Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ÄrzteG 1998 §14a Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dr. M in W, vertreten durch Mag. Gerald Strolz, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Amerlingstraße 19, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. Februar 2005, Zl. MA 15-II-1459/2002, betreffend Ausstellung eines Diploms als Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 13. April 1999 wurde dem Beschwerdeführer, vormals Staatsangehöriger von Saudi-Arabien, mit Wirkung vom 13. April 1999 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Der Beschwerdeführer beantragte die Ausstellung des Diploms "Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde".
Mit Bescheid (des Vorstandes) der Österreichischen Ärztekammer vom 24. Juni 2002 wurde dieser Antrag gemäß § 15 Abs. 3 ÄrzteG 1998 abgewiesen. In der Begründung führte die Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe das Doktorat der gesamten Heilkunde an der Universität Wien am 3. April 1990 erworben. Der Beschwerdeführer habe u.a. folgende Nachweise und Zeugnisse vorgelegt: Zeugnis vom 3.9.1999 über die Ausbildung an der Universitätsklinik für Dermatologie vom 8.7.1999 bis 3.9.1999, Zeugnis vom 28.9.2000 über die Tätigkeit als Stipendiat an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde von Mai 1995 bis Dezember 1999, Zeugnis vom 13.10.1999 über die Ausbildung an der Abteilung für Kinderorthopädie des orthopädischen Spitals Wien-Speising vom 4.1.1999 bis 31.1.1999, Bestätigung vom 31.12.1999 über die Tätigkeit als Gastarzt an der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten Wien vom 1.11.1999 bis 31.12.1999. Gemäß § 8 Abs. 1 ÄrzteG 1998 habe die Ausbildung zum Facharzt in den betreffenden Sonderfächern sowie in den hiefür einschlägigen Nebenfächern (Turnus zum Facharzt) im Rahmen von Arbeitsverhältnissen stattzufinden. Der Beschwerdeführer sei nach den vorliegenden Unterlagen im Rahmen seiner Tätigkeit an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Wien ausschließlich als ausländischer Gastarzt zu Studienzwecken (§ 16 Abs. 2 ÄrzteG 1984, nunmehr § 35 ÄrzteG 1998) tätig gewesen. Das Verhältnis des Beschwerdeführers zur Ausbildungsstätte sei daher nicht als Ausbildungsverhältnis zu werten. Im Zusammenhang mit der von Mai 1995 bis Dezember 1999 als Stipendiat durchgeführten Tätigkeit an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Wien sei anzumerken, dass der Beschwerdeführer als Nachweis über das postgraduelle Training im Fach Kinder- und Jugendheilkunde am 10. Oktober 2000 das so genannte "Ausländer-Facharztdiplom" der Österreichischen Ärztekammer erworben habe. Das Ausländer-Facharztdiplom sei ausschließlich ausländischen Staatsbürgern vorbehalten und bestätige postpromotionelle praktische Studien und Fortbildungen in einem Fach. Im Rahmen des Erwerbs des Ausländer-Facharztdiploms sei der Beschwerdeführer von Mai 1995 bis Dezember 1999 an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Wien als Stipendiat und unbezahlter Gastarzt tätig gewesen. Der Antrag sei daher mangels der notwendigen Absolvierung der vierjährigen Ausbildung im Hauptfach Kinder- und Jugendheilkunde auf einer genehmigten Ausbildungsstelle bzw. im Rahmen von Arbeitsverhältnissen abzuweisen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er im Wesentlichen vorbrachte, es sei sein Gastarztverhältnis als Arbeitsverhältnis - welches auch unentgeltlich eingegangen werden könne - im Sinne des Ärztegesetzes 1998 einzustufen. Die praktische Tätigkeit des Beschwerdeführers habe sich in keiner Weise von der eines "regulären" Turnusarztes unterschieden. Er sei gleich einem "offiziellen" Turnusarzt in den Spitalsbetrieb voll eingebunden gewesen, wie den vorgelegten Urkunden zu entnehmen sei (in denen eine Tätigkeit des Beschwerdeführers beginnend mit November 1990 dokumentiert ist).
Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid. In ihrer Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, unbestritten sei, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. November 1995 bis 31. Oktober 1999 in der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien (AKH) tätig gewesen sei. Es bestehe kein Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer die an der Ausbildungsstätte - der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde im AKH - zurückgelegte Ausbildung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses in unselbständiger Stellung zu Studienzwecken absolviert habe. Allerdings sei durch diesen Umstand für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil mit der 5. Ärztegesetz-Novelle, BGBl. I Nr. 140/2003, in Kraft getreten am 30. Dezember 2003, eine wesentliche Änderung der Rechtslage eingetreten sei, auf welche die belangte Behörde Bedacht zu nehmen habe. Gemäß § 35 Abs. 9 ÄrzteG 1998 seien Zeiten einer ärztlichen Tätigkeit in unselbständiger Stellung zu Studienzwecken auf die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin, zum Facharzt oder in einem Additivfach nicht anrechenbar. Der Beschwerdeführer habe für den Zeitraum von Mai 1995 bis Dezember 1999 eine Bewilligung zur ärztlichen Tätigkeit in unselbständiger Stellung zu Studienzwecken nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage (damals § 16 Abs. 2 ÄrzteG 1984) inne gehabt. Die Erstbewilligung nach § 16 ÄrzteG 1984 (nunmehr § 35 ÄrzteG 1998) zur Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit zu Studienzwecken an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde sei für den Zeitraum vom 1. November 1995 bis 31. Oktober 1996 erteilt worden. Das Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst habe die Bewilligung zur Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit in unselbständiger Stellung zu Studienzwecken bis einschließlich 31. Oktober 1999 verlängert. Dieser genannte Zeitraum sei somit gemäß § 35 Abs. 9 ÄrzteG 1998 nicht anrechenbar.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof.
Mit Beschluss vom 12. Juni 2006, B 333/05-7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Begründung führte der Verfassungsgerichtshof zu § 35 Abs. 9 ÄrzteG 1998 aus, dass diese Regelung einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich sei, und verwies auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 2005, Zl. 2004/11/0240.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgebenden Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998 lauten
(auszugsweise) wie folgt:
"Erfordernisse zur Berufsausübung
§ 4. (1) Zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt bedarf es, unbeschadet der §§ 5, 5a, 32 bis 34, 36 und 37, des Nachweises der Erfüllung der nachfolgend angeführten allgemeinen Erfordernisse, der für den Arzt für Allgemeinmedizin oder für den Facharzt vorgeschriebenen besonderen Erfordernisse sowie der Eintragung in die Ärzteliste.
...
(3) Besondere Erfordernisse im Sinne des Abs. 1 sind
1. das an einer Universität in der Republik Österreich erworbene Doktorat der gesamten Heilkunde oder ein gleichwertiger, im Ausland erworbener und in Österreich als Doktorat der gesamten Heilkunde nostrifizierter akademischer Grad und
...
3. das von der Österreichischen Ärztekammer gemäß § 15 Abs. 1 ausgestellte Diplom über die erfolgreiche Absolvierung einer praktischen Ausbildung nach den für den Arzt für Allgemeinmedizin oder Facharzt geltenden Ausbildungserfordernissen.
...
(5) Ausbildungserfordernisse für den Facharzt im Sinne des Abs. 3 Z 3 sind
1. die mindestens sechsjährige praktische, im betreffenden Sonderfach und in den hiefür einschlägigen Nebenfächern mit Erfolg zurückgelegte Ausbildung in der in diesem Bundesgesetz vorgeschriebenen Art sowie
...
Ausbildung zum Facharzt
§ 8. (1) Personen, die die im § 4 Abs. 2 und Abs. 3 Z 1 oder Abs. 3 Z 1 und 2 oder Abs. 6 zweiter Satz oder § 5a angeführten Erfordernisse erfüllen und beabsichtigen, sich einem Teilgebiet der Heilkunde als Sonderfach zur selbständigen Betätigung als Facharzt zuzuwenden, haben sich in der im § 4 Abs. 5 vorgesehenen Dauer einer praktischen Ausbildung in dem betreffenden Sonderfach sowie in den hiefür einschlägigen Nebenfächern (Turnus zum Facharzt) im Rahmen von Arbeitsverhältnissen sowie der Facharztprüfung zu unterziehen und den Erfolg dieser Ausbildung nachzuweisen (§ 26). Die Ausbildung ist, soweit Abs. 2 nicht anderes bestimmt, in den für das jeweilige Sonderfach anerkannten Ausbildungsstätten und im Hauptfach auf einer genehmigten Ausbildungsstelle, insbesondere in Standardkrankenanstalten sowie in Schwerpunkt- oder Zentralkrankenanstalten, zu absolvieren. ...
...
Sonstige Anrechnung ärztlicher Aus- oder Weiterbildungszeiten
§ 14a. (1) Sofern § 14 nicht zur Anwendung kommt, sind unter der Voraussetzung der Gleichwertigkeit im Inland nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes absolvierte ärztliche Ausbildungszeiten, im Ausland absolvierte ärztliche Aus- oder Weiterbildungszeiten sowie Zeiten des Präsenzdienstes, des Ausbildungsdienstes von Frauen beim Bundesheer sowie des Zivildienstes auf die jeweils für die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt oder für die Ausbildung in einem Additivfach vorgesehene Dauer anzurechnen.
(2) Der Antrag ist im Wege der Landesärztekammer jenes Bundeslandes einzubringen, in dem der Hauptwohnsitz oder, wenn der Antragsteller keinen Hauptwohnsitz in Österreich hat, der zuletzt in Österreich innegehabte Hauptwohnsitz oder, sofern ein solcher nicht bestanden hat, der letzte Wohnsitz oder Aufenthalt des Antragstellers in Österreich gelegen ist. Sofern auch ein solcher nicht bestanden hat, ist der Antrag im Wege einer vom Antragsteller zu wählenden Landesärztekammer einzubringen. Diese hat nach Prüfung der formellen Voraussetzungen den Antrag der Österreichischen Ärztekammer zu übermitteln. Die Österreichische Ärztekammer hat den Antragsteller nach Beurteilung von Inhalt und Dauer seiner fachärztlichen Aus- oder Weiterbildung über die anrechenbaren Ausbildungszeiten zu unterrichten. Dies hat anhand der vorgelegten Unterlagen und unter Berücksichtigung seiner Berufserfahrung, Zusatzausbildung und sonstigen fachärztlichen Aus- oder Weiterbildung zu erfolgen.
(3) Die Österreichische Ärztekammer hat mit Bescheid innerhalb einer Frist von vier Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller den Antrag einschließlich der vollständigen Unterlagen einreicht, zu entscheiden.
(4) Gegen Bescheide der Österreichischen Ärztekammer gemäß Abs. 3 steht die Berufung an den Landeshauptmann offen, in dessen Bereich der Hauptwohnsitz oder, wenn der Antragsteller keinen Hauptwohnsitz in Österreich hat, der zuletzt in Österreich innegehabte Hauptwohnsitz oder, sofern ein solcher nicht bestanden hat, der letzte Wohnsitz oder Aufenthalt des Antragstellers in Österreich gelegen ist. Sofern auch ein solcher nicht bestanden hat, steht die Berufung an den Landeshauptmann jenes Bundeslandes offen, in dem der Antragsteller den Antrag im Wege der betreffenden Landesärztekammer eingebracht hat.
Diplome und Bescheinigungen
§ 15. (1) Die Österreichische Ärztekammer hat Personen, die
1.
die allgemeinen Erfordernisse (§ 4 Abs. 2) und
2.
das besondere Erfordernis gemäß § 4 Abs. 3 Z 1 oder
3.
die besonderen Erfordernisse gemäß § 4 Abs. 3 Z 1 und 2 und
4.
die Ausbildungserfordernisse gemäß § 4 Abs. 4 oder 5
erfüllen, auf Antrag ein Diplom über die erfolgreiche Absolvierung einer Ausbildung nach den für den Arzt für Allgemeinmedizin (Diplom über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin) oder Facharzt (Facharztdiplom) geltenden Ausbildungserfordernissen auszustellen. Ein entsprechendes Diplom ist weiters Personen auszustellen, die ihre ärztliche Ausbildung als Turnusarzt gemäß § 4 Abs. 6 zweiter Satz absolviert haben.
...
(3) Liegen die Voraussetzungen der Abs. 1 oder 2 nicht vor, so hat die Österreichische Ärztekammer die Ausstellung des Diplomes oder der Bescheinigung mit Bescheid zu versagen.
(4) Gegen Bescheide der Österreichischen Ärztekammer gemäß Abs. 3 steht die Berufung an den Landeshauptmann offen, in dessen Bereich der Hauptwohnsitz oder, wenn der Arzt keinen Hauptwohnsitz in Österreich hat, der zuletzt in Österreich innegehabte Hauptwohnsitz oder, sofern ein solcher nicht bestanden hat, der letzte Wohnsitz oder Aufenthalt des Arztes in Österreich gelegen ist.
Ärztliche Tätigkeit in unselbstständiger Stellung zu Studienzwecken
§ 35. (1) Eine ärztliche Tätigkeit nur in unselbstständiger Stellung und nur zu Studienzwecken dürfen ausüben
1. Ärzte, die nicht österreichische Staatsbürger oder Staatsangehörige der übrigen Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, sofern sie nicht über eine Berechtigung gemäß den §§ 32 oder 33 verfügen, sowie
...
(2) Die im Abs. 1 genannten Ärzte dürfen in unselbstständiger Stellung und zu Studienzwecken tätig werden
1. in Universitätskliniken, Klinischen Instituten oder sonstigen Organisationseinheiten einschließlich allfälliger Untereinheiten von Medizinischen Universitäten im Rahmen der ihnen zugewiesenen Obliegenheiten mit Bewilligung des Leiters der betreffenden Organisationseinheit oder allfälligen Untereinheit jeweils bis zur Dauer eines Jahres;
2. an allen übrigen Krankenanstalten bzw. medizinischwissenschaftlichen Anstalten, die Ausbildungsstätten im Sinne der §§ 9, 10 oder 11 sind, im Rahmen der ihnen zugewiesenen Obliegenheiten mit Bewilligung der Österreichischen Ärztekammer jeweils bis zur Dauer eines Jahres.
...
(9) Zeiten einer ärztlichen Tätigkeit in unselbstständiger Stellung zu Studienzwecken sind auf die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin, zum Facharzt oder in einem Additivfach nicht anrechenbar."
Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid der Sache nach im Wesentlichen auf § 35 Abs. 9 ÄrzteG 1998 (BGBl. I Nr. 140/2003) und geht dabei von der Rechtsansicht aus, diese Bestimmung schließe schon deshalb, weil der Beschwerdeführer mit Bescheiden des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst zur Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit "... nur zu Studienzwecken" zugelassen worden sei, eine Anrechnung der in Rede stehenden Zeiten aus. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Auffassung nicht und verweist auf sein Erkenntnis vom 24. November 2005, Zl. 2004/11/0240, in dem er wie folgt ausgeführt hat:
"Der durch die 5. Ärztegesetz-Novelle dem § 35 angefügte Abs. 9 gehört ungeachtet seiner Stellung im Gesetz (1. Hauptstück, 3. Abschnitt) seinem Zweck nach zu den Regelungen des Ärztegesetzes 1998 über die praktische Ausbildung der Ärzte und die Anrechnung von Zeiten einer unselbständigen ärztlichen Tätigkeit auf die vorgeschriebene praktische Ausbildung (1. Hauptstück, 1. Abschnitt, §§ 7 bis 15). Sie dienen dem Zweck sicherzustellen, dass der betreffende Arzt vor Beginn der selbständigen Ausübung des Arztberufes dem jeweiligen Ausbildungserfordernis (§ 4 Abs. 3 Z. 3) entsprechend praktisch ausgebildet ist. Davon ausgehend ist unter Bedachtnahme auf den besagten Regelungszweck und im Hinblick darauf, dass nach der 5. Ärztegesetz-Novelle nunmehr neben Ausbildungszeiten nach diesem Gesetz auch primär anderen Zwecken (Präsenzdienst, Ausbildungsdienst von Frauen beim Bundesheer, Zivildienst) dienende Zeiten einer unselbständigen ärztlichen Tätigkeit (selbst wenn sie außerhalb von anerkannten Ausbildungsstätten im Sinne der §§ 9 bis 11 absolviert wurden; für sie gilt die in § 35 Abs. 2 Z. 2 und Abs. 7 leg. cit. normierte Beschränkung nicht) unter der Voraussetzung der Gleichwertigkeit anrechenbar sind, die Wendung "Zeiten einer ärztlichen Tätigkeit ... zu Studienzwecken" in § 35 Abs. 9 ÄrzteG 1998 zur Vermeidung einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung dahingehend auszulegen, dass sie nur solche Zeiten einer "ärztlichen Tätigkeit zu Studienzwecken" erfasst, die nicht gleichwertig sind. Eine Bewilligung nach § 35 Abs. 2 ÄrzteG 1998 (bzw. nach § 16 Abs. 2 ÄrzteG 1984) schließt daher eine Anrechnung nicht schlechthin aus. Es bedarf auch in solchem Fall einer Prüfung der ausgeübten ärztlichen Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit.
Für dieses Auslegungsergebnis sprechen auch die letzten zwei Sätze des § 14a Abs. 2 ÄrzteG 1998, wonach die Österreichische Ärztekammer den Antragsteller über die anrechenbaren Zeiten zu unterrichten hat, und zwar "nach Beurteilung von Inhalt und Dauer seiner fachärztlichen Aus- oder Weiterbildung ... anhand der vorgelegten Unterlagen und unter Berücksichtigung seiner Berufserfahrung, Zusatzausbildung und sonstigen fachärztlichen Aus- oder Weiterbildung". Eine Prüfung darauf hin, ob allenfalls eine Bewilligung nach § 35 Abs. 2 erteilt wurde, ist nicht vorgesehen. Dass es auf den materiellen Inhalt der absolvierten Ausbildung ankommt und ein Bescheid, womit eine Bewilligung "zu Studienzwecken" erteilt wurde, dem nicht entgegensteht, hat der Verwaltungsgerichtshof im Übrigen schon in seinem Erkenntnis vom 1. Juli 1969, Slg. Nr. 7.617/A, ausgesprochen."
Der angefochtene Bescheid beruht auf einer - wie dargelegt - unzutreffenden Rechtsansicht. Offensichtlich deshalb hat die belangte Behörde nicht hinreichend geprüft, ob es sich bei den in Rede stehenden Zeiten - inhaltlich betrachtet - nicht ohnehin um "nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes absolvierte ärztliche Ausbildungszeiten" handelt, was der Beschwerdeführer unter Vorlage von zahlreichen Zeugnissen und Bestätigungen über die von ihm absolvierten Dienstzeiten der Sache nach behauptet hat und wofür auch der Umstand spricht, dass nach § 14 Abs. 2 leg. cit. in der Fassung vor der 2. Ärztegesetz-Novelle eine Anrechnung als ärztliche Ausbildungszeiten unter der Voraussetzung des nachträglichen Erwerbs der österreichischen Staatsbürgerschaft vorgesehen war. Wie aus den vom Beschwerdeführer bereits vorgelegten Urkunden ersichtlich ist, liegen die Zeiten seiner einschlägigen Tätigkeit teilweise nach dem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, reichen aber zu einem erheblichen Teil auch weit in die Zeit vor dem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft zurück. Falls die oben angesprochene Qualifikation der Ausbildungszeiten als solche "nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes absolvierte ärztliche Ausbildungszeiten" aber nicht zutrifft, wird die Behörde zu prüfen haben, ob und inwieweit Gleichwertigkeit mit solchen gegeben ist. In diesem Zusammenhang wird die belangte Behörde allenfalls dem Beschwerdeführer auch Gelegenheit zu geben haben, ergänzend detailliertes Vorbringen über seine Tätigkeit sowohl dem Zeitablauf als auch der Art nach zu erstatten sowie gegebenenfalls auch weitere zweckdienliche Urkunden vorzulegen.
Da der aufgezeigte Mangel auf einer unzutreffenden Rechtsauffassung der belangten Behörde beruht, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den überhöht verzeichneten Schriftsatzaufwand sowie die bereits im Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand enthaltene Umsatzsteuer.
Wien, am 22. Februar 2007
Schlagworte
Auslegung Diverses VwRallg3/5 Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006110109.X00Im RIS seit
04.04.2007