Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Anton Gabmayer und Dr. Reinhard Drössler als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei R***** reg GenmbH, ***** vertreten durch Dr. Werner Paulinz, Rechtsanwalt in Korneuburg, wider die beklagte Partei Helmut W*****, vertreten durch Mag. Rudolf Fidesser, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 72.672,83 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. April 2001, GZ 8 Ra 100/01m-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. September 2000, GZ 34 Cga 34/00g-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren abgewiesen wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 10.141,26 (darin EUR 1.690,21 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit EUR 3.737,85 (darin EUR 1.444,74 Barauslagen und EUR 382,19 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit EUR 4.679,04 (darin EUR 1.926,56 Barauslagen und EUR 458,75 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte war in der Zeit vom 1. 8. 1961 bis 30. 6. 1993 bei der Klägerin zuletzt in der Funktion eines Geschäftsleiters beschäftigt. Der Beklagte wurde mit Urteil vom 17. 3. 1997 vom zuständigen Strafgericht rechtskräftig wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Untreue zum Nachteil der Klägerin verurteilt. Er habe die ihm durch Rechtsgeschäft, nämlich die mit Vorstandsbeschluss vom 16. 4. 1981 anlässlich der Bestellung zum Geschäftsleiter eines Bankinstituts der Klägerin eingeräumte Befugnis unter Einhaltung bestimmter Richtlinien Ausleihungen durchzuführen, sohin über das Vermögen der Klägerin zu verfügen, wissentlich missbraucht bzw zu missbrauchen versucht und dadurch der Klägerin einen S 500.000 übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt bzw zuzufügen versucht, indem er einem bestimmten Unternehmen, das über kein Eigenkapital und kein funktionierendes Rechnungswesen verfügte, trotz schlechter Bonität ohne ausreichende Sicherheiten, ohne ordnungsgemäße Information und ohne vorherige Zustimmung des Leitungsausschusses bei einem Gesamtobligo von über 5 % des Haftkapitals und ohne vorherige Zustimmung des Kontrollausschusses bei einem Gesamtobligo von über 15 % des Haftkapitals in der Zeit vom 24. 1. 1990 bis 19. 8. 1991 Kredit gewährte, insbesondere in insgesamt 16 Fällen für Spekulationsgeschäfte nicht verbuchte Dokumentenakkreditive ohne ordnungsgemäße Begründung eines Pfandlagers eröffnete.
Die Beträge der in insgesamt 15 Fällen ausgenützten Akkreditive wurden tatsächlich zu Lasten der Klägerin ausbezahlt. Sie dienten der Finanzierung des Imports alkoholischer Getränke. Die Akkreditive kamen wirtschaftlich einer Kreditgewährung an den Kunden gleich. Das Erstgericht konnte den exakten Betrag des durch die strafbaren Handlungen des Beklagten verursachten Schadens zum Nachteil der Klägerin nicht feststellen, weil aus Verkäufen der mit dem jeweiligen Akkreditiv finanzierten Waren Gelder auf die Konten des Unternehmens bei der Klägerin flossen, sodass es zu einer - derzeit der Höhe nach noch nicht feststellbaren - Schadensgutmachung kam. Im Zuge einer Revision und Großkreditprüfung in der Zeit vom 14. 10. 1991 bis 10. 12. 1991 wurde festgestellt, dass die vom Beklagten eröffneten Akkreditive nicht verbucht worden waren und daher auch nicht in der Bilanz aufschienen. In weiterer Folge wurde festgestellt, dass durch diese Vorgangsweise das Gesamtobligo des Unternehmens höher geworden war, als es die dafür zuständigen Gremien ursprünglich bewilligt hatten.
Dem Beklagten wurde vom Vorstand der Klägerin in der Sitzung vom 28. 11. 1991 wegen seiner Vorgangsweise folgender Verweis erteilt:
"Die Funktionäre missbilligen das Verhalten des Geschäftsleiters ... (Beklagter) im Kreditfall ... (Unternehmen), Akkreditive bzw Kredite zu gewähren und nachträglich erst die Funktionäre des Leitungsausschusses und Kontrollausschusses um Zustimmung zu fragen. Bei weiteren Krediten sind die Kompetenzgrenzen genau einzuhalten."
Abgesehen von der Erteilung dieses Verweises wurden von der Klägerin keine weiteren Sanktionen ergriffen und war der Beklagte weiterhin als Geschäftsleiter beschäftigt. Das Obligo im Kreditfall des Unternehmens betrug am 5. 11. 1991 S 24,878.000 (= EUR 1,807.954,77). Am 1. 2. 1993 fand eine Geschäftsleitersitzung statt, bei der der Beklagte die Protokollführung vehement für sich in Anspruch nahm. In dieser Sitzung wurde ein Protokoll im Umfang von fünf Seiten verfasst, welches von den drei Geschäftsleitern, dem Aufsichtsratsvorsitzenden sowie einem weiteren Funktionär unterfertigt wurde. Einige Tage nach der Unterfertigung des Protokolls legte der Beklagte dem zweiten Geschäftsleiter zwei weitere Seiten vor, in welchen unter anderem die Behandlung verschiedener "Wechseldiskonte" in der Sitzung vom 1. 2. 1993 beurkundet ist. Unter anderem handelte es sich dabei um die Prolongation zweier Wechsel über S 400.000 (= EUR 29.069,13) und S 210.000 (= EUR 15.261,30), deren Akzeptant das Unternehmen war, für das der Beklagte die eingangs beschriebenen 16 Akkreditive eröffnet hatte.
Da diese Wechselprolongationen in der Sitzung vom 1. 2. 1993 nicht beschlossen worden waren, weigerte sich der zweite Geschäftsleiter, die ihm vom Beklagten vorgelegten S 6 und 7 des Protokolls zu unterfertigen. Der Versuch des Beklagten, nachträglich dem Protokoll vom 1. 2. 1993 weitere Seiten hinzuzufügen und damit die in der Siztung nicht beschlossenen Wechselprolongationen als genehmigt darzustellen, wurde von der Klägerin als massiver Vertrauensbruch angesehen. Insbesondere im Zusammenhang mit den bereits 1991 vorgefallenen Akkreditiveröffnungen ohne Zustimmung der dazu berufenen Organe und ohne Verbuchung der Akkreditive wurde diese Vorgangsweise des Beklagten als wiederholter Versuch angesehen, im Kreditfall des Unternehmens eigenmächtig Kredite zu gewähren bzw die Laufzeit von Krediten zu verlängern, wodurch die Gelegenheit zur Verringerung des Obligos verabsäumt wurde.
In der Sitzung des Vorstandes der Klägerin vom 1. 4. 1993 wurde die Entlassung des Beklagten beschlossen. Da der Beklagte auch als Stadtrat tätig und bei der Bevölkerung sehr beliebt war, wurde aber vereinbart, ihm eine Umwandlung der Entlassung in eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses anzubieten. Einem Mitglied der Revisionsabteilung wurde der Auftrag erteilt, mit dem Beklagten nach Ausspruch der Entlassung über die Umwandlung in eine einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses zu verhandeln, um eine mögliche arbeitsgerichtliche Auseiandersetzung zu vermeiden. Das Mitglied der Revisionsabteilung referierte in dieser Sitzung die verschiedenen arbeitsrechtlichen Möglichkeiten einer Lösung des Dienstverhältnisses und berichtete dem Vorstand auch, dass unabhängig von der arbeitsrechtlichen Auflösung die Möglichkeit bestehe, Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten geltend zu machen. Eine Beschlussfassung über die Geltendmachung von Schadenersatz unterblieb ebenso wie eine solche über den Verzicht darauf.
Nach mehreren Gesprächen kam es zwischen dem Beklagten und dem Mitglied der Revisionsabteilung am 14. 4. 1993 zu einer Einigung, dass das Dienstverhältnis des Beklagten zum 30. 6. 1993 einvernehmlich beendet werde und verpflichtete sich die Klägerin zur Auszahlung der vollen Bezüge bis zu diesem Datum sowie zur Zahlung der gesetzlichen Abfertigung. Darüber hinaus gewährte die Klägerin eine freiwillige Abfertigung im Betrag von S 445.330 (= EUR 32.363,39) sowie eine weitere freiwillige Abfertigung in Höhe von drei Monatsbezügen. Diese Zusage von dem Beklagten nach seinem Dienstvertrag nicht zustehenden freiwilligen Zahlungen erfolgte in Abgeltung der langjährigen Dienste des Beklagten sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei Einhaltung der dem Beklagten zustehenden 12-monatigen Kündigungsfrist im Falle einer gerichtlichen Entscheidung, dass die ausgesprochene Entlassung zu Unrecht erfolgt sei, dem Beklagten eine Kündigungsentschädigung bis zu 18 Monatsbezügen gebührt hätte. Der Beklagte verzichtete seinerseits auf seine Ansprüche aus der kollektivvertraglichen und der betrieblichen Pensionszuschussregelung mit Ausnahme des Unverfallbarkeitsbetrags in Höhe von S 117.926 (= EUR 8.570,02). Er gab weiters die Erklärung ab, dass nach Bezahlung der in der Vereinbarung genannten Beträge seinerseits keine weiteren Ansprüche aus dem Dienstverhältnis mehr bestehen und daher von ihm in Zukunft nicht geltend gemacht werden. Eine Vereinbarung, dass die Klägerin ihrerseits auf allfällige Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten verzichte, wurde in den Vertrag vom 14. 4. 1993 nicht aufgenommen. Während der gesamten Vertragsverhandlungen wurde über allfällige Schadenersatzansprüche der Klägerin nicht gesprochen.
Zwei oder drei Monate nach Beendigung des Dienstverhältnisses des Beklagten langte bei einem Vorstandsmitglied der Klägerin ein anonymes Schreiben ein, in dem die Aufklärung des Sachverhalts gefordert wurde, widrigenfalls die Staatsanwaltschaft eingeschaltet würde. Weder der Vorstand der Klägerin noch die Revisionsabteilung, an die der Brief weitergeleitet worden war, nahmen diesen zum Anlass, die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen vorzubereiten oder Strafanzeige zu erstatten. Dies vor allem deshalb, weil die Klägerin in einem solchen Fall befürchtete, dass die erforderlich gewordene Wertberichtigung publik würde, was für das Ansehen der Klägerin als schädlich empfunden wurde.
Auf Grund einer anonymen Anzeige, die bei der Staatsanwaltschaft am 29. 5. 1995 einlangte, wurden gegen den Beklagten Vorerhebungen eingeleitet und schloss sich die Klägerin in der Folge dem Strafverfahren, das zur eingangs beschriebenen strafgerichtlichen Verurteilung vom 17. 3. 1997 führte, als Privatbeteiligte an. Mit ihrer am 24. 2. 2000 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin, den Beklagten zur Zahlung eines Betrages von S 1 Mio (= EUR 72.672,83) schuldig zu erkennen. Der Kläger sei strafgerichtlich rechtskräftig wegen des zum Nachteil der Klägerin begangenen Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB verurteilt worden. Das Strafgericht habe die Klägerin mit ihren Privatbeteiligtenansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Durch das Fehlverhalten des Beklagten habe die Klägerin einen S 10 Mio (= EUR 726.728,34) übersteigenden Vermögensschaden erlitten. Aus kostenökonomischen Gründen werde vorläufig nur der Klagsbetrag geltend gemacht.Auf Grund einer anonymen Anzeige, die bei der Staatsanwaltschaft am 29. 5. 1995 einlangte, wurden gegen den Beklagten Vorerhebungen eingeleitet und schloss sich die Klägerin in der Folge dem Strafverfahren, das zur eingangs beschriebenen strafgerichtlichen Verurteilung vom 17. 3. 1997 führte, als Privatbeteiligte an. Mit ihrer am 24. 2. 2000 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin, den Beklagten zur Zahlung eines Betrages von S 1 Mio (= EUR 72.672,83) schuldig zu erkennen. Der Kläger sei strafgerichtlich rechtskräftig wegen des zum Nachteil der Klägerin begangenen Verbrechens der Untreue nach Paragraph 153, Absatz eins und 2 zweiter Fall StGB verurteilt worden. Das Strafgericht habe die Klägerin mit ihren Privatbeteiligtenansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Durch das Fehlverhalten des Beklagten habe die Klägerin einen S 10 Mio (= EUR 726.728,34) übersteigenden Vermögensschaden erlitten. Aus kostenökonomischen Gründen werde vorläufig nur der Klagsbetrag geltend gemacht.
Der Beklagte wendete ein, die Klägerin habe spätestens im Zusammenhang mit der über die Auflösung des Dienstverhältnisses getroffenen Vereinbarung auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen verzichtet. Im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 14. 4. 1993 sei der Klägerin das angebliche Ausmaß eines Schadens in Höhe von 10 bis 14 Mio S (= EUR 726.728,34 bis EUR 1,017.419,68) bekannt gewesen. Auch habe die Klägerin durch die Weiterbeschäftigung des Beklagten nach Erteilung des Verweises zu erkennen gegeben, dass sie an die Vorfälle keine weiteren Konsequenzen dienstrechtlicher oder schadenersatzrechtlicher Art knüpfen wolle.
Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil den Klagsanspruch als dem Grunde nach zu Recht bestehend. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, dass die Klägerin durch die Erteilung des Verweises und die nachfolgende Weiterbeschäftigung des Beklagten durch rund eineinhalb Jahre kein Verhalten gesetzt habe, welches für den Beklagten unzweifelhaft als Verzicht auf die Geltendmachung allfälliger Schadenersatzansprüche habe gewertet werden können. Es bleibe jedem Geschädigten unbenommen, mit der Geltendmachung seines Schadenersatzanspruchs bis zum Ablauf der Verjährungsfrist zuzuwarten, ohne dass dieses Zuwarten deshalb zu einem Rechtsverlust führe. Es sei der Klägerin auch freigestanden, trotz des eingetretenen Schadens eine vergleichsweise Regelung anderer Ansprüche mit dem Beklagten herbeizuführen, ohne dass dadurch ihre Schadenersatzanspruch berührt worden wäre. Da allerdings die Möglichkeit bestünde, dass der zunächst eingetretene Schaden in weiterer Folge durch Rückflüsse aus den Akkreditivgeschäften wieder ausgeglichen wurde, die Rechtssache somit hinsichtlich der Schadenshöhe noch nicht spurchreif sei, sei aus prozessökonomischen Gründen mit einem Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs zu entscheiden gewesen.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Zwar treffe es zu, dass mit einem Vergleich aus Anlass der Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses im Zweifel alle Forderungen bereinigt sein sollten, doch dürfe nicht übersehen werden, dass es sich dabei lediglich um eine "Zweifelsregel" handle. Bei Beurteilung des Umfangs der Bereinigungswirkung eines Vergleichs sei der Parteiwille beider Streitteile zu beachten. In diesem Zusammenhang sei wesentlich, dass der einzige Grund für den Abschluss der Vereinbarung die wegen der Beliebtheit des Beklagten in der Bevölkerung beschlossene Umwandlung der Entlassung in eine einvernehmliche Auflösung gewesen sei. Da die Vereinbarung die einzelnen "verglichenen" Positionen ausdrücklich anführe, ergebe sich, dass sich die Bereinigungswirkung ausschließlich auf die dem Kläger aus Anlass der einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses bezahlten Ansprüche beziehen sollte. Die Schadenersatzansprüche der Klägerin seien zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Verhandlungen gewesen. Grund der Entlassung seien auch nicht die Vorfälle gewesen, die zum Schadenseintritt bei der Klägerin geführt haben, vielmehr lägen dem Schadenersatzanspruch der Klägerin einerseits und der zunächst erfolgten Entlassung andererseits völlig unterschiedliche "Lebenssachverhalte" zu Grunde. Es habe daher eines ausdrücklichen Vorbehalts der Geltendmachung der Schadenersatzansprüche durch die Klägerin nicht bedurft.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobenen Revision des Beklagten kommt Berechtigung zu. Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, entspricht es herrschender Rechtsprechung und Lehre, dass sich die Bereinigungswirkung eines anlässlich der Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses abgeschlossenen Vergleichs im Zweifel auf alle aus diesem Rechtsverhältnis entspringenden oder damit zusammenhängenden gegenseitigen Forderungen erstreckt (ArbSlg 9209; RZ 1996/19; 4 Ob 550/87; 9 ObA 48/87; 9 ObA 168/99t; Ertl in Rummel ABGB2 § 1389 Rz 1). Diese Bereinigungswirkung tritt selbst dann ein, wenn in den Vergleich keine Generalklausel aufgenommen wurde; sie umfasst, wie ein Umkehrschluss aus dem zweiten Satz des § 1389 ABGB ergibt, auch solche Ansprüche, an welche die Parteien im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses zwar nicht gedacht haben, an sie aber denken konnten (ArbSlg 9209; 4 Ob 550/87; 9 ObA 48/87; 9 ObA 237/89 ua). Macht eine Partei nach Abschluss eines allgemeinen Vergleichs im Sinn des § 1389 Satz 2 ABGB ein Recht geltend, dann muss sie im Bestreitungsfall die Voraussetzungen für das Nichteintreten der Bereinigungswirkung des Vergleichs behaupten und unter Beweis stellen (EvBl 1977/266; 4 Ob 550/87; 9 Ob 15/00x ua).Der dagegen erhobenen Revision des Beklagten kommt Berechtigung zu. Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, entspricht es herrschender Rechtsprechung und Lehre, dass sich die Bereinigungswirkung eines anlässlich der Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses abgeschlossenen Vergleichs im Zweifel auf alle aus diesem Rechtsverhältnis entspringenden oder damit zusammenhängenden gegenseitigen Forderungen erstreckt (ArbSlg 9209; RZ 1996/19; 4 Ob 550/87; 9 ObA 48/87; 9 ObA 168/99t; Ertl in Rummel ABGB2 Paragraph 1389, Rz 1). Diese Bereinigungswirkung tritt selbst dann ein, wenn in den Vergleich keine Generalklausel aufgenommen wurde; sie umfasst, wie ein Umkehrschluss aus dem zweiten Satz des Paragraph 1389, ABGB ergibt, auch solche Ansprüche, an welche die Parteien im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses zwar nicht gedacht haben, an sie aber denken konnten (ArbSlg 9209; 4 Ob 550/87; 9 ObA 48/87; 9 ObA 237/89 ua). Macht eine Partei nach Abschluss eines allgemeinen Vergleichs im Sinn des Paragraph 1389, Satz 2 ABGB ein Recht geltend, dann muss sie im Bestreitungsfall die Voraussetzungen für das Nichteintreten der Bereinigungswirkung des Vergleichs behaupten und unter Beweis stellen (EvBl 1977/266; 4 Ob 550/87; 9 Ob 15/00x ua).
Diesen Beweis hat die Klägerin nicht erbracht. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen war den Organen der Klägerin bereits im Zeitpunkt des Beschlusses über die Entlassung des Beklagten und daher auch bei Abschluss der Vereinbarung am 14. 4. 1993 auf Grund des Vortrages des Mitgliedes der Revisionsabteilung bekannt, dass Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten geltend gemacht werden können. Auch die Höhe des Schadensbetrages musste für die Organe der Klägerin zumindest größenordnungsmäßig leicht feststellbar gewesen sein. Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht kann auch keine Rede davon sein, die Schadenszufügung durch die Einräumung von Akkreditiven stelle einen anderen "Lebenssachverhalt" dar als das zur Auflösung führende Verhalten des Beklagten. Der Versuch, durch Hinzufügen weiterer Protokollseiten die in der Sitzung vom 1. 3. 1993 nicht beschlossenen Wechselprolongationen als genehmigt darzustellen, bezog sich ja gerade auf Wechselakzepte jenes Unternehmens, dem der Beklagte in Form von Akkreditiven unberechtigt Kredite eingeräumt hatte, sodass sich die nunmehr dem Unternehmen gewährte Stundung geradezu als Fortsetzung der schließlich zur strafgerichtlichen Verurteilung des Beklagten führenden Handlungen darstellt. Dies war der Klägerin auch zweifelsohne in vollem Umfang bewusst, da anderenfalls - wären die Überlegungen des Berufungsgerichts zutreffend - nicht erklärbar wäre, weshalb in der Vorstandssitzung vom 1. 4. 1993 nicht nur über die Entlassung des Beklagten, sondern auch über die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen ihm gegenüber gesprochen wurde. Auch dem viele Jahre im Bankgeschäft tätigen Beklagten selbst konnte die Möglichkeit, mit Schadenersatzansprüchen konfrontiert zu werden, nicht verborgen bleiben. An der eingangs der rechtlichen Beurteilung dargestellten Bereinigungswirkung des Vergleichs vermag auch nichts zu ändern, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung offenbar ein hohes Interesse daran hatte, öffentliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, sondern bildet dieser Umstand ein gewichtiges Indiz dafür, dass sie aus diesem Grunde bereit war, allfällige ihr aus den Malversationen des Beklagten zustehende Ansprüche nicht weiter zu verfolgen.
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass grundsätzlich nur die Verhältnisse zur Zeit des Vergleichsabschlusses den Gegenstand des Vergleichs und damit auch seiner Bereinigungswirkung bilden, während Änderungen, die erst nach Vergleichsabschluss eintreten, vom Vergleich nicht umfasst sind (JBl 1989, 724; 9 ObA 132/90; 9 ObA 96/92). Die Klägerin hat nämlich gar nicht behauptet, dass durch das Strafverfahren ihr Erkenntnisstand in irgendeiner Form erweitert worden wäre, sondern ergibt sich aus den erstinstanzlichen Feststellungen, dass lediglich die durch das Strafverfahren eingetretene Publizität die Klägerin bewog, nunmehr - da eine Geheimhaltung nicht mehr möglich war - ihre Ansprüche zu verfolgen. Diese Änderung der Motive betrifft aber nicht den Gegenstand der Vereinbarung vom 14. 4. 1993, sodass sie unbeachtlich ist. Da dieser aus Anlass der Auflösung des Dauerschuldverhältnisses geschlossene Vergleich Schadenersatzforderungen der Klägerin gegen den Beklagten nicht ausgenommen hat, wurden auch diese Forderungen, an die die Klägerin nicht nur denken konnte, sondern die ihr tatsächlich bekannt waren, bereinigt.
Der Revision ist Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO, wobei gemäß § 3 Abs 2 Z 2 Eurogesetz (BGBl I Nr 72/2000) die Geldbeträge in Euro auszudrücken sind, obwohl das Klagebegehren vor dem 1. 1. 2002 erhoben wurde.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 50,, 41 ZPO, wobei gemäß Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer 2, Eurogesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 72 aus 2000,) die Geldbeträge in Euro auszudrücken sind, obwohl das Klagebegehren vor dem 1. 1. 2002 erhoben wurde.
Anmerkung
E64371 8ObA175.01wEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:008OBA00175.01W.0124.000Dokumentnummer
JJT_20020124_OGH0002_008OBA00175_01W0000_000