Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Leopold Smrcka (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Abdija D*****, ohne Beschäftigung, ***** vertreten durch Dr. Armin Karisch, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen vorzeitiger Alterspension bei langer Versicherungsdauer, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. Oktober 2001, GZ 8 Rs 153/01h-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. Dezember 2000, GZ 34 Cgs 319/00s-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zurückgewiesen.
Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Revision wiederholt zunächst die Berufungsausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 477 Abs 1 Z 4 ZPO) und verweist darauf, dass der Pensionsakt vom Erstgericht nach Urteilsfällung an die beklagte Partei zurückgestellt worden sei und dem Kläger somit bei Einbringung der Berufung die Möglichkeit genommen worden sei, die Richtigkeit der vom Erstgericht über die vom Kläger erworbenen Versicherungszeiten getroffenen Feststellungen zu rügen. Der Kläger hat dennoch im Rahmen seiner Berufungsausführungen die Richtigkeit der vom Erstgericht hinsichtlich der vom Kläger erworbenen Versicherungszeiten getroffenen Feststellungen bekämpft und dazu erklärt, dass er sich das Recht vorbehalte, die Tatsachen- und Beweisrüge nach Vorliegen des Pensionsaktes in der mündlichen Berufungsverhandlung näher auszuführen. Das Berufungsgericht hat in seiner nach einer mündlichen Berufungsverhandlung ergangenen Entscheidung das Vorliegen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes verneint. Wurde das Vorliegen eines dem Urteil und dem Verfahren erster Instanz anhaftenden Nichtigkeitsgrundes schon vom Gericht zweiter Instanz - nach entsprechender Rüge in der Berufung oder von Amts wegen wahrgenommen - verneint, kann nach ständiger Rechtsprechung die behauptete Nichtigkeit in der Revision nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (SZ 68/195, SSV-NF 1/36 mwN uva). Auch wenn man davon ausgeht, dass eine solche bindende, die Nichtigkeit des Ersturteils bzw des erstinstanzlichen Verfahrens betreffende Entscheidung des Berufungsgerichtes hier nicht vorliegt, sind die Revisionsausführungen nicht berechtigt. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO liegt dann vor, wenn einer Partei die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, durch ungesetzlichen Vorgang, insbesondere durch die Unterlassung der Zustellung entzogen wurde. Die Pflicht des Gerichtes zur Gewähr des rechtlichen Gehörs besteht in der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Zustellung aller wesentlichen Schriftstücke des Gegners und der gerichtlichen Verfügungen und Entscheidungen, in der Ladung zur Tagsatzung und zur mündlichen Verhandlung und in der Anhörung bei der mündlichen Verhandlung (Fasching, ZPR2 Rz 700).Die Revision wiederholt zunächst die Berufungsausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO) und verweist darauf, dass der Pensionsakt vom Erstgericht nach Urteilsfällung an die beklagte Partei zurückgestellt worden sei und dem Kläger somit bei Einbringung der Berufung die Möglichkeit genommen worden sei, die Richtigkeit der vom Erstgericht über die vom Kläger erworbenen Versicherungszeiten getroffenen Feststellungen zu rügen. Der Kläger hat dennoch im Rahmen seiner Berufungsausführungen die Richtigkeit der vom Erstgericht hinsichtlich der vom Kläger erworbenen Versicherungszeiten getroffenen Feststellungen bekämpft und dazu erklärt, dass er sich das Recht vorbehalte, die Tatsachen- und Beweisrüge nach Vorliegen des Pensionsaktes in der mündlichen Berufungsverhandlung näher auszuführen. Das Berufungsgericht hat in seiner nach einer mündlichen Berufungsverhandlung ergangenen Entscheidung das Vorliegen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes verneint. Wurde das Vorliegen eines dem Urteil und dem Verfahren erster Instanz anhaftenden Nichtigkeitsgrundes schon vom Gericht zweiter Instanz - nach entsprechender Rüge in der Berufung oder von Amts wegen wahrgenommen - verneint, kann nach ständiger Rechtsprechung die behauptete Nichtigkeit in der Revision nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (SZ 68/195, SSV-NF 1/36 mwN uva). Auch wenn man davon ausgeht, dass eine solche bindende, die Nichtigkeit des Ersturteils bzw des erstinstanzlichen Verfahrens betreffende Entscheidung des Berufungsgerichtes hier nicht vorliegt, sind die Revisionsausführungen nicht berechtigt. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nach Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO liegt dann vor, wenn einer Partei die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, durch ungesetzlichen Vorgang, insbesondere durch die Unterlassung der Zustellung entzogen wurde. Die Pflicht des Gerichtes zur Gewähr des rechtlichen Gehörs besteht in der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Zustellung aller wesentlichen Schriftstücke des Gegners und der gerichtlichen Verfügungen und Entscheidungen, in der Ladung zur Tagsatzung und zur mündlichen Verhandlung und in der Anhörung bei der mündlichen Verhandlung (Fasching, ZPR2 Rz 700).
Im vorliegenden Fall wurde der Kläger vom Erstgericht zur Tagsatzung am 12. 12. 2000 geladen und er hatte von diesem Termin auch tatsächlich Kenntnis (vgl Schreiben des Klägers vom 6. 12. 2000 ON 5). Im Verlauf dieser Tagsatzung wurde auch der Inhalt des Pensionsaktes dargestellt und es hätte somit die Möglichkeit bestanden, zum Inhalt des Pensionsaktes Stellung zu nehmen. Im Übrigen bestand für den Kläger bzw dessen Rechtsvertreter auch in der vom Berufungsgericht über Antrag des Klägers durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung die Gelegenheit, im Zuge des mündlichen Berufungsvortrages im Rahmen der von ihm als unrichtig bekämpften Feststellungen des Erstgerichtes auch zum Inhalt des Pensionsaktes Stellung zu nehmen. Eine Nichtigkeit oder Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt daher nicht vor. Auch die Ausführungen zur Rechtsrüge sind nicht berechtigt. Nach zutreffender Rechtsansicht der Vorinstanzen erfüllt der Kläger ausgehend von den festgestellten österreichischen Versicherungszeiten selbst unter Berücksichtigung seiner in Slowenien vom 15. 5. 1965 bis 23. 1. 1967 aktenkundig erworbenen Versicherungszeiten nicht die Wartezeit. Die Richtigkeit der Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die vom Kläger nach den Rechtsvorschriften der Schweizer Eidgenossenschaft zurückgelegten Versicherungszeiten für den Erwerb des eingeklagten österreichischen Leistungsanspruches nicht hinzugerechnet werden können, wird in der Revision - so wie bereits auch in der Berufung - nicht mehr in Zweifel gezogen. Soweit der Kläger erstmals in der Revision ausdrücklich - allerdings ohne jede konkrete Angabe - den Erwerb von Versicherungszeiten in Bosnien-Herzegowina behauptet und dazu auf das mit 1. 10. 2001 in Kraft getretene Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina über Soziale Sicherheit (BGBl III 2001/229) verweist, verstößt sein Vorbringen gegen das auch im Revisionsverfahren in Sozialrechtssachen geltende Neuerungsverbot und steht überdies im Widerspruch zu seinem eigenen Prozessvorbringen in der Klage, wonach er in Bosnien keine Versicherungszeiten erworben habe. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.Im vorliegenden Fall wurde der Kläger vom Erstgericht zur Tagsatzung am 12. 12. 2000 geladen und er hatte von diesem Termin auch tatsächlich Kenntnis vergleiche Schreiben des Klägers vom 6. 12. 2000 ON 5). Im Verlauf dieser Tagsatzung wurde auch der Inhalt des Pensionsaktes dargestellt und es hätte somit die Möglichkeit bestanden, zum Inhalt des Pensionsaktes Stellung zu nehmen. Im Übrigen bestand für den Kläger bzw dessen Rechtsvertreter auch in der vom Berufungsgericht über Antrag des Klägers durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung die Gelegenheit, im Zuge des mündlichen Berufungsvortrages im Rahmen der von ihm als unrichtig bekämpften Feststellungen des Erstgerichtes auch zum Inhalt des Pensionsaktes Stellung zu nehmen. Eine Nichtigkeit oder Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt daher nicht vor. Auch die Ausführungen zur Rechtsrüge sind nicht berechtigt. Nach zutreffender Rechtsansicht der Vorinstanzen erfüllt der Kläger ausgehend von den festgestellten österreichischen Versicherungszeiten selbst unter Berücksichtigung seiner in Slowenien vom 15. 5. 1965 bis 23. 1. 1967 aktenkundig erworbenen Versicherungszeiten nicht die Wartezeit. Die Richtigkeit der Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die vom Kläger nach den Rechtsvorschriften der Schweizer Eidgenossenschaft zurückgelegten Versicherungszeiten für den Erwerb des eingeklagten österreichischen Leistungsanspruches nicht hinzugerechnet werden können, wird in der Revision - so wie bereits auch in der Berufung - nicht mehr in Zweifel gezogen. Soweit der Kläger erstmals in der Revision ausdrücklich - allerdings ohne jede konkrete Angabe - den Erwerb von Versicherungszeiten in Bosnien-Herzegowina behauptet und dazu auf das mit 1. 10. 2001 in Kraft getretene Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina über Soziale Sicherheit (BGBl römisch III 2001/229) verweist, verstößt sein Vorbringen gegen das auch im Revisionsverfahren in Sozialrechtssachen geltende Neuerungsverbot und steht überdies im Widerspruch zu seinem eigenen Prozessvorbringen in der Klage, wonach er in Bosnien keine Versicherungszeiten erworben habe. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.
Anmerkung
E6450910ObS17.02aSchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inARD 5380/7/2003XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:010OBS00017.02A.0212.000Zuletzt aktualisiert am
20.10.2009