TE OGH 2002/1/30 12R2/02f

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Veröffentlicht am 30.01.2002
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Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch Dr. Weihs als Vorsitzenden sowie Dr. Strauss und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*****, S*****, vertreten durch Dr. P*****, Rechtsanwalt in St. Pölten und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei W*****, vertreten durch Dr. R*****, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B*****, vertreten durch Dr. P*****, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen € 11.890,29 s. A., infolge des Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten vom 9.5.2001, GZ 2 Cg 154/00h-22, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, das er zu lauten hat:

"Der Antrag des Sachverständigen ***** vom 7. März 2001 auf Bestimmung der Gebühren in Höhe von S 9.792,-- (€ 711,61) wird abgewiesen.

Die beklagte Partei hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen. Ein Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit Schriftsatz vom 17.10.2000, ON 6, trat die Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin in den Rechtsstreit ein. Dort brachte sie u. a. vor, dass sich Mag. Pindur am 19.1.2000 mit den von der Beklagten retournierten Foldern "zu einem Sachverständigen" begeben habe und die Untersuchung eindeutig ergeben habe, dass die Image-Folder einwandfrei verarbeitet gewesen seien und die von der Beklagten reklamierten "Mängel" sich in einem für eine derartige händische Verarbeitung üblichen Toleranzbereich befänden. Zum Beweis für dieses Vorbringen berief sich die Nebenintervenientin auf ***** als "sachverständigen Zeugen" (ON 6 S 5).

Mit Beschluss vom 27.11.2000, ON 8, bestellte das Erstgericht den in ON 8 als sachverständigen Zeugen beantragten Zeugen *****, Buchbinder, Wien 13, Wattmanngasse 13, zum Sachverständigen und trug ihm auf, ein Gutachten darüber zu erstellen, ob das von der Klägerin geliefert Werk "nach wie vor mit wesentlichen Mängeln behaftet" ist. (Es geht hier um von der Beklagten bestellte Druckwerke - Image-Folder -, die nach den Behauptungen der Beklagten mangelhaft gewesen sein sollen).

Am 12.3.2001 langte das Gutachten des Sachverständigen ***** samt Honorarnote beim Erstgericht ein (ON 15). Mit Schriftsatz vom 10.4.2001, ON 18, lehnte die Beklagte den Sachverständigen ab und brachte dazu vor, der Sachverständige habe in seinem Gutachten vom 8.3.2001 auf Seite 4 erstmals bekannt gegeben, dass er durch den Nebenintervenienten - dessen Leistungserbringung im Verfahren bemängelt werde - bereits mit dieser Ware gutachterlich befasst worden war. Der Sachverständige hatte dies im Gutachten aufgezeigt, sich aber trotz dieses Umstandes für nicht befangen erachtet. Am 4. Mai 2001 bezog der Sachverständige zu den Vorwürfen der Beklagten Stellung und führte u.a. aus: "Die Nebenintervenientin ist für mich eine Buchbinderei, wie etwa zehn andere Betriebe in Österreich, die von mir schon mit Aufträgen betraut wurden ... Die Nebenintervenientin zählt aufgrund ihrer Mitarbeiterzahl und der guten maschinellen Ausstattung zu den größeren Buchbindereien in Österreich. Deshalb ist es ganz natürlich, dass kleiner Betriebe, wie mein Unternehmen, bei der Nebenintervenientin Kaschier- und Stantzarbeiten in Lohnarbeit ausführen lassen (ON 21 S 2). Mit Beschluss vom 9.5.2001, ON 22, bestimmte das Erstgericht die Gebühr des Sachverständigen ***** mit S 9.732,-- und führte zur Begründung u.a. aus, dass die von der Beklagten behauptete Befangenheit des Sachverständigen nicht vorliege. Davon abgesehen seien den Streitteilen bereits aus der Eingabe der Nebenintervenientin ON 6 vor der Bestellung des Sachverständigen ***** jene Umstände bekannt gewesen, auf welche die Beklagte ihren (ersten) Ablehnungsantrag (ON 18) gestützt habe.

Aufgrund der Äußerung des Sachverständigen ON 21 lehnte die Beklagte den Sachverständigen neuerlich als befangen ab (Schriftsatz vom 7.5.2001, ON 24). Mit Beschluss vom 13.6.2001 enthob das Erstgericht den Sachverständigen ***** "aufgrund des begründeten Ablehnungsantrages der Beklagten ON 24" und bestellte an seiner Stelle *****, Buchbinder, 1040 Wien, Paulanergasse 4 zum Sachverständigen (ON 25).

Gegen den Gebührenbestimmungseschluss, ON 22, richtet sich der Rekurs der Beklagten.

Die Klägerin und der Sachverständige beteiligten sich am Rekursverfahren nicht.

Der Rekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 355 Abs 1 ZPO können Sachverständige aus den selben Gründen abgelehnt werden, welche zur Ablehnung eines Richters berechtigen, jedoch kann die Ablehnung nicht darauf gegründet werden, dass der Sachverständige früher in derselben Rechtssache als Zeuge vernommen wurde. Die Ablehnungserklärung ist bei dem Prozessgerichte .... vor dem Beginn der Beweisaufnahme und bei schriftlicher Begutachtung vor erfolgter Einreichung des Gutachtens mittels Schriftsatzes oder mündlich anzubringen. Später kann eine Ablehnung nur dann erfolgen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie den Ablehnungsgrund vorher nicht erfahren oder wegen eines für sie unübersteiglichen Hindernisses nicht rechtzeitig geltend machen konnte (§ 355 Abs 2 ZPO). Wird dem Ablehnungsantrag stattgegeben, hat das Gericht einen anderen Sachverständigen zu bestellen; ein schon erstattetes Gutachten darf nicht berücksichtigt werden (Rechberger in Rechberger ZPO² Rz 6 zu § 356).Gemäß Paragraph 355, Absatz eins, ZPO können Sachverständige aus den selben Gründen abgelehnt werden, welche zur Ablehnung eines Richters berechtigen, jedoch kann die Ablehnung nicht darauf gegründet werden, dass der Sachverständige früher in derselben Rechtssache als Zeuge vernommen wurde. Die Ablehnungserklärung ist bei dem Prozessgerichte .... vor dem Beginn der Beweisaufnahme und bei schriftlicher Begutachtung vor erfolgter Einreichung des Gutachtens mittels Schriftsatzes oder mündlich anzubringen. Später kann eine Ablehnung nur dann erfolgen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie den Ablehnungsgrund vorher nicht erfahren oder wegen eines für sie unübersteiglichen Hindernisses nicht rechtzeitig geltend machen konnte (Paragraph 355, Absatz 2, ZPO). Wird dem Ablehnungsantrag stattgegeben, hat das Gericht einen anderen Sachverständigen zu bestellen; ein schon erstattetes Gutachten darf nicht berücksichtigt werden (Rechberger in Rechberger ZPO² Rz 6 zu Paragraph 356,).

Das Erstgericht hat den zweiten Ablehnungsantrag der Beklagten (vom 7.6.2001, ON 24) für rechtzeitig und begründet erachtet und den Sachverständigen enthoben (ON 25).

Das Gutachten eines ausgeschlossenen Sachverständigen darf als Prozessstoff nicht berücksichtigt werden. Der Sachverständige hat dann keinen Gebührenanspruch, weil seine Tätigkeit aus seinem Verschulen unvollendet geblieben und sein Gutachten völlig unbrauchbar ist, sodass der gerichtliche Auftrag nicht erfüllt wurde. Das Verschulden des Sachverständigen liegt in so einem Fall darin, dass er nicht sofort selbst den Ausschließungsgrund gemeldet hat. Eine solche Warnpflicht kann aufgrund des Sachverständigeneides nicht zweifelhaft sein (MGA GebAG³ E 86 zu § 25 GebAG). Gleiches gilt, wenn der Sachverständige erfolgreich wegen Befangenheit abgelehnt wurde. Es ist dem Sachverständigen zum Verschulden anzurechnen, dass er den Ablehnungsgrund - hier die Geschäftsverbindung zur Nebenintervenientin - nicht schon vor Erstattung des Gutachtens gemeldet hat. Der Sachverständige hat somit keinen Honoraranspruch. In Stattgebung des Rekurses war daher sein Antrag auf Gebührenbestimmung abzuweisen.Das Gutachten eines ausgeschlossenen Sachverständigen darf als Prozessstoff nicht berücksichtigt werden. Der Sachverständige hat dann keinen Gebührenanspruch, weil seine Tätigkeit aus seinem Verschulen unvollendet geblieben und sein Gutachten völlig unbrauchbar ist, sodass der gerichtliche Auftrag nicht erfüllt wurde. Das Verschulden des Sachverständigen liegt in so einem Fall darin, dass er nicht sofort selbst den Ausschließungsgrund gemeldet hat. Eine solche Warnpflicht kann aufgrund des Sachverständigeneides nicht zweifelhaft sein (MGA GebAG³ E 86 zu Paragraph 25, GebAG). Gleiches gilt, wenn der Sachverständige erfolgreich wegen Befangenheit abgelehnt wurde. Es ist dem Sachverständigen zum Verschulden anzurechnen, dass er den Ablehnungsgrund - hier die Geschäftsverbindung zur Nebenintervenientin - nicht schon vor Erstattung des Gutachtens gemeldet hat. Der Sachverständige hat somit keinen Honoraranspruch. In Stattgebung des Rekurses war daher sein Antrag auf Gebührenbestimmung abzuweisen.

Gemäß § 41 Abs 3 letzter Satz GebAG findet ein Kostenersatz im Verfahren über die Sachverständigengebühren nicht statt. Die Beklagte hat daher ihre Rekurskosten trotz Erfolges selbst zu tragen. Gemäß § 528 Abs 2 Z 5 ZPO ist ein Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.Gemäß Paragraph 41, Absatz 3, letzter Satz GebAG findet ein Kostenersatz im Verfahren über die Sachverständigengebühren nicht statt. Die Beklagte hat daher ihre Rekurskosten trotz Erfolges selbst zu tragen. Gemäß Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 5, ZPO ist ein Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

Anmerkung

EW00413 12R2-02f

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLGW009:2002:01200R00002.02F.0130.000

Dokumentnummer

JJT_20020130_OLGW009_01200R00002_02F0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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