Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj. Alexander L*****, geb. *****, vertreten durch die Mutter Ingrid L*****, kfm. Angestellte, beide wohnhaft in *****, vertreten durch Dr. Otto Holter & Partner, Rechtsanwälte in 4710 Grieskirchen, gegen die beklagte Partei Franz K*****, Landwirt, *****, vertreten durch Dr. Peter Keul, Dr. Alexander Burkowski, Rechtsanwälte in 4020 Linz, wegen EUR 3.633,64 s.A. und Feststellung (Streitwert EUR 363,36), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 27. Juni 2001, GZ 22 R 230/01g-17, mit dem das Zwischenurteil des Bezirksgerichtes Wels vom 18. April 2001, GZ 13 C 3086/00a-12, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
In Abänderung des Berufungsurteils wird das Zwischenurteil des Erstgerichtes wieder hergestellt.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt vom Beklagten S 50.000 s.A. Schmerzengeld sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle künftigen Schäden aus einem Vorfall vom 14. 5. 2000, bei dem er verletzt wurde. Er habe sich an diesem Tag mit seiner Mutter und mit seinen Großeltern am Anwesen des Beklagten aufgehalten, der dort einen Mostheurigen betreibe. Auf dem Gelände des dort vorhandenen Kinderspielplatzes seien einige Zeit vor dem 14. 5. 2000 wegen eines Rohrbruchs Grabungsarbeiten durchgeführt worden, wobei auf Grund von Erdsetzungen nach dem Zuschütten starke Bodenunebenheiten und Löcher verblieben seien. Er sei in eines der mit Gras bewachsenen und nicht erkennbaren Löcher gestiegen, dabei zu Sturz gekommen und habe sich einen Bruch des rechten Unterschenkels zugezogen. Der Beklagte hätte die im Bereich des Kinderspielplatzes vorhandenen Erdlöcher absichern und dafür Sorge tragen müssen, dass spielende Kinder keiner Gefahr ausgesetzt sind. Überdies treffe den Beklagten eine Haftung aus vertraglichen Nebenpflichten des Gastaufnahmevertrages. Da Spätfolgen der Verletzung des Klägers nicht ausgeschlossen werden könnten, sei ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung des Beklagten gegeben.
Der Beklagte hat die kostenpflichtige Abweisung des Klagebegehrens beantragt und eingewendet, dass sich das Spielplatzareal auf einer Wiese befinde, die in ihrer Gesamtheit uneben sei. Infolge von Grabungsarbeiten nach einem Rohrbruch seien zwar auch Unebenheiten entstanden und zurückgeblieben, doch hätten sich diese Unebenheiten nicht generell vom übrigen Gelände unterschieden. Die Eltern des zum Unfallszeitpunkt noch nicht einmal dreijährigen Klägers hätten diesen auf dem Spielplatz beaufsichtigen müssen. Der Kläger sei auf einer Wiesenfläche zu Sturz gekommen, über die weder die zur Bewirtung dienenden Tische noch der anschließende Kinderspielplatz (direkt) zu erreichen seien. Es sei dem Beklagten nicht zumutbar, sein gesamtes Areal durch Zäune oder Verbotstafeln etc abzusichern. Den Beklagten treffe deshalb keine Haftung für die vom Kläger erlittenen Verletzungen. Auch seien keine Dauerfolgen zu erwarten.
Das Erstgericht stellte mit Zwischenurteil fest, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht besteht. Es ging dabei von folgenden Feststellungen aus:
Als der mj. Kläger mit seiner Mutter, deren Lebensgefährten und mehreren anderen Personen den Mostheurigen des Beklagten besuchte, nahm die Familie auf den im Freien aufgestellten Bänken und Tischen platz. Diese Sitzgelegenheiten befinden sich auf einer Wiese, die über einen asphaltierten Vorplatz erreicht wird. Von diesen Tischen und Bänken ist sodann der anschließende Kinderspielplatz erreichbar.
Der mj. Kläger lief sofort auf den Spielplatz. Er wurde von seiner Mutter, deren Lebensgefährten, oder einer der beiden Großelternteile dort stets beaufsichtigt. Es bestand auch stets Sichtkontakt zu dem am Spielplatz befindlichen Kläger vom Bereich jener Bänke, auf denen die Familie des Klägers Platz genommen hatte. Der Kläger und dessen Familie konsumierten beim Beklagten Speisen und Getränke.
Nach einiger Zeit lief der mj. Kläger nicht direkt vom Spielplatz zu den Tischen und Bänken, wo seine Familie saß, sondern daneben vorbei in einen Bereich links neben den aufgestellten Bänken. In diesem Bereich steht ein Gebüsch. Hinter diesem Gebüsch war zum Vorfallszeitpunkt eine abgeflachte "Grube". Es hatte sich dort ein Brunnen befunden. Im Herbst 1999 musste der fragliche Bereich wegen eines Wasserrohrbruches aufgegraben werden. Nach den Grabungsarbeiten wurde der Bereich wieder zugeschüttet. Über den Winter 1999/2000 setzte sich das Erdreich etwas. Bedingt durch dieses "Nachsetzen" und die zum Vorfallszeitpunkt bestehende trockene Witterung kam es zu Rissen im fraglichen aufgeschütteten Bereich. Generell ist das Erdreich in diesem Bereich etwa 10 bis 15 cm nachgesunken, sodass sich gegenüber dem übrigen Niveau eine Absenkung ergab. Der fragliche Bereich war mit Gras bewachsen, wobei sich aber teilweise auch kahle Stellen befanden, die ausgetrocknet und rissig waren. Die Risse hatten eine Breite von einigen Zentimetern, doch war ihr genaues Ausmaß nicht feststellbar. Es waren einige Risse vorhanden, die teilweise durch Grasbewuchs verdeckt waren. Der mj. Kläger, der durch die Grube lief, blieb in einem der Risse mit seinem Fuß stecken, wodurch er kopfüber stürzte. Dabei zog er sich einen Bruch sowohl des Schienbeines als auch des Wadenbeines zu.
Der Kinderspielplatz selbst ist auf einer Wiese errichtet. Dort sowie auf dem übrigen Wiesenareal gab es keine derartigen Risse wie in der zuvor beschriebenen Grube, in der der Kläger zu Sturz kam. Der Bereich der Grube mit den Rissen war in keiner Weise abgegrenzt, abgesperrt oder beschildert. Nach dem Vorfall schüttete der Beklagte in diesem Bereich Erdreich auf.
Um vom Gastlokal zu den Tischen und Bänken zu gelangen, muss man nicht zwingend im Bereich der zuvor beschriebenen Grube gehen. Auch der direkte und kürzeste Weg vom Gastlokal zum Spielplatz führt nicht über diesen Bereich, wo sich die Grube befand. Allerdings gelangt man in diesen Bereich, wenn man nicht den direkten Weg zu den Bänken und Tischen bzw zum Spielplatz wählt, sondern etwas weiter links geht.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass der Beklagte damit rechnen habe müssen, dass Kinder sich auf dem gesamten freien Gelände frei bewegen und dort auch laufen. Auch wenn die Wiese selbst uneben sei, sei doch ein Unterschied zu den im fraglichen Bereich befindlichen Bodenrissen gegeben. Die vorhandenen Risse bzw Spalten, die zum Teil durch Gras verdeckt gewesen wären, hätten für kleinere Kinder gefährlich werden können, da diese mit ihren kleinen Kinderfüßen "hängen bleiben" konnten. Der Beklagte wäre daher verpflichtet gewesen, den für kleinere Kinder gefährlichen Bereich entsprechend abzusichern oder - wie nach dem Vorfall auch geschehen - aufzuschütten. Das Klagebegehren sei daher (dem Grunde nach) berechtigt.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es erachtete die vom Beklagten angefochtenen Feststellungen über die Beaufsichtigung des Klägers durch seine Angehörigen als nicht entscheidungswesentlich und würdigte den übrigen Sachverhalt (auf dessen Richtigkeit und Vollständigkeit sich der Kläger in seiner Berufungsbeantwortung selbst bezogen hatte) wie folgt:
Es habe derjenige gegen eine Gefahrenquelle Vorkehrungen zu treffen, der eine solche schafft oder in seiner Sphäre bestehen lässt, obwohl er bei objektiv sachkundiger Betrachtung mit der Möglichkeit der Verletzung von Rechtsgütern Dritter rechnen muss (EvBl 1991/67; SZ 60/256 = JBl 1988, 318; JBl 1990, 113; 7 Ob 51/00a ua). Es komme einerseits darauf an, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefahr möglich und zumutbar sind (RZ 1982/50; 2 Ob 129/98d; RIS-Justiz RS0110202), andererseits auch darauf, welche Sicherheitserwartung ein Verkehrsteilnehmer haben darf, weil nicht gleichsam aus einer "ex-post Perspektive" aus einem Schadenseintritt auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht geschlossen werden dürfe (7 Ob 51/00a), sondern im Vorhinein beurteilt werden müsse, ob aufgrund einer bestimmten Gefahrenquelle mit einer Verletzung von Rechtsgütern Dritter zu rechnen ist (7 Ob 51/00a; SZ 60/256 ua). Dabei sei davon auszugehen, dass für die Sicherung von Gefahrenquellen in umso höherem Maße zu sorgen ist, je weniger angenommen werden kann, dass sich die von der Gefahr betroffenen Personen - wie etwa Kinder - ihrerseits vor Schädigungen vorsehen und zu sichern wissen (SZ 52/33; JBl 1986, 520; SZ 69/214). Wenn daher damit gerechnet werden muss, dass Kinder im Gefahrenbereich spielen, müssten auch besondere Maßnahmen zum Schutz von Kindern getroffen werden (3 Ob 35/98p; 8 Ob 567/84; RZ 1992/77). An die Verkehrssicherungspflicht seien daher strenge Anforderungen zu stellen, wenn damit gerechnet werden muss, dass spielende Kinder - sei es auch unbefugt - an die Gefahrenquelle gelangen.
Auch hier dürften aber die Sicherungspflichten nicht überspannt werden, weil eine vom Verschulden des Schädigers losgelöste Haftung auch im Rahmen von vertraglichen Sicherungspflichten nicht bestehe und nur für eine schuldhafte Unterlassung von Sicherungspflichten gehaftet werde (9 Ob 404/97w; EvBl 2001/67 ua). Der Verletzer müsse daher die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des geschützten Dritten bei objektiv sachkundiger Betrachtung (im Vorhinein) erkennen könne, damit ihn ein Verschulden trifft (4 Ob 280/00f, 8 Ob 164/00a; EvBl 1997/61 mwN [gemeint ist wohl EvBl 2001/67 = 4 Ob 280/00f mit dem Hinweis auf SZ 60/256, JBl 1990, 113 und 7 Ob 51/00a]).
Lege man diesen Maßstab an und berücksichtige das Ausmaß der Gefahr, die von einer 10 bis 15 cm tiefen Erdreichsenkung in einer Wiese mit darin vorhandenen Bodenrissen, die teilweise durch Gras verdeckt waren, ausgehen konnte, dann habe zwar damit gerechnet werden müssen, dass Kleinkinder nicht in der Lage sein würden, derartige Vertiefungen zu erkennen und diesen auszuweichen, sodass allenfalls eine Sturzgefahr (beim Laufen) erwartet werden musste, weil ein "vor die Füße schauen" hier nicht habe angenommen werden können, doch hätte auch in einem solchen Fall nicht mit der Möglichkeit gerechnet werden müssen, dass es zu Verletzung von Rechtsgütern kommt, weil die Grube trotz des Vorhandenseins von kahlen Stellen im Wesentlichen mit Gras bewachsen gewesen sei. Dass ein über die Grube laufendes Kind durch vorhandene Erdrisse gefährdet werden könnte und dadurch eine Verletzungsgefahr bestand, habe im Vorhinein nicht angenommen werden können, weil das Stürzen von Kleinkindern infolge von Unebenheiten im Boden- oder auch bei (kleineren) Erdlöchern - auf mit Gras bestandenen Flächen erfahrungsgemäß verletzungsfrei verlaufe und ein Schadenseintritt - wie auch im vorliegenden Fall, in dem der Kläger mit seinem Fuß in einem Erdriss stecken blieb - einer besonderen Verkettung unglücklicher Umstände bedürfe, die freilich im Vorhinein nicht absehbar gewesen seien. Selbst wenn der Beklagte damit rechnen musste, dass Kinder auch den neben dem Spielplatz und den Sitzgelegenheiten befindlichen Bereich benützen und dort spielen und laufen, habe ein objektiv sachkundiger Betrachter im Vorhinein doch nicht damit rechnen können, dass die im aufgeschütteten Bereich vorhandene Bodensetzung von 10 bis 15 cm samt den darin befindlichen Rissen eine Verletzungsgefahr heraufbeschwören könnte, da - wie ausgeführt - bei einem Sturz eines Kleinkindes auf eine Rasenfläche kaum eine erwartbare Verletzungswahrscheinlichkeit bestehe und das Steckenbleiben des Kindes mit dem Fuß daher letztlich doch eine so entfernte Möglichkeit des Verletzungseintritts dargestellt habe, dass die Verwirklichung einer dahingehenden Gefahr jedenfalls im Vorhinein betrachtet habe außer Acht bleiben müssen.
In Ermangelung eines den Beklagten treffenden Verschuldens sei daher das Klagebegehren abzuweisen.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000, nicht aber S 260.000 übersteigt; die ordentliche Revision sei jedoch, wie gemäß § 508 Abs 3 ZPO in Korrektur eines ursprünglich gegenteiligen Ausspruches erklärt wurde, zulässig, weil dem für die Vorhersehbarkeit einer möglichen Schädigung von Kindern im Nahbereich eines Kinderspielplatzes anzuwendende Maßstab ungeachtet des vorliegenden Einzelfalls grundsätzliche Bedeutung zukomme und keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage vorliege, ob die Adäquanz eines schädigenden Verhaltens nach einem Durchschnittsmaßstab oder nach Lage des Falls - zum Schutz von Kleinkindern - nach einem besonders strengen Maßstab zu beurteilen ist.
In seiner Revision macht der Kläger die unrichtige rechtliche Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen durch das Berufungsgericht geltend. Sollte es gemeint haben, dass es an einem adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der vom Beklagten geschaffenen Gefahrensitutation und der Sturzverletzung des Klägers fehle, sei dies damit zu widerlegen, dass ein durch Bodenunebenheiten verursachter Sturz natürlich zu Verletzungen führen könne; bei der Beurteilung des Verschuldens des Beklagten sei unbeachtet geblieben, dass die verhängnisvolle Bodenvertiefung für den Kläger nicht wahrnehmbar war, weshalb der Beklagte nach den Grundsätzen der Judikatur, dass vor nicht zu vermutenden Niveaudifferenzen zu warnen ist, zumindest eine Warnung vor der Erdreichsenkung hätte anbringen müssen. Es wurde daher beantragt, das Berufungsurteil in eine Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.
Der Beklagte hat sich dazu in einer Revisionsbeantwortung geäußert und die Zurück- oder Abweisung des Revisionsbegehrens beantragt. Eine Haftung des Beklagten liefe auf eine Überspannung der Sorgfaltspflichten dessen voraus, der Kindern das Spielen auf einer unebenen Wiese ermöglicht.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und im Sinn einer das Zwischenurteil des Erstgerichtes wieder herstellenden Abänderung des Berufungsurteils auch berechtigt.
Die Grundsätze der Verkehrssicherungspflicht wurden vom Berufungsgericht zutreffend dargestellt, sodass auf die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen werden kann. Hervorzuheben ist lediglich, dass an die Verkehrssicherungspflicht strenge Anforderungen zu stellen sind, wenn zu erwarten ist, dass Kinder in den Gefahrenbereich gelangen, was wiederum dann zutrifft, wenn sich - wie hier - in unmittelbarer Nähe ein Spielplatz befindet (JBl 1990, 113 ua). Für die Verkehrssicherungspflicht spielt nämlich auch die Möglichkeit des Selbstschutzes eine Rolle (EvBl 2001/67). Für die Sicherung von Gefahrenquellen ist daher in umso höherem Maß zu sorgen, je weniger angenommen werden kann, dass die von der Gefahr betroffenen Personen sich ihrerseits vor einer Schädigung vorzusehen und zu sichern wissen (zuletzt 8 Ob 164/00a mwN). So kann, worauf schon das Berufungsgericht hingewiesen hat, von Kleinkindern nicht erwartet werden, dass sie beim Laufen "vor die Füße schauen".
Bodenvertiefungen in der Nähe eines Kinderspielplatzes können daher auch dann eine besondere Sicherungsmaßnahme erfordernde Gefahr signalisieren, wenn sie erkennbar sind. Im gegenständlichen Fall war deren Erkennbarkeit sogar beeinträchtigt, weil es sich - wie sich auf den vorgelegten Lichtbildern ergibt - zum Teil um kleine Erdspalten handelte, die an den Rändern zum Teil mit Gras bewachsen waren.
Nun trifft es zu, dass die Pflicht zur Setzung von Maßnahmen der Gefahrenabwehr immer voraussetzt, dass bei objektiver sachkundiger Betrachtung die Möglichkeit einer Verletzung von Rechtsgütern Dritter zu erkennen ist (EvBl 2001/67 mwN). Diese Erkennbarkeit wurde jedoch vom Berufungsgericht zu Unrecht verneint. Dass die Erdrisse auf der Wiese neben dem Kinderspielplatz nicht besonders tief und nur wenige Zentimeter breit waren, entlastet den Beklagen nicht, weil damit gerechnet werden musste, dass Kleinkinder hineintreten. Zumindest ein Erdriss war groß und tief genug, um einen Kinderfuß zu fangen. Dann trifft aber auch die vom Berufungsgericht gezogene Schlussfolgerung nicht zu, dass die dem Kläger zum Verhängnis gewordene Gefahr bei objektiv sachkundiger Betrachtung nicht vorhersehbar war. Dass das Stürzen von Kleinkindern infolge von Bodenunebenheiten oder kleineren Erdlöchern in der Regel glimpflich verläuft und dass es einer besonderen Verkettung unglücklicher Umstände bedarf, um ernsthafte Verletzungen zu verursachen, mag bei natürlichen Erdhügeln oder seichten Bodenvertiefungen zutreffen, nicht jedoch bei Erdrissen, in die gerade Kinderfüße passen und dazu noch tief genug sind, um bei einem Sturz durch die auftretenden Hebelkräfte ein Bein zu brechen. Der Beklagte hätte daher doch dafür Sorge tragen müssen, die Gefahr zu beseitigen oder vor ihr zu warnen, um die Begleitpersonen der am nahegelegenen Spielplatz spielenden Kinder dazu zu bringen, ihre Schützlinge vom Gefahrenbereich fernzuhalten.
Dass dem Beklagten zumutbare Möglichkeiten der Gefahrenabwehr zur Verfügung gestanden wären, hat schon das Erstgericht überzeugend dargelegt. Er hätte ohne besonderen Aufwand vor der Gefahr warnen (vgl 2 Ob 47/01b) oder - wie nachträglich geschehen - die Bodenunebenheiten durch die Anschüttung von Erde beseitigen können.Dass dem Beklagten zumutbare Möglichkeiten der Gefahrenabwehr zur Verfügung gestanden wären, hat schon das Erstgericht überzeugend dargelegt. Er hätte ohne besonderen Aufwand vor der Gefahr warnen vergleiche 2 Ob 47/01b) oder - wie nachträglich geschehen - die Bodenunebenheiten durch die Anschüttung von Erde beseitigen können.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO.
Textnummer
E64796European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0050OB00003.02F.0129.000Im RIS seit
28.02.2002Zuletzt aktualisiert am
15.09.2010