TE OGH 2002/1/30 3Ob97/01p

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Veröffentlicht am 30.01.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Liselotte F*****, vertreten durch Dr. Maria-Christina Engelhardt, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Rudolf F*****, vertreten durch Dr. Adolf Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhaltserhöhung, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 9. Februar 2001, GZ 37 R 35/01z-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Purkersdorf vom 23. November 2000, GZ 1 C 112/99f-18, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten der Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile ist geschieden. Der Beklagte verpflichtete sich zuletzt mit Vergleich vom 2. 5. 1995, der Klägerin monatlichen Unterhalt von S 3.400 zu leisten. Eine Bemessungsgrundlage für diese Unterhaltsverpflichtung wurde nicht angegeben. Das monatliche Nettopensionseinkommen der Klägerin beträgt durchschnittlich S 14.056, das des Beklagten S 35.902 (1999) bzw S 37.390 (2000). Die Klägerin begehrte zuletzt die Erhöhung des monatlichen Unterhalts für 1. 8. 1999 bis 31. 12. 1999 um S 2.260 auf S 5.660 und ab 1. 1. 2000 um S 3.400 auf S 6.800. Sie sei mit 1. 3. 1999 in Pension gegangen; die von ihr deshalb bezogene gesetzliche Abfertigung von S 139.183,92 netto, entsprechend sechs Monatsgehältern sei auf sechs Monate aufzuteilen, sodass ihr ab August 1999 höherer Unterhalt zustehe. Die Abfertigung habe sie insbesondere dazu verwendet, längst notwendige Reparaturen ihrer Wohnung zu finanzieren. Der Beklagte wendete im Wesentlichen ein, die Abfertigung sei auf 24 Monate umzulegen. Die Küchenerneuerung habe keinen Einfluss auf die Unterhaltsbemessung.

Das Erstgericht sprach der Klägerin folgenden monatlichen Unterhalt zu: für den Zeitraum 1. 8. 1999 bis 31. 12. 1999 zusätzlich S 2.260, insgesamt daher S 5.660, ab 1. 1. 2000 zusätzlich S 3.120, insgesamt daher S 6.520; es rechnete die sechs Monatsgehältern entsprechende Abfertigung auf sechs Monate an und ermittelte ab 1. 8. 1999 auf Basis der Einkommen der Streitteile den Unterhalt. Diese Art der Anrechnung begründete das Erstgericht im Wesentlichen damit, im vorliegenden Fall sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihre Abfertigung großteils dazu verwendet habe, um ihre bereits über 30 Jahre alte Küche erneuern zu lassen. Die von ihr vorgenommene Aufteilung der sechs Monatsbezügen entsprechenden Abfertigung auf sechs Monate sei daher gerechtfertigt, insbesondere weil die Klägerin für diesen Zeitraum vom Beklagten keinen Unterhalt begehrt habe. Das Berufungsgericht hob das Ersturteil - das in Ansehung der nicht ausdrücklich erfolgten Abweisung des Mehrbegehrens von der Klägerin nicht angefochten wurde - über Berufung des Beklagten auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht; es sprach aus, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, in welcher Form die Abfertigung bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen ist, äußerst uneinheitlich sei.

In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz - nach eingehender Darstellung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs - aus, es sei nach einer Lösung zu suchen, die einerseits dem Charakter der Abfertigung Rechnung trage, andererseits aber doch zu einigermaßen überschaubaren Lösungen ohne Notwendigkeit häufiger Erhöhungen oder Herabsetzungen der Unterhaltsbeiträge führe. Dem werde am ehesten die Rechtsprechungslinie gerecht, wonach die gesamte Abfertigung (ohne Unterscheidung in gesetzliche und freiwillige Abfertigung) so lange zur Abdeckung des Einkommensausfalls heranzuziehen sei, als sie dafür ausreiche. Im konkreten Fall könne dieser Zeitraum nicht ermittelt werden, weil das bisherige Monatseinkommen der Klägerin vor ihrer Pensionierung nicht festgestellt worden sei; daher sei eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils erforderlich. Wofür die Klägerin die ihr zugekommene Abfertigung verwendet habe, sei dagegen bedeutungslos.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Klägerin gegen den Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichtes ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, nicht zulässig. Die dem Unterhaltsberechtigten zugekommene Abfertigung ist als Eigeneinkommen zu berücksichtigen (ÖA 1996, 99; 1 Ob 2266/96h = RZ 1997/64); sie ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls und den Lebensverhältnissen angemessen aufzuteilen (RIS-Justiz RS0009667).

Die hier vom Berufungsgericht vorgesehene Aufteilung weicht von den Judikaturgrundsätzen des Obersten Gerichtshofs, die vom Berufungsgericht dargestellt wurden, keineswegs derart ab, dass sie unabdingbar korrigiert werden müsste. Eine Befassung des Obersten Gerichtshofs ist in diesem Fall nicht erforderlich; die Ausarbeitung eines "Regelmodells" über die Berücksichtigung der dem Unterhaltsberechtigten zukommenden - hier gesetzlichen - Abfertigung, wie sie dem Berufungsgericht vorschwebt, muss daran scheitern, dass gerade bei der Unterhaltsbemessung auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls angemessen Rücksicht zu nehmen ist. Dem Argument des Rechtsmittels, die vom Berufungsgericht vorgeschlagene Berechnungsmethode würde der Einzelfallgerechtigkeit widersprechen und eine grobe Benachteiligung der einkommensschwachen Klägerin gegenüber dem einkommensstarken Beklagten darstellen, ist entgegenzuhalten, dass die zweite Instanz gerade dazu eine eingehende Interessenabwägung (S 8 der Berufungsentscheidung) vorgenommen hat. Das Rechtsmittel ist demnach zurückzuweisen.

Dem Rekursgegner waren für die Rekursbeantwortung gemäß §§ 41, 50 ZPO keine Kosten zuzusprechen, weil er auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen hat.Dem Rekursgegner waren für die Rekursbeantwortung gemäß Paragraphen 41,, 50 ZPO keine Kosten zuzusprechen, weil er auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen hat.

Anmerkung

E64544 3Ob97.01p

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0030OB00097.01P.0130.000

Dokumentnummer

JJT_20020130_OGH0002_0030OB00097_01P0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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