TE OGH 2001/12/19 3Ob294/01h

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2001
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef E*****, vertreten durch Dr. Karl Haas & Dr. Georg Lugert Rechtsanwaltspartnerschaft in St. Pölten, gegen die beklagte Partei H*****, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen 206.200 S sA über die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. August 2001, GZ 2 R 106/01z-31, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 11. Dezember 2000, GZ 4 Cg 26/00i-26, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 12.043,80 S (darin 2.007,30 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte den Zuspruch von 206.200 S sA und brachte vor, er sei Eigentümer eines Traberhengstes. Dieses Pferd habe sich im Mai 1999 in einem Trainingsstall in Tschechien befunden. Das Pferd sei in weiterer Folge der beklagten Partei übergeben worden, um es zu einem Trabertrainer in Österreich zu befördern. Es habe anlässlich dieser Beförderung eine schwere Verletzung am Vorderfuß erlitten. Die Heilbehandlung sei erfolglos geblieben. Das Pferd sei nun "für den Rennsport praktisch wertlos". Der beklagten Partei sei die schadensursächliche Verletzung von Schutznormen anzulasten. Sie habe daher für den Marktwert des Pferdes vor der Verletzung und für die Kosten der tierärztlichen Behandlung einzustehen.

Die beklagte Partei wendete unter anderem ein, das Pferd sei während des Transports nicht verletzt worden. Der Kläger sei überdies nicht aktiv legitimiert, "weil Auftraggeber und Absender im frachtrechtlichen Sinn und Empfänger sowie Zahlungsverpflichteter nicht der Kläger", sondern der Trabertrainer und dieser daher "Alleinverfügungsberechtigter im Sinne des CMR" gewesen sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil dem Kläger der Nachweis eines Kausalzusammenhangs der Verletzung des Pferdes mit dem Transport nicht gelungen sei. Außerdem sei dessen Aktivlegitimation "fraglich", weil zwischen ihm und der beklagten Partei kein Vertragsverhältnis bestanden habe.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, dass nach CMR-Bestimmungen die Ersatzberechtigung mit der Verfügungsbefugnis verknüpft sei. Anspruchsberechtigt sei grundsätzlich derjenige, der den Frachtvertrag mit dem Frachtführer abgeschlossen habe. In den Fällen des Art 13 Abs 1 Satz 1 CMR sei der Empfänger ersatzberechtigt. Der Kläger sei nicht Vertragspartner der beklagten Partei. Er sei nach den getroffenen Feststellungen weder Absender noch Empfänger des Frachtguts gewesen. Die Abtretung von Rechten aus dem Frachtvertrag sei nicht behauptet worden. Ein deliktischer Anspruch wegen eines Eingriffs in das absolut geschützte Eigentumsrecht scheide aus, weil nicht behauptet worden sei, dass dem Geschäftsführer der beklagten Partei eine schadensursächliche Sorgfaltsverletzung vorwerfbar sei. Der Kläger habe aber auch keinen Anspruch als geschützter Dritter des Frachtvertrags. Ein solcher Anspruch setze "die Erkennbarkeit (Ersichtlichkeit) des Gläubigerinteresses" voraus. Der Kläger habe nicht behauptet, dass seine Eigentümerposition der beklagten Partei bekannt oder für sie erkennbar gewesen sei. Ein Dritter könne sich im Übrigen nicht mit Erfolg auf Schutzwirkungen eines Vertrags zu seinen Gunsten berufen, wenn er "gegen einen der beiden Kontrahenten Ansprüche aus eigenem Vertrag" habe. Das sei hier der Fall, habe doch der Kläger den Trabertrainer mit dem Transport des Pferdes von Tschechien nach Österreich beauftragt. Die ordentliche Revision sei zulässig, "da die Abgrenzung des im Gesetz nicht ausdrücklich geregelten Instituts des Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter umstritten" sei.Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, dass nach CMR-Bestimmungen die Ersatzberechtigung mit der Verfügungsbefugnis verknüpft sei. Anspruchsberechtigt sei grundsätzlich derjenige, der den Frachtvertrag mit dem Frachtführer abgeschlossen habe. In den Fällen des Artikel 13, Absatz eins, Satz 1 CMR sei der Empfänger ersatzberechtigt. Der Kläger sei nicht Vertragspartner der beklagten Partei. Er sei nach den getroffenen Feststellungen weder Absender noch Empfänger des Frachtguts gewesen. Die Abtretung von Rechten aus dem Frachtvertrag sei nicht behauptet worden. Ein deliktischer Anspruch wegen eines Eingriffs in das absolut geschützte Eigentumsrecht scheide aus, weil nicht behauptet worden sei, dass dem Geschäftsführer der beklagten Partei eine schadensursächliche Sorgfaltsverletzung vorwerfbar sei. Der Kläger habe aber auch keinen Anspruch als geschützter Dritter des Frachtvertrags. Ein solcher Anspruch setze "die Erkennbarkeit (Ersichtlichkeit) des Gläubigerinteresses" voraus. Der Kläger habe nicht behauptet, dass seine Eigentümerposition der beklagten Partei bekannt oder für sie erkennbar gewesen sei. Ein Dritter könne sich im Übrigen nicht mit Erfolg auf Schutzwirkungen eines Vertrags zu seinen Gunsten berufen, wenn er "gegen einen der beiden Kontrahenten Ansprüche aus eigenem Vertrag" habe. Das sei hier der Fall, habe doch der Kläger den Trabertrainer mit dem Transport des Pferdes von Tschechien nach Österreich beauftragt. Die ordentliche Revision sei zulässig, "da die Abgrenzung des im Gesetz nicht ausdrücklich geregelten Instituts des Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter umstritten" sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist der Kreis der geschützten Dritten, denen vertragliche Schadenersatzansprüche aufgrund eines Vertrags zwischen anderen Personen zustehen sollen, eng zu ziehen, damit die unterschiedliche Ausgestaltung von Delikts- und Vertragsrecht durch das Gesetz nicht aufgehoben oder verwischt wird (EvBl 1993/119). Deshalb ist eine der Grundvoraussetzungen der Einbeziehung in den Schutzbereich eines Vertrags ein schutzwürdiges Gläubigerinteresse. Ein solches Interesse besteht jedenfalls dann nicht, wenn der Dritte kraft seiner eigenen Sonderverbindung mit seinem Vertragspartner, der seinerseits den späteren Schädiger vertraglich als selbständigen Erfüllungsgehilfen beizog, einen Anspruch auf Schadenersatz hat (EvBl 1993/119; EvBl 1993/91; SZ 62/173; SZ 51/176). Ist also das Interesse des Dritten bereits durch andere vertragliche Ansprüche gedeckt, so entfällt dessen Schutzbedürftigkeit in Ansehung des Drittvertrags (6 Ob 88/01m; EvBl 1993/91; SZ 51/176). Das ist bei einem Anspruch gegen einen der Kontrahenten des Drittvertrags regelmäßig der Fall (SZ 51/176).

2. Das Berufungsgericht stützte seine Entscheidung auf die soeben referierte ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Damit setzt sich der Kläger gar nicht auseinander, er versucht vielmehr nur zu begründen, weshalb er als Eigentümer des Pferdes - ungeachtet des Aspekts der Schutzbedürftigkeit nach den voranstehenden Erwägungen - als geschützter Dritter des Frachtvertrags zwischen seinem Vertragspartner, dem Trabertrainer, und der beklagten Partei angesehen werden sollte. Wie sich aus der Berufung ergibt, bezweifelt der Kläger aber ohnehin nicht, seinen Vertragspartner in Anspruch nehmen zu können, spricht er doch dort - vor dem Hintergrund seiner Rechtsansicht über die Ersatzpflicht der beklagten Partei - von einem allfälligen "Mitverschulden" des Trabertrainers.

Der Klageanspruch musste daher wegen der erläuterten Gründe jedenfalls scheitern. Es ist daher nicht mehr zu klären, ob der Kläger auch das Neuerungsverbot gemäß § 482 Abs 1 ABGB verletzte, stützte er doch den Klageanspruch erst in der Berufung auf seine Position als geschützter Dritter des Vertrags seines Vertragspartners mit der beklagten Partei. Dazu ist anzumerken, dass die beklagte Partei in der erstinstanzlichen Verhandlung vom 11. 12. 2000 (ON 24 S 1) ausdrücklich den Mangel der Aktivlegitimation des Klägers einwendete, weil dieser weder Absender noch Empfänger des Frachtguts gewesen sei. Dieses Vorbringen wurde vom Kläger bestritten. Er hielt sich offenkundig selbst für den Empfänger des Frachtguts und berief sich im Verfahren erster Instanz möglicherweise deshalb nicht auf einen vertraglichen Anspruch gegen die beklagte Partei als geschützter Dritter deren Frachtvertrags mit dem Trabertrainer.Der Klageanspruch musste daher wegen der erläuterten Gründe jedenfalls scheitern. Es ist daher nicht mehr zu klären, ob der Kläger auch das Neuerungsverbot gemäß Paragraph 482, Absatz eins, ABGB verletzte, stützte er doch den Klageanspruch erst in der Berufung auf seine Position als geschützter Dritter des Vertrags seines Vertragspartners mit der beklagten Partei. Dazu ist anzumerken, dass die beklagte Partei in der erstinstanzlichen Verhandlung vom 11. 12. 2000 (ON 24 S 1) ausdrücklich den Mangel der Aktivlegitimation des Klägers einwendete, weil dieser weder Absender noch Empfänger des Frachtguts gewesen sei. Dieses Vorbringen wurde vom Kläger bestritten. Er hielt sich offenkundig selbst für den Empfänger des Frachtguts und berief sich im Verfahren erster Instanz möglicherweise deshalb nicht auf einen vertraglichen Anspruch gegen die beklagte Partei als geschützter Dritter deren Frachtvertrags mit dem Trabertrainer.

3. Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Wie aus allen bisherigen Erwägungen folgt, steht das angefochtene Urteil mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Einklang. Diese wird in der Revision gar nicht in Zweifel gezogen. Der Kläger zeigt demnach keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf, von deren Lösung die Entscheidung abhinge. Die Revision ist somit zurückzuweisen.3. Der Oberste Gerichtshof ist gemäß Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach Paragraph 500, Absatz 2, Ziffer 3, ZPO nicht gebunden. Wie aus allen bisherigen Erwägungen folgt, steht das angefochtene Urteil mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Einklang. Diese wird in der Revision gar nicht in Zweifel gezogen. Der Kläger zeigt demnach keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO auf, von deren Lösung die Entscheidung abhinge. Die Revision ist somit zurückzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei wies auf die Unzulässigkeit der Revision hin. Ihr sind daher die Kosten der Revisionsbeantwortung als solche einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung zuzusprechen.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 41, in Verbindung mit Paragraph 50, Absatz eins, ZPO. Die beklagte Partei wies auf die Unzulässigkeit der Revision hin. Ihr sind daher die Kosten der Revisionsbeantwortung als solche einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung zuzusprechen.

Anmerkung

E64264 3Ob294.01h

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0030OB00294.01H.1219.000

Dokumentnummer

JJT_20011219_OGH0002_0030OB00294_01H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten