TE OGH 2002/1/29 4Ob295/01p

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Veröffentlicht am 29.01.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** Gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Saxinger.Chalupsky.Weber & Partner Rechtsanwälte GmbH, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. *****, 2. Mag. Nina T*****, beide vertreten durch Dr. Josef Unterweger und Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs (Streitwert im Provisorialverfahren 17.441,48 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 25. Oktober 2001, GZ 1 R 143/01h-11, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Parteien wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Parteien wird gemäß Paragraphen 78,, 402 EO in Verbindung mit Paragraph 526, Absatz 2, Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 528 a, in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Dem jedermann eingeräumten verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art 10 MRK; Art 13 StGG) kommt in einer demokratischen Gesellschaft ein hoher Stellenwert zu. Es ist daher auch die Meinung von Außenseitern, Querdenkern oder sogarDem jedermann eingeräumten verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Artikel 10, MRK; Artikel 13, StGG) kommt in einer demokratischen Gesellschaft ein hoher Stellenwert zu. Es ist daher auch die Meinung von Außenseitern, Querdenkern oder sogar

Dilettanten zu respektieren (EvBl 1993/173; SZ 68/97 = MR 1995, 97

[Korn] = Öbl 1996, 156 - Rösslwirtin; 6 Ob 2300/96w). Solange bei

wertenden Äußerungen die Grenzen zulässiger Kritik nicht überschritten werden, kann auch massive, in die Ehre eines anderen eingreifende Kritik, die sich an konkreten Fakten orientiert, zulässig sein (6 Ob 2300/96w; vgl EGMR in MR 1986, 4, 11; MR 1989, 15).wertenden Äußerungen die Grenzen zulässiger Kritik nicht überschritten werden, kann auch massive, in die Ehre eines anderen eingreifende Kritik, die sich an konkreten Fakten orientiert, zulässig sein (6 Ob 2300/96w; vergleiche EGMR in MR 1986, 4, 11; MR 1989, 15).

Zwar ist der Angriff auf das absolute Recht der Ehre und des wirtschaftlichen Rufes einer Person schon Indiz für die Rechtswidrigkeit. Diese kann aber im Einzelfall dann ausgeschlossen sein, wenn für das Handeln oder Unterlassen ein besonderer Rechtfertigungsgrund vorlag. Ein solcher Rechtfertigungsgrund muss sich im Weg einer Interessenabwägung aus weiteren Geboten oder Verboten der gesamten Rechtsordnung gewinnen lassen. Bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung müssen den Interessen am gefährdeten Gut auch die Interessen des Handelnden und die der Allgemeinheit gegenübergestellt werden. Es kommt dabei auf die Art des Eingriffs, die Verhältnismäßigkeit am verfolgten Recht und den Grad der Schutzwürdigkeit dieses Interesses an (ecolex 1995, 892 mwN; MR 2001, 93 - Falsche Presseaussendung mwN). Bei der gebotenen Interessenabwägung im Konflikt des Rechts auf freie Meinungsäußerung mit dem absolut geschützten Gut der Ehre ist die Gewichtigkeit des Themas für die Allgemeinheit, in dessen Rahmen die ehrverletzende Äußerung fiel, eines von mehreren Beurteilungskriterien, das den Ausschlag für die Bejahung des Rechtfertigungsgrundes gegeben kann (SZ 71/96; MR 2001, 93 - Falsche Presseaussendung). Das Recht auf freie Meinungsäußerung findet in der Interessenabwägung gegenüber der ehrenbeleidigenden Rufschädigung seine Grenze in einer unwahren Tatsachenbehauptung; dass eine solche nicht unter Berufung auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit gestattet ist, vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung (ÖBl 1991, 26 - Kunstfeind; MR 1993, 14 - Spitzelakte; ÖBl 1993, 84 - Jubelbroschüre; MR 1994, 244 = ÖBl 1995, 167 - Exklusivinterview II; MR 1997, 85 - Luxuswohnung; SZ 70/180 ua).

Wer am Verhalten eines anderen Kritik übt, hat - soweit es sich um Tatsachenbehauptungen handelt - gemäß § 7 Abs 1 UWG zu beweisen, dass die Kritik der Wahrheit entspricht. Der Wahrheitsbeweis ist erbracht, wenn der Inhalt der Mitteilung im Wesentlichen bestätigt wird (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ § 26 Rz 7 mwN; 4 Ob 237/00p). Eine Äußerung ist stets so zu verstehen, wie sie von den angesprochenen Verkehrskreisen bei ungezwungener Auslegung verstanden wird (stRsp ua SZ 68/97 = MR 1995, 97 = ÖBl 1996, 156 - Rösslwirtin mwN).Wer am Verhalten eines anderen Kritik übt, hat - soweit es sich um Tatsachenbehauptungen handelt - gemäß Paragraph 7, Absatz eins, UWG zu beweisen, dass die Kritik der Wahrheit entspricht. Der Wahrheitsbeweis ist erbracht, wenn der Inhalt der Mitteilung im Wesentlichen bestätigt wird (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ Paragraph 26, Rz 7 mwN; 4 Ob 237/00p). Eine Äußerung ist stets so zu verstehen, wie sie von den angesprochenen Verkehrskreisen bei ungezwungener Auslegung verstanden wird (stRsp ua SZ 68/97 = MR 1995, 97 = ÖBl 1996, 156 - Rösslwirtin mwN).

Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung. Die Klägerin erzeugt - unstrittig - auch solche Tierfuttermittel, in denen kein genverändertes Material enthalten ist; dass sie beim Vertrieb ihrer Produkte gesetzwidrig handle, ist nicht bescheinigt. Wenn bei dieser Sachlage das Rekursgericht die Äußerungen der Beklagten, die Produkte der Klägerin seien "GARANTiert genmanipuliert", die Klägerin sei nicht bereit, auf gentech-freie Soja umzusteigen, die Beklagte habe gegen die Klägerin Anzeige wegen Betrugsverdacht erhoben, als durch das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht gedeckte unwahre Tatsachenbehauptungen beurteilt hat, die den Rahmen einer zulässigen Unternehmenskritik überschritten, liegt darin keine zur Wahrung der Rechtssicherheit durch Sachentscheidung zu korrigierende grobe Fehlbeurteilung. Daran ändert auch nichts, dass die Themen "Gesundheit" und "genmanipulierte Nahrung" in der Öffentlichkeit einen hohen Stellenwert besitzen, enthalten doch die schlagwortartig verkürzenden Aussagen der Beklagten auch den unrichtigen ehrenrührigen und geschäftsschädigenden Vorwurf, die Klägerin stehe im Zusammenhang mit ihrer Produktion im dringenden Verdacht, strafbare Handlungen begangen zu haben.

Anmerkung

E64792 4Ob295.01p

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0040OB00295.01P.0129.000

Dokumentnummer

JJT_20020129_OGH0002_0040OB00295_01P0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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