TE OGH 2002/1/24 8ObA167/01v

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Veröffentlicht am 24.01.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer und die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Anton Gabmayer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mouldi C*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Miller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei F***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Alois Eichinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 7.031,40, infolge des als Wiederaufnahmeantrag zu wertenden Berichtigungsantrages der beklagten Partei gegen den die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. November 2000, GZ 9 Ra 248/00g-16, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 15. Mai 2000, GZ 11 Cga 207/99m-11, nicht Folge gegeben wurde, zurückweisenden Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 16. August 2001, AZ 8 ObA 167/01v, sowie über die oben bezeichnete Revision

1. den Beschluss

gefasst:

Dem Wiederaufnahmeantrag wird stattgegeben.

Der Beschluss vom 16. August 2001, womit die Revision der beklagten

Partei zurückgewiesen wurde, wird aufgehoben.

2. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 442,32 (davon EUR 73,72 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Zu Punkt I.:Zu Punkt römisch eins.:

Der erkennende Senat wies die Revision der beklagten Partei als verspätet zurück, weil er davon ausging, dass sie erst mit einem am 29. Tag (16. 5. 2001) zur Post gegebenen Schriftsatz und damit nach Ablauf der Rechtsmittelfrist, erhoben wurde.

Die beklagte Partei behauptet in ihrem Berichtigungsantrag, dem Obersten Gerichtshof sei hiebei offensichtlich ein Irrtum unterlaufen, sie hätte die Revision bereits am 15. 5. 2001 - und somit rechtzeitig - zur Post gegeben. Zur Bescheinigung legte sie eine Ablichtung des Aufgabescheines Nr. 696518 des Postamtes 1014 Wien an das Arbeits- und Sozialgericht Wien sowie eine Bestätigung dieses Postamtes vor, dass diese Sendung am 15. 5. 2001 aufgegeben worden sei.

Die Erhebungen durch Vorlage des Originalaufgabescheins, die Vernehmung des Beklagtenvertreters, der Vertragsbediensteten Jennifer S*****, von der der Eingangsvermerk stammt, und des Postbediensteten Günter H*****, der die Bestätigung ausgestellt hat, dass diese Sendung am 15. 5. 2001 aufgegeben worden sei, und die Einsichtnahme in die von Letzterem vorgelegte Seite 135 des Vormerkbuches des Aufgabepostamtes für angenommene Einschreibesendungen haben ergeben:

Der nunmehr im Original vorgelegte Aufgabeschein spricht für eine Aufgabe am 15. 5. 2001. Dies ergibt sich auch aus dem Vormerk des Postamtes 1014 Wien für angenommene Einschreibesendungen: Die gegenständliche Einschreibsendung hat die AufgabeNr. 6965518; laut Vormerk wurden am 15. 5. 2001 um 19.10 Uhr 116 Sendungen mit den AufgabeNr. 696421 bis 696536 angenommen (siehe auch Aussage des Günther H***** ON 28). Das Kuvert, mit dem die Revision übersandt wurde, ist nicht mehr vorhanden (ON 27); angesichts der auch aus dem vorliegenden Aufgabeschein ersichtlichen Verwechslungsgefahr bezüglich der Ziffern 5 und 6 auf Poststempeln erscheint die Aussage der Vertragsbediensteten Jennifer S***** (ON 27), das von ihr vermerkte Eingangsdatum 16. 5. 2001 sei sicher richtig gewesen, nicht geeignet, die übrigen für eine Postaufgabe am 15. 5. 2001 sprechenden Beweisergebnisse zu widerlegen.

Es ist daher als bescheinigt anzusehen, dass die Revision rechtzeitig, nämlich am 15. 5. 2001 zur Post gegeben wurde.

Daraus ergibt sich rechtlich folgendes:

Der Wiederaufnahmegrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO ist allgemein in Streitverfahren sinngemäß auf den Fall eines durch die frühere Aktenlage gedeckten, aber sachlich unrichtigen Beschlusses auf Zurückweisung eines Rechtsmittels anzuwenden. Dabei handelt es sich nicht um eine Wiederaufnahmeklage, sondern um einen Wiederaufnahmeantrag, über den in analoger Anwendung der Bestimmungen des § 419 ZPO - also ohne förmliches Beweisverfahren - zu entscheiden ist. Der vom Rechtsmittelwerber hier gestellte Berichtigungsantrag ist als ein solcher Wiederaufnahmeantrag zu werten. Stellt sich der ergangene Zurückweisungsbeschluss im Bescheinigungsverfahren als unrichtig heraus, ist er in Stattgebung des Wiederaufnahmebegehrens aufzuheben (1 Ob 151/97f mwN = SZ 60/192 = JBl 1989, 402 = GesRZ 1988, 226 ua; zuletzt 8 Ob 280/01m).Der Wiederaufnahmegrund des Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer 7, ZPO ist allgemein in Streitverfahren sinngemäß auf den Fall eines durch die frühere Aktenlage gedeckten, aber sachlich unrichtigen Beschlusses auf Zurückweisung eines Rechtsmittels anzuwenden. Dabei handelt es sich nicht um eine Wiederaufnahmeklage, sondern um einen Wiederaufnahmeantrag, über den in analoger Anwendung der Bestimmungen des Paragraph 419, ZPO - also ohne förmliches Beweisverfahren - zu entscheiden ist. Der vom Rechtsmittelwerber hier gestellte Berichtigungsantrag ist als ein solcher Wiederaufnahmeantrag zu werten. Stellt sich der ergangene Zurückweisungsbeschluss im Bescheinigungsverfahren als unrichtig heraus, ist er in Stattgebung des Wiederaufnahmebegehrens aufzuheben (1 Ob 151/97f mwN = SZ 60/192 = JBl 1989, 402 = GesRZ 1988, 226 ua; zuletzt 8 Ob 280/01m).

Zu Punkt II.:Zu Punkt römisch II.:

Es ist somit über die Revision der beklagten Partei zu entscheiden. Auszugehen ist davon, dass das Dienstverhältnis des Klägers zur beklagten Partei durch vorzeitige Auflösung beendet wurde. Der Kläger hat nach einer verbalen Auseinandersetzung mit dem Gatten der Geschäftsführerin der beklagten Partei seinen berechtigten, vorzeitigen Austritt angekündigt (sollte die Geschäftsführerin der beklagten Partei die beleidigenden Äußerungen ihres Ehegatten nicht abstellen, so ginge er), worauf der Gatte der Geschäftsführerin der beklagten Partei - in deren Anwesenheit und ohne dass sie widersprochen hätte - mit den Worten, er sei fristlos entlassen, diesen angekündigten vorzeitigen Austritt zur Kenntnis genommen hat. Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Die beklagte Partei vermag in ihrer Revision keine neuen, vom Berufungsgericht noch nicht behandelten Gesichtspunkte aufzuzeigen.Es ist somit über die Revision der beklagten Partei zu entscheiden. Auszugehen ist davon, dass das Dienstverhältnis des Klägers zur beklagten Partei durch vorzeitige Auflösung beendet wurde. Der Kläger hat nach einer verbalen Auseinandersetzung mit dem Gatten der Geschäftsführerin der beklagten Partei seinen berechtigten, vorzeitigen Austritt angekündigt (sollte die Geschäftsführerin der beklagten Partei die beleidigenden Äußerungen ihres Ehegatten nicht abstellen, so ginge er), worauf der Gatte der Geschäftsführerin der beklagten Partei - in deren Anwesenheit und ohne dass sie widersprochen hätte - mit den Worten, er sei fristlos entlassen, diesen angekündigten vorzeitigen Austritt zur Kenntnis genommen hat. Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese zu verweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO). Die beklagte Partei vermag in ihrer Revision keine neuen, vom Berufungsgericht noch nicht behandelten Gesichtspunkte aufzuzeigen.

Den Revisionsausführungen ist mit dem Berufungsgericht zu erwidern:

Der Kläger machte vorerst in der Klage geltend, dass er seine beendigungsabhängigen Ansprüche wegen vorzeitiger Beendigung des Dienstverhältnisses geltend mache. Er sei wegen erheblicher Ehrverletzung durch den Gatten der Geschäftsführerin der beklagten Partei berechtigt vorzeitig ausgetreten. Im Zuge des Verfahrens stützte der Kläger sein Begehren hilfsweise auch auf den Rechtsgrund einer unberechtigten Entlassung. Darin liegt keine Änderung des Begehrens des Klägers; er muss den Sachverhalt nicht rechtlich qualifizieren. Am Sachverhaltsvorbringen ist keine Änderung eingetreten und die Rechtsfolgen sowohl eines berechtigten vorzeitigen Austrittes des Klägers als auch einer nichtberechtigten Entlassung durch die beklagte Partei sind die gleichen. Deshalb bestehen keine Bedenken gegen die Vorgangsweise des Berufungsgerichts, die Frage letztlich offen zu lassen, ob der festgestellte Sachverhalt als ein berechtigter vorzeitiger Austritt oder eine unberechtigte Entlassung zu werten sei; verfristet sind die Ansprüche keinesfalls.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41,, 50 ZPO.

Anmerkung

E64462 8ObA167.01v-2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:008OBA00167.01V.0124.000

Dokumentnummer

JJT_20020124_OGH0002_008OBA00167_01V0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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