TE OGH 2002/1/15 11Os142/01

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Veröffentlicht am 15.01.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Jänner 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lauermann als Schriftführer, in der Strafsache gegen Emmanuel Obinali C***** wegen der Verbrechen nach § 28 Abs 2, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 2 und 3 SMG und der kriminellen Organisation nach 278a Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8. Mai 2001, GZ 6d Vr 1456/00-241, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den BeschlussDer Oberste Gerichtshof hat am 15. Jänner 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lauermann als Schriftführer, in der Strafsache gegen Emmanuel Obinali C***** wegen der Verbrechen nach Paragraph 28, Absatz 2,, Absatz 3, erster Fall, Absatz 4, Ziffer 2 und 3 SMG und der kriminellen Organisation nach 278a Absatz eins, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8. Mai 2001, GZ 6d römisch fünf r 1456/00-241, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im Übrigen aufgehoben und die Strafsache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurde der nigerianische Staatsangehörige Emmanuel Obinali C***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2, Abs 3, Abs 4 Z 2 und 3 SMG schuldig erkannt, weil er in Wien seit spätestens Sommer 1998 bis zum 20. Mai 1999 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtmittel in einer großen Menge gewerbsmäßig in Verkehr setzte, indem er zumindest 2,5 Kilogramm Heroin und Kokain von nicht mehr feststellbarem Wirkstoffgehalt, zumindest aber in durchschnittlicher Straßenqualität, an zahlreiche weitere unbekannte Organisationsmitglieder verkaufte, wobei er die Taten als Mitglied einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher strafbarer Handlungen und im Hinblick auf Suchtmittel beging, deren Gesamtmenge das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) ausmacht.Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurde der nigerianische Staatsangehörige Emmanuel Obinali C***** des Verbrechens nach Paragraph 28, Absatz 2,, Absatz 3,, Absatz 4, Ziffer 2 und 3 SMG schuldig erkannt, weil er in Wien seit spätestens Sommer 1998 bis zum 20. Mai 1999 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtmittel in einer großen Menge gewerbsmäßig in Verkehr setzte, indem er zumindest 2,5 Kilogramm Heroin und Kokain von nicht mehr feststellbarem Wirkstoffgehalt, zumindest aber in durchschnittlicher Straßenqualität, an zahlreiche weitere unbekannte Organisationsmitglieder verkaufte, wobei er die Taten als Mitglied einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher strafbarer Handlungen und im Hinblick auf Suchtmittel beging, deren Gesamtmenge das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (Paragraph 28, Absatz 6, SMG) ausmacht.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 3, 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Ziffer 3,, 4 und 5 des Paragraph 281, Absatz eins, StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Bereits dem in der Mängelrüge (Z 5) vorgebrachten Einwand gegen die Berücksichtigung von Beweisergebnissen, welche nicht Gegenstand der Hauptverhandlung waren, kommt Berechtigung zu. Denn das Schöffengericht stützt seine Feststellungen im Wesentlichen auf die in der Hauptverhandlung vom 20. Juni 2000 (S 181 ff/XIII) deponierten Aussagen der Zeugin Regina J*****, ließ hiebei aber unbeachtet, dass die der Urteilsfällung vorangehende Hauptverhandlung vom 8. Mai 2001 gemäß § 276a StPO neu durchgeführt wurde, in dieser Verhandlung aber die Aussagen J*****s vom 20. Juni 2000 nach dem berichtigten Hauptverhandlungsprotokoll (ON 246) nicht verlesen wurden. Zwar wurde J***** am 8. Mai 2001 neuerlich als Zeugin vernommen, doch wiederholte sie ihre Angaben vom 20. Juni 2000 mangels Erinnerung nicht und erklärte hiezu nur, "die Wahrheit gesagt zu haben" (S 415/XIII) und "dabei zu bleiben" (S 411, 415/XIII). Solcherart wurden jedoch ihre - belastenden - Angaben nicht in die - allein maßgebliche - Hauptverhandlung vom 8. Mai 2001 eingeführt und durften vom Schöffensenat daher zur Begründung des Schuldspruches nicht herangezogen werden.Bereits dem in der Mängelrüge (Ziffer 5,) vorgebrachten Einwand gegen die Berücksichtigung von Beweisergebnissen, welche nicht Gegenstand der Hauptverhandlung waren, kommt Berechtigung zu. Denn das Schöffengericht stützt seine Feststellungen im Wesentlichen auf die in der Hauptverhandlung vom 20. Juni 2000 (S 181 ff/XIII) deponierten Aussagen der Zeugin Regina J*****, ließ hiebei aber unbeachtet, dass die der Urteilsfällung vorangehende Hauptverhandlung vom 8. Mai 2001 gemäß Paragraph 276 a, StPO neu durchgeführt wurde, in dieser Verhandlung aber die Aussagen J*****s vom 20. Juni 2000 nach dem berichtigten Hauptverhandlungsprotokoll (ON 246) nicht verlesen wurden. Zwar wurde J***** am 8. Mai 2001 neuerlich als Zeugin vernommen, doch wiederholte sie ihre Angaben vom 20. Juni 2000 mangels Erinnerung nicht und erklärte hiezu nur, "die Wahrheit gesagt zu haben" (S 415/XIII) und "dabei zu bleiben" (S 411, 415/XIII). Solcherart wurden jedoch ihre - belastenden - Angaben nicht in die - allein maßgebliche - Hauptverhandlung vom 8. Mai 2001 eingeführt und durften vom Schöffensenat daher zur Begründung des Schuldspruches nicht herangezogen werden.

Soweit Feststellungen auch auf Angaben des James M***** (alias James Y*****, früher "AZ 3000"; ON 147) gestützt werden, welche dieser am 30. Dezember 1999 im Rahmen einer im Vorverfahren durchgeführten kontradiktorischen Vernehmung zu Protokoll gegeben hatte, fanden Teile dieser Aussage (S 203 bis 205/XII), wonach der Zeuge praktisch bei jedem seiner Aufenthalte im Lokal "Willkommen" die Übergabe von Drogen durch den Beschwerdeführer an andere Schwarzafrikaner selbst beobachtet hat, durch Vorhalte (S 433 f/XIII) in die Hauptverhandlung Eingang. Diese Depositionen alleine vermögen indes den bekämpften Schuldspruch nicht zu tragen, weil ihnen keine Details zum Beobachtungs- und Tatzeitraum, zu Art, Menge oder Qualität der übergebenen Suchtmittel und keine hinreichenden Anhaltspunkte für die gewerbsmäßige Weitergabe übergroßer Suchtgiftmengen im Rahmen einer sogenannten "Großbande" zu entnehmen sind.

Mangels Verlesung wurde schließlich, wie dem Beschwerdeführer zuzugeben ist, auch der Inhalt der in den Entscheidungsgründen angeführten, im Zusammenhang mit der Aktion "Spring" stehenden Strafakten und die darin getroffenen, nicht näher bezeichneten, offenbar die Bandenmitgliedschaft betreffenden "grundlegenden Feststellungen zu den Vorgängen" (US 8) nicht zum Gegenstand der Hauptverhandlung. Dienstliches Wissen des Vorsitzenden über Inhalt und Ergebnisse anderer Verfahren darf das Schöffengericht jedoch nicht ohne Beweisaufnahme verwerten (Mayerhofer StPO4 § 258 E 167). Weil sich somit bereits die Mängelrüge als gerechtfertigt erweist, war das angefochtene Urteil in seinem Schuldspruch und damit auch im Strafausspruch schon in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO) und die Strafsache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückzuverweisen, ohne dass es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.Mangels Verlesung wurde schließlich, wie dem Beschwerdeführer zuzugeben ist, auch der Inhalt der in den Entscheidungsgründen angeführten, im Zusammenhang mit der Aktion "Spring" stehenden Strafakten und die darin getroffenen, nicht näher bezeichneten, offenbar die Bandenmitgliedschaft betreffenden "grundlegenden Feststellungen zu den Vorgängen" (US 8) nicht zum Gegenstand der Hauptverhandlung. Dienstliches Wissen des Vorsitzenden über Inhalt und Ergebnisse anderer Verfahren darf das Schöffengericht jedoch nicht ohne Beweisaufnahme verwerten (Mayerhofer StPO4 Paragraph 258, E 167). Weil sich somit bereits die Mängelrüge als gerechtfertigt erweist, war das angefochtene Urteil in seinem Schuldspruch und damit auch im Strafausspruch schon in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben (Paragraph 285 d, Absatz eins, Ziffer 2, StPO) und die Strafsache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückzuverweisen, ohne dass es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E64534 11Os142.01

Schlagworte

Kennung XPUBL Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in ÖJZ-LSK 2002/114 = Jus-Extra OGH-St 3182 = SSt 64/2 XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0110OS00142.01.0115.000

Dokumentnummer

JJT_20020115_OGH0002_0110OS00142_0100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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