Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Vogel, Dr. Schaumüller und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sigrid Z*****, vertreten durch Dr. Manfred Schnurer, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. Gerda B*****, 2. Dr. Franz L*****, und 3. Fritz L*****, alle vertreten durch Kaan, Cronenberg & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Feststellung (Streitwert S 50.000,-- [EUR 3.633,64]), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 9. Mai 2001, GZ 3 R 88/01k-13 , womit das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 20. Dezember 2000, GZ 8 C 286/00z-8, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.583,04 (= EUR 333,06) (darin enthalten S 763,84 (= EUR 55,16) an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung in einem dem Zweit- und Drittbeklagten gehörenden Haus, an dem der Erstbeklagten das Fruchtgenussrecht zusteht. Bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz wurden die vorgeschriebenen Mietzinse von der Klägerin zur Gänze bezahlt.
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ab dem 1. 1. 2000 nur mehr ein jeweiliger Mietzins von 60 % bis auf Weiteres gerechtfertigt sei, in eventu, dass ab dem 1. 1. 2000 nur mehr ein jeweiliger Mietzins von 60 % bis zur Beendigung unzumutbarer Lärmbelästigungen durch die Erstbeklagte gerechtfertigt sei. Die Erstbeklagte errege seit Herbst 1999 laufend unzumutbare Lärmbelästigungen durch Klopfen, Läuten an der Wohnungstür, Hämmern an der Tür, Rütteln der Türklinke, Trampeln über der Wohnung der Klägerin, lautes Rufen verbunden mit Kraftausdrücken, Türschlagen udgl. Es werde auch die Nachtruhe der Klägerin gestört. Eine Zinsminderung in der Höhe von 40 % sei zweifellos gerechtfertigt. Da die Klägerin eine Räumungsklage nicht riskieren wolle, und diese für sie nach einem rund 43 Jahre dauernden Mietverhältnis unerträglich wäre, habe sie ein Interesse an der geltend gemachten Feststellung.
Die Erstbeklagte (die Klage gegen den Zweit- und Drittbeklagten wurde rechtskräftig abgewiesen) bestritt das Klagebegehren im Wesentlichen damit, dass das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung fehle. Die Klägerin müsse sich um die Abstellung der möglichen Störungen bemühen, es stünde ihr die Möglichkeit einer Unterlassungsklage zu, womit effektiver eine weitgehendere Bereinigungswirkung als bei einer Feststellungsklage erzielt werde. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Durchführung eines Beweisverfahrens vollinhaltlich ab. Soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, gelangte es zu dem Ergebnis, dass es dem Klagebegehren infolge der enthaltenen zeitlichen Begrenzung und des Fehlens der ziffernmäßigen Angabe des nunmehr zulässigen Mietzinses an Bestimmtheit mangle. Weiters stehe der rechtserzeugende Sachverhalt für das Bestehen eines Mietzinsminderungsanspruches auch in der Zukunft keineswegs fest. Dessen Bestehen hänge sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach vom jeweiligen Verhalten der Erstbeklagten ab, was nicht vorweggenommen werden könne. In Bezug auf den zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz bereits vergangenen Mietzinszeitraum fehle das rechtliche Interesse deshalb, weil der Klägerin eine andere Möglichkeit offenstehe, einen weitergehenden Rechtsschutz zu erhalten. Die Subsidiarität der Feststellungsklage komme dann zum Tragen, wenn bereits eine Leistungsklage erhoben werden könne, deren Erfolg die Feststellung des Rechtsverhältnisses gänzlich erübrige. Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil - soweit dies für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist - mit der Begründung, dass zwar das Begehren bei Angabe eines Prozentsatzes des Mietzins bestimmt sei, jedoch das Feststellungsinteresse fehle. Es werde nicht einmal behauptet, dass die Vermieterseite ein Recht auf Zinsminderung bestreite. Es gehe hier nicht um das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, sondern um die - nicht feststellungsfähige - rechtliche Eigenschaft von Tatsachen, dass nämlich das Verhalten der Erstbeklagten (Lärmbelästigungen) eine bestimmte Rechtsfolge (Zinsminderung) auslöse. Das Feststellungsinteresse sei zu verneinen, weil der Zinsminderungsanspruch ex lege eintrete. Die Höhe der Zinsminderung hänge vom jeweiligen, in der Zukunft liegenden Verhalten der Erstbeklagten ab, es bestehe daher keine Grundlage, bereits jetzt ein bestimmtes Ausmaß der Zinsminderung festzustellen.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000, nicht jedoch S 260.000 übersteige und dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil es an höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit eines derartigen Feststellungsbegehrens fehle.
Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit einem Aufhebungsantrag.
Die Erstbeklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt. Für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage müssen neben den allgemeinen Prozessvoraussetzungen nach § 228 ZPO noch zwei weitere Kriterien gegeben sein, nämlich a) die Feststellungsfähigkeit des Rechtsverhältnisses und b) das rechtliche Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung (7 Ob 68/00a, 7 Ob 75/01g). Die Zulässigkeit der Feststellungsklage beruht auf den Grundsätzen des Rechtsschutzbedürfnisses und der Prozessökonomie. Ihre daraus resultierende Aufgabe besteht darin, die Rechtslage zwischen den Parteien klarzustellen, vorbeugenden Rechtsschutz zu gewähren, um Rechtsverletzungen zu vermeiden und die Basis für die weiteren Rechtsbeziehungen der Streitteile zu bilden (7 Ob 75/01g, SZ 60/140, RIS-Justiz RS0037422, RS0039007, Fasching, Lehrbuch2, Rz 1072). Ihrer vorbeugenden Wirkung können Feststellungsklagen und Feststellungsurteile nur dann gerecht werden, wenn ein aktueller Anlass zu einer vorbeugenden Klärung überhaupt gegeben ist (7 Ob 75/01g, RIS-Justiz RS003907). Solange sich der rechtserzeugende Sachverhalt nicht vollständig konkretisiert hat, ist eine Feststellungsklage nicht gerechtfertigt (7 Ob 75/01g, 8 Ob 41/98g, 1 Ob 35/93). Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Interesse an der Feststellungsklage - sogar trotz möglicher Leistungsklage - zu bejahen, wenn das Feststellungsbegehren geeignet ist, über die Rechtsbeziehungen der Parteien ein für allemal Klarheit zu schaffen (7 Ob 107/01p, RIS-Justiz RS0038908). Der Rechtssatz, dass eine Feststellungsklage nicht zuzulassen ist, wenn die Leistungsklage eingebracht werden kann, gilt nur dann, wenn durch den Leistungsanspruch auch der Feststellungsanspruch ausgeschöpft wird, d. h., wenn weitere als die durch das Leistungsbegehren gezogenen Rechtsfolgen aus der Feststellung des fraglichen Rechtsverhältnisses oder Anspruchs nicht in Betracht kommen. Können aber lediglich Teilansprüche aus einem umfangreicheren Gesamtanspruch mit Leistungsklage geltend gemacht werden, dann wird der Feststellungsanspruch dadurch in der Regel nicht ausgeschöpft (8 Ob 27/00d, 7 Ob 107/01p, RIS-Justiz RS0039021). Das Feststellungsinteresse ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Es muss schon bei Einlangen der Klage vorliegen, jedenfalls aber in dem Zeitpunkt, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird (7 Ob 68/00a, 1 Ob 58/01p, 7 Ob 310/01s). Das Begehren der Klägerin ist nach ihrem erstinstanzlichen Vorbringen eindeutig auf die Feststellung des ex lege (Würth in Rummel I3 Rz 10 zu § 1096 ABGB mwN) bestehenden Zinsminderungsrechtes von 40 % gerichtet. Die Klägerin sieht ihr rechtliches Interesse an der Feststellungsklage darin, dass sie ohne diese bei Zinsminderung einer Räumungsklage ausgesetzt wäre.Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt. Für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage müssen neben den allgemeinen Prozessvoraussetzungen nach Paragraph 228, ZPO noch zwei weitere Kriterien gegeben sein, nämlich a) die Feststellungsfähigkeit des Rechtsverhältnisses und b) das rechtliche Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung (7 Ob 68/00a, 7 Ob 75/01g). Die Zulässigkeit der Feststellungsklage beruht auf den Grundsätzen des Rechtsschutzbedürfnisses und der Prozessökonomie. Ihre daraus resultierende Aufgabe besteht darin, die Rechtslage zwischen den Parteien klarzustellen, vorbeugenden Rechtsschutz zu gewähren, um Rechtsverletzungen zu vermeiden und die Basis für die weiteren Rechtsbeziehungen der Streitteile zu bilden (7 Ob 75/01g, SZ 60/140, RIS-Justiz RS0037422, RS0039007, Fasching, Lehrbuch2, Rz 1072). Ihrer vorbeugenden Wirkung können Feststellungsklagen und Feststellungsurteile nur dann gerecht werden, wenn ein aktueller Anlass zu einer vorbeugenden Klärung überhaupt gegeben ist (7 Ob 75/01g, RIS-Justiz RS003907). Solange sich der rechtserzeugende Sachverhalt nicht vollständig konkretisiert hat, ist eine Feststellungsklage nicht gerechtfertigt (7 Ob 75/01g, 8 Ob 41/98g, 1 Ob 35/93). Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Interesse an der Feststellungsklage - sogar trotz möglicher Leistungsklage - zu bejahen, wenn das Feststellungsbegehren geeignet ist, über die Rechtsbeziehungen der Parteien ein für allemal Klarheit zu schaffen (7 Ob 107/01p, RIS-Justiz RS0038908). Der Rechtssatz, dass eine Feststellungsklage nicht zuzulassen ist, wenn die Leistungsklage eingebracht werden kann, gilt nur dann, wenn durch den Leistungsanspruch auch der Feststellungsanspruch ausgeschöpft wird, d. h., wenn weitere als die durch das Leistungsbegehren gezogenen Rechtsfolgen aus der Feststellung des fraglichen Rechtsverhältnisses oder Anspruchs nicht in Betracht kommen. Können aber lediglich Teilansprüche aus einem umfangreicheren Gesamtanspruch mit Leistungsklage geltend gemacht werden, dann wird der Feststellungsanspruch dadurch in der Regel nicht ausgeschöpft (8 Ob 27/00d, 7 Ob 107/01p, RIS-Justiz RS0039021). Das Feststellungsinteresse ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Es muss schon bei Einlangen der Klage vorliegen, jedenfalls aber in dem Zeitpunkt, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird (7 Ob 68/00a, 1 Ob 58/01p, 7 Ob 310/01s). Das Begehren der Klägerin ist nach ihrem erstinstanzlichen Vorbringen eindeutig auf die Feststellung des ex lege (Würth in Rummel I3 Rz 10 zu Paragraph 1096, ABGB mwN) bestehenden Zinsminderungsrechtes von 40 % gerichtet. Die Klägerin sieht ihr rechtliches Interesse an der Feststellungsklage darin, dass sie ohne diese bei Zinsminderung einer Räumungsklage ausgesetzt wäre.
Die Klägerin übersieht aber bei ihrer Argumentation § 33 Abs 2 und 3 MRG. In einem Verfahren über eine von der Vermieterin eingebrachten Räumungsklage wäre die Höhe des geschuldeten Mietzinses wegen des von der Klägerin behaupteten schon ex lege bestehenden Zinsminderungsrechtes ab Beginn der Gebrauchsbeeinträchtigung des Bestandobjektes bis zu deren Behebung (vgl RIS-Justiz RS0107866) strittig. Könnte die Klägerin ihr Vorbringen beweisen, so träfe sie auch kein grobes Verschulden an einem allenfalls doch bestehenden Zahlungsrückstand auf Grund einer Fehleinschätzung der Höhe der Zinsminderung. In diesem Fall müßte im Räumungsverfahren zunächst über die Höhe des Mietzinsrückstandes mit Beschluß entschieden werden. Wenn die Klägerin dann nach § 33 Abs 2 MRG einen allenfalls festgestellten Mietzinsrückstand vor Schluss der der Entscheidung des Gerichtes unmittelbar vorangehenden Verhandlung entrichtet, wäre der Räumungsklage nicht stattzugeben. Dies bedeutet, dass der Klägerin nach ihrem Vorbringen nicht droht, auf Grund einer Räumungsklage ihres Bestandobjektes verlustig zu gehen. Damit fehlt ihr aber das behauptete rechtliche Interesse an der Feststellung des Zinsminderungsrechts.Die Klägerin übersieht aber bei ihrer Argumentation Paragraph 33, Absatz 2 und 3 MRG. In einem Verfahren über eine von der Vermieterin eingebrachten Räumungsklage wäre die Höhe des geschuldeten Mietzinses wegen des von der Klägerin behaupteten schon ex lege bestehenden Zinsminderungsrechtes ab Beginn der Gebrauchsbeeinträchtigung des Bestandobjektes bis zu deren Behebung vergleiche RIS-Justiz RS0107866) strittig. Könnte die Klägerin ihr Vorbringen beweisen, so träfe sie auch kein grobes Verschulden an einem allenfalls doch bestehenden Zahlungsrückstand auf Grund einer Fehleinschätzung der Höhe der Zinsminderung. In diesem Fall müßte im Räumungsverfahren zunächst über die Höhe des Mietzinsrückstandes mit Beschluß entschieden werden. Wenn die Klägerin dann nach Paragraph 33, Absatz 2, MRG einen allenfalls festgestellten Mietzinsrückstand vor Schluss der der Entscheidung des Gerichtes unmittelbar vorangehenden Verhandlung entrichtet, wäre der Räumungsklage nicht stattzugeben. Dies bedeutet, dass der Klägerin nach ihrem Vorbringen nicht droht, auf Grund einer Räumungsklage ihres Bestandobjektes verlustig zu gehen. Damit fehlt ihr aber das behauptete rechtliche Interesse an der Feststellung des Zinsminderungsrechts.
Nur der Vollständigkeit halber wird noch darauf hingewiesen, dass jedenfalls für die Vergangenheit auch deshalb kein Feststellungsinteresse besteht, weil für diesen Zeitraum schon mit gleichem Rechtsschutz eine Leistungsklage erhoben werden und ein allfälliger Rückforderungsanspruch abschließend beurteilt werden kann.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 50,, 41 ZPO.
Anmerkung
E64595 7Ob242.01sEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0070OB00242.01S.0130.000Dokumentnummer
JJT_20020130_OGH0002_0070OB00242_01S0000_000