TE OGH 2002/2/12 4Ob14/02s

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.02.2002
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei g***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Maximilian Eiselsberg und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Ö*****, vertreten durch Mag. Daniela Karollus-Bruner, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 450.000 S = 32.702,78 EUR) über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 25. Oktober 2001, GZ 1 R 174/01t-11, womit der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 22. August 2001, GZ 37 Cg 49/01m-6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 22.411,80 S (das sind 1.628,73 EUR), darin enthalten 3.735,30 S Umsatzsteuer (das sind 271,45 EUR) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Beide Streitteile üben das Anmeldungsgewerbe der Werbemittelverteilung aus. Darunter wird die Verteilung von Werbemitteln wie Prospekten, adressierten und unadressierten Werbebriefen, Zeitungen und Warenproben verstanden. Im Zeitpunkt der Einbringung von Klage und Sicherungsantrag (11. 7. 2001) verfügte die Beklagte über keine Gewerbeberechtigung. Am 26. 7. 2001 meldete sie das Gewerbe bei der Gewerbebehörde an.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrt die Klägerin - gestützt auf § 1 UWG -, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, das Gewerbe der Werbemittelverteiler durch die Zustellung unbeanschrifteter Massensendungen (IMOA) auszuüben, sofern sie nicht über die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung verfüge. Die Zustellung unadressierter Werbemittel falle nicht unter das Postgesetz, sodass auch die Beklagte, die derartige Zustellungen selbständig, regelmäßig und in Gewinnabsicht durchführe, über eine entsprechende Gewerbeberechtigung verfügen müsse.Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrt die Klägerin - gestützt auf Paragraph eins, UWG -, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, das Gewerbe der Werbemittelverteiler durch die Zustellung unbeanschrifteter Massensendungen (IMOA) auszuüben, sofern sie nicht über die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung verfüge. Die Zustellung unadressierter Werbemittel falle nicht unter das Postgesetz, sodass auch die Beklagte, die derartige Zustellungen selbständig, regelmäßig und in Gewinnabsicht durchführe, über eine entsprechende Gewerbeberechtigung verfügen müsse.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Sicherungsantrages. § 15 Abs 2 Poststrukturgesetz nehme die Erbringung von Diensten durch die Beklagte aufgrund besonderer oder ausschließlicher Rechte oder des Universaldienstes von der Gewerbeordnung aus. Angesichts dieser, insoweit unklaren Bestimmung sei der Beklagten ein allfälliger Gesetzesverstoß jedenfalls nicht vorwerfbar. Im Übrigen habe sie die Anmeldung bereits vorgenommen und dürfe demnach das Gewerbe seit dem Anmeldezeitpunkt jedenfalls ausüben.Die Beklagte beantragte Abweisung des Sicherungsantrages. Paragraph 15, Absatz 2, Poststrukturgesetz nehme die Erbringung von Diensten durch die Beklagte aufgrund besonderer oder ausschließlicher Rechte oder des Universaldienstes von der Gewerbeordnung aus. Angesichts dieser, insoweit unklaren Bestimmung sei der Beklagten ein allfälliger Gesetzesverstoß jedenfalls nicht vorwerfbar. Im Übrigen habe sie die Anmeldung bereits vorgenommen und dürfe demnach das Gewerbe seit dem Anmeldezeitpunkt jedenfalls ausüben.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. § 15 Abs 2 Poststrukturgesetz beziehe sich nicht auf unadressierte Sendungen. Soweit die Beklagte daher Werbemittel vertreibe, unterliege sie der Gewerbeordnung. Die Ausübung des Gewerbes ohne Berechtigung - eine solche bestehe erst seit der Anmeldung - sei gesetzwidrig. Der Gesetzesverstoß sei der Beklagten auch subjektiv vorwerfbar. Allerdings sei er nicht geeignet, die Wettbewerbslage zu beeinflussen, weil die Gewerbeanmeldung an keine besonderen Anforderungen gebunden, die Beklagte zur Ausübung qualifiziert sei und durch Nichtanmeldung keinen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern erlangt habe. Im Übrigen sei die Sachlage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung erster Instanz maßgeblich. Zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte die Anmeldung schon vorgenommen und lege daher das verbotene Verhalten nicht mehr an den Tag; die Wiederholungsgefahr sei somit weggefallen.Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Paragraph 15, Absatz 2, Poststrukturgesetz beziehe sich nicht auf unadressierte Sendungen. Soweit die Beklagte daher Werbemittel vertreibe, unterliege sie der Gewerbeordnung. Die Ausübung des Gewerbes ohne Berechtigung - eine solche bestehe erst seit der Anmeldung - sei gesetzwidrig. Der Gesetzesverstoß sei der Beklagten auch subjektiv vorwerfbar. Allerdings sei er nicht geeignet, die Wettbewerbslage zu beeinflussen, weil die Gewerbeanmeldung an keine besonderen Anforderungen gebunden, die Beklagte zur Ausübung qualifiziert sei und durch Nichtanmeldung keinen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern erlangt habe. Im Übrigen sei die Sachlage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung erster Instanz maßgeblich. Zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte die Anmeldung schon vorgenommen und lege daher das verbotene Verhalten nicht mehr an den Tag; die Wiederholungsgefahr sei somit weggefallen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionserkurs zulässig sei, weil sich der Oberste Gerichtshof mit den Rechtsfolgen der Unterlassung der Gewerbeanmeldung bei einem Anmeldungsgewerbe, auf dessen Ausübung ein Rechtsanspruch bestehe, seit der Entscheidung 4 Ob 316/97t nicht mehr auseinandergesetzt habe. Der Beklagten sei ein Verstoß nach § 1 UWG durch Unterlassen der Gewerbeanmeldung nicht anzulasten. Der erstmals im Rekurs erhobene Vorwurf der Klägerin, die Gewerbeanmeldung beziehe sich nur auf den Standort Wien 1, Postgasse 8, die Beklagte übe das Gewerbe aber auch an anderen Standorten aus und hätte auch für diese Gewerbeberechtigung erlangen müssen, unterliege dem Neuerungsverbot.Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionserkurs zulässig sei, weil sich der Oberste Gerichtshof mit den Rechtsfolgen der Unterlassung der Gewerbeanmeldung bei einem Anmeldungsgewerbe, auf dessen Ausübung ein Rechtsanspruch bestehe, seit der Entscheidung 4 Ob 316/97t nicht mehr auseinandergesetzt habe. Der Beklagten sei ein Verstoß nach Paragraph eins, UWG durch Unterlassen der Gewerbeanmeldung nicht anzulasten. Der erstmals im Rekurs erhobene Vorwurf der Klägerin, die Gewerbeanmeldung beziehe sich nur auf den Standort Wien 1, Postgasse 8, die Beklagte übe das Gewerbe aber auch an anderen Standorten aus und hätte auch für diese Gewerbeberechtigung erlangen müssen, unterliege dem Neuerungsverbot.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichtes nicht zulässig:

Die vom Rekursgericht als erheblich angesprochene Rechtsfrage ist im vorliegenden Fall nicht entscheidungswesentlich. Ausschlaggebend ist, dass die Beklagte noch vor der Entscheidung des Erstgerichts über den Sicherungsantrag das Gewerbe der Werbemittelverteiler angemeldet und damit die Berechtigung erworben hat, das Gewerbe auszuüben. Damit ist ein Sachverhalt eingetreten, der eine Wiederholung des von der Klägerin aufgezeigten Wettbewerbsstoßes so gut wie unmöglich macht. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Gewerbeberechtigung wieder zurücklegen könnte, obwohl sie das Gewerbe weiterhin ausübt, bestehen nicht, sodass von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr auszugehen ist. Die Frage, ob die Beklagte das Gewerbe auch an anderen Standorten als ihrem Zentralstandort ausübt und ob auch dafür eine weitere Gewerbeanmeldung erforderlich ist, kann hier offenbleiben, weil die Klägerin ein entsprechendes (zulässiges) Vorbringen in erster Instanz nicht erstattet hat (ihr Schriftsatz, der auf weitere Betriebsstätten hinwies, war vom Erstgericht als unzulässig zurückgewiesen worden; die Frage ist somit nicht Gegenstand des Sicherungsverfahrens). Der Revisionsrekurs der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78 und 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 und 52 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen; ihr Rechtsmittel diente damit der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraphen 78 und 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraphen 41,, 50 Absatz eins und 52 Absatz eins, ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen; ihr Rechtsmittel diente damit der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

Textnummer

E64641

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0040OB00014.02S.0212.000

Im RIS seit

14.03.2002

Zuletzt aktualisiert am

12.11.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten