TE OGH 2002/1/29 1Ob213/01g

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Veröffentlicht am 29.01.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ahmet S*****, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen Gestattung der Wiedereinreise nach Österreich infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. Mai 2001, GZ 1 R 84/01i-40, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Verwiesen wurde auf die Entscheidung des erkennenden Senats im ersten Rechtsgang 1 Ob 179/99a (JBl 2000, 785 = ecolex 2001, 99 [Jud] = ZfRV 2001, 31). Im zweiten Rechtsgang wiesen die Vorinstanzen das verbliebene Begehren, der beklagte Rechtsträger sei schuldig, "dem Kläger bis zu einer Prüfung der spezialpräventiven aktuellen Notwendigkeit der Durchsetzung des Aufenthaltsverbots durch eine von der Fremdenpolizei unabhängige Stelle mit voller Kognition auch zur Prüfung seiner Zweck- und Verhältnismäßigkeit den Aufenthalt in Österreich zu gestatten", ab.

Die außerordentliche Revision des Klägers bringt trotz weitwendiger Ausführungen keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO ins Spiel.Die außerordentliche Revision des Klägers bringt trotz weitwendiger Ausführungen keine erheblichen Rechtsfragen iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO ins Spiel.

Rechtliche Beurteilung

Das - noch - zu beurteilende Klagebegehren wurde zuletzt im Rechtsmittel damit begründet, dass die gemeinschaftsrechtliche Rechtsposition des Klägers angesichts der gebotenen unmittelbaren Anwendung der Art 8 und 9 der - bisher pflichtwidrig in Österreich nicht umgesetzten - Richtlinie 64/221/EWG durch Urteil zu sichern sei; der Kläger macht wegen der insofern fehlenden Umsetzung des Gemeinschaftsrechts den Anspruch auf "Naturalrestitution" durch die unabhängige Zivilgerichtsbarkeit geltend.Das - noch - zu beurteilende Klagebegehren wurde zuletzt im Rechtsmittel damit begründet, dass die gemeinschaftsrechtliche Rechtsposition des Klägers angesichts der gebotenen unmittelbaren Anwendung der Artikel 8 und 9 der - bisher pflichtwidrig in Österreich nicht umgesetzten - Richtlinie 64/221/EWG durch Urteil zu sichern sei; der Kläger macht wegen der insofern fehlenden Umsetzung des Gemeinschaftsrechts den Anspruch auf "Naturalrestitution" durch die unabhängige Zivilgerichtsbarkeit geltend.

Der durch das Assoziierungsabkommen zwischen der EWG und der Türkei geschaffene Assoziationsrat erließ als weiteren Schritt der Assoziierung den Beschluss 1/80 unter Hinweis auf Art 12 des Assoziierungsabkommens, wonach die Vertragsparteien vereinbaren, sich von den Art 48, 49 und 50 EG-Vertrag (EG-V; jetzt Art 39 ff EG) leiten zu lassen, um untereinander die Freizügigkeit der Arbeitnehmer schrittweise herzustellen. Das Assoziierungsabkommen und die auf seiner Grundlage erlassenen Beschlüsse verweisen somit zwar auf die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, der Kläger als türkischer Staatsangehöriger unterfällt aber nicht der genannten Richtlinie als näheren Ausformung des für Wanderarbeiter der EU geltenden Art 39 Abs 3 EG (ex Art 48 Abs 3 EG-V), sondern dem ARB 1/80. Für EU-Bürger gilt somit die genannte Richtlinie, für türkische Arbeitnehmer der ARB 1/80. Die im Rahmen der Art 39 ff EG geltenden Grundsätze müssen nur so weit wie möglich als Leitlinien für die Behandlung türkischer Arbeitnehmer, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen, herangezogen werden; dies gilt auch für die Auslegung des Art 14 Abs 1 des ARB 1/80 (EuGH C-340/97 - Nazli Rn 55 und 56 mwN). Eine den Art 8 und 9 der Richtlinie entsprechende Bestimmung enthält der ARB 1/80 nicht; auch eine Verweisung auf die Richtlinie ist ihnen nicht zu entnehmen. Ob daher der österr. Gesetzgeber die Art 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG umsetzte oder nicht, ist somit ohne Relevanz, weil die Richtlinie selbst und deren Bestimmungen auf den Kläger nicht anzuwenden ist, sondern nur die darin zum Ausdruck kommenden Leitlinien bei der Auslegung des ARB 1/80 heranzuziehen sind. Das Urteil des EuGH C-237/91 - Kus, das der Kläger für sich ins Treffen führt, besagt lediglich, dass Art 6 Abs 1 des ARB 1/80 zwar nur die beschäftigungs- und nicht die aufenthaltsrechtliche Stellung der türkischen Arbeitnehmer regle, die beiden Aspekte der persönlichen Situation türkischer Arbeitnehmer jedoch eng miteinander verknüpft seien; andernfalls wäre das Recht, das sie diesen Arbeitnehmern zuerkennen, völlig wirkungslos. Dass die Richtlinie 64/221/EWG unmittelbar auf türkische Arbeitnehmer anwendbar wäre, kann diesem Urteil nicht entnommen werden. Das gleichfalls im Rechtsmittel zu dessen Stützung herangezogene Urteil EuGH Rs C-414/93 - Bosman bezieht sich nicht auf türkische Arbeitnehmer.Der durch das Assoziierungsabkommen zwischen der EWG und der Türkei geschaffene Assoziationsrat erließ als weiteren Schritt der Assoziierung den Beschluss 1/80 unter Hinweis auf Artikel 12, des Assoziierungsabkommens, wonach die Vertragsparteien vereinbaren, sich von den Artikel 48,, 49 und 50 EG-Vertrag (EG-V; jetzt Artikel 39, ff EG) leiten zu lassen, um untereinander die Freizügigkeit der Arbeitnehmer schrittweise herzustellen. Das Assoziierungsabkommen und die auf seiner Grundlage erlassenen Beschlüsse verweisen somit zwar auf die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, der Kläger als türkischer Staatsangehöriger unterfällt aber nicht der genannten Richtlinie als näheren Ausformung des für Wanderarbeiter der EU geltenden Artikel 39, Absatz 3, EG (ex Artikel 48, Absatz 3, EG-V), sondern dem ARB 1/80. Für EU-Bürger gilt somit die genannte Richtlinie, für türkische Arbeitnehmer der ARB 1/80. Die im Rahmen der Artikel 39, ff EG geltenden Grundsätze müssen nur so weit wie möglich als Leitlinien für die Behandlung türkischer Arbeitnehmer, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen, herangezogen werden; dies gilt auch für die Auslegung des Artikel 14, Absatz eins, des ARB 1/80 (EuGH C-340/97 - Nazli Rn 55 und 56 mwN). Eine den Artikel 8 und 9 der Richtlinie entsprechende Bestimmung enthält der ARB 1/80 nicht; auch eine Verweisung auf die Richtlinie ist ihnen nicht zu entnehmen. Ob daher der österr. Gesetzgeber die Artikel 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG umsetzte oder nicht, ist somit ohne Relevanz, weil die Richtlinie selbst und deren Bestimmungen auf den Kläger nicht anzuwenden ist, sondern nur die darin zum Ausdruck kommenden Leitlinien bei der Auslegung des ARB 1/80 heranzuziehen sind. Das Urteil des EuGH C-237/91 - Kus, das der Kläger für sich ins Treffen führt, besagt lediglich, dass Artikel 6, Absatz eins, des ARB 1/80 zwar nur die beschäftigungs- und nicht die aufenthaltsrechtliche Stellung der türkischen Arbeitnehmer regle, die beiden Aspekte der persönlichen Situation türkischer Arbeitnehmer jedoch eng miteinander verknüpft seien; andernfalls wäre das Recht, das sie diesen Arbeitnehmern zuerkennen, völlig wirkungslos. Dass die Richtlinie 64/221/EWG unmittelbar auf türkische Arbeitnehmer anwendbar wäre, kann diesem Urteil nicht entnommen werden. Das gleichfalls im Rechtsmittel zu dessen Stützung herangezogene Urteil EuGH Rs C-414/93 - Bosman bezieht sich nicht auf türkische Arbeitnehmer.

Soweit der Kläger seinen Anspruch auf Staatshaftung stützt, muss dieser daran scheitern, dass der österreichische Gesetzgeber den ARB 1/80 nicht umzusetzen hatte und die Frage einer allenfalls unterlassenen Umsetzung der Richtlinie 64/221/EWG hier nicht relevant ist. Soweit er ihn aber auf Amtshaftung (wegen unrichtiger Anwendung des Art 14 Abs 1 des ARB 1/80) stützt, stehen dem die Bestimmung des § 2 Abs 3 AHG und der Umstand entgegen, dass nicht Geldersatz, sondern eine dem Amtshaftungsrecht fremde Naturalrestitution begehrt wird.Soweit der Kläger seinen Anspruch auf Staatshaftung stützt, muss dieser daran scheitern, dass der österreichische Gesetzgeber den ARB 1/80 nicht umzusetzen hatte und die Frage einer allenfalls unterlassenen Umsetzung der Richtlinie 64/221/EWG hier nicht relevant ist. Soweit er ihn aber auf Amtshaftung (wegen unrichtiger Anwendung des Artikel 14, Absatz eins, des ARB 1/80) stützt, stehen dem die Bestimmung des Paragraph 2, Absatz 3, AHG und der Umstand entgegen, dass nicht Geldersatz, sondern eine dem Amtshaftungsrecht fremde Naturalrestitution begehrt wird.

Auf die von der zweiten Instanz aufgeworfene Frage der Bestimmtheit des Begehrens ist daher nicht mehr einzugehen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).Auf die von der zweiten Instanz aufgeworfene Frage der Bestimmtheit des Begehrens ist daher nicht mehr einzugehen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Anmerkung

E65183 1Ob213.01g

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0010OB00213.01G.0129.000

Dokumentnummer

JJT_20020129_OGH0002_0010OB00213_01G0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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