Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Franz B*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und Dr. Haymo Modelhart, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. L***** AG, *****, 2. Walter L*****, und 3. G***** AG, *****, alle vertreten durch Dr. Ludwig Pramer und Dr. Peter Lindinger, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 139.518,40 sA, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 9. Februar 2001, GZ 4 R 219/00d-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 29. Juni 2000, GZ 4 Cg 220/99m-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Am 16. 9. 1999 ereignete sich auf der Dinghoferstraße kurz nach der Kreuzung mit der Lustenauerstraße ein Verkehrsunfall, an welchem der Kläger als Lenker und Halter eines PKW Mazda und der Zweitbeklagte als Lenker des von der erstbeklagten Partei gehaltenen und bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherten Gelenkbusses beteiligt waren.
Der Kläger begehrt Schadenersatz aus dem behaupteten Alleinverschulden des Zweitbeklagten. Er sei von der (eine Einbahn in Richtung Dinghoferstraße darstellenden und zwei Fahrstreifen aufweisenden benachrangten) Lustenauerstraße nach links auf den linken Fahrstreifen der (ebenfalls eine Einbahn Richtung Lustenauerstraße bildenden und zwei Fahrstreifen aufweisenden) Dinghoferstraße eingebogen, als er wegen eines von einem (linken) Parkstreifen ausparkenden PKWs bereits fahrbahnparallel abbremsen habe müssen. Der vom Zweitbeklagten gelenkte Gelenkbus habe sich zunächst auf dem rechten Fahrstreifen befunden, unzulässig einen Fahrstreifenwechsel nach links vorgenommen und sei offensichtlich wegen zu hoher Geschwindigkeit bzw einer Reaktionsverzögerung gegen das Heck des vom Kläger gelenkten Fahrzeuges gestoßen.
Die beklagten Parteien beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Der Zweitbeklagte habe sich zunächst auf dem rechten der beiden Fahrstreifen der Dinghoferstraße befunden und zulässig einen angezeigten Fahrstreifenwechsel vorgenommen. Der Kläger sei unter Missachtung des Vorranges der auf der Dinghoferstraße fahrenden Fahrzeuge eingebogen. Der Zweitbeklagte habe trotz Vollbremsung eine Kollision nicht verhindern können, dies auch deshalb, weil das vom Kläger gelenkte Fahrzeug nach dem Einbiegen wegen eines ausparkenden Fahrzeuges stark abgebremst worden sei. Kompensando wurde eine Gegenforderung von S 59.959 eingewendet.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt.
Es ging dabei von folgenden Feststellungen aus:
Die Unfallstelle befindet sich im Ortsgebiet von Linz im Nahbereich der Kreuzung der Lustenauerstraße mit der Dinghoferstraße auf der Dinghoferstraße. Die Dinghoferstraße führt als Einbahn in annähernd nördliche Richtung und weist zwei Fahrstreifen auf. Der rechte ist vom Asphaltrand bis zur Leitlinie 3,9 m breit, der linke 5,4 m. Auf dem linken Fahrstreifen ist 2,5 m nach dem Trichter mit der Lustenauerstraße durch eine am Gehsteigrand gekennzeichnete Markierung eine Kurzparkzone eingerichtet. Die ebenfalls als Einbahn Richtung Osten führende Lustenauerstraße ist gegenüber der Dinghoferstraße durch das Verkehrszeichen "Halt" benachrangt. Der rechte Fahrstreifen ist 2,9 m breit, der linke insgesamt 6,3 m breit und berechtigt nur zum Linksabbiegen in die Dinghoferstraße. Ebenfalls am linken Fahrstreifen ist eine bis zur Kreuzung reichende Kurzparkzone markiert. Der "Einmündungstrichter" der Lustenauerstraße in die Dinghoferstraße ist 14,5 m lang. Auf der Dinghoferstraße befindet sich in Annäherung an die Kreuzung mit der Lustenauerstraße rechts eine Tankstelle, die 56 m vor der Kreuzung beginnt und 13 m vor dieser endet.
Auf dem linken Parkstreifen der Dinghoferstraße war unmittelbar nach der Kreuzung mit der Lustenauerstraße ein Fahrzeug geparkt. Da der Lenker dieses Fahrzeuges ausparken wollte, musste er wegen eines vor ihm stehenden Fahrzeuges zunächst etwas zurückfahren. Zu diesem Zeitpunkt herrschte auf dem rechten Fahrstreifen der Dinghoferstraße dichter Kolonnenverkehr, während der linke Fahrstreifen zur Gänze frei war. Der Kläger bemerkte ebenfalls, dass der linke Fahrstreifen der Dinghoferstraße frei war und nahm auch den Gelenkbus wahr. Als der Kläger auf den linken Fahrstreifen der Dinghoferstraße einfuhr, war ein Fahrstreifenwechsel des Autobusses weder auf Grund seiner Fahrlinie noch auf Grund eines Blinkzeichens erkennbar. Der Kläger, der zügig nach links eingebogen war, musste sein Fahrzeug gleich darauf wegen des ausparkenden Fahrzeuges abbremsen. Das Fahrzeug des Klägers stand bereits, als der Autobus, der vom rechten auf den linken Fahrstreifen wechseln wollte, mit etwa 20 km/h gegen sein Heck stieß. Dadurch wurde das Fahrzeug des Klägers auf das ausparkende Fahrzeug aufgeschoben. Die "Reaktionseinleitung" des Autobuslenkers erfolgte etwa 1,5 Sekunden vor dem Anstoß, wenn man von einer Reaktionszeit von einer Sekunde ausgeht. Bei Zuerkennung einer Reaktionszeit von 0,8 Sekunden erfolgte die "Reaktionseinleitung" erst 1,3 Sekunden vor dem Anstoß. Das Einfahren des PKWs erfolgte jedoch wesentlich früher. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Autobus noch auf der rechten Fahrbahnseite und "stellte das Einfahren des Klagsfahrzeuges für ihn auch keine Behinderung dar". Der Autobuslenker reagierte offenbar erst auf das Bremsen des Klagsfahrzeuges, wobei zu diesem Zeitpunkt der Sicherheitsabstand des Autobusses zum Klagsfahrzeug bereits unterschritten war. Der Reaktionsbeginn des Autobuslenkers lag daher in etwa in einem Zeitpunkt, als er die Fahrbahnmitte nach links überschritt.
Rechtlich erörterte das Erstgericht, dass dem Kläger eine Vorrangverletzung nicht vorzuwerfen sei, weil der linke Fahrstreifen der Dinghoferstraße ohnedies frei gewesen sei. Vom Kläger sei nicht zu verlangen gewesen, sämtliche den rechten Fahrstreifen der Dinghoferstraße benützenden Fahrzeuge abzuwarten, um auf den freien linken Fahrstreifen der Dinghoferstraße einfahren zu dürfen. Hingegen habe der Zweitbeklagte als Buslenker den erforderlichen Sicherheitsabstand zum vor ihm befindlichen Kläger unterschritten. Der Buslenker hätte nur nach Erreichen des erforderlichen Sicherheitsabstandes vom rechten auf den linken Fahrstreifen wechseln dürfen. Das Alleinverschulden liege beim Buslenker.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Nach Abänderungsantrag nach § 508a ZPO änderte es diesen Ausspruch dahingehend ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei.Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Nach Abänderungsantrag nach Paragraph 508 a, ZPO änderte es diesen Ausspruch dahingehend ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei.
Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und fügte diesen noch hinzu, dass unstrittig die Kollisionsstelle (Kontakt des Hecks des Fahrzeugs des Klägers mit der Front des Gelenkbusses) etwa 1,5 m nach dem "Trichterende" der Lustenauerstraße auf der Dinghoferstraße gelegen sei.
Zwar erstrecke sich der Vorrang prinzipiell auf die ganze Fahrbahn und nicht bloß auf eine Fahrbahnhälfte; eine Vorrangverletzung wäre dem Kläger aber nur dann anzulasten gewesen, wenn er in weitem Bogen auf den rechten Fahrstreifen der Dinghoferstraße eingebogen wäre und dadurch den Buslenker zum Bremsen gezwungen hätte. Dem Kläger sei das Einbiegen in engem Bogen auf den linken Fahrstreifen deshalb nicht als Vorrangverletzung anzurechnen, weil der Buslenker zum unvermittelten Bremsen oder zum Ablenken im Sinn des § 19 Abs 7 StVO dann nicht genötigt gewesen wäre, wenn er den von ihm zuvor benützten rechten Fahrstreifen beibehalten hätte. Von Bedeutung sei, dass zum Zeitpunkt, als der Kläger auf den linken Fahrstreifen der Dinghoferstraße eingefahren sei, ein Fahrstreifenwechsel des Autobusses weder auf Grund seiner Fahrlinie noch auf Grund eines Blinkzeichens erkennbar gewesen sei. Ohne erwiesene Erkennbarkeit eines bevorstehenden Fahrstreifenwechsels des Autobusses sei für den Kläger keine Vorrangsituation vorgelegen, weil bei Unterbleiben eines Fahrstreifenwechsels des Autobusses kein Anlass zum unvermittelten Bremsen oder zum Ablenken gegeben gewesen wäre. Der Buslenker habe keine Zweifel daran hegen können, was das vom Kläger beabsichtigte Fahrmanöver gewesen sei, während der Kläger auf Grund des Vertrauensgrundsatzes des § 3 StVO mit einem nicht angekündigten Fahrstreifenwechsel des Busses nicht zu rechnen gebraucht habe. Vom Obersten Gerichtshof sei bereits ausgesprochen worden, dass derjenige, der bei einem Fahrstreifenwechsel von seinem Vorrang Gebrauch machen wolle, sein Vorhaben rechtzeitig anzeigen müsse (ZVR 1979/246).Zwar erstrecke sich der Vorrang prinzipiell auf die ganze Fahrbahn und nicht bloß auf eine Fahrbahnhälfte; eine Vorrangverletzung wäre dem Kläger aber nur dann anzulasten gewesen, wenn er in weitem Bogen auf den rechten Fahrstreifen der Dinghoferstraße eingebogen wäre und dadurch den Buslenker zum Bremsen gezwungen hätte. Dem Kläger sei das Einbiegen in engem Bogen auf den linken Fahrstreifen deshalb nicht als Vorrangverletzung anzurechnen, weil der Buslenker zum unvermittelten Bremsen oder zum Ablenken im Sinn des Paragraph 19, Absatz 7, StVO dann nicht genötigt gewesen wäre, wenn er den von ihm zuvor benützten rechten Fahrstreifen beibehalten hätte. Von Bedeutung sei, dass zum Zeitpunkt, als der Kläger auf den linken Fahrstreifen der Dinghoferstraße eingefahren sei, ein Fahrstreifenwechsel des Autobusses weder auf Grund seiner Fahrlinie noch auf Grund eines Blinkzeichens erkennbar gewesen sei. Ohne erwiesene Erkennbarkeit eines bevorstehenden Fahrstreifenwechsels des Autobusses sei für den Kläger keine Vorrangsituation vorgelegen, weil bei Unterbleiben eines Fahrstreifenwechsels des Autobusses kein Anlass zum unvermittelten Bremsen oder zum Ablenken gegeben gewesen wäre. Der Buslenker habe keine Zweifel daran hegen können, was das vom Kläger beabsichtigte Fahrmanöver gewesen sei, während der Kläger auf Grund des Vertrauensgrundsatzes des Paragraph 3, StVO mit einem nicht angekündigten Fahrstreifenwechsel des Busses nicht zu rechnen gebraucht habe. Vom Obersten Gerichtshof sei bereits ausgesprochen worden, dass derjenige, der bei einem Fahrstreifenwechsel von seinem Vorrang Gebrauch machen wolle, sein Vorhaben rechtzeitig anzeigen müsse (ZVR 1979/246).
Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil die vom Berufungsgericht zur Begründung seiner Rechtsansicht zitierte Entscheidung ZVR 1979/246 wesentliche Sachverhaltsunterschiede aufweise und kritisch glossiert worden sei.
Die beklagten Parteien beantragen mit ihrem Rechtsmittel die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahingehend, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und auch im Sinne des Eventualantrages berechtigt.
Der vom Berufungsgericht für seinen Standpunkt herangezogenen Entscheidung ZVR 1979/246 (vgl auch ZVR 1987/31 und ZVR 1988/146) könnte zwar die Ansicht entnommen werden, dass - bei der Zusammenführung zweier über eine längere Strecke sich allmählich nähernder, ineinander übergehender Straßen mit mehreren Fahrstreifen -der Benutzer der mit dem Zeichen "Vorrang geben" abgewerteten Einmündung den Vorrang des Querverkehrs auf dem zunächst freien rechten Fahrstreifen nur dann zu wahren hat, wenn der Benutzer der bevorrangten Straße den Wechsel auf den freien Fahrstreifen rechtzeitig anzeigt. In 2 Ob 17/91 findet sich dazu eine Ausführung, die dahin gedeutet werden könnte, dass eine solche Zusammenführung zweier Straßen keine Kreuzung ist. In ZVR 1979/246 wurde aber zutreffend betont, dass auch eine solche Zusammenführung zweier Straßen eine Kreuzung ist. Nach ständiger Rechtsprechung erstreckt sich der Vorrang jedoch auf die ganze Fahrbahn der bevorrangten Straße (RIS-Justiz RS0073758; RS0074324). Wiederholt wurde auch ausgesprochen, dass der Vorrang dem bevorrangten (von rechts kommenden) Fahrzeug auch dann zukommt, wenn dieses auf der linken, statt vorschriftsmäßig auf der rechten Fahrbahnhälfte in die Kreuzung einfährt (8 Ob 205/82; 2 Ob 283/98a). Daran ist auch bei der auf einer längeren Strecke erfolgenden Zusammenführung zweier Straßen festzuhalten. Bei einer - wie hier vorliegenden -rechtwinkeligen benachrangten Einmündung erstreckt sich der Vorrang des bevorrangten Straßenbenützers ungeachtet der Vorschrift des § 11 StVO daher ebenfalls auf alle vorhandenen Fahrstreifen. Er muss aber dem Benutzer der benachrangten Straße den beabsichtigten Fahrstreifenwechsel anzeigen, weil auch dieser als "anderer Verkehrsteilnehmer" iSd § 11 Abs 2 StVO anzusehen ist, allerdings nicht deshalb, um dadurch den Vorrang zu wahren, sondern um die anderen Verkehrsteilnehmer über sein Fahrmanöver zu informieren, damit sich diese darauf einstellen können. Im vorliegenden Fall ist daher zu berücksichtigen, dass die Dinghoferstraße zwei durch eine Leitlinie getrennte Fahrstreifen aufwies und daher auf beiden Fahrstreifen auch im Kreuzungsbereich mit der Lustenauerstraße benutzt werden durfte (vgl §§ 2 Abs 1 Z 29, 12 Abs 3 StVO; Messiner, StVO10 Anm 5 zu § 12). Dies bedeutet zunächst, dass der Zweitbeklagte grundsätzlich berechtigt war, vor der Kreuzung mit der Lustenauerstraße bzw im Kreuzungsbereich auf den linken Fahrstreifen der Dinghoferstraße zu wechseln. Ein Fahrstreifenwechsel im Sinn des § 11 Abs 1 ZPO durfte aber von ihm erst dann durchgeführt werden, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass dies 1. ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich war und 2. rechtzeitig angezeigt worden war (§ 11 Abs 2 StVO).Der vom Berufungsgericht für seinen Standpunkt herangezogenen Entscheidung ZVR 1979/246 vergleiche auch ZVR 1987/31 und ZVR 1988/146) könnte zwar die Ansicht entnommen werden, dass - bei der Zusammenführung zweier über eine längere Strecke sich allmählich nähernder, ineinander übergehender Straßen mit mehreren Fahrstreifen -der Benutzer der mit dem Zeichen "Vorrang geben" abgewerteten Einmündung den Vorrang des Querverkehrs auf dem zunächst freien rechten Fahrstreifen nur dann zu wahren hat, wenn der Benutzer der bevorrangten Straße den Wechsel auf den freien Fahrstreifen rechtzeitig anzeigt. In 2 Ob 17/91 findet sich dazu eine Ausführung, die dahin gedeutet werden könnte, dass eine solche Zusammenführung zweier Straßen keine Kreuzung ist. In ZVR 1979/246 wurde aber zutreffend betont, dass auch eine solche Zusammenführung zweier Straßen eine Kreuzung ist. Nach ständiger Rechtsprechung erstreckt sich der Vorrang jedoch auf die ganze Fahrbahn der bevorrangten Straße (RIS-Justiz RS0073758; RS0074324). Wiederholt wurde auch ausgesprochen, dass der Vorrang dem bevorrangten (von rechts kommenden) Fahrzeug auch dann zukommt, wenn dieses auf der linken, statt vorschriftsmäßig auf der rechten Fahrbahnhälfte in die Kreuzung einfährt (8 Ob 205/82; 2 Ob 283/98a). Daran ist auch bei der auf einer längeren Strecke erfolgenden Zusammenführung zweier Straßen festzuhalten. Bei einer - wie hier vorliegenden -rechtwinkeligen benachrangten Einmündung erstreckt sich der Vorrang des bevorrangten Straßenbenützers ungeachtet der Vorschrift des Paragraph 11, StVO daher ebenfalls auf alle vorhandenen Fahrstreifen. Er muss aber dem Benutzer der benachrangten Straße den beabsichtigten Fahrstreifenwechsel anzeigen, weil auch dieser als "anderer Verkehrsteilnehmer" iSd Paragraph 11, Absatz 2, StVO anzusehen ist, allerdings nicht deshalb, um dadurch den Vorrang zu wahren, sondern um die anderen Verkehrsteilnehmer über sein Fahrmanöver zu informieren, damit sich diese darauf einstellen können. Im vorliegenden Fall ist daher zu berücksichtigen, dass die Dinghoferstraße zwei durch eine Leitlinie getrennte Fahrstreifen aufwies und daher auf beiden Fahrstreifen auch im Kreuzungsbereich mit der Lustenauerstraße benutzt werden durfte vergleiche Paragraphen 2, Absatz eins, Ziffer 29,, 12 Absatz 3, StVO; Messiner, StVO10 Anmerkung 5 zu Paragraph 12,). Dies bedeutet zunächst, dass der Zweitbeklagte grundsätzlich berechtigt war, vor der Kreuzung mit der Lustenauerstraße bzw im Kreuzungsbereich auf den linken Fahrstreifen der Dinghoferstraße zu wechseln. Ein Fahrstreifenwechsel im Sinn des Paragraph 11, Absatz eins, ZPO durfte aber von ihm erst dann durchgeführt werden, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass dies 1. ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich war und 2. rechtzeitig angezeigt worden war (Paragraph 11, Absatz 2, StVO).
Im Gegensatz zur Rechtsmeinung der Vorinstanzen war dem Zweitbeklagten ein Wechsel des Fahrstreifens nicht schon deshalb untersagt, weil er das vor der Kreuzung stehende wartepflichtige Fahrzeug des Klägers wahrgenommen hatte. Er durfte nämlich darauf vertrauen, dass der Kläger den Vorrang des Zweitbeklagten wahrnehmen werde (§ 3 StVO).Im Gegensatz zur Rechtsmeinung der Vorinstanzen war dem Zweitbeklagten ein Wechsel des Fahrstreifens nicht schon deshalb untersagt, weil er das vor der Kreuzung stehende wartepflichtige Fahrzeug des Klägers wahrgenommen hatte. Er durfte nämlich darauf vertrauen, dass der Kläger den Vorrang des Zweitbeklagten wahrnehmen werde (Paragraph 3, StVO).
Eine abschließende Beurteilung des Falles ist allerdings noch nicht möglich, weil ausreichende Feststellungen fehlen, ob einerseits dem Kläger eine Verletzung des Vorrangs des Zweitbeklagten oder diesem ein unzulässiger Fahrstreifenwechsel vorzuwerfen ist.
Eine Vorrangverletzung wäre dem Kläger nur dann nicht vorzuwerfen, wenn der Zweitbeklagte zum Zeitpunkt des Einfahrens des Klägers in die Kreuzung noch so weit entfernt gewesen wäre, dass er durch das Fahrmanöver des Klägers weder zu einem unvermittelten Bremsen noch zum Ablenken gezwungen worden wäre, wobei bereits eine Bremsverzögerung von 2,6 m/sec2 nicht als geringfügige Verzögerung angesehen werden könnte (vgl ZVR 1998/104).Eine Vorrangverletzung wäre dem Kläger nur dann nicht vorzuwerfen, wenn der Zweitbeklagte zum Zeitpunkt des Einfahrens des Klägers in die Kreuzung noch so weit entfernt gewesen wäre, dass er durch das Fahrmanöver des Klägers weder zu einem unvermittelten Bremsen noch zum Ablenken gezwungen worden wäre, wobei bereits eine Bremsverzögerung von 2,6 m/sec2 nicht als geringfügige Verzögerung angesehen werden könnte vergleiche ZVR 1998/104).
Feststellungen dazu fehlen. Das Erstgericht hat lediglich festgestellt, dass die "Reaktionseinleitung" des Zweitbeklagten 1,5 Sekunden vor dem Anstoß erfolgte, während das Einfahren des PKW wesentlich früher erfolgte, wobei sich der Autobus noch auf der rechten Fahrbahnseite befand und das "Einfahren" des Fahrzeuges des Klägers für den Zweitbeklagten keine Behinderung darstellte.
Ob dadurch der Vorrang des Zweitbeklagten verletzt wurde, kann aber mangels nachvollziehbarer Feststellungen nicht beurteilt werden.
In diesem Zusammenhang wird zu berücksichtigen sein, dass sich der Unfall zwar auf der Dinghoferstraße, aber 1,5 m nach der Kreuzung mit der Lustenauerstraße ereignete und daher noch vom Vorliegen einer Vorrangsituation auszugehen ist. Fest steht, dass der Kläger aus einer benachrangten Verkehrsfläche eingefahren ist. Ihm obliegt daher der Nachweis, dass ihm die objektive Übertretung des Schutzgesetzes nicht als schutzgesetzbezogenes Verhaltensunrecht anzulasten ist (vgl RIS-Justiz RS0112234). Dieser Beweis ist aber nicht schon dann erbracht, wenn der linke Fahrstreifen der Dinghoferstraße beim Einbiegen durch den Kläger frei gewesen ist. Im Sinne der bevorstehenden Ausführungen müsste der Kläger auch beweisen, dass auch auf dem rechten Fahrstreifen kein Fahrzeug so nahe dem Kreuzungsbereich war, dass dessen Vorrang auch bei einem zulässigen Fahrstreifenwechsel verletzt hätte werden können.In diesem Zusammenhang wird zu berücksichtigen sein, dass sich der Unfall zwar auf der Dinghoferstraße, aber 1,5 m nach der Kreuzung mit der Lustenauerstraße ereignete und daher noch vom Vorliegen einer Vorrangsituation auszugehen ist. Fest steht, dass der Kläger aus einer benachrangten Verkehrsfläche eingefahren ist. Ihm obliegt daher der Nachweis, dass ihm die objektive Übertretung des Schutzgesetzes nicht als schutzgesetzbezogenes Verhaltensunrecht anzulasten ist vergleiche RIS-Justiz RS0112234). Dieser Beweis ist aber nicht schon dann erbracht, wenn der linke Fahrstreifen der Dinghoferstraße beim Einbiegen durch den Kläger frei gewesen ist. Im Sinne der bevorstehenden Ausführungen müsste der Kläger auch beweisen, dass auch auf dem rechten Fahrstreifen kein Fahrzeug so nahe dem Kreuzungsbereich war, dass dessen Vorrang auch bei einem zulässigen Fahrstreifenwechsel verletzt hätte werden können.
Ob auch dem Zweitbeklagten ein vorschriftswidriger Fahrstreifenwechsel vorzuwerfen ist, kann ebenfalls nicht abschließend beurteilt werden. Auch hier werden Feststellungen über die Fahrweise des Zweitbeklagten im Zusammenhang mit dem Fahrverhalten des Klägers zu treffen sein.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.Der Kostenvorbehalt gründet sich auf Paragraph 52, ZPO.
Textnummer
E64256European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:0020OB00117.01X.1220.000Im RIS seit
20.03.2002Zuletzt aktualisiert am
26.05.2011