ehesten zu einer sicheren Feststellung und Würdigung der Rechtsverhältnisse in der Lage sei (SZ 70/87; 1 Ob 174/97p; Neumann, Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen I4 199). Diese Intentionen für die Schaffung des Gerichtsstands des § 81 JN sind im vorliegenden Fall aber deshalb nicht von Bedeutung, weil die Liegenschaft, auf die sich das Pfandrecht zu Gunsten der klagenden Partei bezieht, gleichermaßen im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien und in dem des Handelsgerichts Wien gelegen ist.

Maßgeblich ist aber, dass § 81 JN als Gerichtsstandbestimmung lediglich die örtliche und nicht auch die sachliche Zuständigkeit regelt. Das Gericht, in dessen Sprengel das unbewegliche Gut gelegen ist, erscheint ohne Rücksicht darauf, ob dort das Grundbuch geführt wird oder nicht, als örtlich zuständig. Aus § 81 JN ist auch nicht zu entnehmen, dass darunter - unabhängig von der Frage der sachlichen Zuständigkeit - ein für das unbewegliche Gut zuständiges Realgericht zu verstehen wäre, zumal ein ausschließlicher Realgerichtsstand in Streitsachen der JN fremd ist. Über die sachliche Zuständigkeit entscheidet nach den Bestimmungen der JN außer in eigens bezeichneten Fällen einerseits der Wert des Streitgegenstands und andererseits die Frage, ob dem Klagsanspruch ein zivilrechtliches oder ein aus dem Handelsrecht entstandenes Rechtsverhältnis zu Grunde liegt. Daher ist unter dem Gericht, in dessen Sprengel das unbewegliche Gut gelegen ist, dann, wenn die Streitsache nach § 51 JN der Handelsgerichtsbarkeit unterliegt - wie hier - das Handelsgericht bzw der Handelssenat eines Landesgerichts zu verstehen (GlUNF 1163; vgl GlUNF 159; Simotta in Fasching I2 Rz 18 zu § 81 JN; Neumann aaO Anm 2 auf S 199); die sachlichen Zuständigkeitsgrenzen werden nämlich durch den Gerichtsstand des § 81 JN nicht berührt (Pollak, Zivilprozessrecht 340).Maßgeblich ist aber, dass § 81 JN als Gerichtsstandbestimmung lediglich die örtliche und nicht auch die sachliche Zuständigkeit regelt. Das Gericht, in dessen Sprengel das unbewegliche Gut gelegen ist, erscheint ohne Rücksicht darauf, ob dort das Grundbuch geführt wird oder nicht, als örtlich zuständig. Aus § 81 JN ist auch nicht zu entnehmen, dass darunter - unabhängig von der Frage der sachlichen Zuständigkeit - ein für das unbewegliche Gut zuständiges Realgericht zu verstehen wäre, zumal ein ausschließlicher Realgerichtsstand in Streitsachen der JN fremd ist. Über die sachliche Zuständigkeit entscheidet nach den Bestimmungen der JN außer in eigens bezeichneten Fällen einerseits der Wert des Streitgegenstands und andererseits die Frage, ob dem Klagsanspruch ein zivilrechtliches oder ein aus dem Handelsrecht entstandenes Rechtsverhältnis zu Grunde liegt. Daher ist unter dem Gericht, in dessen Sprengel das unbewegliche Gut gelegen ist, dann, wenn die Streitsache nach § 51 JN der Handelsgerichtsbarkeit unterliegt - wie hier - das Handelsgericht bzw der Handelssenat eines Landesgerichts zu verstehen (GlUNF 1163; vergleiche GlUNF 159; Simotta in Fasching I2 Rz 18 zu § 81 JN; Neumann aaO Anm 2 auf S 199); die sachlichen Zuständigkeitsgrenzen werden nämlich durch den Gerichtsstand des § 81 JN nicht berührt (Pollak, Zivilprozessrecht 340).

Der erkennende Senat folgt somit nicht der in SZ 8/19 vertretenen Ansicht, dass unter dem Gerichte, in dessen Sprengel ein unbewegliches Gut gelegen ist (§ 81 JN), in keinem Fall ein Gericht für Handelssachen zu verstehen sei, zumal nicht erkannt werden kann, inwiefern - so die kursorische Begründung - durch die gegenteilige Ansicht "der natürlichen und dem § 6 ABGB entsprechenden Auslegung des § 81 JN Zwang angelegt" würde.

In Stattgebung des Revisionsrekurses der beklagten Partei ist die erstinstanzliche Entscheidung demnach wieder herzustellen. Das Erstgericht wird über den subsidiär gestellten Überweisungsantrag zu entscheiden haben.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens, das einen Zwischenstreit über die Zuständigkeitsfrage darstellt, beruht auf den §§ 52 Abs 1, 41 und 50 ZPO.

Textnummer

E64127

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0010OB00309.01Z.1217.000

Im RIS seit

17.03.2002

Zuletzt aktualisiert am

13.04.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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